Der erste Kriegstag

2,50 Stern(e) 2 Bewertungen

axel

Mitglied
Als Thomas Herwig nach Hause kam, war es für die Champions-League bereits zu spät. Schade eigentlich, denn die Ausgangssituation in der Gruppe B war vor dem letzten Spieltag an Spannung kaum noch zu überbieten gewesen. Beim Zähneputzen erinnerte ihn das Gesicht im Spiegel dann plötzlich daran, dass gerade das Ultimatum ablief. Nein halt, es war ja schon längst abgelaufen!
Die nächste volle Stunde war nicht mehr weit, und bis dahin würde er in jedem Fall noch wachbleiben. Als die Sprecherin die ersten Meldungen verkündete, fragte sich Thomas Herwig, wie oft es wohl vorkommt, dass Nachrichten mit der Mitteilung beginnen, dass bisher gar nichts passiert sei. Die ungünstigen Wetterverhältnisse wurden als mögliche Ursache genannt, in dieser Nacht sei kaum noch mit einem Beginn des Angriffs zu rechnen.
Als wenig später Schröder und Merkel ins Bild kamen, schaltete Thomas Herwig den Apparat aus und ging ins Bett.
„Spielabsage wegen Unbespielbarkeit des Platzes“, kam ihm in den Sinn, doch im selben Augenblick wusste er, dass viele friedvolle Menschen ihn nach einem solchen Satz am Liebsten gelyncht hätten. Dass er sich in Zeiten wie diesen überhaupt noch dafür interessierte, ob die Jungen Wilden von Ajax Amsterdam es am Ende geschafft hatten, sich gegen die Millionentruppen aus Rom, London und Valencia durchzusetzen, machte ihn doch beinahe schon zum Monster.
Vor dem Einschlafen dachte Thomas Herwig noch darüber nach, wie seine Nacht verlaufen wäre, wenn es bereits losgegangen wäre. Die ersten Stunden konnten manchmal ganz entscheidend sein, und je mehr man in dieser Zeit mit eigenen Augen und Ohren wahrnehmen konnte, desto weniger wäre man später darauf angewiesen, den gefilterten Zusammenfassungen irgendwelcher Kommentatoren zu vertrauen.
1991 hatte er nächtelang vor dem Fernseher gesessen, da war es schon besser, jetzt im Bett zu liegen. In Bagdad lagen die Menschen wahrscheinlich auch in ihren Betten, möglicherweise glaubten sie ebenfalls langsam daran, dass der Angriff in dieser Nacht nicht mehr erfolgen würde.
Am nächsten Morgen erfuhr Thomas Herwig aus dem Radio, dass die Nacht in Bagdad doch nicht so ruhig verlaufen war. Wahrscheinlich war er sogar noch wach gewesen, als es losging. Eine halbe Stunde früher, dann wäre er vielleicht gar nicht ins Bett gekommen und müsste jetzt zur Arbeit, ohne eine einzige Stunde geschlafen zu haben. So gesehen hatte er gerade noch einmal Glück gehabt. Die Ergebnisse der Champions-League waren der Zeitung nur eine verschwindend kleine Notiz wert, aber immerhin hatte Ajax es geschafft!
Auf der Arbeit war alles wie immer. Irgend jemand meinte, die Amis hätten Saddam schon erledigt. Das wäre vielleicht die sauberste aller Lösungen, denn dann könnte man sich den ganzen Krieg sparen. Thomas Herwig war nicht der einzige, der sich über den Amsterdamer Erfolg freute; ein Kollege war ziemlich sauer, weil RTL anstelle der Ajax-Partie das bedeutungslose Spiel der lange schon ausgeschiedenen Leverkusener übertragen hatte. Andere Kollegen hatten zwar keine Lust auf ein Gespräch über Fußball, doch auch die redeten nicht unbedingt über den Krieg.
1991 war das ganz anders gewesen, damals war der gesamte Betrieb mehrere Tage lang total paralysiert und ein anderes Gesprächsthema kaum denkbar. War das jetzt schon ein gewisser Gewöhnungseffekt? Wenn dem so war, dann würde das nächste spektakuläre Attentat auf ein berühmtes Hochhaus vielleicht auch nicht mehr dazu führen, dass ein ganzer Spieltag der Champions League abgesagt wurde.
