ThomasStefan
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Der alte Seiltänzer
Riccardo starrt nach unten, in viele erwartungsvolle Gesichter. Aus der Entfernung, so hofft er, ist er immer noch der breit lachende Clown, der formidable Akrobat, wie man ihn von den Plakaten kennt. Mit weißen Handschuhen hält er die Balancierstange, natürlich trägt das pinkfarbene Ballerinaröckchen, so war seit jeher, dazu der spitze Hut. Aber heute ist es anders. Die grelle Schminke verdeckt sein Entsetzen. Er hat Angst.
Sein rechter Fuß zittert, nur ein wenig, doch er spürt es genau. Die Kapelle spielt einen Tusch nach dem anderen, die Stimme des Zirkusdirektors überschlägt sich und wie immer reißt der Mann im Frack sich den Zylinder vom Kopf, deutet damit nach oben, auf ihn, den Star in der Kuppel. Die Scheinwerfer fingern nach dem großen Riccardo, wollen ihn förmlich auf das Seil schieben.
Dem alten Seiltänzer rinnen die Schweißperlen über den Nasenrücken, tropfen von der roten Clownsnase und stürzen in die Tiefe. Er probiert es wieder, die Stange vibriert ungewohnt, der Fuß wackelt immer mehr.
Das ahnungslose Publikum hat sich von den Plätzen erhoben, sie klatschen rhythmisch, schreien, johlen. Tatsächlich, sie feiern ihn. Einen alten Mann, der nicht mehr auf der Höhe ist? Über fünfzig Jahre auf dem Hochseil, ohne Netz und doppelten Boden, keine Sicherungsleine, das hat er immer abgelehnt. Er rutscht auf dem kleinen Pfostenstühlchen hin und her, probiert es wieder. Das Zittern ist weniger geworden. Na also, es geht doch! Ich, das alte Zirkuspferd muss mich zeigen. Bin es den Leuten schuldig, werde doch in jeder Stadt groß angekündigt .
Er erhebt sich, sein Vorfuß tastet wieder … und findet nicht das Gewohnte. Das nasse Hemd klebt ihm am Leib. Der alte Clown verharrt, lehnt immer noch am Pfosten, blickt zur Seite. Dort im Halbdunkel verläuft das Querseil. Der sichere Abstieg ist jederzeit möglich. Aber dieser Abgang wäre endgültig. Er schaut wieder nach unten, sieht die Falte auf der Stirn des Direktors, spürt dessen Zweifel. Nein, nein! Ich bin nicht zu alt, auf mich ist Verlass! Dort unten, der Vorhang, er beult sich. Sind es die Köpfe der anderen, die sich dahinter verstecken, an das Guckloch drängen? Wollen sie mich etwa fallen sehen, ihren alten König?
Riccardo streckt das Kinn vor, umgreift die Stange fester. Der Fuß wackelt wieder, verlangt trotzdem nach einer Entscheidung. Der alte Akrobat schaut nach vorn, setzt sein breitestes Lächeln auf. Es gibt für ihn nur einen Weg. Er löst sich vom kleinen Podest, der zweite Fuß kommt dem anderen zitternd zu Hilfe. Dort drüben ist sein Ziel, nirgendwo sonst.
Riccardo starrt nach unten, in viele erwartungsvolle Gesichter. Aus der Entfernung, so hofft er, ist er immer noch der breit lachende Clown, der formidable Akrobat, wie man ihn von den Plakaten kennt. Mit weißen Handschuhen hält er die Balancierstange, natürlich trägt das pinkfarbene Ballerinaröckchen, so war seit jeher, dazu der spitze Hut. Aber heute ist es anders. Die grelle Schminke verdeckt sein Entsetzen. Er hat Angst.
Sein rechter Fuß zittert, nur ein wenig, doch er spürt es genau. Die Kapelle spielt einen Tusch nach dem anderen, die Stimme des Zirkusdirektors überschlägt sich und wie immer reißt der Mann im Frack sich den Zylinder vom Kopf, deutet damit nach oben, auf ihn, den Star in der Kuppel. Die Scheinwerfer fingern nach dem großen Riccardo, wollen ihn förmlich auf das Seil schieben.
Dem alten Seiltänzer rinnen die Schweißperlen über den Nasenrücken, tropfen von der roten Clownsnase und stürzen in die Tiefe. Er probiert es wieder, die Stange vibriert ungewohnt, der Fuß wackelt immer mehr.
Das ahnungslose Publikum hat sich von den Plätzen erhoben, sie klatschen rhythmisch, schreien, johlen. Tatsächlich, sie feiern ihn. Einen alten Mann, der nicht mehr auf der Höhe ist? Über fünfzig Jahre auf dem Hochseil, ohne Netz und doppelten Boden, keine Sicherungsleine, das hat er immer abgelehnt. Er rutscht auf dem kleinen Pfostenstühlchen hin und her, probiert es wieder. Das Zittern ist weniger geworden. Na also, es geht doch! Ich, das alte Zirkuspferd muss mich zeigen. Bin es den Leuten schuldig, werde doch in jeder Stadt groß angekündigt .
Er erhebt sich, sein Vorfuß tastet wieder … und findet nicht das Gewohnte. Das nasse Hemd klebt ihm am Leib. Der alte Clown verharrt, lehnt immer noch am Pfosten, blickt zur Seite. Dort im Halbdunkel verläuft das Querseil. Der sichere Abstieg ist jederzeit möglich. Aber dieser Abgang wäre endgültig. Er schaut wieder nach unten, sieht die Falte auf der Stirn des Direktors, spürt dessen Zweifel. Nein, nein! Ich bin nicht zu alt, auf mich ist Verlass! Dort unten, der Vorhang, er beult sich. Sind es die Köpfe der anderen, die sich dahinter verstecken, an das Guckloch drängen? Wollen sie mich etwa fallen sehen, ihren alten König?
Riccardo streckt das Kinn vor, umgreift die Stange fester. Der Fuß wackelt wieder, verlangt trotzdem nach einer Entscheidung. Der alte Akrobat schaut nach vorn, setzt sein breitestes Lächeln auf. Es gibt für ihn nur einen Weg. Er löst sich vom kleinen Podest, der zweite Fuß kommt dem anderen zitternd zu Hilfe. Dort drüben ist sein Ziel, nirgendwo sonst.