Dichter aus Flatz

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Wüstenrose,
ich denke, im 3. und 4. Vers stimmt der Reim nicht.
Im Limerick sollten Reime möglichst stimmen, es sei denn - es hat eine bestimmte Funktion.

Beispiel:
Die Lösung entstand
grad eh' er entschwand:
er schrieb noch: "Es war für die Katz!"
 

wüstenrose

Mitglied
Lieber Bernd,

danke für deinen Kommentar.

Da ich mich noch nicht wirklich lange am Limerick versuche (aber immerhin lange genug, dass ich gemerkt habe, dass es da immer wieder verschiedene Limerick-Philosophien gibt - nicht zuletzt deinen Kommentaren zu hier eingestellten Limericks ist das zu entnehmen), habe ich zu diversen Limerick-Fragen auch keinen eindeutigen Standpunkt.

Deshalb schildere ich im Folgenden keinen Standpunkt, sondern einfach meine Gedanken, die die Entstehung des Flatz-Limericks begleiteten.

Ein nicht so ganz stimmiger Reim lief mir z.B. bei Ole Haldrup über den Weg, du wirst das Teil ("Mann in Hessen...") kennen, Zeilen 3+4:
Da jeder Tag möglich,
feiert er täglich
...

Mir gefällt dieser Haldrup-Limerick und ich sagte mir: Entscheidend ist hier die Gesamtwirkung, die schwungvolle Linie, die von Anfang bis Ende durchgezogen wird; auf die Gesamtwirkung wird mehr Gewicht gelegt als auf diesen "Wackler" in Zeilen 3/4.

Diesen Blick habe ich auf meinen Limerick übertragen. Ich hatte folgende Variante:

'Nem steinalten Dichter aus Flatz,
dem fehlte ganz hinten ein Satz.
Doch just vor dem Grabe
empfing er die Gabe
der Weisheit: „Es war für die Katz!“

Hab' mich dann für die eingestellte Version entschieden, da sie mich als Ganzes mehr überzeugt.

lg wüstenrose
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke für den ausführlichen Kommentar.
Ich weiß, dass es Limerick-Autoren gibt, die keinen besonderen Wert auf den Reim legen, oder die absichtlich nicht reimen.
Im letzteren Bereich findet man auch die Gruppe "MTS".

Das Entscheidende ist die Wirkung, die Komik.
Ich selber ziehe meist "saubere" Reime vor (im Sinne von "reine Reime" - nicht als Gegensatz zu "schmutzige Reime".

Aber wie Du schon sagts, es gibt unterschiedliche Auffassungen.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Kaleidoskop,

anlässlich deiner Sicht der Dinge habe ich nun zwar keinen Blumentopf gewonnen, aber immerhin ein neues Verb gelernt, denn funzen war mir bislang gänzlich unbekannt.
Ich danke.
gruß wüstenrose
 

Label

Mitglied
Lieber Wüstenrose

wie wäre es damit?
'Nem steinalten Dichter aus Flatz,
dem fehlte zum Schluß noch ein Satz.
Die Lösung entstand
grad eh' er entschwand:
er schrieb noch: "Es war für die Katz!“



und aus deinem anderen Lim-Anfang habe ich folgendes gestrickt:


Ein durstiger Kellner aus Trier
der trinkt für sein Leben gern Bier
einst beim Rasenmähen
verlor er zwei Zehen
mit Bier sieht statt zwei Zeh'n er vier.

na ja, oder so ähnlich ;)
Lieber Gruß
Label
 

wüstenrose

Mitglied
Liebe Label,

danke fürs Nachgrübeln!
Ich belass' es erst mal dabei, wie eingestellt.
Weil:
ich denke, in Sachen Komik ist es nicht der ganz große Brüller, trotzdem liegt mir das Teilchen am Herzen, weil es meiner Meinung nach einen eigentümlichen Charme hat. Neben der vordergründigen Komik sind mir folgende Gedanken wichtig: Im Alter wird jede/r mit der Frage der Lebensbilanz konfrontiert. Die Bilanz erfolgt ganz hinten - ganz hinten im Buch des Lebens; vielleicht ganz hinten auch als der Ort, wo Schönfärberei nicht mehr gilt, wo der schonungslose, ehrliche Blick gefragt ist. In diesem Sinne gefällt mir ganz hinten.
Dann sollen zwei gegensätzliche Bewegungen erzeugt werden:
- ein gutes Ende, ein glücklicher Ausgang, der ruhmreiche Abschluss eines erfüllten Lebens
- die vernichtende Bilanz

die Lösung und die Desillusion prallen in der vorletzten und vor allem in der letzten Zeile frontal aufeinander, das gibt - zumindest für meine Ohren - einen eigentümlichen Klang, der mir gefällt.
Bei den Varianten ist dieses Aufeinanderprallen nicht so intensiv gegeben.