Thomas Herwig hatte nicht unbedingt Lust, über den Krieg zu reden. Abgestumpft war er nicht, da hätte er ganz energisch widersprochen, doch eine gewisse Ratlosigkeit hatte von ihm Besitz ergriffen. 1991 hatten so viele den Beginn der großen Apokalypse befürchtet, und dann war es doch nicht dazu gekommen. Es gab zwar die Theorie, dass die Anschläge vom 11. September das Ergebnis des Golfkriegs waren, aber der Krieg selbst war damals doch nach recht kurzer Zeit beendet, ohne dass es Millionen von Opfern gegeben hatte.
Danach hatten die Amis noch Jugoslawien bombardiert und waren nach Afghanistan einmarschiert, und soweit Thomas Herwig informiert war, ging es den Menschen in beiden Ländern heute zumindest besser als vorher.
Auf der anderen Seite war da so ein Gefühl in ihm, dass es nicht sein durfte, dass die Amis jetzt alles machen konnten, was sie wollten. Sie lebten heute schon auf Kosten anderer, zerstörten das Weltklima und scherten sich einen Dreck um alles, was der Rest der Welt wollte.
Wenn das den ganzen Tag laufende Radio irgendwann einmal verkündet hätte, dass die Amis so richtig eins aufs Maul bekommen hätten, dann, so war sich Thomas Herwig sicher, hätten beinahe alle Kollegen Mühe gehabt, eine gewisse klammheimliche Freude nicht zu zeigen. Er selber hätte sie auch nicht zeigen wollen, nicht etwa aus Angst vor dem Urteil der anderen, sondern weil er ein wenig über sich selber erschrak.
Seine Kollegen und er waren keineswegs Linksradikale oder besonders kritische Menschen, doch an jenem 11. September, als das Radio während der letzten Arbeitsstunden angekündigt hatte, was es abends im Fernsehen zu sehen gäbe, da war es auch schon so gewesen, dass mancher Mundwinkel kurz und verräterisch zuckte. Vielleicht war das einfach nur die Aussicht auf spektakuläre Bilder und hatte mit den Amis gar nichts zu tun.
Zu jeder vollen Stunde hieß es: „Dreh doch mal lauter!“, und wenn dann wieder nichts besonderes passiert war, machte sich beinahe so etwas wie Enttäuschung breit. Es hieß immer, dass der erste Angriff nur Saddam Hussein persönlich gegolten habe und man jetzt darüber nachdenke, ob dieser überhaupt noch am Leben sei. Ein paar Raketen waren Richtung Kuwait geflogen, aber die hatten die Amis locker vom Himmel gefischt. Jetzt kam es darauf an, ob man die Trümmer als Scud-Raketen identifizieren konnte, denn dann hätte man den Beweis, dass Saddam die ganze Zeit gelogen hatte.
Als Thomas Herwig nach Feierabend daheim den Fernseher einschaltete, war dieser Beweis offenbar noch nicht erbracht. Zwei Männer in Uniform waren zu sehen, die im Wüstensand buddelten. Der Sprecher wunderte sich, dass die beiden die Absturzstelle ganz ohne Schutzkleidung untersuchten, denn die Bevölkerung Kuwaits und alle dort stationierten Truppen hatten am selben Tag mehrmals die Gasmasken aufsetzen und in den Keller gehen müssen.
Die Kommentatoren erwähnten mehrfach, dass man wegen der undurchsichtigen Lage und der Zensur oftmals den Konjunktiv gebrauchen müsse. Ein Professor saß vor seinem Computer und versuchte herauszufinden, ob der nach den ersten Angriffen im Fernsehen aufgetretene Saddam der echte war. Was würde eigentlich mit den Doppelgängern nach dem Ende des Krieges passieren?
Als um 19 Uhr die Nachrichten begannen, kündigte die Sprecherin an, dass man einen Korrespondenten mitten in Bagdad habe, mit dem man nun telefonisch verbunden sei. Auf die Fragen der Moderatorin konnte dieser Korrespondent dann allerdings zunächst gar nicht antworten, denn genau in jener Sekunde begann das Feuerwerk, das ihn offenkundig zutiefst beeindruckte: „Das Planungsministerium ist getroffen worden!“, sagte er ziemlich außer Atem, „Drei Cruise Missiles sind innerhalb weniger Sekunden präzise in das Gebäude eingeschlagen, das wie ein Kartenhaus zusammengestürzt ist.“
