Der Troll

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viktor

Mitglied
Der Troll

In einer sanften Sommernacht
gezeugt - als Kind der Liebe -
war ihm die Sonne zugedacht,
die Schönheit wär durch ihn erwacht
in ungeheurer Blütenpracht,
auf dass sie ewig bliebe.

Doch seine Taufe war der Krieg
der unerlösten Väter.
Nur den Verrätern bleibt der Sieg,
sodass sein Herz in Fesseln schwieg,
bevor sein Lied zum Himmel stieg
in freien, klaren Äther.

Das Lied ertrank in Bitternis
und erdenkalter Schwere.
Sein Herz fand keinen Kompromiss
und nach dem letzten Schlangenbiss
versteckte er sich als Narziss
vor seiner dunklen Leere.

So zog er lächelnd durch das Land
und liebte es, zu sprechen -
brillant, charmant und elegant,
doch es war Säure im Krokant.
denn nichts war ihm so amüsant,
als Menschen zu zerbrechen.
 

viktor

Mitglied
Der Troll

In einer sanften Sommernacht
gezeugt - als Kind der Liebe -
war ihm die Sonne zugedacht,
die Schönheit wär durch ihn erwacht
in ungeheurer Blütenpracht,
auf dass sie ewig bliebe.

Doch seine Taufe war der Krieg
der unerlösten Väter.
Nur den Verrätern bleibt der Sieg,
sodass sein Herz in Fesseln schwieg,
bevor sein Lied zum Himmel stieg
in freien, klaren Äther.

Das Lied ertrank in Bitternis
und erdenkalter Schwere.
Sein Herz fand keinen Kompromiss
und nach dem letzten Schlangenbiss
versteckte er sich als Narziss
vor seiner dunklen Leere.

So zog er lächelnd durch das Land
und liebte es, zu sprechen -
brillant, charmant und elegant,
doch es war Säure im Krokant,
denn nichts war ihm so amüsant,
als Menschen zu zerbrechen.
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo,Victor,

das ist Dir ausgezeichnet gelungen. Die Psychologen sind der Meinung, dass man genau das, was man in der Kindheit durchlitten hat als Erwachsener wieder an andere Menschen weitergibt.

Das gefällt mir sehr gut, wie Du beschreibst, auf welche Weise sich so etwas entwickelt. Wie unschuldsvoll und einzigartig schön der Mensch auf die Welt kommt und auf welche Weise er dann innerlich zugrunde geht, wenn er Erlebtes nicht verarbeiten kann. Welche Hilfen er sich macht, um überhaupt überleben zu können, und wie Du erst am Schluss "die Katze aus dem Sack" lässt, nämlich dass er nicht anders kann, als das Erlebte nun höchstselbst zu produzieren.

Chapeau!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Paloma

Mitglied
Hallo Victor,

wunderbar beschrieben vom unschuldigen Kind, dem die Welt offen stehen sollte, bis hin zum Monster, dessen größte Lust es ist, andere Menschen fertigzumachen ... und dennoch kann er eigentlich nichts dafür.

Hat mich sehr beeindruckt. Vielen Dank.

Liebe Grüße
Paloma
 
Hallo Viktor,

inhaltlich ein starkes Gedicht. Ich möchte mich Vera-Lena anschließen, weil sie bereits alles perfekt kommentiert hat.

Lieber Gruß,
Estrella
 
N

nokixe

Gast
Hallo Viktor,
dein Gedicht ist von technischer Seite her perfekt aufgebaut und hat eine sehr interessante, für mich ungewöhnliche Struktur: vierhebiger Jambus (1, 3, 4, 5. Z) und dreihebiger Jambus (2., 6. Z) auf weibliche Kadenzen endend. Tadellos! Von inhaltlicher Seite her bin ich mir aber nicht so ganz sicher, ob ich alles richtig verstanden habe.

1.Str: Geburt des Kindes, dem großen Chancen bevorstünden. Die Strophe hört sich fast romantisch an.
Aus der 2. Str. lese ich heraus, dass es mehrere Anwärter auf die Vaterschaft gab, was dem Gedicht gleich humorvolle, fast satirische Züge verleiht. Es geht also eher um eine Satire, und die 1. Str. soll nur durch die Idylle täuschen, damit ich in der 2. Str. überrascht werde.
Was ich in der 2. Str. nicht verstehe: wen meinst du mit Verräter? Du gehst in dem Gedicht darauf nicht weiter ein und lässt mich als Leser ziemlich verwirrt zurück.
Klar geht aus der 2. Str hervor., dass das Kind durch diese Vaterschafts-Quereleien negativ beeinflusst wurde. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein kleines Kind (sagen wir bis 1 Jahr alt, weil im üblichen Taufalter) kaum solche Spannungen wahrnehmen kann. Und ich kann mir auch sehr schwer vorstellen, dass eine Mutter es zulassen würde, dass das Kind eine solche Situation in seiner Kindheit ertragen muss. Also entweder habe ich die 2. Str. nicht richtig verstanden, oder diese Strophe ist nicht ganz plastisch dargestellt. Sorry.
Aber gut, dass Kind wurde sauer.

3. Str.: Und wanderte mit dieser Bitternis bis ins Erwachsenenalter, und sang sein Liedchen, das voller Melancholie und Selbstmitleid war. In dieser Str. werden die Charaktereigenschaften des Kindes, mitunter inzwischen einer erwachsenen Person, gezeigt: Mangel an Kompromissbereitschaft und Verletzlichkeit.

4.Str. Conclusio: Aufgrund der vorher gezeigten Hintergründe zeigt nun die inzwischen erwachsene Person
die Neigung, seine eigene Bitternis den anderen Menschen heimzuzahlen. Dein Gedicht hat (in meinen Augen) einen Anflug von Humor in der 2. Str., der aber schnell verschwindet und so wird es in der 4. Str traurig, verbittert, sarkastisch.
Außerdem vermisse ich eine Verbindung zwischen der 3. U. 4. Str. Denn ich nehme an, wenn sich jemand verkriecht (3.Str), benötigt man eine längere Zeitspanne, bevor man weiter ziehen kann.

Deswegen hätte ich einen Vorschlag für die 4. Str.:
"Danach zog er flink durch das Land."

Naja, lasse es dir durch den Kopf gehen.

Das Gedicht hat mir bis auf ein paar Sequenzen sehr gefallen.
Davon zeugt die Länge meines Kommis. ;-)

LG Nokixe
 

viktor

Mitglied
hallo pr und nokixe,
in meinem falle war der vater im krieg und entsprechend geschädigt - das habe ich intuitiv schon als kleiner junge gespürt und nicht einordnen können - es hat mich verunsichert.
heute werden die väter auch geschädigt, die kriege laufen aber verdeckter ab.
sieger sind meistens die, die sich brutal durchsetzen und als ausbeuter ihre gattung insgesamt "verraten"...
liebe grüße
viktor
 



 
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