Der schwarze Panther auf der Suche nach den Grenzen der Realität

Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell hinab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Am rechten Rand nahm er einen leicht geschlängelten Flusslauf wahr, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der linken Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob der Berg in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Mit kräftigen Sprüngen machte Dada sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben Dada ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher blickte nun auch kurz auf. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
*​
Einige Minuten später erblickte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich anscheinend kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die genüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gutbezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich die schaukelnde Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten verstärkt, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog mit dem Wagen weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.
*​
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Stein des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte eingezeichnet. Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen.
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus rotem Sandstein hergestellt. Sie waren komplett glatt geschliffen. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Die Wände selbst gaben mit dem Fugenmaterial über ein seltsam irisierendes Licht ein unwirklichen Farbenspiel ab. Es reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gedächtnis hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Erinnerung und an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch weiter mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.
*​
In diesem Moment entdeckte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel und fiel und fiel. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen, und dennoch musste er immer wieder diese Wegstrecke beschreiten - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mag ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seien Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm alle seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
*​
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.
Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Lobbyhalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren erschienen seltsam in die Höhe gezogen, sie wirkten auf ihn wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie dreht ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitiert seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschah. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
*​
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie muss ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte. Die Augen der Frau zierten eine doppel-farbige Iris aus grünen und braunen Kreisen. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen.
Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.
 

Sturmbluth

Mitglied
Hallo Rhondaly,

ich habe mich jetzt durch diese recht lange Geschichte gekämpft, aber ich muss zugeben, dass ich sie nicht verstehe. Es passiert auch irgendwie nichts, sondern es werden nur Beschreibungen von Dadas Handlungen aneinander gereiht. Dada macht dies, Dada macht das. Aber es wird nicht klar, warum er es macht, oder was der tiefere Sinn der Geschichte an sich ist. Die eigentliche Story fehlt.

Ab der Mitte der Geschichte dachte ich, er sei ein Spieler in einem Virtual-Reality-Spiel. Auch weil du die Geschichte in der Rubrik Science Fiction eingestellt hast. Aber irgendwie ist das mehr eine Fantasy-Geschichte (und ich hatte mich auf eine SciFi-Geschichte gefreut).

Fazit: hat mir leider nicht gefallen. Lass ich dadurch aber bitte nicht entmutigen, das ist nur meine Meinung.
 

jon

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Teammitglied
Ich muss mich Sturmbluth anschließen. Abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, worum es geht, ist die Story auch ohne "inneren Zug" geschrieben. Ich meine damit dieses "Dada macht das, Dada macht das", dem alles Weitere fehlt: Man erfährt nichts zum Beweggrund, nichts über Entscheidungen (es gibt kein "Problem", nichtmal eine vage Wahlmöglichkeit), nichts über die Einbettung (Spiel?, Traum?) oder – bis auf ein seltsames nahezu durchgehendes Wohlfühlen (ist er high?) – Gefühle und Gedanken. Z. B.: Was bedeuten ihm die plötzlichen Wissenszuwächse? Was würde es bedeuten, wenn er das Programm nicht abspult? – Kurz und gut: Es ist nicht spannend, das fehlende "was soll das sein?" ist nur das zweite Problem. Logikstolperer sind ein weiteres, ein Detailproblem.
 
Ich freue mich über Euer Interesse.
Die Idee: eine Seele wird wiedergeboren. Nach und nach erinnert sie sich an Kenntnisse und Fähigkeiten aus ihren früheren Leben. Sie hat „früher“ bereits telekinetische Kräfte erworben (das Fuhrwerk anheben), sie kann Menschen intuitiv erkennen (den Golfcart Fahrer), und sie hat u.a. ein tiefes, unerfülltes Interesse am Phänomen der Zeit (die Kalenderscheibe).
Die Seele spürt, dass sie in dieser Existenz den Kreislauf der Wiedergeburten verlassen kann. Sie muss allerdings diszipliniert und vertrauensvoll ihren Eingebungen folgen. Sie geht dorthin, wohin ihr 6. Sinn sie führt.
Auf den Stationen ihres Weges haben die „Bausteine der Realität“ (1) ihre Begrenzung verloren. Im Weltall verschwimmen die Dimensionen ihres Erlebens als Überlagerungen in Parallel-Universen aus unerfüllten Wünschen. Schließlich findet die Seele ihre Bestimmung, indem sie ihre Lebensenergie als Regenbogenkörper (2) der Welt spendiert.
Ich habe eine Reihe von Allegorien in die surrealistische Reise des „Dada“ (3) eingebaut. Zu phantastisch? Es hat mich gereizt die Genres Fantasy und Fiction zu vermischen. Ich bin gespannt, ob noch weitere Kommentare zu dieser Geschichte hinzukommen.

Anregungen:

http://www.academia-net.de/news/die-bausteine-der-realitaet-verstehen-lernen/1319743
https://de.wikipedia.org/wiki/Dzogchen
https://de.wikipedia.org/wiki/Dadaismus
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Verstehe. Sowas extrem Allegorisches, das zugleich mit so Konkretem (z. B. ist das Wagenheben wohl wirklich nur ein Wagenheben) gemischt wird, ist im Mainstream (und die LL bewegt sich ja vor allem da) schwer zu "verkaufen". Im Kontext mit anderen Beiträgen – z. B. einer Zeitschrift, die Seele und/oder Wiedergeburt zum Thema hat, wäre das wahrscheinlich einfacher.

Trotzdem überlege ich, ob das Ganze nicht auch spannender zu machen geht. Der Konflikt für die Figur fällt ja weitgehend raus – sie folgt ohne Hinterfragung ihrem Instinkt. Vielleicht muss man den Konflikt nach außen verlagern, dem Leser anhängen sozusagen. Ich denke da an sowas: Die Figur kommt in eine Situation, die der Leser als knifflig empfindet (die Figur aber nicht), oder der Leser erwartet eine bestimmte Reaktion, die Figur macht aber was ganz anderes.

Was man definitiv noch ausbauen kann, ist die Lebendigkeit der Figur. Am Anfang wäre das Moment der Suche nach sich/Sinn hilfreich, damit die erwähnte Entscheidung mehr Gewicht bekommt. Überhaupt heißt "dem Instinkt vertrauen" ja nicht, sich von A bis Z nur treiben zu lassen - ein Wahrnehmen der Optionen würde der Story guttun. Und vor allem auch eine spürbare Reifung, eine spürbare Zielnäherung - also eine emotionale Entwicklung.
 

Sturmbluth

Mitglied
Verstehe den Inhalt nun. Problem ist halt, was willst du erreichen? Ich glaube, die meisten Leser haben es schwer, auf deine Interpretation zu kommen und stehen erstmal ratlos da, so wie wir.

