Des Menschen Wolf

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Toby

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Auf allen Dächern sieht man Menschen harren,
des Menschen Wolf, so raunt man, streift umher.
Sein Ruf weht aus und pfeift durch jeden Sparren,
er heult und tobt und fegt die Straßen leer.

Von ferne dringt das harte Glockenschlagen,
doch horcht man auf, wenn sich ein Grashalm biegt.
Hört ihr nicht auch den Wolf die Knochen nagen,
wobei er selig sich an unsre Häuser schmiegt?

Schon will man ihn am Eck gesehen haben,
man spürt bereits den heißen Atem gehn.
Ach läg er tot nur lange schon im Graben
und wäre fort auf Nimmerwiedersehn!

Doch fragt man voller Sorge in die Stille,
"Der Wolf, wer sah ihm je ins Angesicht?"
ereifert sich des wilden Volkes Wille,
sie zetern - "Fremder, sage glaubst du nicht?".

Bald hält man in den Hallen würdge Messen
und predigt von der Welten Untergang.
Der Wolf, und mag er jeden von uns fressen,
bricht niemals unsern Mut und Tatendrang.

Wir lenken alle Bomben und Raketen
im steilen Flug auf jedes Häuserdach
und flüchtet er, so schlagen mit Macheten
wir hinterdrein und rächen siebenfach!

Die Stadt versinkt und alle Mauern fallen,
kein einzger Stein bleibt auf dem andern stehn.
Doch mancher hat im Rauch- und Trümmerwallen
ganz sicher noch des Menschen Wolf gesehn.
 



 
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