Die Ausfahrt

Marot

Mitglied
Ein junger Mann, Mitte zwanzig, fährt zügig von einer Autobahn auf die Nächste und gerät noch auf dem Zubringer zur Zweiten in einen Stau. Das Auto vor ihm, ein grüner Pick Up mit Anhänger, ein Traktor ist darauf mit gelben Seilen festgebunden, wird erst stetig langsamer und kommt dann gänzlich zum Stehen. Hinter dem Golf des jungen Protagonisten quietschen die Reifen eines blauen Sportwagens, der kurz nach links, dann nach rechts zuckt, als suche er einem Weg vorbei zu huschen, sich dann aber doch eines besseren besinnt und, statt im wilden Ausfall über den Standstreifen an der sich bildenden Schlange vorbeizuziehen, brav an deren Ende zum Stehen kommt. Im Rückspiegel sieht der junge Mann in der Mitte, den wir der Alternativen halber Thomas nennen wollen, die sich zornig straffenden Wangenknochen eines Herren mittleren Alters, mit schwarzen Kinnbart, Sonnenbrille und elegantem Kurzhaarschnitt. Das tadellos weiße Hemd ist aufgeknöpft, das Nadelstreifenjacket liegt mit einiger Sicherheit, des ungewöhnliches warmen Frühlings wegen auf dem Beifahrersitz, die Rollex versteckt sich hinter dem Sportlenkrad.
Thomas schaut wieder nach vorne. Es will nicht voran. Drei Minuten nicht. Die Motoren verstummen.
Ärgerlich, denkt der Protagonist. Die Ausfahrt kann keine zwei Kilometer voran sein. Zu dieser Anstauung hätte es weiß Gott auch ein paar Minuten später kommen können.
Thomas dreht das Radio an. Seichtes, wirres Gedudelt schlägt ihm entgegen. Irgend eine dieser deutschpop Bands vor denen man sich die letzten Jahre kaum retten konnte. Was die Frau aus dem Lautsprecher genau singt bleibt ein Rätsel. Die Sprache ist verständlich, der Sinn bleibt doch verborgen. Ein Druck auf die Suchfunktion, erweckt einen italienischen Tenor zum Leben, ein weiterer Druck erwürgt ihn schleunigst. Ihn ersetzt eine Diskussion über Zusatzstoffe in Lebensmitteln. Prinzipiell interessiert sich unsere Hauptfigur für derlei Unterhaltung, doch heute sucht er nach einem Service, der ihn sonst nur reichlich wenig zu fesseln vermag .Wie es die Chaostheorie will ist ausgerechnet an diesem Tag auf keinem Sender eine Verkehrsmeldung zu finden.
Aus dem Pickup steigt ein stämmiger Mann mit blauem Overall heraus, um die Seile des Traktors zu überprüfen.
Thomas reckt seinen Hals zur Seite um an dem Traktor vorbei nach vorne schauen zu können, aussteigen mag er nicht, es könnte ja durchaus gleich weiter gehen und dann müsste er wie der Pick Up Fahrer ins Auto hechten. So etwas ist nicht seine Art. Das Ausmaß des Staues zu erfassen ist vom Fahrersitz aus allerdings eine recht schwierige Angelegenheit. Die Autobahnauffahrt macht eine Kurve nach links, so das Thomas von seiner Position aus höchstens fünf bis sechs Autos erkennen kann. Zur Linken erstreckt sich ein Waldstückchen hinter welchem sich irgendwo die eigentliche Autobahn befinden müsste.
Gleich die nächste Ausfahrt hätte er nehmen müssen, dann nur noch wenige Kilometer Landstraße zum Flughafen.
Gerade heute kann er so etwas nicht gebrauchen, gerade heute zählt doch jede Minute.