Die Moderatorin aus der Heimat fragte, ob der Korrespondent denn keine Angst um seine persönliche Sicherheit habe, doch dieser war sich sicher, dass sein Hotel nicht beschossen würde, da die US-Armee genau wisse, dass sämtliche noch in Bagdad weilenden Journalisten sich dort aufhielten.
Thomas Herwig konnte sich nicht vorstellen, wie es funktionierte, eine Rakete von einem hunderte von Kilometern entfernten Kriegsschiff so abzuschießen, dass diese ganz genau ein bestimmtes Gebäude inmitten einer Millionenstadt treffen konnte, doch offensichtlich klappte das ja ganz hervorragend.
Bilder des Volltreffers waren leider nicht zu sehen. Zwar gab es Live-Bilder aus Bagdad, die von fest installierten Kameras gesendet wurden, doch auf das Planungsministerium war wohl keine von denen ausgerichtet. Auf den Bildern sah man manchmal einen nocht nicht ganz dunklen Abendhimmel mit kurz aufleuchtenden Blitzen. „Irakisches Abwehrfeuer“, erklärte eine Stimme dazu. Das mussten ältere Aufnahmen sein, denn in Bagdad war es jetzt doch stockfinster. Außerdem wunderte sich Thomas Herwig, dass die Abwehrraketen offensichtlich auch dann in der Luft explodierten, wenn sie gar nichts getroffen hatten.
Andere Kameras zeigten die schemenhaften grün-schwarzen Bilder, die man noch aus dem ersten Golfkrieg kannte, auf denen jedoch eigentlich gar nichts zu erkennen war. Die schienen aber wirklich live zu sein, denn auf denen war es nachts.
Dann gab es da auch noch ein Bild von einer hell erleuchteten Straße, auf der hin und wieder ein paar Autos fuhren. Thomas Herwig war überrascht, dass die Straßenbeleuchtung während der Luftangriffe eingeschaltet war und in vielen Gebäuden ebenfalls Licht brannte. Aber wenn die Raketen von weit entfernten Schiffen abgeschossen wurden, dann war es doch eigentlich egal, ob die angegriffene Stadt verdunkelt war oder nicht. Allerdings sollte die Tageszeit bei den Angriffen dann ja auch keine Rolle mehr spielen.
Tagsüber hätten die installierten Kameras die Volltreffer doch viel besser dokumentieren können. Dann hätten die Amis der ganzen Welt zeigen können, dass ihre Raketen die militärischen Ziele punktgenau treffen, und auf dem Nachbargrundstück sogar das Blumenbeet unversehrt bleibt.
Ob die Iraker von den installierten Kameras wussten? Das ergäbe nur dann einen Sinn, wenn sie hofften, dass möglichst viele der Raketen ihre Ziele verfehlten, und die Kameras dann Bilder von zerfetzten Kindern um die Welt schicken würden.
Bisher gab es solche Bilder nicht, stattdessen endlich den ersten Volltreffer: Ein Gebäude, das wie ein Palast aussah und dann auf einmal pulverisiert wurde. Es war wiederum alles ziemlich merkwürdig, denn man sah zunächst nur das hell erleuchtete Gebäude, und direkt danach das Standbild eines Feuerballs, noch dazu reichlich verzerrt. Beinahe musste man denken, dass die Kamera, die den Treffer aus großer Entfernung gefilmt hatte, im Augenblick der Explosion vor Schreck stehen geblieben war.
Der Militärexperte im Studio vermutete, dass alle Angriffe dieser Nacht in erster Linie psychologischen Zielen dienten. Die irakische Armee sollte durch eine selektive Demonstration der amerikanischen Fähigkeiten erkennen, dass jeder Widerstand zwecklos war. Vielleicht würde sie unter diesen Umständen ja doch noch gegen Saddam putschen?
Man war sich einig, dass die Angriffe nichts mit jenem massiven „Schock-Angriff“ zu tun hatten, der zuvor angekündigt worden war. Möglicherweise sei dieser verschoben worden, oder aber man wollte zunächst herausfinden, ob ein solcher Angriff überhaupt notwendig war.
