Der unbeliebte Sommer.

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pleistoneun

Mitglied
"Wo warst du?", fragte der Herbst den Winter, als er endlich ins Land einzog. "Ich musste warten, bis du deine Blätter ausgetrunken und den Boden hart genug für mich gemacht hast", antwortete der Winter. Leise begann Schnee auf die Bäume und Wiesen zu fallen und langsam färbte sich alles in wollsanftes Weiß. Und als der Winter alt wurde und zu sterben begann, begegnete er dem Frühling.

"Wo warst du?", fragte der Winter den Frühling, der schon seinen wärmenden Atem über das Land verbreitete. "Ich musste warten, bis die Waldtiere ausgeschlafen haben und die Berge ihre Gipfel freigaben", antwortete der Frühling. Mit wohltuender Stimmung verwandelten sich die weißen Schneefelder in grüne, saftige Grasflächen, auf denen das Summen der Bienen, die zu ihren Blumen flogen, zu hören war. Alles war, wie es sein sollte, doch als der Frühling schwach und alt wurde, begegnete er dem Sommer.

"Ach, warum musstest du schon kommen?", fragte der Frühling den Sommer. "Ich musste warten, bis ihr alle euer Leben für mich geopfert habt", antwortete der Sommer herrisch.

"Ich bin die Jahreszeit, die niemals regnet,
wo nur der Sonnenstrahl das Leben segnet.
Warm und immer wärmer will ich werden,
bringe Hitze für die Luftbeschwerden.
Ich werde sengend alles Grün verwelken,
Enzian, Lavendel und sonnenrote Nelken.
Mit Sonnenwinden fege ich die Erdenstraßen,
denn niemals will ich wieder Herbst es werden lassen."


"Was bist du doch für ein Hitzkopf!", meldete sich der Herbst beim Sommer. "Schick deine Sonne schlafen und überlass mir den Wind, damit ich den armen Menschen nach deinen heißen Tagen Kühle schenken kann." Und der Herbst nahm sich fröhlich seinen Farbtopf und patzte mit frischem Wind dem Land würzige Farben aufs Gewand. Doch mitten in der Arbeit stahl sich noch einmal der Sommer herein. Verkleidet. Als "alte Weiber" mit Kopftuch und langem Kittel fegten sie noch einmal die Erdenstraßen, doch schon blickte der Winter herein, konnte dem Treiben nicht länger zusehen und blies mit kaltem Schauer das Weibsgesindel in den Sommer zurück. Diese harte Ankunft der "alten Weiber" macht sie Jahr für Jahr zorniger und ist der eigentliche Grund für die immer unerbittlicher werdende Sommerhitze, die uns heimsucht.
 

majissa

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Lieber kommentarfauler Pleistoneun, ;)

was ist geschehen? So "ernsthaft" kennt man dich gar nicht. Deine Texte wirken oft wie ein Magnet auf mich, da sie so herrlich skurril sind. Ich erinnere mich da gerade an eine Familie mit genetischem Defekt, der es ihnen erlaubt, Farbe aus der Nase...nun ja...
Ähnliches hatte ich auch hier erwartet, aber dies ist ganz anders, als ich es bisher von dir gewohnt bin. Und ich bin wirklich erstaunt, wie gut dir diese kleine Geschichte über die Jahreszeiten gelungen ist und zudem noch eine witzige Erklärung zum Altweibersommer mitliefert. Fein gemacht und diesmal tatsächlich rund. Dann mal weiter so...

LG
Majissa
 

pleistoneun

Mitglied
So bin ich!

Oft überkommen mich wahnwitzige Themen, mal wieder was Ernstes. Bin selbst ob meines Ideenreichtums selbst gar stark verwundert. Die Geschichten schreib ich in weniger als 1 Stunde nieder, wenn sie mir gefallen, stell ich sie hier rein, wenn nicht, findest du sie trotzdem hier, allerdings - das sei hinzugefügt - ist die Resonanz auf eine Geschichte, die mir selbst gut gefällt, deutlich besser. Das zeigen auch die Feddbacks auf meiner Homepage.

Ja, die Geschichten mit dem Kommentieren. ...

Ich sollte da mal eine Geschichte darüber verfassen. Aber danke an alle, die meine Abhandlungen trotzdem weiter lesen...... D A N K E !!!!!
 

majissa

Mitglied
Auf deiner Hompage...

...mein Lieber, las ich erst heute was äußerst Vergnügliches über Schnecken-Genitalien auf der Autobahn. Scheinbar bist du nicht der einzige, dem die Phantasie durchgeht. Das war einfach göttlich!

Die Geschichte mit dem Kommentieren...also mal im Ernst: Warum kommentierst du so ungern? Überkommt dich eine eigenartige Furcht dabei? Greifen dich textfremde Buchstaben durch den Bildschirm hindurch an?
Eigentlich ist nichts dabei. Man liest, räuspert sich kurz und tippt. Ich finde die Idee, diesbezüglich ein Statement zu verfassen, wirklich gut. Und wenn du eh' nur ein Stündchen dafür brauchst, bietet sich doch eine Erklärung für deine Aversion geradezu an. Was meinst du?

LG
Majissa
 

pleistoneun

Mitglied
Jaja, die liebe Verwandtschaft

Die Geschichte "Genitalien auf der Autobahn" stammt von einem getreuen, ebenfalls sehr phantasiereichen Menschen aus eigenen Reihen - mein Cousin. Wahrlich sehr schräge Werke dabei.

Kommentare: So dankbar ich für eine Resonanz bin, so dankbar sind andere für Kommentare, die man über deren Geschichten abgibt. Stimmt schon. OKAY, her damit, her mit einer Geschichte, jetzt wird kommentiert......*gg
 

majissa

Mitglied
Ha! Dachte ich mir doch, dass das nur ein Verwandter sein kann. Der Humor kam mir nämlich gleich bekannt vor. Tatsächlich habe ich eine Zeitlang überlegt, ob man eine Schnecke mit chirurgischer Präzision so überfahren kann, dass überhaupt noch was zu erkennen ist.

Du willst also tatsächlich kommentieren? Wenn du im gleichen Forum bleibst, ein wenig hinunterblätterst und beim vorletzten Werk namens "Membrum Virile" einen Zwischenstopp einlegst, kannst du schon mal loslegen...

Ich nehme an, es dauert, hm?

*überreicht eine Kommentatorschutzrüstung*

Majissa (amüsiert)
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

ich bin restlos begeistert von deiner geschichte. sie ist eine perle für meine sammlung.
ganz lieb grüßt
 



 
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