Der kleine Feuerteufel

B.Wahr

Mitglied
Der kleine,
böse Feuerteufel


Es war einmal ein kleiner, frecher Feuerteufel, dem es in der Hölle zu langweilig gewesen war. Drum war er dem Oberteufel ausgebüxt, als dieser gerade wieder einmal neue Kohlen auflegte.

So kam der kleine, freche Feuerteufel zu uns auf die Erde. Da fror er aber erst einmal ganz fürchterlich. Schnell suchte er sich deshalb ein warmes Feuerchen.

Das erste Feuer, das er auf der Erde sah, war das Leuchtfeuer von Cuxhaven. Schnell wie ein Funke stob er auf den hellen Feuerschein zu. Aber er wußte natürlich nicht, daß ein Leuchtfeuer gar kein richtiges Feuer ist, sondern nur eine große, starke Leuchtturm-Lampe, die die Schiffe schon von weitem sehen können.

“Igittigitt, ist das ein kaltes Feuerchen!” sagte er, als er auf dem eiskalten Scheinwerferglas des Leuchtturms gelandet war. Vergeblich versuchte er, das Leuchtfeuer anzublasen, damit es stärker und wärmer würde. Er pustete und pustete, aber durch das dicke Scheinwerferglas gelangte kein einziger Hauch!

Als ihm schon fast die Puste ausgegangen war und er vor Bibbern und Frieren schon ganz blau geworden war, kam zum Glück der alte Leuchtturmwärter vorbei, dem sprang er schnell in die rechte Jackentasche, denn da ging wenigstens kein eiskalter Nordwestwind.

Aber für einen richtigen Feuerteufel ist die gemütliche Wärme einer Jackentasche natürlich immer noch viel zu kalt. Er fühlt sich erst richtig wohl bei über 100° und wenn es richtig zischt und flammt und lodert und funkt und stiebt! Hey, Mann - dann wird er erst richtig lebendig!

Kaum hatte sich der kleine, freche Feuerteufel ein wenig vom kalten Nordwestwind erholt, da mußte er auch schon nach neuen Feuern Ausschau halten. Als er sich an die Dunkelheit der Leuchtturmwärterjackentasche gewöhnt hatte, entdeckte er in der linken unteren Ecke ein kleines Schächtelchen. Da roch es so interessant nach Holz und Schwefel, schnell kroch er hinein.

Inzwischen hatte der Leuchtturmwärter nochmals alle Scheinwerfer kontrolliert. Da alles in Ordnung war, stieg er die vielen Treppen des Leuchtturms hinunter und machte sich auf den Heimweg. Jetzt, da er endlich Feierabend hatte, wollte er sich erstmal ein gemütliches Feierabend-Pfeifchen anzünden. Doch dazu kam es nicht.

Denn der kleine, freche Feuerteufel hatte solange an den Zündhölzchen herumgespielt, bis es “ZISCH” machte,

und die ganze Schachtel lichterloh brannte. “ZISCH”, “ZISCH”, “ZISCH”machte es immer wieder, wenn ein neues Zündholz anbrannte, und der kleine, freche Feuerteufel freute sich diebisch!

Mit seinem dünnen Feuerteufel-Stimmlein, das natürlich der Leuchtturmwärter nicht hörte, rief er immer wieder in der Feuerteufelsprache (die der Leuchtturmwärter ja auch nicht verstanden hätte):

“Juchhee, juch-ho - ich bin so froh,
jetzt brennt bald alles lichterloh!
Juch-ho, juchhee, wie ist das schee, (Feuerteufelsprache: bedeutet schön)
die kleine Schachtel, der Mantel sind he! (FTS: =kaputt)
Juchheißa, juheier, war alles so teuer,
nun wird es zu Asche,
weil ich´s zündeln nicht lasse!”


Und gerade als der alte Leuchtturmwärter sein Pfeifchen gestopft hatte und nach der Zündholzschachtel in der Tasche greifen wollte, da roch es so unangenehm brenzzlig. “Was ist den bloß mit meinem Pfeifchen los?” wollte er gerade denken, da durchfuhr ihn auch schon ein brennender Schmerz in der rechten Hand, die er sofort aus der Tasche zurückzog. Zum Glück. Denn schon kam dicker Rauch aus der Jackentasche heraus und dann eine zischende Stichflamme, die ihm beinahe auch noch den Bart verbrannt hätte.


“Potztausend!” sagte er. Und das war schon viel für einen einsamen Leuchtturmwärter, der sonst den ganzen Tag lang nichts sagt! Blitzschnell riß er die Jacke vom Körper und schmiß sie in die nasse See (so sagen Leuchtturmwärter zum Meer).