Die Reporter hatten mittlerweile registriert, dass die Angriffswellen immer zur vollen Stunde über Bagdad hereinbrachen. Sie vermuteten, dass das mit dem Beginn wichtiger Nachrichtensendungen in den USA zu tun haben könnte. Gab es etwas zynischeres, als dass der Zeitpunkt für Bombenabwürfe sich nach der Einschaltquote richtete? Andererseits: Wenn die Menschen in Bagdad sich irgendwann darauf verlassen konnten, dass die Raketen immer nur zu ganz bestimmten Zeiten kamen, dann konnte man ja zwischendurch sogar nochmal mit dem Hund vor die Tür gehen.
Die Moderatoren waren redlich bemüht, die Zeiten, in denen in Bagdad nichts passierte, mit informativen Hintergrundberichten zu füllen. Thomas Herwig sah eine Schlange von Männern, die vor einem freistehenden Haus standen. Eine Stimme erklärte, dass es sich bei diesen Männern um philippinische Gastarbeiter in Kuwait handelte, die Brot kaufen wollten. Thomas Herwig erinnerte sich, diesen Beitrag bereits mehrere Male gesehen zu haben, beinahe hätte er den Text mitsprechen können. Allerdings war ihm bisher nicht aufgefallen, dass einige der Männer bereits in Tüten verpacktes Toastbrot in ihren Händen hielten. Außerdem deutete rein gar nichts darauf hin, dass in dem gezeigten Haus Brot verkauft wurde. Eigentlich standen die Männer nur ordentlich aufgereiht vor irgendeinem Haus und schauten in die Kamera, während ein dicker Mann seine Hoffnung in das Mikrophon sprach, dass Saddam Hussein keine Chemiewaffen auf Kuwait abfeuern würde.
Gleich käme bestimmt wieder der Beitrag über die israelischen Kinder, die von ihren Eltern mit dem Auto in die Schule gebracht wurden, und alle eine Gasmaske dabei hatten.
Thomas Herwig registrierte auf einmal, dass es schon wieder ganz schön spät geworden war. Er hatte nur die Nachrichten gucken wollen, doch dann war eine „Spezial“-Sendung nahtlos in den nächsten „Extra“-Beitrag übergegangen, und jetzt musste er den Apparat ausmachen, wenn er nicht schon wieder total unausgeschlafen bei der Arbeit erscheinen wollte.
Seine Ratlosigkeit war nicht geringer geworden. Wenn die Amis mittlerweile tatsächlich so genau zielen konnten, dass die Reporter in den Nachbarhäusern keine Angst zu haben brauchten, dann musste man sich ja wirklich fragen, ob es noch richtig war, dass ein Krieg immer ganz viel Not und Elend bedeutete. Wenn es möglich war, ein verbrecherisches Regime davonzujagen, indem man einfach ein paar seiner Prachtbauten abriss, warum sollte man dann auf diese Möglichkeit verzichten?
Natürlich ging es nicht, dass ein einzelner Staat die ganze Welt beherrschte, aber sollte man ethische Diskussionen über die Berechtigung militärischer Interventionen nun ausgerechnet im Falle von Saddam Hussein führen? Wenn die Amis schnell und problemlos gewännen, hätten sie anschließend wahrscheinlich gar keine Skrupel mehr, ihre Armee bei jeder Gelegenheit einzusetzen. Das durfte nicht passieren, und Thomas Herwig wusste wiederum, dass irgend etwas in ihm auf die Nachricht wartete, dass die Amis irgendwo mal ganz kräftig auf die Nase fallen würden. Aber wäre dies eine Wendung zum Guten?
Nach dem einen oder anderen Fiasko zögen die US-Truppen doch noch lange nicht aus dem Irak ab, und wem sollte ein monate- oder jahrelanges Massensterben irgend etwas nutzen?
Jetzt, da der Krieg begonnen hatte, jetzt gab es doch gar nichts mehr, auf das man hoffen konnte. Ein schnelles Ende gäbe es eben nur bei einem Sieg der Amis, und das war auch scheiße.
Wo war ein Szenario, das man als einen guten Ausgang hätte bezeichnen können?
Thomas Herwig wusste, dass es ihm langsam gelingen musste, endlich einzuschlafen, und so war sein letzter Gedanke an diesem Tag, dass morgen der nächste Gegner von Ajax ausgelost wurde.
 
