Der ewige Krieger

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Ralf Langer

Mitglied
Der ewige Krieger

Die Meute hatte sich erhoben.
Das Geschrei: grob.
Worte, die mit Spucke aus dem Mund flogen, mit anderen- zumeist
wütenden Flüchen – zusammenstoßen, und sich in der Nachmittagssonne mit dem Schweiß der Versammelten und der glutheißen Luft zu etwas Monströsem vereinigten.
Er sah vom Hügel auf die Masse herab, hielt eine Hand über die Augen um besser sehen zu können, und dachte nur an ein einziges Wort:
Mob!
Der Verurteilte hatte die verwinkelten Gassen der Provinzhauptstadt durchschritten.
Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, das Gesicht von Folter gezeichnet, und immer langsamer werdend, schritt er, seinen letzten Weg, das Kreuz auf dem gepeinigtem Rücken tragend, zu ihm hinauf.
Schon am Vormittag hatten sich die ersten Menschen versammelt.
Jetzt, hier auf der Schädelstätte außerhalb der Stadtmauern, waren sie schließlich zu Hunderten zusammengeströmt:
Die Befürworter der Todesstrafe, angeführt und aufgewiegelt von wilden Reden der pharisäischen Parteigänger, und, meist schweigend unter ihnen, und zahlenmäßig unterlegen, kleinere Gruppen des Verurteilten Aufwieglers.
Er selbst stand, die römische Standarte fest in der Einen, das Pilum in der anderen Hand, am Fuße der Hinrichtungsstätte und strahlte das aus, was das Reich von ihm erwartete:
Auctoritas:
sittliche Überlegenheit und das damit verbunden Recht zu herrschen.
Mit seinem geschulten Blick hatte er erkannt, dass einige der Menschen bewaffnet waren.
Hier und da wölbten sich die langen grauen Kutten der Einheimischen. Ein Indiz für verborgene Stöcke. Seiner Erfahrung nach meist mit Eisenspitzen beschlagen, die von einer geübten Hand geschwungen, schwerste Verletzungen zuführen konnten.
Andere, Mutigere, hielten unverhohlen faustgroße Steine in ihren Händen.
Er hatte den Hass gesehen. Aber nicht auf ihn, den Römer.
Es war der Hass auf Ihresgleichen, der in ihren Augen glühte, wie die Mittagsonne über den Sinai.
Sinnlose Mordlust auf einen, der doch schon bald nur noch Fleisch sein würde.
Er war angewidert von solch nutzloser Brutalität.
Der Mann war verurteilt worden.
Er wusste nicht warum. Er musste es nicht wissen.
Die Entscheidung war gefallen. Vielleicht war er ein Mörder? Vielleicht ein Staatsfeind?

Ein paar Einheimische trieben es zu bunt in seiner Nähe. Auf einen Wink von ihm lösten sich einige Soldaten aus der Reihe und drängten die Schreihälse mit ihren Schilden zurück in die Menge. Ein besonders auffälliger Randalierer erhielt einen schweren Schlag mit dem Knauf eines Schwertes und brach bewusstlos auf den Felsen zusammen.
Er griff zu seinem Trinkschlauch und nahm einen tiefen Zug.
Das Wasser löste den Staub in seiner Kehle. Er spuckte das Gemisch aus Erde und Wasser auf den Boden.
Dieser fremde Boden, der nicht der seine war.
Die Stimme des Statthalters klang in seinen Ohren.
„ Sollen sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen. Jeder Tote ist eine Sorge weniger für Rom.“
Der Verurteilte hatte den Berg erreicht. Irgendjemand hatte dem armen Hund eine Dornenkrone aufgesetzt. Er blutete fürchterlich. Auf ein weiteres Zeichen von ihm nahmen Mitglieder seiner Kohorte dem Verurteilten das Kreuz ab und befestigten es in der Erde.
Harte Zeiten sind das, dachte er.
Das Rinnsal aus Spucke zu seinen Füßen war verschwunden.
Genauso wie ich, dachte er.
Erleichterung machte sich in ihm breit.
Ein paar Tage noch, dann war sein Dienst an der Waffe beendet, und er würde heimkehren:
heimkehren nach Alba, in seine geliebte weiße Stadt, zu Hof und Frau.
Dann wäre er wieder Bauer, so wie sein Vater und so wie sein Großvater davor.
Dann könnte er endlich diesen Ort, der nur aus Glut und Steinen zu bestehen schien, verlassen.
Verfluchtes Palästina, dachte er. Was machen wir eigentlich hier?
Was will der Senat mit diesem unfruchtbaren Land, wo sich die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Er fühlte eine untragbare Last auf seinen Schultern.
Hier stehe ich, dachte er, der ewige Krieger.
Genau wie Generationen vor mir die Soldaten des Gilgamesch, das untergegangene Uruk in der Fremde beschützten. Immer auf dem Posten für eine ungewisse Sache.
Er musste an den großen Makedonen Alexander denken.
Irgendwo, am Ende der bekannten Welt, hatte er an den Pforten des Hindukusch ein neues Reich entdeckt. Nichts mehr da. Nur noch Staub und Mythen.
Wer weiß, dachte er, in welch fernen Zeiten auch dort wieder Menschen wie ich stehen werden um etwas zu bewachen von dem sie nicht viel verstehen.
Ein neues Reich vielleicht? Neue Ideen?
Wer vermochte das zu sagen!
Er hob seinen rechten Arm. Das war das Zeichen. Die Menge verstummte.
Dann wurden die Nägel eingeschlagen.
 

