Der Überflieger

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LuMen

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Der Überflieger
(Zeitungsmeldung v. 16.03.05: Storch flog 6000 km zu weit!)

Der Storch verlässt Deutschlands Gefilde,
wenn hier verging des Sommers Milde,
und fliegt, wie er es lang gewohnt,
nach Süden, wo die Sonne thront..

Wie stets stößt er dann nah der Küste
herab zum Atlas und zur Wüste
und wünscht dem Beduinenreiter
viel Glück, Kamele undsoweiter,

und der beschenkt die „Klappernase“
mit einem Frosch in der Oase.
Doch diesmal hofft der Beduine
vergeblich, dass der Storch erschiene!

Denn plötzlich fühlt als Wegbereiter
sich dieser und fliegt einfach weiter.
Bis an die Leistungsgrenzen geht er,
schafft gut sechstausend Kilometer -

quer übern ganzen Kontinent,
der afrikanischer sich nennt,
und freut sich schon auf höchste Ehrung
ob solcher Kontinente-Querung!

In Kapstadt naht jedoch das Ende –
Der Storch flliegt eine scharfe Wende,
als er mit Schrecken hat vernommen,
gebraten nur sei er willkommen!

Die schwarzen Jäger tafeln dort
am Tafelberg den Storch vor Ort!
So ist der Gipfel ihm verwehrt,
und unverzüglich macht er kehrt,
zurück zum Atlas in den Norden,
wo Scheiche keine Störche morden!
 

MarenS

Mitglied
...das nenne ich prompte Reaktion...

...in Eile gelesen stop schönes Schmunzelgedicht stop feine Verarbeitung der Zeitungsnotiz stop kleiner Zeitfehler in folgender Strophe stop

Der Storch verlässt Deutschlands Gefilde,
wenn hier verging des Sommers Milde,
und fliegt, wie er es lang gewohnt,
nach Süden, wo die Sonne thront..

zweite Zeile "verging" sollte besser "vergeht" lauten stop
schmunzel stop Grüße von Maren
 
Hallo LuMen,
was für ein Glück, dass der Storch den Braten rechtzeitig gerochen und sich aus dem südafrikanischen Staube gemacht hat. Ich hab' richtig mitgelitten...
Erleichtert schmunzelnd und herzlich grüßend
Anne-Marie
 

Herr Müller

Mitglied
Scharfe Wende

Hallo Lutz,

ich höre ihn förmlich quietschen in der Kurve.
Da brat mir mal einer einer Storch, die Geschichte ist sehr aufschlussreich und erklärt, warum zum Beispiel unsere Eva 2 Wochen später kam als geplant.

Henrik
 

LuMen

Mitglied
Storchenklappern

Hallo Maren, Anne-Marie, Henrik und Attraktor,

vielen Dank für Eure Kritiken!
Ich reiß´ dem Storch zunächst mal keine Federn aus, zumal ich unterdessen erfahren habe, dass es sich bei ihm wohl eher um eine Zeitungsente handelt (liebe Maren, die Vergangenheit im ersten Vers habe ich zur Verdeutlichung der zeitlichen Abfolge bewusst gewählt; "unechte" Reime habe ich übrigens nicht gefunden - ist "geht er" und "Kilometer" einer??)

herzliche Grüße
LuMen
 
Unechte Reime

Ja, weitere sind:
Gefilde
Milde

Küste
Wüste

Begründung: Es ist die Problematik der Kadenzen: Gefilde endet mit weiblicher Kadenz (wird länger und weicher gesprochen) und Milde mit männlicher Kadenz (kürzer und härter). Genau so verhält es sich mit Küste (männlich) und Wüste (weiblich, besonders die erste Silbe wird länger gesprochen).

Am Besten du betonst die Wörter einmal gezielt, dann fällt es dir bestimmt auf.

Hoffentlich konnte ich dir weiterhelfen und klinge nicht irgendwie oberlehrerhaft, war nicht meine Absicht.

Seltsamer Attraktor
 

LuMen

Mitglied
zu kompliziert

Hallo Attraktor,

vielen Dank für Deine interessanten Hinweise (wieder was dazu gelernt)!
Ohne "unreine" Reime kommen aber selbst unsere "Großen" nicht aus. Den Kadenzen habe ich dabei bisher keine besondere Beachtung geschenkt, das wird dann wohl auch etwas zu kompliziert. Mir schien ausreichend zu sein, evtl., wenn sich Besseres findet, die nur ähnlich klingenden Vokallaute (Umlaute) und Doppelkonsonanten zu vermeiden, aber, wie gesagt...
Dass männliche (harte) und weibliche (weiche) Endsilben metrische Bedeutung haben und rhythmisch bewusst eingesetzt werden sollten, halte ich für selbstverständlich, aber auch das ist nicht immer unproblematisch. Ich glaube fast, wer mit metrischem Rechenschieber an Gedichte herangeht, blockiert sich oft selbst. Rhythmisches Gefühl, so man es hat, bewirkt da mehr.

Es grüßt mit österlichen Gefühlen und Wünschen

LuMen
 



 
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