Der Sinn des Lebens

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Der Sinn des Lebens

“Was ist der Sinn des Lebens?”
“Komposition und Verwaltung der organischen Nährstoffe und Recycling.”, antwortete der Küchenmanager C 2100 deluxe, “Zumindest für mich definiert sich der Sinn des Lebens so, denn darauf bin ich programmiert.”
Es hatte keinen Wert, eine solch essentielle Frage mit einem dummen Küchengerät zu erörtern. Sie grübelte. Seit Wochen schon beschäftigte sie dieses Thema. “Harry kommt gleich nach Hause, bereite schon mal das Abendessen vor!”, knurrte sie unwirsch.
Der Befehl war überflüssig, denn der Küchenmanager C 2100 deluxe kannte sowohl Harry’s Dienstpläne der nächsten Monate, als auch Harry’s Aufenthaltsort, Mageninhalt, Blutzuckerwerte und 86 weitere Parameter, die ihm Harry’s Handgelenkscomputer 24 Stunden online übermittelte. Der Küchenmanager C 2100 hatte bereits die nötigen Biomoleküle aus dem Recyclingcontainer ausgewählt, und begonnen, sie zu Kalbsfilet mit Champignonrahmsoße zu rekonfigurieren.
Sie verließ die Küche und begab sich zum Wohnmodul, wobei sie weiterhin laut vor sich hin murmelte: “Was ist der Sinn des Lebens?”
“Die Optimierung und Überwachung aller Lebensraumfunktionen.”, antwortete das Wohnmodul Enviro IV und erhöhte die Helligkeit, als sie den Raum betrat, “Darauf bin ich programmiert. Für weitere Informationen zu diesem Thema verweise ich auf die Bibliothek.”
Das war ein guter Tipp: “Bibliothek!”
Es erschien ein holographischer Schirm, als die Bibliothek (Librum infinitum Murdoch III) sich aktivierte: “Sie wünschen?”
“Was ist der Sinn des Lebens?”
Die Bibliothek durchforschte ihre Dateien nach diesem Suchbegriff und hatte die Antwort nach 2,4 Nanosekunden parat: “Es existieren 784.977.423 Einträge zu diesem Thema, die sich teilweise diametral widersprechen. Da es sich um meist subjektive Abhandlungen ethischer, moralischer, philosophischer, anthropologischer, religiöser und psychologischer Art handelt, erlaubt mir meine Programmierung nicht, diese durch Kreuzvergleiche zu bewerten und eine aussagefähige Synthese zu erstellen.”

Es schien nicht einfach, den Sinn des Lebens herauszufinden.

“Egal. Lade alles in meinen Speicher!”, befahl sie. Die automatische Reinigungseinheit Ultraclean Z 400 hatte es sich in den Kopf gesetzt, der Sache auf den Grund zu gehen.
 

triplezero

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Hi Alpha O'Droma!

Nett zu lesen Deine Geschichte. Vor allem der Schluß ist doch eine ziemlich witzige Überraschung. Allerdings blieb mir eins völlig schleierhaft: Warum ist diese Reinigungseinheit so klug? Um sich nach dem Sinn des Lebens zu fragen, braucht man doch schon ganz schön viel abstraktes Denkvermögen. Wozu braucht ein Reinigungsgerät so etwas; wozu wurde es eingebaut? Immerhin ist es in der Lage - oder denkt es zumindest - Daten zu analysieren, die die Bibliothek, die ja wohl eher auf so etwas ausgelegt sein, nicht analysieren kann. Und auch die anderen Haushaltgeräte machen ja einen eher tumben Eindruck auf mich.
 

jon

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Teammitglied
Danke schön!
Der Schluss hat alle Kritik,die mir beim Lesen so unterkamen, – zu geschwätzige Maschinen, zu blödes Thema, zu "platt" – mit einem Schlag entkäftet. All die "Mängel" waren plötzlich ganz und gar sinnvoll. Sowas geht zwar nur bei so kurzen Texten, aber du hast es Klasse hingekriegt…
 



 
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