Ralf Langer

Mitglied
Der ewige Krieger

Die Meute hatte sich erhoben.
Das Geschrei: grob.
Worte, die mit Spucke aus dem Mund flogen, mit anderen- zumeist
wütenden Flüchen – zusammenstoßen, und sich in der Nachmittagssonne mit dem Schweiß der Versammelten und der glutheißen Luft zu etwas Monströsem vereinigten.
Er sah vom Hügel auf die Masse herab, hielt eine Hand über die Augen um besser sehen zu können, und dachte nur an ein einziges Wort:
Mob!
Der Verurteilte hatte die verwinkelten Gassen der Provinzhauptstadt durchschritten.
Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, das Gesicht von Folter gezeichnet, und immer langsamer werdend, schritt er, seinen letzten Weg, das Kreuz auf dem gepeinigtem Rücken tragend, zu ihm hinauf.
Schon am Vormittag hatten sich die ersten Menschen versammelt.
Jetzt, hier auf der Schädelstätte außerhalb der Stadtmauern, waren sie schließlich zu Hunderten zusammengeströmt:
Die Befürworter der Todesstrafe, angeführt und aufgewiegelt von wilden Reden der pharisäischen Parteigänger, und, meist schweigend unter ihnen, und zahlenmäßig unterlegen, kleinere Gruppen des Verurteilten Aufwieglers.
Er selbst stand, die römische Standarte fest in der Einen, das Pilum in der anderen Hand, am Fuße der Hinrichtungsstätte und strahlte das aus, was das Reich von ihm erwartete:
Auctoritas:
sittliche Überlegenheit und das damit verbunden Recht zu herrschen.
Mit seinem geschulten Blick hatte er erkannt, dass einige der Menschen bewaffnet waren.
Hier und da wölbten sich die langen grauen Kutten der Einheimischen. Ein Indiz für verborgene Stöcke. Seiner Erfahrung nach meist mit Eisenspitzen beschlagen, die von einer geübten Hand geschwungen, schwerste Verletzungen zuführen konnten.
Andere, Mutigere, hielten unverhohlen faustgroße Steine in ihren Händen.
Er hatte den Hass gesehen. Aber nicht auf ihn, den Römer.
Es war der Hass auf Ihresgleichen, der in ihren Augen glühte, wie die Mittagsonne über den Sinai.
Sinnlose Mordlust auf einen, der doch schon bald nur noch Fleisch sein würde.
Er war angewidert von solch nutzloser Brutalität.
Der Mann war verurteilt worden.
Er wusste nicht warum. Er musste es nicht wissen.
Die Entscheidung war gefallen. Vielleicht war er ein Mörder? Vielleicht ein Staatsfeind?

