Des Engels Schutzengel.

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pleistoneun

Mitglied
Judas Priests Gitarrenstimmer und seines Zeichens Hungertotkandidat fliegt in den Himmel, in der einen Hand noch die Gitarre, in der anderen das Kettensägengitarrenblatt eines Kettensägengitarrenbaumes, nicht besonders einfallsreich, aber musikalisch verwertbar. "I saw chainsawspeakers beyond the sky...". Am Himmelstor lehnten der heilige Bimbam, der Nikolaus und drei Backgroundsängerinnen des Engelschors. "Grüß Gott, oder wie sagt man bei euch hier im Himmel?", stieß der grobschlächtige Gitarristenstimmer hervor. "Der Eingang für Neunmalkluge ist vier Tore weiter", kläffte der heilige Bimbam belehrend. "Ich bin Judas Priests Gitarrenstimmer", gestorben für einen Hungerlohn, eigentlich genau deswegen. Mir gebührt die Sonderklasse mit Weintrauben, palmwedelnden Eunuchen, Manikürpersonal, Sieben-Gänge-Menüs und die besten Sitzplätze in eurem Drei-Sterne-Kino. "Fünf-Sterne-Kino, bittesehr", brummte der Nikolaus schwer gezeichnet von seinen Trinkeskapaden. "Fünf Sterne? Das sind um zwei mehr, als das Hotel hatte, in dem ich grade verhungert bin." Der Engelschor fingerschnippsend dazu mehrstimmig: "Schub....Schub....di Schubm di Bab.... diiii Bab.....". Der Gitarrenstimmer von Judas Priest hatte noch nicht mal einen Fuß über die Schwelle zum Himmel gesetzt, und schon jetzt gab es schier unüberwindliche Hindernisse. "Das ist mir alles zuwider, da bin ich lieber wieder Gitarrenarzt", pfauchte der Antipath und kehrte den Himmelsbewohnern den Rücken. Um sich von der Umsetzung seines albernen Vorhabens zu überzeugen, folgte ihm in unauffälliger Manier ein prächtiger, weißer Engel aus dem Chor und beobachtete den soeben Reinkarnierten nach der irdischen Rückkehr beim Biertrinken in einer für Himmelsboten, die gerade aus dem Gotteszelt entsprungenen waren, höchst ungebührlichen Umgebung.

Es wurde viel getrunken, gebechert, geprostet, begossen, betankt und auch ordentlich aufgestoßen und plötzlich erblickte das mittlerweile vom starken Alkohol verzerrte Gitarrenstimmergesicht das scheue Engelswesen. Der schwitzende Mann wühlte sich gierig durch die Menschenmassen und zeigte sich bei seinem Objekt der Begierde von seiner aufdringlichsten Seite und nur zum Schutze ihres Eigenwohles wandte der weibliche Paradieswächter sein Antlitz ab, um dieser Infektion mit dem Verkommenen zu entgehen. Doch der verachtete Mann setzte nach: Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, beißender Rauch stob ihm aus der Nase und seine jämmerlichen Versuche, männliche Überzeugungsarbeit zu leisten, wurden immer wieder durch eindeutig abweisende Gesten quittiert. Und gerade eine dieser Fluchtreaktionen ließ plötzlich den überstrapazierten Engel in die Augen eines zweiten anwesenden Engels blicken. Der Rettungsanker in der aufgewühlten Brandung, das warme Licht im Dunkel, die sanfte Stimme unter den Schreienden, das vertrauenswürdige Gesicht des Retters, das ihr sofort jede Angst nahm und sie momentan beruhigte. Auf dem Weg zurück in den Himmel wurde ihr klar, dass es ihr persönlicher Schutzengel war, der sie befreite.
 



 
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