Evtl. hilft es, wenn du am Anfang eine Einleitung oder am Ende eine Auflösung einfügst.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm diesmal die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.
Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinst in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings gab hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Am rechten Rand nahm er einen leicht geschlängelten Flusslauf wahr, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der linken Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte er an sich herunter. So hatte Dada sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben und in den Schoß der Erde zurückkehren wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste wohl oder übel die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte Dada sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher blickte nun auch kurz auf. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erblickte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich anscheinend kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die genüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gutbezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich die schaukelnde Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog mit dem Wagen weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Stein des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte eingezeichnet. Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus rotem Sandstein hergestellt. Sie waren komplette glatt geschliffen. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wese am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Die Wände selbst gaben mit dem Fugenmaterial in einem unwirklichen Farbespiel ein seltsam irisierendes Licht ab. Es reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gedächtnis hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Erinnerung und an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch weiter mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel und fiel und fiel. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen, und dennoch musste er immer wieder diese Wegstrecke beschreiten - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mag ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seien Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm alle seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.
Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Lobbyhalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes auf ihn. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie dreht ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitiert seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschah. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie muss ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem menschlichen-tierischen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 
Hallo ihr Lieben,

ich habe Eure Tipps gern angenommen und in die Version-2 der Panther Story eingebaut.
Vorneweg habe ich einen Epilog zur Verdeutlichung der Ausgangssituation gestellt. Im Text habe ich einzelne Stationen von Dadas Reise deutlicher ausgestaltet.
Ich knappse noch an der Umgestaltung der Idee des Dadaismus in eine verständliche Storyline. Der Dada als Kunstrichtung verleugnet ja gerade die „Was will ich erreichen“-Idee. Er bricht bewusst mit Konventionen. Viele Situationen in der Geschichte sollen Raum für die eigenen Vorstellungen de Lesers offen lassen.
Ich bin gespannt, ob noch weiteren Kommentare hinzukommen werden. Ich stelle mir vor, dass Leser die Geschichte mit ihren Kommentaren weiterschreiben können, wenn sie wollen. Öfter mal was Neues.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm diesmal die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinst in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings gab hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Am rechten Rand nahm er einen leicht geschlängelten Flusslauf wahr, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der linken Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte er an sich herunter. So hatte Dada sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben und in den Schoß der Erde zurückkehren wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste wohl oder übel die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte Dada sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher blickte nun auch kurz auf. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erblickte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich anscheinend kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die genüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gutbezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich die schaukelnde Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog mit dem Wagen weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Stein des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte eingezeichnet. Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus rotem Sandstein hergestellt. Sie waren komplette glatt geschliffen. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wese am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Die Wände selbst gaben mit dem Fugenmaterial in einem unwirklichen Farbespiel ein seltsam irisierendes Licht ab. Es reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gedächtnis hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Erinnerung und an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch weiter mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel und fiel und fiel. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen, und dennoch musste er immer wieder diese Wegstrecke beschreiten - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mag ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seien Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm alle seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.
Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Lobbyhalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes auf ihn. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie dreht ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitiert seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschah. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie muss ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem menschlichen-tierischen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm diesmal die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinst in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings gab hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Am rechten Rand nahm er einen leicht geschlängelten Flusslauf wahr, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der linken Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte Dada an sich herunter. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben und in den Schoß der Erde zurückkehren wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste wohl oder übel die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte er sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher blickte nun auch kurz auf. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erblickte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich anscheinend kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die gegenüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gut bezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich die schaukelnde Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog mit dem Wagen weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Stein des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte eingezeichnet.
Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus rotem Sandstein hergestellt. Sie waren komplette glatt geschliffen. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Die Wände selbst gaben mit dem Fugenmaterial in einem unwirklichen Farbenspiel ein seltsam irisierendes Licht ab. Es reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gedächtnis hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Erinnerung und an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch weiter mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel und fiel und fiel. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen, und dennoch musste er immer wieder diese Wegstrecke beschreiten - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mag ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seien Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm alle seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.
Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Lobbyhalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes auf ihn. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie dreht ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitiert seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschah. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie muss ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem menschlichen-tierischen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm diesmal die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinst in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Am rechten Rand nahm er einen leicht geschlängelten Flusslauf wahr, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der linken Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte Dada an sich herunter. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben und in den Schoß der Erde zurückkehren wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste wohl oder übel die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte er sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher blickte nun auch kurz auf. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erblickte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich anscheinend kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die gegenüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gut bezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich die schaukelnde Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog mit dem Wagen weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Stein des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte eingezeichnet.
Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus rotem Sandstein hergestellt. Sie waren komplette glatt geschliffen. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Die Wände selbst gaben mit dem Fugenmaterial in einem unwirklichen Farbenspiel ein seltsam irisierendes Licht ab. Es reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gedächtnis hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Erinnerung und an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch weiter mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel und fiel und fiel. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen, und dennoch musste er immer wieder diese Wegstrecke beschreiten - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mag ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seien Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm alle seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.
Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Lobbyhalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes auf ihn. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie dreht ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitiert seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschah. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie muss ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem menschlichen-tierischen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 

FrankK

Mitglied
Hallo, Rhondaly
Hat etwas gedauert, war reichlich Stoff, aber hier kommt es nun dicke.

Du präsentierst uns eine Wandlung, die Weiterentwicklung eines Geschöpfes. Ohne dass wir etwas über das „woher“ erfahren, ohne dass wir das „wohin“ miterleben dürfen. Hier, so scheint mir, ist der Weg das Ziel.

Hat irgendwie etwas von einem „Zen-Meister“, so etwas wie „die sieben Stufen zum Eins-Sein mit dem Ich und dem Alles“. Schön schräg, herrlich metaphorisch.
Es verspricht eine fantastische Show zu werden, mit den Magiern des Universums.

Lass mich Dein Führer sein, durch Unebenheiten geleiten und Dir über Stolperstellen hinweghelfen.
(Keine Sorge, Meister Yoda bleibt in der Mottenkiste ;) )

Erbsenzählerei:
0a. Prolog
Das SEIN gab ihm [blue]diesmal[/blue] die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich [blue]diesmal[/blue] schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen.
Das Erste „diesmal“ kann ohne Verluste eliminiert werden.

Dada [red]grinst[/red] in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Zeitfehler

Allerdings [red][strike]gab[/strike][/red] hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …
Da ist ein übriges Überbleibsel durch Umbauten.
Ein paar Workarounds – cool. Ich mag es, wenn es mal nicht so ganz Bierernst zugeht. Auch auf dem Weg zur höchsten Ebene der Transzendenz.

Einleitung und Grundsteinlegung. Im Vergleich zu den vorherigen Versionen haben wir nun die Möglichkeit, dem Weg planvoll zu folgen.


