Der Tod

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Anfang dieses Jahres starb meine Großmutter an einem bösartigen Lebertumor. Ihre letzten Tage habe ich versucht in Worte zu fassen.


Der Tod

Eine alte Frau liegt in ihrem Krankenbett, der Blick gebrochen, starrt sie ins Leere.
Das Zimmer riecht nach Desinfektionsmittel, die Wände sind weiss getüncht.

Hier, in der Stille des Krankenhauses wartet sie auf sein Kommen,
Sie weiss, dass er sie in nächster Zeit besuchen wird und mit sich fortnimmt.

Es macht ihr nichts aus, im Gegenteil, sie möchte lieber heute als morgen gehen.
Sie atmet schwer, mit Tränen in den Augen, und sehnt die letzte Minute herbei.

Kraftlos und ohne Appetit isst sie ein paar Häppchen weisses Brot,
Ihr Wille, sich dem Unvermeidlichen hinzugeben, wächst mit jeder Minute.

Ihr Leben läuft in kurzen Episoden noch einmal an ihr vorbei,
Der fahle Schein der Januarsonne fällt an diesem trübkalten Tag durch ihr Fenster,

Einem Wegweiser gleich, dem die Engel, die sich ihrer Seele annehmen, folgen können.
Sie ist erschöpft, lang war ihre Reise; doch nun ist sie am Ziel angelangt.

Nur sie kann es sehen und hören, als er am Fussende ihres Bettes steht
Und sie freundlich lächelnd auffordert, mit ihm zu kommen.

Nun lächelt sie selig, ihre Erlösung von all den Qualen ist endlich da.
Ihre Seele verlässt die sterbliche Hülle des Körpers und schwebt davon.



26. Januar 2003
© by Dorahn Mavelius
 



 
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