Ein paar Einheimische trieben es zu bunt in seiner Nähe. Auf einen Wink von ihm lösten sich einige Soldaten aus der Reihe und drängten die Schreihälse mit ihren Schilden zurück in die Menge. Ein besonders auffälliger Randalierer erhielt einen schweren Schlag mit dem Knauf eines Schwertes und brach bewusstlos auf den Felsen zusammen.
Er griff zu seinem Trinkschlauch und nahm einen tiefen Zug.
Das Wasser löste den Staub in seiner Kehle. Er spuckte das Gemisch aus Erde und Wasser auf den Boden.
Dieser fremde Boden, der nicht der seine war.
Die Stimme des Statthalters klang in seinen Ohren.
„ Sollen sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen. Jeder Tote ist eine Sorge weniger für Rom.“
Der Verurteilte hatte den Berg erreicht. Irgendjemand hatte dem armen Hund eine Dornenkrone aufgesetzt. Er blutete fürchterlich. Auf ein weiteres Zeichen von ihm nahmen Mitglieder seiner Kohorte dem Verurteilten das Kreuz ab und befestigten es in der Erde.
Harte Zeiten sind das, dachte er.
Das Rinnsal aus Spucke zu seinen Füßen war verschwunden.
"Genauso wie ich", sagte er leise zu sich selbst.
Erleichterung machte sich in ihm breit.
Ein paar Tage noch, dann war sein Dienst an der Waffe beendet, und er würde heimkehren:
heimkehren nach Alba, in seine geliebte weiße Stadt, zu Hof und Frau.
Dann wäre er wieder Bauer, so wie sein Vater und so wie sein Großvater davor.
Dann könnte er endlich diesen Ort, der nur aus Glut und Steinen zu bestehen schien, verlassen.
Verfluchtes Palästina, dachte er. Was machen wir eigentlich hier?
Was will der Senat mit diesem unfruchtbaren Land, wo sich die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Er fühlte eine untragbare Last auf seinen Schultern.
Hier stehe ich, dachte er, der ewige Krieger.
Genau wie Generationen vor mir die Soldaten des Gilgamesch, das untergegangene Uruk in der Fremde beschützten. Immer auf dem Posten für eine ungewisse Sache.
Er musste an den großen Makedonen Alexander denken.
Irgendwo, am Ende der bekannten Welt, hatte er an den Pforten des Hindukusch ein neues Reich entdeckt. Nichts mehr da. Nur noch Staub und Mythen.
Wer weiß, dachte er, in welch fernen Zeiten auch dort wieder Menschen wie ich stehen werden um etwas zu bewachen von dem sie nicht viel verstehen.
Ein neues Reich vielleicht? Neue Ideen?
Wer vermochte das zu sagen!
Er hob seinen rechten Arm. Das war das Zeichen. Die Menge verstummte.
Dann wurden die Nägel eingeschlagen.
 

Retep

Mitglied
Morgen Ralf,

die Schreibidee gefällt mir, macht mich nachdenklich.
Du hast die Situation genau beschrieben, ich konnte mich einfühlen.

Manche Gedankengänge des Protagonisten, er ist Bauer, erscheinen mir kaum möglich. Ein einfacher römischer Bauer hatte damals wenig Ahnung von geschichtlichen Abläufen.

Kleine Anmerkungen zum Text:

Worte, die mit Spucke aus dem Mund flogen, mit anderen- zumeist
wütenden Flüchen – zusammenstoßen, und sich in der Nachmittagssonne mit dem Schweiß der Versammelten und der glutheißen Luft zu etwas Monströsem vereinigten.
- Finde ich gut formuliert
zusamenstießen ?

Er sah vom Hügel auf die Masse herab, hielt eine Hand über die Augen [blue](Komma[/blue])um besser sehen zu können,
Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, das Gesicht von Folter gezeichnet, und immer langsamer werdend, schritt er, seinen letzten Weg, das Kreuz auf dem gepeinigtem Rücken tragend, zu ihm hinauf.
- zu verschachtelte Satzkonstruktion ?

kleinere Gruppen des [blue]v[/blue]erurteilten Aufwieglers.
Wer weiß, dachte er, in welch fernen Zeiten auch dort wieder Menschen wie ich stehen werden [blue](Komma[/blue])um etwas zu bewachen ([blue]Komma[/blue])von dem sie nicht viel verstehen.

Gerne gelesen.