1. Aufgewicht
Vom [blue]rechten Rand[/blue] der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab.
...
Am [blue]rechten Rand[/blue] nahm er einen leicht geschlängelten Flusslauf wahr ...
Etwas viele „rechte Ränder“. Den Ersten könntest Du so lassen, passt auch ganz gut zum begrenzten Sichtfeld. Den zweiten „Rand“ solltest Du bis zum Horizont ausdehnen, ohne Begrenzung. Zum Beispiel:
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Nach rechts bemerkte er einen leicht geschlängelten Flusslauf, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der anderen Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst.
Nicht ganz so viele „rechts / links / vorne / hinten“.

Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben [blue][strike]und in den Schoß der Erde zurückkehren[/strike][/blue] wollte. Eine [blue]Rückkehr in die Erdhöhle[/blue] würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar.
Redundant, Aussagedopplung. Der erste, verschachtelte Teilsatz, böte sich für eine Streichung an.

Er hatte das [blue]Spiel[/blue] des Lebens angenommen und musste [blue][Komma?][/blue] wohl oder übel [blue][Komma?][/blue] die Partie zu Ende [blue]spielen[/blue].
Ein Spiel zu Ende spielen – zu Ende „bringen“? Oder sogar nur „die Partie fortführen“?
Bei den beiden Kommas bin ich mir nicht sicher. Mein Bauchgefühl sagt: „Eingeschobene Aussage.“

Dada fauchte vor Zorn [blue]aus sich heraus[/blue] [strike]und [blue]machte sich auf den Weg[/blue][/strike].
Mit kräftigen Sprüngen [blue]machte er sich auf dem Weg[/blue] hinunter in das Tal.
Natürlich „aus sich heraus“, er kann schlecht einen Meter neben sich fauchen. Oder kann er doch? Grübel ...
Hat Dada noch Emotionen? Dann „fauchte er zornig“[blue][Punkt][/blue].
Das Erste „machte sich auf den Weg“ könnte entfallen.

Es folgt ein kurzer Blick in Dadas Empfindungswelt. Wie er den neuen Körper geniest, das Gefühl der Kraft, die diesem Körper innewohnt.
Die zu sachliche Aufzählung („Muskeln, Bänder und Sehnen ...“) ist ein Bruch in dieser Empfindung. Lass ihn doch den ganzen Körper begeistert „fühlen“, die Harmonie der Bewegungen. Die ersten beiden Sätze könntest Du dann vermutlich viel besser zu einem ganzheitlichen Satzgefüge zusammenfassen.


2. Mitgefühl
Dada nahm einen dankbaren [blue]Blick[/blue] des Zugtieres [blue]auf[/blue]. Der Kutscher [blue]blickte[/blue] nun auch kurz [blue]auf[/blue].
„Der Kutscher schaute nur kurz hoch.“
Würde die Dopplungen ganz einfach ausmerzen und stimmt schon darauf ein, dass der Kutscher gleich wieder wegsieht.

Dada empfindet Mitleid mit dem Zugtier, hilft in der merkwürdigen Situation (was für ein verwegenes Fuhrwerk ;) ) und erfährt dafür Dankbarkeit. So einfach kommt man weiter.

3. Intuition
Nach einigen Minuten [blue]erblickte[/blue] der Panther die Abrisskante in der Ebene.
Das „erblickte“ hatten wir schon zuvor im ersten Satz der vorherigen Zen-Ebene. Wie wäre es, wenn er die Abrisskante „erreichte“, und nicht bloß zu sehen bekam?

Sie zog sich [blue][strike]anscheinend[/strike][/blue] kilometerweit am Ende des Tals entlang.
An solchen Stellen merkt ein Leser, dass sich der Verfasser selbst über sein Szenario unsicher ist. Es ist Deine Welt. Wenn Du willst, dass die Kante kilometerlang ist, dann ist sie das auch.

Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren.
Genau so muss Konkretisierung aussehen. Du kannst es doch. ;)

Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu [blue]schaukeln[/blue] begonnen. Der Fahrer glich die [blue]schaukelnde[/blue] Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus.
Einfacher Formuliert: „... gliche diese mit einem gekonnten ...“

Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert.
Das klingt ... unprofessionell. Irgendwie abgehakt. Dadurch zu hektisch. Wir sind doch in einer ruhigen, entspannten Situation. Vielleicht:
„Der Wagen verlor allmählich an höhe, Dada erwachte ...“

Frank flog [blue][strike]mit dem Wagen[/strike][/blue] weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.
Entschlacken kann manchmal so einfach sein. Ich wünschte, bei unsereins gänge es auch so leicht.

Dada hat gelernt, auf seinen Instinkt, seine Eingebungen (Intuitionen) zu vertrauen.


4. Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem [blue]Stein[/blue] des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war.
Dies könnte irgendein (merkwürdig geformter) Stein sein. Meinst du hier nicht eher sowas wie ein Bildnis, eine Statue?

Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte [blue]eingezeichnet[/blue].
Die Bodenplatte stelle ich mir als kleines Mosaik-Relief vor. Darin wird üblicherweise nichts gezeichnet. Wohl aber „dargestellt“.

Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus rotem Sandstein hergestellt. [blue]Sie waren komplette glatt geschliffen.[/blue] Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken.
Auch dies scheint ein Umbau-Überbleibsel zu sein.
Empfehlung: Den verstörenden mittleren Satz in den ersten einfügen, den letzten Satzteil mittels Komma anhängen.
Ergibt einen langen Satz, kostet Zeit und vermittelt die Betrachtungsdauer der Situation.

Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein.
Haben „Götter“ wahrhaftig noch einen Platz im transzendentalen Umfeld des umfassenden SEINS?
Es ist wieder unbestimmt, es könnte dies oder das gewesen sein. Eine Möglichkeit wäre, diesen Satz einfach zu streichen. Eine andere Möglichkeit wäre, Dada „lernen“ zu lassen, bestimmend mit der Unbestimmtheit umzugehen.
„Hier mussten gottesgleiche Geschöpfe am Werke gewesen sein!“
Der Ausruf ist wichtig für die Eindringlichkeit der Erkenntnis.

Die Wände selbst gaben mit dem [blue]Fugenmaterial[/blue] in einem unwirklichen Farbenspiel ein seltsam irisierendes Licht ab.
Schon wieder dieses geheimnisvolle Fugen-Zeugs. Weniger ist manchmal mehr:
Der Gang schien von selbst in sanft irisierenden Farben zu leuchten.

Dada [blue]erinnerte[/blue] sich sehr genau an dieses Denkmal.
Diese erinnerte kollidiert sprachlich mit dem nächsten Satz.
Hier könnte ein „Dada war sehr vertraut mit diesem Denkmal.“ Weiterhelfen.