Immer noch vermeldet das Radio nichts. Dass lässt darauf schließen, dass der Unfall oder was auch immer hier verantwortlich zeichnet, noch jung sein muss. Was das heißt ist allerdings Spekulation. Ist die Straße ganz gesperrt oder kann man vielleicht noch hindurchhuschen bevor die Polizei kommt?
Der Pick-Up-Fahrer zündet sich eine Zigarette an, der Mann im Rückspiegel telephoniert.
Die Minuten verstreichen. Thomas lauscht nun doch der Diskussion über Lebensmittel und erfährt, dass in so ziemlich jedem Fertiggericht schädliche Zusatzstoffe enthalten sind.
Zitronensäure zum Beispiel, welche die Zähne kaputt macht. Frosta verzichtet auf Zusatzstoffe und macht Werbung damit. Toll!
Der Lauscher dreht das Radio aus und schaut aus der Frontscheibe. Fast scheint es als hätte sich der Pick Up ein wenig nach vorne bewegt. Geht es etwa weiter? Thomas richtet sich auf, dreht den Zündschlüssel um und wartet, die Hände am Lenkrad. Ein stetiges Dahinkriechen wäre ja schon genug, er muss ja nur die wenigen Kilometer.
Der Motor tuckert lauernd vor sich hin.
Plötzlich sieht der Protagonist den Pick-Up-Fahrer vor dessen Auto einher spazieren. Er isst ein Sandwitch. Falscher Alarm also. Thomas macht den Motor aus und sinkt zurück in den Sitz.
Seit Jahren war er nicht mehr in einem solchen Stau. 15 Minuten bewegt sich mittler Weile schon nichts mehr. Der Sportwagenfahrer ist auch ausgestiegen und unterhält sich mit einer jungen Frau, die wohl hinter ihm in der Reihe steht. Sie hat langes blondes Haar, eine kecke runde Brille, ist im allgemeinen Attraktiv und durchaus gut gebaut. Apfelförmige Brüste verstecken sich unter einen grünen eng anliegenden Bluse, blaue Jenas ummanteln wohlgeformte lange Beine die in braunen Damenstiefeln enden.
Der Lackaffe und sie scheinen sich prächtig zu amüsieren. Sie lacht schallend über irgend einen Scherz, er grinst zufrieden.
Das hier ist ein Stau keine Disco, denkt Thomas verärgert und neidisch.
Ihm fiele so etwas niemals ein. Überhaupt jemandem hier im Staubetrieb anzusprechen erscheint ihm höchst Unangenehm und eine Frau sowieso nicht. Bei der müsste man dann ja auch noch einigermaßen gut ankommen, so verschwitzt und gestresst wie man ist, da nunmehr fast eine halbe Stunde vergangen ist.
Eine halbe Stunde, zum Glück ist er so früh los gefahren.
In diesem Moment wird ihm bewusst, dass er bis jetzt noch nicht einmal das Fenster geöffnet hat, so sehr war er auf seine missliche Lage konzentriert. Ein kurzes Kurbeln und warme aber frische Frühlingsluft, zersetzt mit einer Spur Kohlenmonoxid weht ihm in die Nase.
Eigentlich kein schlechter Tag, denkt er, nur im Stau mag man ihn nicht verbringen, erst recht nicht wenn man es eilig hat. Noch einmal verbiegt sich Thomas um am Traktor vorbei schauen zu können. Nichts, nicht mal die Illusion von Bewegung. Wenn man doch wenigsten mal auf die Autobahn rollen würde. Geistesabwesend greift er auf den Beifahrersitz nach einer Flasche Wasser, doch da liegt nichts. Hat er nicht vorhin eine Flasche an der Tankstelle gekauft? Er meint schon.
Vielleicht ist sie beim Bremsen unter den Sitz gerollt, aber auf diese Idee kommt er nicht. Viel wahrscheinlicher scheint es ihm sie erworben, aber dann in der Tankstelle vergessen zu haben. Wie ärgerlich. Ausgerechnet heute. Sonst denkt er stets daran sich etwas Flüssigkeit mit ins Auto zu nehmen, sein Gaumen wird so schnell trocken. Vielleicht sollte er doch hinaus um jemanden nach einem Schluck Wasser zu fragen.