“Potztausend!” sagte er nochmals. “Dat will mir keiner glauben, dat mir in meem Alter nochmal der Kittel brennt! - “Potztausend, Potztausend!” Dann schüttelte er dreinmal den Kopf und sagte mindestens noch dreiunddreißigmal “Potztausend!” - so erstaunt war er.

Dann ruderte er los.

Leuchtturmwärter machen ihren Heimweg natürlich nicht mit dem Bus, Zug oder Auto, sondern mit dem Ruderboot. Und das ist gut so, denn sonst hätte ja das ganze Auto, der Bus oder der Zug auch noch Feuer gefangen! Das wäre eine Katastrophe gewesen.

So aber hatte der Leuchtturmwärter Glück im Unglück gehabt.
Die Jacke war zwar verbrannt und weggeschwommen. Aber mehr ist nicht passiert, das Meer brannte nicht, und eine Jacke konnte man schließlich wieder kaufen.

Der freche, kleine Feuerteufel aber war nicht etwa untergegangen oder mit der Jacke davongeschwommen. Nein, mit dem letzten Funken der brennenden Leuchtturmwärtersjackentasche war er in den dunkelblauen Abendhimmel hinaufgestoben. Von dort oben sah er dicke Rauchschwaden aus einem Kamin steigen. Dorthin zog es ihn...

An Land angekommen war es dem jackenlosen Leuchtturmwärter erstmal noch einem heißen, heißen Grog zum Aufwärmen. Also ging er schnurstracks in die erste Seemannskneipe im Hafen. Sie hieß “Feuerland” und war schon fast voll mit lauter Matrosen und Kapitänen als er eintrat. Im offenen Kamin brannte ein warmes Feuer.

“Hey, Leuchtturmwärter...” rief einer der Kapitäne, “gut hast Du heute geleuchtet, aber sag mir, was sollte das zweite Licht, das aussah wie ein kleines Feuerwerk, denn heute bedeuten? Wir haben erst gedacht, wir hätten uns verfahren und wären beinahe wieder umgedreht!”

“Ja, rief einer der Matrosen, wir dachten schon, das sei das Nordlicht und ließen alle Maschinen stoppen!”

Da erzählte der Leuchtturmwärter seine Geschichte vom brennenden Kittel. Die Seeleute hörten erst mucksmäuschenstill zu, dann fing einer nach dem andern an, schallend zu lachen. Dann lachten sie alle miteinander. Lachten und lachten, klopften sich auf die Schenkel, lachten weiter, schmissen ihre Seemanns-Mützen und Kappen in die Luft und lachten noch mehr.

Erst als allen die Bäuche weh taten, hörten sie langsam auf, laut zu lachen. Aber leise kichern mußten sie noch lange danach.

“Seemannsgarn!” brüllte einer, “pures Seemannsgarn”. Da stand ein alter, braungebrannter Kapitän mit schneeweißen Haaren auf und rief: “Ich habe alle Meere der Welt befahren und alle 7 Teufel der Weltmeere erlebt, einem Feuerteufel in einer Streichholzschachtel aber bin ich noch niemals begegnet! In keinem Hafen der Welt givt es dat, warum also soll es das gerade hier in Cuxhaven geben? Nein, lieber Leuchtturmwärter, das nehmen wir Dir nicht ab! Das ist zu dick aufgetragen. Das kannst Du Deiner Oma erzählen, uns nicht!”

“Jowohl!”, “Genau!”, “Richtig!” und “So ist es!” riefen die anderen 47 Seemänner und klatschen dem Kapitän Beifall. Mit ihren dicken Seemannspranken klatschten sie so fest und lange, daß das gemütliche Kaminofenfeuer plötzlich hell aufloderte.
Alle hörten auf zu klatschen und drehten sich zum Kamin.

Auch der Leuchtturmwärter, der den Seeleuten gerade seine rechte Hand mit der Brandblase zeigen wollte, war erschrocken.
Mit erhobener Hand und offenem Mund stand er da. Seine aufgerissenen blauen Augen waren kerzengerade auf das Kaminfeuer gerichtet.

Da krachte es auch schon: “ZISCH und PENG” machte das Feuer und “ZACK” hatte der graubärtige Käpten einen glühenden Funken auf der Nase. “AU, AU, AUTSCH” schrie er auf und hieb sich mit seiner riesigen Kapitänspranke so kräftig eins auf seine brennende Kapitänsrübe, daß sie ihm danach noch wochen- nein, monatelang weh tat.