Sein [blue]Gedächtnis[/blue] hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an [blue]Erinnerung[/blue] und [blue]an[/blue] Wissenszuwachs erfahren.
Ein Satz, der förmlich nach „Entrümpelung“ ruft.
Sein Gedächtnis? Oder besser sein „Hirn“? Erinnerungs-Synapsen werden im Hirn gebildet, alle Erinnerungen zusammen ergeben das Gedächtnis.
Die Erinnerung ist hier ganz gut aufgehoben, sollte aber die Mehrzahl bilden.
„... und an Wissenszuwachs“ klingt nicht gut. Vielleicht besser: „ ... und einen Wissenszuwachs ...“

Dada hätte sich gern noch [blue]weiter[/blue] mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste [blue]weiter[/blue], denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor.
Das erste „weiter“ könnte komfortabel durch ein „länger“ ersetzt werden.

Auf dieser Ebene hat Dada die Disziplin erlernt.


5. Tunnelerlebnis
Mit einem [blue]wahren[/blue] Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – [blue]und er fiel und fiel und fiel.[/blue]
Mit einem „wahren“ Panthersprung. Er wird kaum wie ein Hund oder ein Pferd gesprungen sein. Nö, schon gut, ich ahne, was Du uns sagen möchtest, so funktioniert es aber nicht.
Du möchtest uns die „kraftvoll fließende Geschmeidigkeit“ näher bringen, oder?
Sicherlich fiel er nicht mehrmals, sondern nur einmal. Aber „schier endlos“ oder?

Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen, [blue][strike]und dennoch musste er immer wieder diese Wegstrecke beschreiten[/strike][/blue] - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte.
Entschlacken, da redundante Aussage.

Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend [blue]aktiviert[/blue].
Aktiviert? Oder eher „gesteigert“?

Was [red]mag[/red] ihn noch Neues erwarten?
Zeitfehler

Jedenfalls war es in [red]seine[/red] Augen nicht so schwarz wie sein Fell.
Korrektur: „seinen“

Dada bewegte [red]seien[/red] Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu.
Korrektur: „seine“


An dieser Etappe scheinst Du Dir „die Zähne ausgebissen“ zu haben. Es wirkt alles recht bemüht, gekünstelt, verkrampft. Im „All“ angekommen kennt Dada auch wieder einmal nur rechts und links. Es gibt kein davor, daneben, dahinter ...
„Schwimmen“ im All ist, real betrachtet, ein müßiges Unterfangen. Aber Dada ist ja in „seinem All“ – da geht alles auf Basis seiner transzendentalen Fähigkeiten. Sein Bewusstseinskomplex dürfte dies auch erkennen.


6. Versuchung
Dada nahm [blue][strike]alle[/strike][/blue] seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Wohl ein weiteres Überbleibsel aus einer anderen Subraum-Variante.

Wie gern hätte er damals [blue]dort[/blue] während einer Städtereise für einen oder zwei Tage [blue]dort[/blue] gewohnt.
Zwei im Sinn, einer ist über.

In der [blue]Lobbyhalle[/blue] ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei.
Lobby ist die Wandelhalle im amerikanischen und britischen Parlamentsgebäude, in der die Abgeordneten mit Interessengruppen und Wählern zusammentreffen.
Der Begriff wird als Synonym für Eingangshalle, Empfangshalle, Foyer, Hotelhalle, Lounge, Vestibül, Vorhalle, Vorraum, Wandelgang und Wandelhalle verwendet.
Du hast also eine „Einganshallehalle“ konstruiert. „Lobby“ reicht, oder „Eingangshalle“.
Uups, ich merke gerade: Laut Duden gibt es eine „Eingangshallenhalle“. Crazy.

Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes [blue]auf ihn[/blue].
Noch ein Überbleibsel?

Die „Versuchung“ wird in diesem Abschnitt nicht klar. Kommt sie nicht erst im nächsten Schritt, mit der Frau?

7. Iris
Sie [red]dreht[/red] ihm den Rücken zu.
Zeitfehler

Er [red]levitiert[/red] seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging.
Zeitfehler

Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast [blue]geschah[/blue].
Eher: „geschehen war“?

Numerologie [red]muss[/red] ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete[red][Punkt][/red]
Zeitfehler, Zeichenfehler

Auch dies wirkt wie ein nicht abgeschlossener Schritt.


8. Die Brücke
Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem [blue]menschlichen-tierischen[/blue] Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde.
Klingt etwas bemüht - eine Alternative wäre „körperliches“.

Tja, Ups, und plötzlich war er da. Der Übergang. Und das Ende.


0b. Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter.
Tja, und hier kneift es ein wenig im Verständnis meinerseits.
Zuvor hieß es nämlich:
Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt.
Wenn er „eins wird“ mit der Welt – wie kann er dann auf diese hinabschauen.
Verschmolzen mit der Welt – ich hätte, nach dem theatralischen Start, eine etwas höhere Ebene (Universum oder so) erwartet, nicht so ein öder, billiger Planet. ;)

Die angekündigten „Workarounds“ sind auch irgendwie ausgeblieben. Lief doch alles recht rund.


Ganz Allgemein:
Anzahl Füllwörter (insgesamt 177 Stück), das macht eine Quote von unter 7%, hier nur mal die häufigsten gelistet:
nun 18x, so 8x, auch 7x, sehr 7x, wieder 7x, wurde 6x, einmal 5x, gern 5x, schon 5x

Bei der hohen Anzahl von „nun“ solltest Du noch mal nachschauen, an manchen Stellen häufen sie sich, viele können entfallen.


Fazit:
Für meinen Geschmack ist diese Version mit Abstand die beste Variante Deines hier ausgestellten Werkes. Ich habe den Eindruck, als wäre Dir durch diese Strukturierung selbst etwas wie Disziplin anheimgefallen.
Die einzelnen Schritte bis zum Aufstieg sind (bis auf die letzten drei) recht deutlich. Ab der „Versuchung“ wird es unscharf. Die Frau sollte doch wohl das Panther-Wesen ablenken und dadurch vom Pfad wegführen. Dada konnte ihr gut wiederstehen.
Diesbezüglich könntest Du „Iris“ aufsplitten und zum Teil der „Versuchung“ und zum Teil der „Brücke“ zuschlagen. Dann hättest Du wieder Deine sauberen Trennungen und abgeschlossenen Elemente.

Idee zu den fehlenden Workarounds:
Der Wagenheber – Dada muss mit seinem Körper eine bestimmte Figur formen, weil er den Wagen nicht einfach mit der Kraft seines Geistes, sondern nur mit der Ausstrahlung seines Körpers anheben kann. Wäre eine Analogie zum Yoga.
Im Tunnelerlebnis könnte die Röhre durch ein Gitter verschlossen sein, welches er „von Hand“ öffnen muss, seine geistigen Kräfte versagen an der Stelle.
Im Sinne von „Geist über Körper / Körper über Geist.“
Jetzt wäre vielleicht doch Meister Joda gefragt:
„Wenn im Wege etwas, warum Du nicht einfach räumen weg?“
Nun ja, ich bin mir sicher, das Universum hat Humor.