Gruß

Retep
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo retep,
ich gebe zu das ich den prot nochmal ueberdenkem muss. er ist bauer aber natuerlich auch grossgrundbesitzer.
vielleicht baue ich das so um, das er einen griechen, wie damals ueblich, als
hauslehrer hatte.
das waere wohl glaubwuerdiger.
die idee hierzu hatte ich,als vor ein paar tagen ein bekannter von mir aus afganistan zurueck kehrte.
lg
ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo retep,
dann eben Grundbesitzer.
Meines Wissens nach, war es auch zum Anfang der römischen Kaiserzeit noch üblich, das Römer als Soldaten dem Reich gegenüber für fünf Jahre verpflichtet waren.
In sofern könnte der prot als Centurio ( was ungefähr unseren Dienstgraden einem Unterleutnant entspräche)gedinet haben.

Ich werds mal überdenken
Ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Der ewige Krieger

Die Meute hatte sich erhoben.
Das Geschrei: grob.
Worte, die mit Spucke aus dem Mund flogen, mit anderen- zumeist
wütenden Flüchen – zusammenstießen, und sich in der Nachmittagssonne mit dem Schweiß der Versammelten und der glutheißen Luft zu etwas Monströsem vereinigten.
Er sah vom Hügel auf die Masse herab, hielt eine Hand über die Augen um besser sehen zu können, und dachte nur an ein einziges Wort:
Mob!
Der Verurteilte hatte die verwinkelten Gassen der Provinzhauptstadt durchschritten.
Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, das Gesicht von Folter gezeichnet, und immer langsamer werdend, schritt er, seinen letzten Weg, das Kreuz auf dem gepeinigtem Rücken tragend, zu ihm hinauf.
Schon am Vormittag hatten sich die ersten Menschen versammelt.
Jetzt, hier auf der Schädelstätte außerhalb der Stadtmauern, waren sie schließlich zu Hunderten zusammengeströmt:
Die Befürworter der Todesstrafe, angeführt und aufgewiegelt von wilden Reden der pharisäischen Parteigänger, und, meist schweigend unter ihnen, und zahlenmäßig unterlegen, kleinere Gruppen des verurteilten Aufwieglers.
Er selbst stand, die römische Standarte fest in der Einen, das Pilum in der anderen Hand, am Fuße der Hinrichtungsstätte und strahlte das aus, was das Reich von ihm erwartete:
Auctoritas:
sittliche Überlegenheit und das damit verbunden Recht zu herrschen.
Mit seinem geschulten Blick hatte er erkannt, dass einige der Menschen bewaffnet waren.
Hier und da wölbten sich die langen grauen Kutten der Einheimischen. Ein Indiz für verborgene Stöcke. Seiner Erfahrung nach meist mit Eisenspitzen beschlagen, die von einer geübten Hand geschwungen, schwerste Verletzungen zuführen konnten.
Andere, Mutigere, hielten unverhohlen faustgroße Steine in ihren Händen.
Er hatte den Hass gesehen. Aber nicht auf ihn, den Römer.
Es war der Hass auf Ihresgleichen, der in ihren Augen glühte, wie die Mittagsonne über den Sinai.
Sinnlose Mordlust auf einen, der doch schon bald nur noch Fleisch sein würde.
Er war angewidert von solch nutzloser Brutalität.
Der Mann war verurteilt worden.
Er wusste nicht warum. Er musste es nicht wissen.
Die Entscheidung war gefallen. Vielleicht war er ein Mörder? Vielleicht ein Staatsfeind?

