Der schnarchende Tod

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Mo

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Der schnarchende Tod

Nur der Schein der Laternen fiel durch die deckenhohen Fenster und spendete das nötige Licht, als Rebecca behutsam die Pistole auf den Schreibtisch legte. Dann spähte sie zur anderen Seite des Appartements. Dort sah sie die Umrisse einer gekrümmten Gestalt, deren Hände mit Handschellen ans Bett gefesselt waren.
Ein Luftzug strich über ihre nackte Haut und brachte sie zum Frösteln. Schnell rieb Rebecca über ihre Oberarme, um die Kälte zu vertreiben und zupfte dann ihre schwarze Spitzenunterwäsche zurecht.
„Du bist jetzt ganz still, Pete“, zischte sie den Mann im Bett an und griff nach ihrem Handy. „Sonst garantiere ich für nichts.“ Da Pete nichts erwiderte, wählte sie die Nummer ihres Freundes.
„Hallo Karl, mein Schatz.“ Rebecca lächelte. „Heute ist Donnerstag. Sei bitte nicht böse, doch ich bin jetzt auf Mallorca.“ Sie räusperte sich. „Susanna bleibt bis Sonntag dort und sie hatten noch einen Platz im Flieger, also bin ich einfach mitgeflogen. Leider warst du bei der Tagung telefonisch nicht zu erreichen. Hier ist es wunderschön. Strahlendblauer Himmel und über 30 Grad.“ Sie schaute prüfend zu ihrem Opfer und fügte schnell hinzu: „Oh, wir müssen jetzt los. Ich liebe dich.“ Sie schmatzte noch einen dicken Kuss ins Handy und legte auf.
„So Pete, das Wichtigste wäre erledigt. Offiziell bin ich heute auf Mallorca. Niemand wird je erfahren, dass ich hier war.“ Sie griff wieder nach der Pistole, überprüfte noch mal den Schalldämpfer und zielte probeweise auf den gefesselten Mann.
„Pete, Pete.“ Ihre Stimme war leise. „Da hast du dir leider die falsche Frau ausgesucht.“ Sie strich zärtlich über die Waffe. „Wenn du nächstes Mal eine Frau verprügeln und vergewaltigen willst, dann check vorher ihre Familie. Ups, hätte ich ja fast vergessen.“ Rebecca konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. „Ein nächstes Mal wird es für dich ja nicht geben.“ Sie stolzierte auf ihren Stilettos zum Bett, hielt auf halber Strecke inne und klaubte ihren Trenchcoat von einem Sessel. Während Rebecca sich den Mantel überwarf, starrte sie Pete angewidert an.
„Nun, ich verzeihe dir deine Blödheit. Schließlich würde niemand von so einer spießigen Vorstadtlehrerin wie mir erwarten, dass sie früher der NRA angehörte.“ Sie kniff kurz die müden Augen zusammen und massierte ihre Nasenwurzel.
„Aber, dass du so blöd bist und dich von der spießigen Vorstadtlehrerin, deren kleine Schwester du brutal missbraucht hast, verführen lässt, hätte ich nicht gedacht.“ Sie wartete auf eine Antwort, doch das einzige Geräusch war das Ticken des Weckers auf dem Nachtisch.
Mit einer raschen Bewegung entsicherte sie die Pistole und nahm Pete ins Visier.
„Du hast nichts zu sagen?“, fragte sie verächtlich. „Ha! Wäre mir auch sehr peinlich. Lässt dich von mir sogar ans eigene Bett fesseln.“ Ihre Hand fing leicht an zu zittern.
„Immer wieder habe ich Susanna vor Augen, wie sie mit zerschundenem Körper und Scham in den Augen vor meiner Tür kauert und am ganzen Körper zittert.“ Rebeccas Gesicht verzerrte sich vor Wut.
„Du wirst keiner Frau mehr weh tun. Niemals.“
Und dann schoss sie.
Einmal.
Zweimal.
Dreimal.
Die Welt schien den Atem anzuhalten, obwohl die gedämpften Schüsse nur kurz die Stille der Nacht ankratzten.
Wie gelähmt stand Rebecca vor dem Bett und schaute auf Petes schwarze Gestalt herunter, als ein lautes Schnarchen sie zusammenfahren ließ.
„Chhrrr“ Und noch mal, eine Spur grunzender.
„Was ist denn jetzt?“ Rebecca drehte sich um und machte eine fragende Handbewegung in die Dunkelheit hinein. Im gleichen Moment flammten circa zwanzig Scheinwerfer auf und zwangen die Menschen hinter Rebecca die Augen zuzukneifen. Ein Raunen ging durch die Menge von Regieassistenten, Tontechnikern, Beleuchtern, Maskenbildnern, Kabelträgern und anderen Schauspielern. Aller Augen waren auf den gefesselten und blutüberströmten Pete McLean gerichtet. Dieser war allerdings besser bekannt als Thomas Wolfenstein, der Schauspieler. Nach und nach erklang Gelächter und ungläubiges Getuschel. Der Liebling aller Frauen lag gefesselt im Bett eines Filmsets und schlief während einer Aufnahme schnarchend seinen Rausch aus. Sensationell.
Rebecca alias Doris Dalmayer verdrehte genervt die Augen und verlies kopfschüttelnd das Filmstudio.
 

F Fuller

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Das Ende kommt überraschend!
Ohne dem ist das Thema nicht so mein Ding - die Rache Der Vergewaltigten Frauen. Vergewaltigung scheint überhaupt im Moment total in zu sein bei den LL-Autoren ;).

Der Text lässt sich sehr gut lesen.

Unklar ist nur, was die NRA ist. Ich denke, nicht jeder kann was damit anfangen (ich mit eingeschlossen - habe aber recherchiert).

Gruss
Fuller
 

Mo

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Hallo Fuller,

ich danke dir. Auch wenn es "mal wieder" (echt?)um Vergewaltigung ging, scheint dir mein Text gefallen zu haben. Du hast eine angenehme knappe Art zu
kommentieren. Gefällt mir.:)

Und gelernt hast du auch noch was (NRA). ;)
Jetzt mal ehrlich. Es wird immer Texte geben, bei denen irgendjemand Irgendetwas nicht versteht. Es liegt doch an der Person, ob sie einfach drüber liest oder,
so wie du, sich die Mühe macht nachzuschauen.

LG
Mo
 

F Fuller

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Hi MO:

klar hat mir der Text gefallen. Wäre es nicht so gewesen, hätte ich wahrscheinlich auch NRA nicht nachgeschlagen, da es mir dann egal gewesen wäre, was es ist.

Was das Thema angeht, so ist und bleibt sowas immer Geschmackssache und hat letzendlich nichts damit zu tun, ob ein Text gut ist oder schlecht. so denke ich, dass es sicherlich eine Menge sehr guter Büche gibt, die ich aber niemals lesen würde, weil mir das Thema einfach nicht zusagt.

Ich denke, hier in der LL geht es mehr als nur um bloße Unterhaltung (obwohl das natürlich auch eine Rolle spielt). Vielmehr möchte man als Autor - auch unabhängig vom Thema - eine umfassende Kritik seines Werks lesen.

So, das war jetzt nicht mehr so knapp ;)

Gruss

Fuller


P.S. Danke wegen des Lobs bezgl. meiner Kommentare1
 



 
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