Lass mich schließen mit einem Zen-Zitat:
„Den Weg zu studieren heißt sich selbst zu studieren, sich selbst zu studieren heißt sich selbst vergessen. Sich selbst zu vergessen bedeutet eins zu werden mit allen Existenzen.“


By the way:
Als Transportmittel wünschte er sich ein in [blue]oktagonaler[/blue] Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb.
Oktagon – Oktarin – Terry Pratchett; Scheibenwelt. Schimmert da ein Fan durch?
Die Scheibenwelt basiert doch angeblich auf altindischer Mythologie.


Uff, wieder einmal mehr Kommentar als Text. Ich hoffe, ich konnte Dir eine kleine Hilfe und Anregung sein.


Abendliche Grüße aus Westfalen
Frank
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinste in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Nach rechts bemerkte er einen leicht geschlängelten Flusslauf, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der anderen Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte Dada an sich herunter. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste, wohl oder übel, die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte er sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher schaute nun auch kurz hoch. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erreichte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die gegenüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gut bezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich diese Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem steinernen Sonnenrad des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte dargestellt.
Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus glatt geschliffenem, rotem Sandstein hergestellt. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Der Gang schien von selbst in sanft irisierenden Farben zu leuchten.Das Licht reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gehirn hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch länger mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel schier endlos. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mochte ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seine Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.
Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Eingangshalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie drehte ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitierte seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschehen war. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie musste ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete.
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem körperlichen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 
Ja, das ist ein toller Kommentar! Ich danke Dir herzlich dafür.

Die formalen Anmerkungen habe ich als Erstes umgesetzt. Die weiteren Hinweise werde ich nach und nach bearbeiten.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg bei Deinen Texten.

Schöne Grüße von Rhondaly
 
An FrankK: Dein Kommentar zum Epilog.

Du hast recht. Dada hat sich mit seinem Regenbogenkörper der Nachwelt spendiert und ist mit dem Universum verschmolzen (alte Bön Weisheit: https://de.wikipedia.org/wiki/Dzogchen).
Er sitzt jetzt nicht auf Wolke 7 und kuckt sich die Erde an. Ich habe Dada mit dem Elysium herausgestrichen.
Aber der Jaguar kommt trotzdem an die Reihe, und gleich in doppelter Ausfertigung. Paralleluniversen sind funny.

Schöne Grüße von Rhondaly
P.S. Die anderen Punkte von Dir verarbeite ich nach und nach.
 

FrankK

Mitglied
So ist es gedacht, Rhondaly, nur keine Eile. Schließlich gibt es hier keine Abgabefristen. ;)

Gib kurz Bescheid, dann kann ich, wenn es gewünscht ist, nochmal drüberschauen.


Dir noch ein schönes Wochenende und
Grüße aus Westfalen
Frank
 
Oh, danke für die Anregung. Manche Ideen muss man sofort umsetzen, sonst sind sie weg.
Ich habe deinen Kommentar zur Eile im Absatz <Versuchung> in eine kleine Episode mit Dada eingebaut. Das hat Spaß gemacht.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinste in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Nach rechts bemerkte er einen leicht geschlängelten Flusslauf, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der anderen Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte Dada an sich herunter. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste, wohl oder übel, die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte er sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher schaute nun auch kurz hoch. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erreichte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die gegenüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gut bezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich diese Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem steinernen Sonnenrad des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte dargestellt.
Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus glatt geschliffenem, rotem Sandstein hergestellt. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Der Gang schien von selbst in sanft irisierenden Farben zu leuchten.Das Licht reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gehirn hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch länger mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel schier endlos. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mochte ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seine Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.

Über dem Palastportal schaltete sich nun eine Leuchtschrift ein. „Now Is The Time“ verkündete ihm die mysteriöse Botschaft.
Dada fiel auf, dass der Schriftzug selbst in einem rhombus-ähnlichen Rahmen eingelassen war. Das ganze Gebilde erinnerte ihn an die Werbetafel am Eingang zur Spielerstadt Las Vegas.
Dada musste unwillkürlich Grinsen. Seine blendend weißen Eckzähne reflektierten das Lichtgewitter der Werbetafel.
Now ist he time, jetzt ist die rechte Zeit. Das SEIN hatte seinen eigenen Humor. Über Raum und Zeit, über viele verschachtelte Ausprägungen seiner universalen Schöpfung, wurde ihm die entscheidende Botschaft zugestellt. Das Spiel des Leben – veda lila. Hier ist eine Chance. Greife zu – jetzt.

Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Eingangshalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie drehte ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitierte seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschehen war. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie musste ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete.
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem körperlichen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinste in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Nach rechts bemerkte er einen leicht geschlängelten Flusslauf, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der anderen Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte Dada an sich herunter. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste, wohl oder übel, die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte er sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher schaute nun auch kurz hoch. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erreichte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die gegenüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gut bezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich diese Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem steinernen Sonnenrad des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte dargestellt.
Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus glatt geschliffenem, rotem Sandstein hergestellt. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Der Gang schien von selbst in sanft irisierenden Farben zu leuchten.Das Licht reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gehirn hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch länger mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel schier endlos. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mochte ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seine Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.

Über dem Palastportal schaltete sich nun eine Leuchtschrift ein. „Now Is The Time“ verkündete ihm die mysteriöse Botschaft.
Dada fiel auf, dass der Schriftzug selbst in einem rhombus-ähnlichen Rahmen eingelassen war. Das ganze Gebilde erinnerte ihn an die Werbetafel am Eingang zur Spielerstadt Las Vegas.
Dada musste unwillkürlich Grinsen. Seine blendend weißen Eckzähne reflektierten das Lichtgewitter der Werbetafel.
Now ist he time, jetzt ist die rechte Zeit. Das SEIN hatte seinen eigenen Humor. Über Raum und Zeit, über viele verschachtelte Ausprägungen seiner universalen Schöpfung, wurde ihm die entscheidende Botschaft zugestellt. Das Spiel des Leben – veda lila. Hier ist eine Chance. Greife zu – jetzt.

Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Eingangshalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie drehte ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitierte seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschehen war. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie musste ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete.
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem körperlichen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 
Prolog
Dada hatte im Laufe seiner Existenzen eine Menge Fehler begangen. Er hatte auch viele Dinge richtig gemacht auf dem Weg zur Erfüllung seines Daseins. Das SEIN gab ihm die Gelegenheit zu einem Durchmarsch.