Danke, dass du dich des Trier-Limericks angenommen hast! Nun kommt er doch noch in die Gänge.
Ich versuche den Faden aufzugreifen:

Ein durstiger Gärtner aus Trier,
der trinkt für sein Leben gern Bier.
Einst beim Rasenmähen
verlor er drei Zehen.
Mit Bier sind's statt zwei wieder vier.


lg wüstenrose
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das erinnert mich an einen Limerick, den ich vor etwa 15 Jahren geschrieben habe.

http://www.leselupe.de/lw/titel-Ein-hoeflicher-Gaertner-aus-Trier-Limerick-105082.htm

Ein höflicher Gärtner aus Trier
vernichtete Schnecken mit Bier,
und wenn eine nahte
dem schrecklichen Bade,
dann sprach er „Verzeihen Sie mir!“

In Trier passiert so allerlei.

"Funzen" kannte ich auch erst seit wenigen Jahren.

---

Ich denke immer noch, die dritte Zeile des eigentlich behandelten Limericks lenkt durch den unsauberen Reim vom Inhalt ab. Er schürt Erwartungen, die weder erfüllt noch verstoßen werden.
Das Fazit passt, aber mit den schon besprochenen Problemen.

Noch eine Variante:
'Nem steinalten Dichter aus Flatz,
dem fehlte zum Schluß noch ein Satz.
Doch eh er verblich,
da fand dieser sich,
er lautet: "Es war für die Katz!“

Die Frage in allen Versionen: Reicht die Pointe?
Für einen Limerick: ja.
Aber wird er zu "zahm"?
 

wüstenrose

Mitglied
So, nach intensiver Beleuchtung geht diesem Limerick nun so langsam die Luft oder das Licht aus...
Das hat mich wirklich gefreut, dass so ein anregender Austausch zustande kam, da konnte ich einiges mitnehmen für weitere Versuche.
Aber nun lass ich erst mal sacken, um demnächst vielleicht nochmal ran zu gehen.

Die Empathie des Gärtners aus Trier ist wirklich vorbildlich!
Ich kannte mal einen Schlachter in Wiesloch, der ähnlich zartfühlend war, allerdings ist im Bericht von Selbigem die Zeile 2 noch keine runde Sache:

Ein höflicher Schlachter aus Wiesloch,
der immer ein klein wenig fies roch,
sprach zu seinen Säuen:
„Ihr solltet euch freuen,
es öffnet sich das Paradies noch.“
 

wüstenrose

Mitglied
Ein fleißiger Autor aus Flatz,
der suchte im Spätwerk nen Satz,
der sich eingängig liest
und das Leben umschließt -
er fand ihn. Es war für die Katz!
 

wüstenrose

Mitglied
Ein fleißiger Autor aus Flatz,
der suchte im Spätwerk nen Satz,
der sich eingängig liest
und das Leben umschließt -
er fand ihn. Es war für die Katz.
 

wüstenrose

Mitglied
Ein steinalter Dichter aus Flatz,
der suchte vorm Abtritt nen Satz,
der des Lebens Ertrag
zu beziffern vermag.
Ergebnis: Es war für die Katz!


Ein fleißiger Autor aus Flatz,
der suchte im Spätwerk nen Satz,
der sich eingängig liest
und das Leben umschließt -
er fand ihn: Es war für die Katz.
 

wüstenrose

Mitglied
Ein steinalter Dichter aus Flatz,
der suchte vorm Heimgang nen Satz,
der des Lebens Ertrag
zu beziffern vermag.
Ergebnis: Es war für die Katz!
 

wüstenrose

Mitglied
Ein steinalter Dichter aus Flatz,
der suchte im Spätwerk nen Satz,
der des Lebens Ertrag
zu gewichten vermag.
Ergebnis: Es war für die Katz!


(Friedrich Nietzsche: Das Leben als Ertrag des Lebens. — Der Mensch mag sich noch so weit mit seiner Erkenntnis ausrecken, sich selber noch so objektiv vorkommen: zuletzt trägt er doch Nichts davon, als seine eigene Biographie.)
 

wüstenrose

Mitglied
Ein steinalter Dichter aus Flatz,
der suchte im Spätwerk nen Satz,
der des Lebens Ertrag
zu gewichten vermag.
Ergebnis: Es war für die Katz!


(Friedrich Nietzsche: Das Leben als Ertrag des Lebens. — Der Mensch mag sich noch so weit mit seiner Erkenntnis ausrecken, sich selber noch so objektiv vorkommen: zuletzt trägt er doch nichts davon als seine eigene Biographie.)
 

wüstenrose

Mitglied
Ein steinalter Dichter aus Flatz,
der suchte im Spätwerk nen Satz,
der des Lebens Ertrag
zu fassen vermag.
Ergebnis: Es war für die Katz!
 



 
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