Der schönste Mann der Welt

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Der schönste Mann der Welt

Patsch-Patsch! Meine Hand klatscht an die Scheibe. Er hört mich nicht. Ich versuche es noch einmal. Patsch-Patsch! An der Scheibe hinterlasse ich Fottpfoten. Fottpfoten nannte meine Mutter immer unsere Patschehändchen an der Glasscheibe. Aber das ist lange her. Heute bin ich groß und erlaube es mir, Fottpfoten an Scheiben zu machen. Patsch-Patsch! Er muss mich doch hören. Patsch-Patsch-Patsch!
Langsam dreht er seinen Kopf in meine Richtung. Seine Mundwinkel zeigen nach unten. Er sieht giftig aus. Seine nachtschwarzen Augen glänzen im Neonlicht. Seine dunkle Haut glitzert. Er ist wunderschön! Der schönste Mann auf dieser Welt! Patsch-Patsch! Ich stemme meine Hände gegen die Scheibe. Sie fühlt sich warm an. Mein Blick weicht nicht von ihm. Und ich sehe, dass sein Kehlkopf genauso schnell zittert wie meiner. Ein untrügliches Zeichen, dass er mich auch sieht. Seine Aufregung ist offensichtlich. Damit hatte er nicht gerechnet! Er sieht sehr überrascht aus. Seine Nasenlöcher weiten sich ein kleines bisschen. Er versucht mich wittern, aber das ist unmöglich durch die Scheibe. Patsch-Patsch! Ich klatsche wieder gegen die Scheibe. „Komm näher!“ rufe ich ihm zu. Er macht einen Satz in meine Richtung, doch nur einen. Dann setzt er sich hin und betrachtet mich aufmerksam. Die aufregendsten Augen der Welt sind auf mich gerichtet! „Komm doch!“ rufe ich wieder. Patsch-Patsch! Und wahrhaftig, er macht noch einen Satz auf mich zu! Jetzt kann ich ihn noch viel besser sehen. Seinen ästhetischen Körper, seine zarte Haut, seine schönen Hände, seine blasse Nase. Muskulös ist er! Ich genieße das Spiel seiner Muskeln. Langsam streckt er ein Bein vor, verlagert das Gewicht und kommt so noch ein Stückchen näher. Patsch-Patsch! Ich klatsche aufgeregt an die Scheibe! Dann fällt mir ein, dass ich so wahrscheinlich gar keine gute Figur mache. Mein Bauch ist viel zu blass! Meine Hände lösen sich von der warmen Scheibe und ich setze mich seitlich, damit er mein Profil sehen kann.
Tatsächlich! Er wagt sich noch näher an die Scheibe. „Kannst Du mich hören?“ rufe ich ihm zu. Er legt seinen Kopf leicht schief und zuckt mit den Schultern. „Kannst Du mich hören?“ brülle ich. Wieder antwortet er mit einem Schulterzucken. Es ist zum Verrücktwerden! Jetzt hab ich ihn so nah an der Scheibe und er kann mich weder hören, noch riechen! Ich rieche gut!
Patsch-Patsch! Jetzt sind es seine Hände, die an das Glas klatschen. Ich freue mich! Und ich antworte ebenfalls mit einem Patsch-Patsch. Unsere Hände würden sich berühren, wäre da nicht diese entsetzliche Scheibe zwischen uns! Er sieht mir tief in die Augen. Patsch-Patsch! Ich setze mich aufrecht hin. Was tun? Immerhin lächelt er. Er sieht wunderschön aus! Ich strahle ihn an und ich merke, dass ich etwas roter werde. Das steht mir gut, sagt man.
Die Luft hier draußen ist trocken. Ich spüre, dass meine Haut nicht mehr glänzt. Es wird Zeit, dass ich zurück nach Hause komme. „Ich komme morgen wieder!“ schreie ich gegen die Scheibe. Dann hüpfe ich traurig zurück in mein Terrarium. Der Pfleger hat es nicht richtig geschlossen. Das passiert ihm öfter. Nur hab ich erst heute entdeckt, dass neben mir der schönste Froschmann der Welt wohnt. Die Menschen sagen Blauer Pfeilgiftfrosch zu ihm. Für mich als Erdbeerfröschin, ist es einfach der schönste Mann der Welt.
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich muss gestehen, ich habe mich schwer getan, das Geschichtchen frei zu schalten. Der Plot dünn wie ein Löffel Kaffee auf `ner ganzen Kanne und natürlich bei der Plörre auch durchsichtig bis zum Kannengrund. Aber die nette Schreibe hat mich dann doch bewogen, weil mit einem guten Stoff könntest Du bestimmt was richtig Hübsches schneidern.
Probier es nur!

Vom Frosch geküsst, hat er den Biss vermisst
 



 
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