Der Traum

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Letzte Nacht trieb ich mit einem Boot auf einem See, der gefüllt war, mit meinen Tränen. Ich hatte meine Augenlider geöffnet, war aber dennoch in dem Zustand eines tiefen Schlafes gefangen.
Das Wasser war ruhig, aber alles andere als trügerisch. Das Glitzern auf dessen Oberfläche verriet mir eine Lichtquelle, die über der Szene hing.
Es war der Mond, der etwas mehr als zur Hälfte mit Licht gefüllt war. Still strahlte er herab und gab mir trotz meines Schlafzustandes, klare Gedanken über mich und diese Situation.

Ich spürte den Schmerz in mir ganz deutlich. Es war, als stände ich diesem Wesen gegenüber. Als würde es mir in die Augen blicken, mich ganz genau studieren und meine Schwächen kennen.

Eine schwarze Wolke schob sich vor den Mond und ich erkanntnahme wieder die bekannte Umgebung des Sees und seines stillen Wassers wahr.
Das Ufer war dunkel und man konnte nur die Umrisse erkennen. Es waren Bäume, hauptsächlich Büsche und Sträucher. Auch aus ihnen kam nicht das leiseste Geräusch.
Doch es waren keine unheimlichen Momente für mich. Ich kam mir vertraut und heimisch vor. Es war meine Welt. Hier war ich zuhause. An diesem Ort der Ruhe, der Dunkelheit und der Gedanken. Ich fühlte mich selbst, aber zugleich auch alles andere.
Nach einer Weile, beschloß ich an das Ufer zu Rrudern. Die Paddel gaben plätschernde und zugleich beruhigende Geräusche von sich und das Holzboot trieb langsam gen Festland.
Ich betrat festen, hellbraunen Boden als ich aus meinem Boot stieg. Die Büsche und Sträucher glitten sanft an mir vorbei, während ich ein paar Schritte in die tiefe Dunkelheit ging.
Doch ehe ich weitere Gedanken zu meinem Unternehmen fassen konnte, stand ich auch schon an der Grenze der grünen Welt. Ich hatte mich keine zehn Meter vom Ufer entfernt und war am Ende meiner frontalen Bewegungsmöglichkeiten.
Tausende Meter tief war die Schlucht, die ich herabsehen konnte. Endlos gigantisch kam ich mir beim Blick auf die Welt vor. Alles konnte man von hier erkennen. Es war die Sicht auf ein Universum. Auf mein irdisches Universum.
Eine lichte Stelle tat sich am weit entfernten Horizont auf. Dort lag die Sonne vergraben und ließ der Dunkelheit Vorrang. Weitere Wolken zogen an der Stelle vorüber und machten das Bild zu einem gewaltigen Gemälde aus schwarzem Licht und leuchtenden Schatten. Und es war still. So still wie es sein sollte. Die Lautlosigkeit, die für mich bestimmt war. Meine Welt.

Der Schmerz rief mich wieder. Erneut hatte ich das Gefühl vor diesem Wesen zu stehen. Doch jetzt kam mir eine zusätzliche Gewißheit. Es war mein Schöpfer. Die Kreatur, die mich geschaffen hat, rief mich zu sich. Sie wollte sehen, was aus mir geworden ist, in vielen Jahren irdischer Zugehörigkeit, und sie betrachtete mich ganz genau.
“Komm zu mir”, schallte es in weiter Ferne.

Eine leichte Windbö ließ mich aus meiner Vision erwachen, doch ich hatte die Aufforderung verstanden.
So ging ich zurück zum See, stieg in mein Boot, ruderte in die Mitte des Gewässers und sprang entschlossen in das fremde, dunkle aber mir doch sehr vertraute Naß.
Dann zog mich die Gewalt der Tiefe in seinen Bann. Ich erkannte mit meinen irdischen Sinnen weder wo ich war, noch was mit mir geschah, aber ich fühlte, dass etwas passierte, dem ich mich nicht widersetzen wollte.

Das Wasser war verschwunden, die Erde war verschwunden, mein Körper ebenso. Ich habe die Welt verlassen. Ich habe sie beendet. Jetzt war nur noch der Gedanke.

Als jener Gedanke zog ich durch das Universum. Nichts war um mich. Es war leer und ich konnte nun alles erkennen. Alles sehen, was jemals geschehen ist. Das Wesen, die Welt, mein Schöpfer war ich gewesen - immer. Alleine werde ich sein - wie ich immer war.

Es gibt keine Zeiten mehr. Alles ist nun in mir. In meinem unendlichen Geist. In meiner Unendlichkeit.
 



 
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