Ein paar Einheimische trieben es zu bunt in seiner Nähe. Auf einen Wink von ihm lösten sich einige Soldaten aus der Reihe und drängten die Schreihälse mit ihren Schilden zurück in die Menge. Ein besonders auffälliger Randalierer erhielt einen schweren Schlag mit dem Knauf eines Schwertes und brach bewusstlos auf den Felsen zusammen.
Er griff zu seinem Trinkschlauch und nahm einen tiefen Zug.
Das Wasser löste den Staub in seiner Kehle. Er spuckte das Gemisch aus Erde und Wasser auf den Boden.
Dieser fremde Boden, der nicht der seine war.
Die Stimme des Statthalters klang in seinen Ohren.
„ Sollen sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen. Jeder Tote ist eine Sorge weniger für Rom.“
Der Verurteilte hatte den Berg erreicht. Irgendjemand hatte dem armen Hund eine Dornenkrone aufgesetzt. Er blutete fürchterlich. Auf ein weiteres Zeichen von ihm nahmen Mitglieder seiner Kohorte dem Verurteilten das Kreuz ab und befestigten es in der Erde.
Harte Zeiten sind das, dachte er.
Das Rinnsal aus Spucke zu seinen Füßen war verschwunden.
"Genauso wie ich", sagte er leise zu sich selbst.
Erleichterung machte sich in ihm breit.
Ein paar Tage noch, dann war sein Dienst an der Waffe beendet, und er würde heimkehren:
heimkehren nach Alba, in seine geliebte weiße Stadt, zu Hof und Frau.
Dann wäre er wieder Bauer, so wie sein Vater und so wie sein Großvater davor.
Dann könnte er endlich diesen Ort, der nur aus Glut und Steinen zu bestehen schien, verlassen.
Verfluchtes Palästina, dachte er. Was machen wir eigentlich hier?
Was will der Senat mit diesem unfruchtbaren Land, wo sich die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Er fühlte eine untragbare Last auf seinen Schultern.
Hier stehe ich, dachte er, der ewige Krieger.
Genau wie Generationen vor mir die Soldaten des Gilgamesch, das untergegangene Uruk in der Fremde beschützten. Immer auf dem Posten für eine ungewisse Sache.
Er musste an den großen Makedonen Alexander denken.
Irgendwo, am Ende der bekannten Welt, hatte er an den Pforten des Hindukusch ein neues Reich entdeckt. Nichts mehr da. Nur noch Staub und Mythen.
Wer weiß, dachte er, in welch fernen Zeiten auch dort wieder Menschen wie ich stehen werden, um etwas zu bewachen, von dem sie nicht viel verstehen.
Ein neues Reich vielleicht? Neue Ideen?
Wer vermochte das zu sagen!
Er hob seinen rechten Arm. Das war das Zeichen. Die Menge verstummte.
Dann wurden die Nägel eingeschlagen.
 
S

suzah

Gast
hallo ralf,
hallo retep,

gefällt mir, interessante verarbeitung des problems. retep hat schon fast alles gesagt. centurio ist ok,

"Ein paar Tage noch, dann war sein Dienst an der Waffe beendet, und er würde heimkehren:heimkehren nach Alba, in seine geliebte weiße Stadt, zu Hof und Frau.
Dann wäre er wieder Bauer, so wie sein Vater und so wie sein Großvater davor."
aber muss überhaupt der "zivilberuf" so deutlich genannt werden? grundbesitzer finde ich nicht so überzeugend. kann man das nicht besser umschreiben?

liebe grüße suzah
 
S

suzah

Gast
hallo ralf,

guck mal unter wikipedia: centurio.

da ist vieles möglich, vielleicht findest du eine andere lösung für den zivilberuf:
"....stiegen Centurionen immer aus dem Mannschaftsdienstgrad auf; damit konnte [blue]theoretisch jeder römische Bürger Centurio [/blue]werden. In der Anfangsphase der Legion wurde der Centurio von seinen Soldaten gewählt, später durch den Legaten, den Legionskommandeur ernannt. Dabei bedurfte in der Kaiserzeit die Ernennung der Bestätigung durch den Kaiser. Der Zenturionenstand bildete das Rückgrat der römischen Armee und war für die Disziplin und Ordnung der Truppen von entscheidender Bedeutung. Es gibt eine Vielzahl von Berichten über die Härte, aber auch Tapferkeit der Centurionen. Im Gegensatz zu den Mannschaften und „Unteroffizieren“ wurden viele Centurionen nach Ablauf ihrer Dienstzeit nicht entlassen, sondern blieben bis zu ihrem Tod bei der Armee.