Die Aufgabe gestaltete sich diesmal schwieriger als in allen vorherigen Lebens-Stufen. Parallel-Universen waren für einige Wesen begehbar geworden. Epochen und ihre jeweiligen Technologien verschachtelten sich in überlappenden zeitlichen und räumlichen Dimensionen. Damit waren auch die Ablenkungen, die eine Seele vom Weg zur Erleuchtung abbringen konnten, vielschichtiger geworden.
Dada stimmte der Geburt in eine neue Existenz zu. Er wollte als Raumfahrer mit einem Jaguarkörper wiedergeboren werden. Als Transportmittel wünschte er sich ein in oktagonaler Form gebautes Raumschiff mit gegenläufigem MerkaBa Antrieb. Außerdem wollte er einem weiblichen Pendant mit einer Regenbogen Iris begegnen. Dada grinste in sich hinein, als er diese Wünsche zur Wiedergeburt an das SEIN schickte.
Und er wurde wiedergeboren. Allerdings hatte die Schöpfung auf dem Weg zur Befreiung ein paar Workarounds vorgesehen …

Aufgewicht
Langsam öffneten sich die beiden Steinplatten über ihm und gaben eine kreisrunde Öffnung frei. Vom rechten Rand der Sperrvorrichtung rieselte etwas Erde auf sein Fell herab. Dada schüttelte sich und sprang mit einem kräftigen Satz aus dem Erdloch.
Vor ihm öffnete sich eine Winterlandschaft, die sich in eine weite, muldenförmige Ebene erstreckte. Nach rechts bemerkte er einen leicht geschlängelten Flusslauf, auf dem einzelne Eisschollen schwammen. Auf der anderen Seite wurde die Ebene von einer langgezogenen Hügellinie eingefasst. Keine Erhebungen unterbrachen die abwärts geschwungene Formation. Es sah eher so aus, als ob die Anhöhe in der Form eines umgefallenen Kegels aus einem metallenen Werkstück gefertigt war.
Verwundert blickte Dada an sich herunter. So hatte er sich sein Leben nicht vorgestellt. Er setzte sich in den Schnee und überlegte, ob er die Lebensoption nicht gleich wieder zurückgeben wollte. Eine Rückkehr in die Erdhöhle würde ihn nicht von dieser Existenz befreien, das war ihm klar. Er hatte das Spiel des Lebens angenommen und musste, wohl oder übel, die Partie zu Ende spielen. Dada fauchte vor Zorn aus sich heraus und machte sich auf den Weg.
Mit kräftigen Sprüngen machte er sich auf dem Weg hinunter in das Tal. Der schwarze Pantherkörper fühlte sich angenehm an. Die Muskeln, Bänder und Sehnen gaben ihm ein ausgezeichnetes Gefühl von kontrollierter Kraft. Die Pfoten federten die Unebenheiten der Erdoberfläche sehr gut ab. Genießerisch sog Dada die frische Luft durch seine Nasenöffnungen. Nach der langen Zeit dort unten taten ihm die kräftigen Sätze in der Landschaft sehr gut.

Mitgefühl
Als er sich dem Fluss näherte, erblickte er ein hölzernes Pferdefuhrwerk. Der Anblick erinnerte ihn an eine mittelalterliche Szene, die er schon einmal in einem seiner früheren Leben erfahren hatte. Der Wagen war nicht beladen. Dada stellte verwundert fest, dass das Gefährt auf zwei langen Baumstämmen durch den Schnee glitt anstatt auf Rädern oder auf Kufen. Zu seiner Überraschung waren die Baumstämme nicht zur Fahrtrichtung quer angebracht, sondern sie trugen den Wagen längsseitig. Dadurch wurden am vorderen Ende der Stämme immer wieder kleine Schneehügel aufgeworfen. Das Pferd musste schwer arbeiten, um ständig die durch den Wagen geschaffenen Hindernisse aus aufgeworfenem Schnee zu überwinden. Dada sendete einen gezielten Gedankenimpuls in Richtung des Wagens, der diesen leicht anhob. Das Pferd schaute zu dem nun längsseits mitlaufenden schwarzen Panther herüber. Dada nahm einen dankbaren Blick des Zugtieres auf. Der Kutscher schaute nun auch kurz hoch. Dann wendete der Fuhrmann ohne eine weitere Reaktion den Blick wieder nach vorn und fuhr grußlos weiter.
Er hatte eine neue, bisher für ihn unbekannte Erfahrung gemacht. Dankbarkeit, die aus Mitgefühl entstanden war. Es tat ihm gut, und er war auf eine besondere Art neugierig, was ihm die nächste Station in seinem Panther-dasein bringen mochte.

Intuition
Nach einigen Minuten erreichte der Panther die Abrisskante in der Ebene. Sie zog sich kilometerweit am Ende des Tals entlang. Dada wusste, dass er in diese Richtung weiterlaufen musste. Allerdings war ihm intuitiv klar, dass er auch mit dem kräftigsten Sprung die gegenüberliegende Seite der Schlucht nicht erreichen würde. Dennoch sprang er furchtlos in die Schlucht hinein.
Leicht abfedernd landete er mit den Vorderläufen auf dem Dach des fliegenden Wagens. Das Oberteil des Gefährts wurde von einer gläsernen Platte gebildet. Dada schaute durch das Glas hindurch nach unten. Im Wagen saß ein zweiunddreißigjähriger Mann mit rotblonden Haaren. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hatte dieser eine Golftasche verstaut. Dada wusste spontan, dass Frank eine gut bezahlte Stellung als Angestellter hatte, und dass dieser sich am Wochenende sehr gern auf dem Golfplatz aufhielt. Der fliegende Golfwagen hatte durch den Aufsprung des Tieres zu schaukeln begonnen. Der Fahrer glich diese Bewegung mit einem gekonnten Gegensteuern aus. Morgen würde Frank mit seinem vierjährigen Sohn in ein Museum gehen und diesem den Blauen Reiter erklären. Beide, Frank und sein Sohn, würden ihren Weg in diesem Leben erfolgreich gehen. Dada registrierte dankbar seine zunehmenden transzendenten Einsichten. Zufrieden streckte er sich auf dem Glasdach aus und schloss für kurze Zeit die Augen.
Der Wagen wurde nun tiefer gesteuert. Dada erwachte durch die veränderten Bewegungen. Sie waren nun in ein grünes Tal hineingeflogen. Der Mischwald erinnerte ihn an ein mitteleuropäisches Szenario, das er schon mehrmals erlebt hatte. Die Erinnerungen aus seinen früheren Existenzen kehrten, wenn auch bruchstückartig, in Dadas Bewusstsein zurück.
Kurz vor einer Flussbiegung sprang er von dem Dach herunter und landete sicher auf dem Plateau. Frank flog weiter in Richtung des Golfplatzes, der sich in einiger Entfernung andeutete.