“ZISCH und PENG” machte es gleich wieder, und schon ging es dem nächsten Seebär genauso! “ZISCH und PENG, ZISCH und PENG, ZISCH und PENG” - siebenundvierzig mal hintereinander “ZISCH und PENG” - da war was los im “Feuerland”! Nur der Leuchtturmwärter, der Feuerland-Wirt und die Feuerlandkellnerin wurden vom Funkenflug verschont!

Alle andern hatten einen schwarzen Brandfleck auf der Nase und drumherum wurde es blau vom Draufschlagen! Scheußlich sah das aus, erst recht als die Brandflecke langsam weiß wurden und zu riesengroßen Brandblasen auswuchsen! Wären die Seemänner Seefrauen gewesen, so hätte man sie jetzt für Hexen gehalten.

Und wenn einer unter ihnen Feuerteufelstimmchen hören können hätte und die Feuerteufelsprache verstanden hätte, so hätte er vernommen:

“Juchhe, juch-ho - ich bin so froh,
jetzt brennt sie allen: lichterloh!
Juch-ho, juchhe, wie ist das schee,
die großen Rüben, die Nasen tun weh!
Juchheißa, juhase, jeder kriegt eins auf d´Nase,
weil ich´s zündeln nicht lasse!”

Aber keiner von ihnen hat´s gehört. Und obwohl sie viele Sprachen verstanden, die Feuerteufelsprache hätte keiner von ihnen gekonnt. Alle starrten wie gebannt aufs Feuer und hielten sich ihre wehen Nasen.

Dann blickten sie zum Leuchtturmwärter, auf seine immer noch erhobene rechte Hand mit der Brandblase, dann wieder zurück zum Feuer, das gerade ganz, ganz unruhig flackerte. So als ob gleich wieder ein neuer Feuerzauber losginge.

Doch soweit kam´s nicht!

Nur noch einmal machte es ganz fürchterlich “ZISCH und PENG” und ein dicker, glühender Funke flog in allen vier Himmelsrichtungen von einer Wand zur anderen. Da faßten sich die 47 Seeleute ein Herz und brüllten alle gleichzeitig wie aus einem Mund:

“Zum Teufel - mit dem Feuerteufel!”

Und da hatten sie ausnahmsweise alle das Richtige getan.
Denn wenn genau 47 kräftige Seemänner gleichzeitig und aus voller Kehle “Zum Teufel” brüllen, dann hat das eine geheime Wirkung, der sich auch ein frecher Feuerteufel nicht entziehen kann.

Deshalb wurde das Feuer erst ganz bleich,
dann knallrot, dann blau und violett.
Dann loderte es nocheinmal hell auf
und dann ging es mit einem Schlag aus.
Ein fahler Lichtschein verschwand blitzschnell durch den Kamin.
Dann sah man nichts mehr, denn es qualmte fürchterlich.
Und es begann, nach Pech und Schwefelzu stinken,
ganz höllisch!

Sogar die hartgesottensten Seemänner, die ja viel Qualm gewöhnt sind, rannten hustend und räuspernd aus der Tür
und ließen ihren Grog Grog sein.
Viele haben das “Feuerland” daraufhin niemals wieder betreten!
47 Tage mußte es künstlich belüftet werden
und trotzdem riecht es dort sogar bis heute noch
ein wenig nach Pech und Schwefel!

Geh da lieber nicht hin, wenn Du mal nach Cuxhaven kommst,
die Leute sagen, es sei immer noch gefährlich!
Und wenn Du dort im Hafen einen Seeman mit ´ner dicken
weißen Warze auf der Nase siehst, lach´ ihn nicht aus.
Du weißt ja jetzt, woher sie kommt,
und daß er sie nie mehr weg bekommt.
Es war der Fluch des kleinen Feuerteufels!

Und wenn Du an ein Feuer, einen Ofen oder an eine Lampe kommst, paß bloß auf.
Denn niemand weiß, ob sich da nicht wieder der kleine, böse Feuerteufel versteckt und auf ein Opfer lauert.
Denn kein Mensch weiß, ober er damals wirklich in die Hölle zurückgeflogen ist, oder ob er dort inzwischen vielleicht wieder mal abgehauen ist...

Nur wenn Du irgendwo einen Vulkan ausbrechen siehst,
wenn Eure Heizung spinnt,
wenn es am laufenden Band die Sicherungen heraushaut,
wenn Du dauernd Blasen an den Füßen oder an der Nase hast,
dann kannst Du ziemlich sicher sein:
da hatte der kleine böse Feuerteufel wieder die Hand im Spiel!

Und jetzt: Vor, an und nach Silvester paß ganz besonders gut auf Dich auf.
Was meinst Du, wieviel dumme Spässe, der kleine Wicht da wieder macht!











© B.Wahr
 



 
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