lg suzah
 

Ralf Langer

Mitglied
Der ewige Krieger

Die Meute hatte sich erhoben.
Das Geschrei: grob.
Worte, die mit Spucke aus dem Mund flogen, mit anderen- zumeist
wütenden Flüchen – zusammenstießen, und sich in der Nachmittagssonne mit dem Schweiß der Versammelten und der glutheißen Luft zu etwas Monströsem vereinigten.
Er sah vom Hügel auf die Masse herab, hielt eine Hand über die Augen um besser sehen zu können, und dachte nur an ein einziges Wort:
Mob!
Der Verurteilte hatte die verwinkelten Gassen der Provinzhauptstadt durchschritten.
Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, das Gesicht von Folter gezeichnet, und immer langsamer werdend, schritt er, seinen letzten Weg, das Kreuz auf dem gepeinigtem Rücken tragend, zu ihm hinauf.
Schon am Vormittag hatten sich die ersten Menschen versammelt.
Jetzt, hier auf der Schädelstätte außerhalb der Stadtmauern, waren sie schließlich zu Hunderten zusammengeströmt:
Die Befürworter der Todesstrafe, angeführt und aufgewiegelt von wilden Reden der pharisäischen Parteigänger, und, meist schweigend unter ihnen, und zahlenmäßig unterlegen, kleinere Gruppen des verurteilten Aufwieglers.
Er selbst stand, die römische Standarte fest in der Einen, das Pilum in der anderen Hand, am Fuße der Hinrichtungsstätte und strahlte das aus, was das Reich von ihm erwartete:
Auctoritas:
sittliche Überlegenheit und das damit verbunden Recht zu herrschen.
Mit seinem geschulten Blick hatte er erkannt, dass einige der Menschen bewaffnet waren.
Hier und da wölbten sich die langen grauen Kutten der Einheimischen. Ein Indiz für verborgene Stöcke. Seiner Erfahrung nach meist mit Eisenspitzen beschlagen, die von einer geübten Hand geschwungen, schwerste Verletzungen zuführen konnten.
Andere, Mutigere, hielten unverhohlen faustgroße Steine in ihren Händen.
Er hatte den Hass gesehen. Aber nicht auf ihn, den Römer.
Es war der Hass auf Ihresgleichen, der in ihren Augen glühte, wie die Mittagsonne über den Sinai.
Sinnlose Mordlust auf einen, der doch schon bald nur noch Fleisch sein würde.
Er war angewidert von solch nutzloser Brutalität.
Der Mann war verurteilt worden.
Er wusste nicht warum. Er musste es nicht wissen.
Die Entscheidung war gefallen. Vielleicht war er ein Mörder? Vielleicht ein Staatsfeind?

Ein paar Einheimische trieben es zu bunt in seiner Nähe. Auf einen Wink von ihm lösten sich einige Soldaten aus der Reihe und drängten die Schreihälse mit ihren Schilden zurück in die Menge. Ein besonders auffälliger Randalierer erhielt einen schweren Schlag mit dem Knauf eines Schwertes und brach bewusstlos auf den Felsen zusammen.
Er griff zu seinem Trinkschlauch und nahm einen tiefen Zug.
Das Wasser löste den Staub in seiner Kehle. Er spuckte das Gemisch aus Erde und Wasser auf den Boden.
Dieser fremde Boden, der nicht der seine war.
Die Stimme des Statthalters klang in seinen Ohren.
„ Sollen sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen. Jeder Tote ist eine Sorge weniger für Rom.“
Der Verurteilte hatte den Berg erreicht. Irgendjemand hatte dem armen Hund eine Dornenkrone aufgesetzt. Er blutete fürchterlich. Auf ein weiteres Zeichen von ihm nahmen Mitglieder seiner Kohorte dem Verurteilten das Kreuz ab und befestigten es in der Erde.
Harte Zeiten sind das, dachte er.
Das Rinnsal aus Spucke zu seinen Füßen war verschwunden.
"Genauso wie ich", sagte er leise zu sich selbst.
Erleichterung machte sich in ihm breit.
Ein paar Tage noch, dann war sein Dienst an der Waffe beendet, und er würde heimkehren:
heimkehren nach Alba, in seine geliebte weiße Stadt, auf sein Landgut und Frau und Kinder in den Arm nehmen.
Endlich die grünen samnitischen Berge eintauschen gegen das schroffe Palästina und diesen Ort verlassen, der nur aus Glut und Steinen zu bestehen schien.