Der Wegweiser
Das reliefartige Steinplateau zeigte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem steinernen Sonnenrad des Sonnengottes Tonatiuh, der in alten Zeiten im Nationalmuseum in Mexico-Stadt aufgestellt war. Dada war seinerzeit begeistert von den astronomischen Kenntnissen der Menschen dieser Epoche. Er erkannte auf Anhieb die Gottheit mit der ausgestreckten Zunge wieder. Schnell suchten Dadas Augen die vier Jaguare am unteren Rand der Scheibe. Sie waren ebenfalls in der Bodenplatte dargestellt.
Dada überlegte kurz, warum er in diesem Leben als schwarzer Panther und nicht als Jaguar wiedergeboren war, da ihn die Jaguar-Darstellungen doch sosehr fasziniert hatten. Schnell verwarf er die grüblerischen Gedanken. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Seine ganze Energie musste er in den vorgezeichneten Ablauf in dieser Existenz investieren, denn sonst waren alle Bemühungen verloren. Er wollte auf keinen Fall noch einmal auf diesem Level anfangen
Vom Relief aus führte ihn ein kurzer Weg in eine unterirdische Halle. Jäh stiegen die Wände zu einem domartigen Gewölbe an. Dada schätzte, dass der sich öffnende Raum sicherlich fünfzig Meter hoch war. Die Bodenplatten waren ebenso wie die Wände aus glatt geschliffenem, rotem Sandstein hergestellt. Es war nicht die kleinste Unebenheit zu entdecken. Die Fugen zwischen den riesenhaften Platten waren sehr sorgfältig mit einem weißlich schimmernden Material abgedichtet worden. Hier mussten Götter oder götterähnliche Wesen am Werke gewesen sein. Dada war auf dem richtigen Weg.
Mutig schritt er voran. Der Gang schien von selbst in sanft irisierenden Farben zu leuchten.Das Licht reichte ihm, um den Weg zu verfolgen. Nach einigen Metern blieb Dada vor einer Statue stehen. Vor sich sah er ein Standbild von Abraham Lincoln. Dada erinnerte sich sehr genau an dieses Denkmal. Sein Gehirn hatte in der kurzen Zeit seiner Neu-Existenz einen Quantensprung an Wissenszuwachs erfahren.
Neugierig betrachtet er den Kopf der Steinfigur mit dem bemerkenswerten, rechteckigen Bart. Das Standbild strahlte für ihn, wie früher schon, eine beeindruckende Atmosphäre von Ruhe und Bestimmtheit aus, die Dada sosehr schätzte. Er ging auf seinen kräftigen Pfoten nun etwas zur linken Seite der Statue. Seltsamerweise zeigte es sich nun, dass diese aus zwei grundverschiedenen Materialien gefertigt war. Die rechte Seite bestand offensichtlich aus weißem Marmor, den ein begnadeter Bildhauer nahezu lebensecht bearbeitet hatte. Die linke, leicht nach hinten versetzte Seite war allerdings aus sechseckigen Basaltquadern gefertigt. Dada hätte sich gern noch länger mit diesem Geheimnis beschäftigt. Aber er musste weiter, denn seine innere Uhr gab ihm einen disziplinierten Takt vor. Es war besser, wenn er sich an seine Order hielt.

Tunnelerlebnis
In diesem Moment bemerkte er in der linken Wand eine achteckige Pforte. Dada ging mit einem leicht unwilligen Gefühl auf den geöffneten Felsen zu. Er „wusste“, was jetzt auf ihn zukam. Mit einem wahren Panthersprung tauchte er in die Öffnung im Felsen – und er fiel schier endlos. Dada mochte diesen langen Fall in die Schwärze nicht. Sooft war er diesen Weg schon gegangen - in jeder einzelnen Existenz, die er bisher durchwandert hatte. Seine Fähigkeiten zur Retrokognition wurden jedenfalls zunehmend aktiviert.
Nach unendlichen Zeiten machte die dunkle Röhre eine leichte Biegung in die Waagerechte. Mit dem kommenden Bogen erschien nun ein leichtes Licht. Dada atmete erleichtert auf. Nun ging die Reise in seiner Vorstellung sehr viel schneller voran. Das Licht am Ende des Tunnels wurde zusehends heller. Dada nahm zahlreiche Rillen in den Tunnelwänden wahr. Der Tunnel selbst schien sich in einer Spiralform zu seinem Ende hin zu öffnen. In früheren Leben hatte Dada in solchen Situationen auch Bilder an den Wänden wahrgenommen, Bilder aus seinem damaligen Leben. Doch diesmal erschienen keine solchen Szenen. Was mochte ihn noch Neues erwarten? Warum hatte die Schöpfung ihm diesmal ein verändertes Szenario vorgegeben?
In einer grotesken Haltung rutschte der schwarze Panther aus der Tunnelöffnung in das anschließende Universum, so wie ein Kind von der Wasserrutsche in ein Schwimmbecken hineinplumpst. Dada schaute sich um. Das Weltall erschien ihm nicht vollständig aus Schwärze zu bestehen. Jedenfalls war es in seine Augen nicht so schwarz wie sein Fell. Im mittleren Bereich nahm Dada mehrere hell leuchtende Sterne wahr. Etwas rechts davon erstreckte sich ein buntes Sternenfeld in statu nascendi. Gern hätte Dada den wunderschönen Anblick noch länger in sich hineingesogen. Aber er musste nun zu der Doppelsonne am rechten Rand streben. Dada bewegte seine Pantherbeine wie ein Landtier, das im Wasser schwimmt und ruderte auf die beiden Sonnen zu. Dann nahm er noch den kräftigen Schwanz seines Pantherkörpers hinzu und peitschte das Tempo zusätzlich hoch. Dada freute sich wie ein Kind über diese Schwimmbewegungen in „seinem“ All.

Versuchung
Schließlich besann er sich wieder auf seine Aufgabe. Der große Taktgeber hatte ihm unwiederbringlich so viele Zeiteinheiten genehmigt, wie zur Bewältigung der Aufgabe notwendig waren. Dies sagte ihm seine Intuition, und ihr diszipliniert zu folgen war ein wesentlicher Teil der Aufgabe. Dada nahm seine mentale Energie zusammen und konzentriert seine Bewegungen in Richtung auf den anvisierten Quadranten.
Plötzlich befand er sich direkt vor einem Gebäude, das wie der Buckingham Palast aussah. Die sich explosionsartig ausbreitenden Neuronen in seinem Pantherhirn erinnerten ihn nun daran, dass er in seiner letzten Existenz kurz vor seinem damaligen Ableben einen Artikel über dieses Gebäude gelesen hatte. Sechsundfünfzig Gästezimmer sollten sich in dem Palast befunden haben. Wie gern hätte er damals dort während einer Städtereise für einen oder zwei Tage dort gewohnt.