R

Rote Socke

Gast
Tja axel,

hättste das mal früher hier gepostet, hätte ich mir etliche TV-Minuten sparen können. Anderseits wäre ich dann aber nicht zur Erkenntnis gelangt, dass man sich die TV-Minuten eh sparen kann, weil einseitig und verlogen. Obwohl, geht ja auch Deinem Text hervor.

Der Text gefällt mir.
Gruss
Socke
 

Inu

Mitglied
Hallo Axel
Hast Du sehr gut gemacht, toll recherchiert. Alles ist authentisch, was Du schreibst, ganz genau so hab ich fernsehmäßig diesen Tag auch erlebt. Die Gedanken, die sich Dein Typ ( wie heißt er schnell ? )macht, sein Hin- und Hergezerrt-Sein zwischen Krieg und Fußball, alles ernst und ehrlich beschrieben. Gefällt mir sehr

Liebe Grüße
Inu
 
V

vicell

Gast
hi Axel,

Also das mit dem getimten Bombenabwurd der Amerikaner plus Einschaltquoten im home-channel war mir auch neu. Klingt aber irgendwo nachvollziehbar. Oh Gott.
Am sonsten gibts nix zu meckern. Schließ mich da meinen "Vorrednern" nur an! Ist auch mal relativ erfrischend, zu dieser delikaten und hochaktuellen Thematik eine etwas andere, zynischere Form vorgesetzt zu bekommen, die Lust auf mehr macht! (obwohl man nicht auch nur behaupten kann, dass die gesamte Berichterstattung nur einseitig und verlogen sei. Ist etwas zu oberflächlich meiner Meinung nach)
In diesem Sinne also und lieben Gruß,

vicell
 

axel

Mitglied
Hallo ihr drei.
Vielen Dank für eure Reaktionen. Man freut sich ja doch immer über Antworten, und wenn es dann auch noch lobende Worte sind ...
Eine flammende Anklageschrift gegen die deutschen Medien oder deren Art der Berichterstattung sollte dieser Text gar nicht sein. Ich habe einfach an jenem ersten Tag mal versucht, ganz genau festzuhalten, was meine Augen jeweils auf dem Bildschirm sehen und meine Ohren aus dem Lautsprecher vernehmen, um es dann „einfach so“, ohne eine Wertung niederzuschreiben.
Außerdem (und das war meine eigentliche Absicht) wollte ich unbedingt ein Dokument über diesen ersten Tag haben. Wer weiß, was in einem halben Jahr sein wird. Vielleicht ist der ganze Krieg dann nur noch ein Fall für die Historiker, vielleicht haben wir uns an tägliche Bilder von verlustreichen Häuserkämpfen gewöhnt, oder aber die ganze Situation ist völlig verfahren und findet in den Nachrichtensendungen gar nicht mehr statt.
Dann noch einmal zu lesen, worüber am ersten Tag berichtet und diskutiert wurde, uns daran zu erinnern, was wir selber vielleicht empfunden oder erwartet haben, dazu wollte ich einen Beitrag leisten.
Der Zynismus in dem Text – nun ja, das ist im Augenblick meine Art, mit der ganzen Angelegenheit umzugehen, mein Versuch, den täglichen Wahnsinn in Worte zu kleiden.
Vielleicht gibt es auch noch eine Fortsetzung (der erste Monat, die ersten 100 Tage oder so ähnlich). Oder aber ich habe andere mit diesem Text ermuntert, sich selber mal an dem Thema zu versuchen und eine eigene Ausdrucksform zu finden.
Einstweilen schöne Grüße,
Axel
 