Verfluchtes Palästina, dachte er. Was machen wir eigentlich hier?
Was will der Senat mit diesem unfruchtbaren Land, wo sich die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Er fühlte eine untragbare Last auf seinen Schultern.
Hier stehe ich, dachte er, der ewige Krieger.
Genau wie Generationen vor mir die Soldaten des Gilgamesch, das untergegangene Uruk in der Fremde beschützten. Immer auf dem Posten für eine ungewisse Sache.
Er musste an den großen Makedonen Alexander denken.
Irgendwo, am Ende der bekannten Welt, hatte er an den Pforten des Hindukusch ein neues Reich entdeckt. Nichts mehr da. Nur noch Staub und Mythen.
Wer weiß, dachte er, in welch fernen Zeiten auch dort wieder Menschen wie ich stehen werden, um etwas zu bewachen, von dem sie nicht viel verstehen.
Ein neues Reich vielleicht? Neue Ideen?
Wer vermochte das zu sagen!
Er hob seinen rechten Arm. Das war das Zeichen. Die Menge verstummte.
Dann wurden die Nägel eingeschlagen.
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo zusammen,
habe den Hinweis auf den " Beruf" des Prot gestrichen.
Ich denke durch das Hervorheben, das der Prot Landbesitzer ist,
egeben sich auch keine Probleme mit seiner Allgemeinbildung.
lg
ralf
 
S

suzah

Gast
hallo ralf,
deine jetzige lösung mit dem "landgut" finde ich ausgezeichnet.

ich habe deinen text nochmals in ruhe gelesen und fand etliche kleinigkeiten, die du vielleicht nochmals überdenken solltest, bevor der text (hoffentlich) in eine bestenliste kommt.

"...[blue]-[/blue] meist schweigend unter ihnen[blue],[/blue] (kein komma)und zahlenmäßig unterlegen(,) [blue]-[/blue] kleinere Gruppen des verurteilten Aufwieglers.
(evtl besser mit gedankenstrichen getrennt)

"die römische Standarte fest in der (E)[blue]ei[/blue]nen, das Pilum in der anderen Hand,!

"langen grauen Kutten der Einheimischen"
grau? (evtl auch weglassen)

"geschwungen, schwerste Verletzungen zuführen konnten.
Andere, (M)[blue]m[/blue]utigere, hielten unverhohlen faustgroße Steine in ihren Händen."
(ich glaube klein geschrieben????)

"Er hatte den Hass gesehen. Aber nicht auf ihn, den Römer.
Es war der Hass auf (I)[blue]i[/blue]hresgleichen, der in ihren Augen glühte, wie die Mittagsonne über de(n)[blue]m[/blue] Sinai."

"lösten sich einige Soldaten aus der Reihe und drängten die Schreihälse mit ihren Schilden zurück in die Menge."

vielleicht besser: drängten mit ihren schilden die schreihälse zurück, da es sonst aussieht als ob die schreihäls schilde hätten.
"(h)[blue]H[/blue]eimkehren nach Alba,
nach dem doppelpunkt groß schreiben