Über dem Palastportal schaltete sich nun eine Leuchtschrift ein. „Now Is The Time“ verkündete ihm die mysteriöse Botschaft.
Dada fiel auf, dass der Schriftzug selbst in einem rhombus-ähnlichen Rahmen eingelassen war. Das ganze Gebilde erinnerte ihn an die Werbetafel am Eingang zur Spielerstadt Las Vegas.
Dada musste unwillkürlich grinsen. Seine blendend weißen Eckzähne reflektierten das Lichtgewitter der Werbetafel.
Now ist he time, jetzt ist die rechte Zeit. Das SEIN hatte seinen eigenen Humor. Über Raum und Zeit, über viele verschachtelte Ausprägungen seiner universalen Schöpfung, wurde ihm die entscheidende Botschaft zugestellt. Das Spiel des Leben – veda lila. Hier ist eine Chance. Greife zu – jetzt.

Mit einem leisen Fauchen glitt er auf die blitzblank geputzten Platten vor dem Hauptportal. Das Tor öffnet sich ihm bereitwillig. In der Eingangshalle ging Dada an einem Bild mit einem Königspaar vorbei. Er konnte die dargestellten Personen keiner Erinnerung zuordnen. Die Figuren wirkten seltsam in die Höhe gezogen, wie merkwürdige Felszeichnungen eines prähistorischen Volkes. Mit leicht schwingendem Gang glitt Dada in seinem Pantherkörper durch den langen Flur, der ins Innere des Palastes führte.

Iris
Plötzlich, für ihn gänzlich unvermutet, stand eine Frau vor ihm. Sie drehte ihm den Rücken zu. Ihre Füße steckten in hochhackigen silbernen Schuhen, die mit glänzenden Perlmuttplatten besetzt waren. Eine goldene Brosche hielt ein leichtes Baumwollkleid über der rechten Schulter fest. Dada hätte der Frau zu gern in die Augen gesehen. Er levitierte seinen Pantherkörper in Höhe des Kopfes der Frauengestalt, als diese sich unvermutet bewegte und einige Schritte nach vorn ging. Dada hielt sich nun in einem genau bemessenen Winkel von 45 Grad in Kopfhöhe hinter ihr. Die Frau streifte jetzt die Schuhe ab und öffnete die Brosche auf ihrer Schulter. Das Kleid glitt von ihrem Körper herab. So wie Gott sie schuf ging die Gestalt nun auf eine schwere Holztür zu. Zedernholz, dies ist Zedernholz aus dem sagenhaften Land Libanon, ging es Dada durch den Kopf. Auch hier öffnete sich die Tür selbsttätig vor der Frau, so wie es ihm selbst am Eingang zum Palast geschehen war. Die Frau betrat einen großen, ovalen Saal. Dada folgte ihr schwebend, nun in einiger Entfernung.
Es schien sich um einen alten Konzertsaal zu handeln, der jedoch vollkommen leer war. Der Fußboden war aus dunkel gefärbten Parkett gefertigt. Wieder war, wie im ganzen Gebäude, kein Staub und kein Schmutzrest auf dem Boden zu erkennen. Die Frau ging nun bestimmt auf eine Empore in hinteren Teil des de Saales zu. Dort bemerkte Dada ein schwarz lackiertes Klavier mit einem unscheinbaren Drehstuhl davor. Es waren genau drei Stufen, die zu dieser Empore führten. Dada hatte insgeheim mitgezählt. Numerologie musste ihn früher einmal sehr interessiert haben, weil er jetzt auf ein solches Detail achtete.
Dada sprang mit einem anmutigen Satz direkt zu dem Konzertflügel und ließ sich mit seinem wunderbar weichen Pantherfell darauf nieder. Er achtete beflissen darauf, die Lackoberfläche nicht zu beschädigen. Und doch geschah ihm ein Malheur. Mit einer seiner Krallen zog er einen leichten Kratzer in die Oberfläche. Die Frau auf dem Stuhl schaute ihm kurz und eindringlich in die Augen. Jetzt hatte er den Blickkontakt bekommen, den er zuvor gesucht hatte.

Die Brücke
Die Augen der Frau zierte eine Regenbogen Iris. Zufrieden schnurrte der schwarze Panther vor sich hin und schloss die Augen. Regenbogen. Er hatte dieses geliebte Symbol einmal in seiner Existenz erlebt. Nun war er sicher, dass es für ihn einen endgültigen Übergang von seinem körperlichen Dasein hinüber in die ersehnte Himmelswelt geben würde. Noch einmal gingen seine Gedanken zurück zu dem Raumschiff, das ihn quer durch das Universum in unendliche Weiten und in neue Erfahrungen bringen sollte. Dann schloss er innerlich ab mit diesem Traum. Etwas Größeres sollte auf ihn warten, ein unendlicher Horizont ohne die Begrenzungen der Raumzeit. Dessen war er ganz sicher. Er fühlte die Nähe des Unendlichen bei sich.

Die Frau begann nun die Melodie von „pour Elise“ zu spielen. Dada hatte im Moment noch nicht viele Erinnerungen an die damalige klassische Musik, aber diese Melodie war ihm schon wohlbekannt. Der Panther ließ sich von den Klängen tragen. Er transzendierte sein Bewusstsein in eine Welt jenseits des Konzertsaales und vergaß die Zeit. Dann wurde er jäh wach. Das Klavierspiel war beendet. Die Frau sang nun die Melodie mit einer seltsam vibrierenden Stimme in eigenartigen Zwischentönen. Dada meinte darin eine Art von märchenhaftem Klang, möglicherweise wie Obertonmusik, zu erkennen.
Während der Klang die Luft erfüllte bemerkte Dada, wie sein Tierkörper sich ausdehnte. Die Moleküle seines Körpers schienen mit dem Klavier und mit dem Boden, ja selbst mit den Luftelementen im Raum, zu interagieren. Die äußere Erscheinungsform des schwarzen Panthers löste sich zunehmend auf. Seine Lebensenergie formte nun ein Lichtplasma, das in allen Regenbogenfarben die Umgebung erfüllte. Nur die Klauen und einige schwarze Fellhaare blieben vom tierischen Leib auf der Oberfläche des Konzertflügels zurück. Dadas Bewusstsein verschmolz mit der Welt. So erfüllte sich seine Bestimmung.

Epilog
Dada schaut ruhig von seinem Elysium auf die Erde hinunter. In einer weißen Schneelandschaft öffnet sich ein kreisrundes Loch im Erdboden, und zwei gefleckte Jaguarkatzen springen heraus.
 



 
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