R

Rote Socke

Gast
Und das hast Du prima hinbekommen axel. Aber ich habe auch für mich meinen Extra-Teil aus dem Text ziehen können, (TV), wenn von Dir auch nicht beabsichtigt.

Übrigens, super Sprachstil.

Schöne Grüße
Socke
 
V

vicell

Gast
hallo socke!

(oder doch lieber rote socke?)
Wie auch immer, ich hab nochmal über das Thema nachgedacht und denke ähnlich wie Du, was die Kriegsberichtserstattung anbelangt. Es ist ja bekannt, dass von bestimmten Seiten heraus (vorzugsweise die, die den Krieg führen) genau bestimmt wird, was in welchem Fall wo und wie veröffentlicht werden darf. Das es sich im Krieg generell um Mord und Totschlag handelt und nichts anderes, ist ein eindeutiger Fakt, wo für mich die Argumentation aufhört. Was für mich der Aufhänger war, war schlicht und einfach die Aussage, dass die Berichterstattung in der Regel einseitig und verlogen sei. Ich denke aber, dass Du gezielt die "aktuelle" Form des Journalismus in den beiden Golfkriegen und in Jugoslawien meinst. Da stimme ich Dir zu. Letztendlich sind es auch nicht die Journalisten vor Ort, die in gewagten Einsätzen um jede Info "kämpfen", sondern letztendlich die höheren Instanzen, die entscheiden, was unter dem Strich herauskommen soll bzw. darf. Natürlich gibt es eine Form des objektiven Journalismus. Aber so etwas wollen die Leute ja nicht mehr hören. Ihnen geht es um Hintergründen und Sonderberichte und was weiß ich, und ab dem Moment wird dann Partei ergriffen und die gesamte Berichterstattung subjektiv und parteiisch.
Na gut, ich beende jetzt mal mein "Plädoyer", sprengt sonst ein bißchen den Rahmen! Ich wollte Dir nur klarmachen, dass ich in Bezug auf den Krieg und dessen Berichterstattung Deinen Standpunkte definitiv teile, mich aber dagegen wehre, generell den Journalismus als eine öberflächliche Sache hinzustellen. Denn dies haben die vielen zahlreichen Journalisten, die ihren Job wirklich gut machen und von deren Leistung wir "harmlosen" Konsumenten manchmal kaum Ahnung haben, nicht verdient!

Schöne Grüße zurück!
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo vicell,

ach der Avatar Socke oder Rote Socke oder so, das kann jeder schreiben wie er will.
Ja, da hatten wir am Anfang ein wenig aneinander vorbei gedacht/geredet.
Danke für's Feedback. Wir sehen die Sache ja gleich.

Schöne Grüße und frohes Schaffen
Volkmar
 
V

vicell

Gast
hallihallo

Avatar-Socke (bin neugierig, was bedeutet denn eigentlich "Avatar"?)
Freu mich, dass Du auch so denkst wie ich. Ich schätze, wir haben anfangs im Eifer des "Gefechts" einfach aneinander vorbeiargumentiert..
Ich wünsch Dir auch noch eine schöne Woche und kreatives Schaffen!!

Übrigens Axel, ich bin ebenfalls beeindruckt von Deinem Sprachstil, passt auch genau zum Ton Deiner Story. Ich denke auch, Du hast recht, vielleicht war Deine Geschichte wirklich der Denkanstoß für den einen oder anderen, etwas zu diesem Thema zu schreiben..(was natürlich nicht zwingend sein soll!)

Das wars für heute,
viel Erfolg Euch beiden noch und bis bald!
 



 
Oben Unten