liebe grüße suzah
 

Ralf Langer

Mitglied
Der ewige Krieger

Die Meute hatte sich erhoben.
Das Geschrei: grob.
Worte, die mit Spucke aus dem Mund flogen, mit anderen- zumeist
wütenden Flüchen – zusammenstießen, und sich in der Nachmittagssonne mit dem Schweiß der Versammelten und der glutheißen Luft zu etwas Monströsem vereinigten.
Er sah vom Hügel auf die Masse herab, hielt eine Hand über die Augen um besser sehen zu können, und dachte nur an ein einziges Wort:
Mob!
Der Verurteilte hatte die verwinkelten Gassen der Provinzhauptstadt durchschritten.
Langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, das Gesicht von Folter gezeichnet, und immer langsamer werdend, schritt er, seinen letzten Weg, das Kreuz auf dem gepeinigtem Rücken tragend, zu ihm hinauf.
Schon am Vormittag hatten sich die ersten Menschen versammelt.
Jetzt, hier auf der Schädelstätte außerhalb der Stadtmauern, waren sie schließlich zu Hunderten zusammengeströmt:
Die Befürworter der Todesstrafe, angeführt und aufgewiegelt von wilden Reden der pharisäischen Parteigänger, und - meist schweigend unter ihnen und zahlenmäßig unterlegen- kleinere Gruppen des verurteilten Aufwieglers.
Er selbst stand, die römische Standarte fest in der einen, das Pilum in der anderen Hand, am Fuße der Hinrichtungsstätte und strahlte das aus, was das Reich von ihm erwartete:
Auctoritas:
sittliche Überlegenheit und das damit verbunden Recht zu herrschen.
Mit seinem geschulten Blick hatte er erkannt, dass einige der Menschen bewaffnet waren.
Hier und da wölbten sich die grobleinenen Kutten der Einheimischen. Ein Indiz für verborgene Stöcke. Seiner Erfahrung nach meist mit Eisenspitzen beschlagen, die von einer geübten Hand geschwungen, schwerste Verletzungen zuführen konnten.
Andere, mutigere, hielten unverhohlen faustgroße Steine in ihren Händen.
Er hatte den Hass gesehen. Aber nicht auf ihn, den Römer.
Es war der Hass auf ihresgleichen, der in ihren Augen glühte, wie die Mittagsonne über dem Sinai.
Sinnlose Mordlust auf einen, der doch schon bald nur noch Fleisch sein würde.
Er war angewidert von solch nutzloser Brutalität.
Der Mann war verurteilt worden.
Er wusste nicht warum. Er musste es nicht wissen.
Die Entscheidung war gefallen. Vielleicht war er ein Mörder? Vielleicht ein Staatsfeind?

Ein paar Einheimische trieben es zu bunt in seiner Nähe. Auf einen Wink von ihm lösten sich einige Soldaten aus der Reihe und drängten die Schreihälse zurück in die Menge. Ein besonders auffälliger Randalierer erhielt einen schweren Schlag mit dem Knauf eines Schwertes und brach bewusstlos auf den Felsen zusammen.
Er griff zu seinem Trinkschlauch und nahm einen tiefen Zug.
Das Wasser löste den Staub in seiner Kehle. Er spuckte das Gemisch aus Erde und Wasser auf den Boden.
Dieser fremde Boden, der nicht der seine war.
Die Stimme des Statthalters klang in seinen Ohren.
„ Sollen sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen. Jeder Tote ist eine Sorge weniger für Rom.“
Der Verurteilte hatte den Berg erreicht. Irgendjemand hatte dem armen Hund eine Dornenkrone aufgesetzt. Er blutete fürchterlich. Auf ein weiteres Zeichen von ihm nahmen Mitglieder seiner Kohorte dem Verurteilten das Kreuz ab und befestigten es in der Erde.
Harte Zeiten sind das, dachte er.
Das Rinnsal aus Spucke zu seinen Füßen war verschwunden.
"Genauso wie ich", sagte er leise zu sich selbst.
Erleichterung machte sich in ihm breit.
Ein paar Tage noch, dann war sein Dienst an der Waffe beendet, und er würde heimkehren:
Heimkehren nach Alba, in seine geliebte weiße Stadt, auf sein Landgut und Frau und Kinder in den Arm nehmen.
Endlich die grünen samnitischen Berge eintauschen gegen das schroffe Palästina und diesen Ort verlassen, der nur aus Glut und Steinen zu bestehen schien.

Verfluchtes Palästina, dachte er. Was machen wir eigentlich hier?
Was will der Senat mit diesem unfruchtbaren Land, wo sich die Menschen gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Er fühlte eine untragbare Last auf seinen Schultern.
Hier stehe ich, dachte er, der ewige Krieger.
Genau wie Generationen vor mir die Soldaten des Gilgamesch, das untergegangene Uruk in der Fremde beschützten. Immer auf dem Posten für eine ungewisse Sache.
Er musste an den großen Makedonen Alexander denken.
Irgendwo, am Ende der bekannten Welt, hatte er an den Pforten des Hindukusch ein neues Reich entdeckt. Nichts mehr da. Nur noch Staub und Mythen.
Wer weiß, dachte er, in welch fernen Zeiten auch dort wieder Menschen wie ich stehen werden, um etwas zu bewachen, von dem sie nicht viel verstehen.
Ein neues Reich vielleicht? Neue Ideen?
Wer vermochte das zu sagen!
Er hob seinen rechten Arm. Das war das Zeichen. Die Menge verstummte.
Dann wurden die Nägel eingeschlagen.
 



 
Oben Unten