Der halbe Stau steht mittlerweile auf der Autobahnzufahrt herum, pafft Zigarette, fabuliert lautstark über die Ursachen oder uriniert am Straßenrand.
Ein Herr um die Fünfzig, etwas rundlich und mit Halbglatze stapft gerade hinter einem Busch hervor, zieht sich den Hosenstall zu und klettert behäbig über die Leitplanke zurück auf die Fahrbahn. Er bemerkt Thomas Blick und lächelt, dann steigt er in einen blauen Mercedes vor dem Pick Up
Auf die Toilette gehen, daran hat unser junger Held noch gar nicht gedacht. Er muss schon ein wenig, aber wird es noch eine Weile halten können. Was aber wenn er das irgendwann nicht mehr kann? Wenn der Stau noch viel Stunden lang anhält? Viele Stunden, daran darf man kaum denken.
Dann wird er gehen müssen, das gebietet die Logik so wie die Natur. Genervt wischt er sich den Schweiß von der Stirn und kurbelt das Fenster noch ein wenig herunter.
Wenn er nun also so dringlich muss, dass er es nicht mehr bei sich behalten kann und in Folge dessen den Entschluss fasst, das Auto zu verlassen, über die Absperrung zu klettern und hinter dem Busch sich des Druckes zu entledigen, in diesem Moment aber die Autos weiterfahren und er somit verantwortlich für eine weitere unnötige Stauung gemacht werden kann, was dann?
Ja, was dann? Dieses Gedankenspiel könnte in der Gestallt weitergesponnen werden, dass er in diesem Fall vor Schreck die eigenen Körperflüssigkeiten unplanmäßig auf seiner Hose verteilt um dann, panisch und eilig, mit besprenkelter Buchse, zum eigenen stauproduzierenden Auto hechten zu müssen.
Zumindest, tröstet er sich, wird er mit diesem Problem noch lange nicht konfrontiert werden, hat er doch so oder so nichts was seine Blase in der nächsten Zeit füllen könnte.
Es ist schon gut, dass er die Wasserflasche vergessen hat.
Eine Stunde ist vergangen, die Uhr lügt nicht und ist auch nicht bestechlich. Den Roman weiter zu lesen, mit dem er seit Wochen nur zäh vorankommt, hat das Warten zwar erleichtert, der Druck der stetig verrinnenden Zeit wird davon aber kaum geringer.
Zum Glück ist er so früh losgefahren. Er geht gerne auf Nummer Sicher und das beschert ihm heute ein Zeitfenster von zwei weiteren Stunden, dann geht der Flug. Einchecken muss er noch , das ist ihm klar, aber wenn er in einer Stunde ankommt, müsste das locker reichen.
Oder nicht?
Jetzt rächt es sich das Handy zuhause gelassen zu haben. Er dachte, es würde nicht benötigt und auf der Reise nur stören. Das es dabei helfen könnte die Reise überhaupt möglich zu machen darauf kam er nicht. Ein kurzer Anruf bei der Fluggesellschaft und die wüssten Bescheid. So ist das mit diesen mobilen Telefonen: brauch man sie nicht klingeln sie ständig und nerven die Mitmenschen, werden sie aber wichtig ist der Akku leer oder man hat sie vergessen.
Na ja, noch ist ja eine ganze Stunde Zeit, so lange kann das hier ja nicht mehr dauern.
Der gestresste und zugleich gelangweilte Protagonist wischt sich abermals den Schweiß von der Stirn und macht sich dann daran seine Reiseunterlagen noch einmal zu Prüfen:
Checkinticket, Geld, Pass, Auslandversicherung, alles da. Eine Telefonnummer der Airline hat er nicht dabei. Normaler Weise stehen diese Nummer immer auf dem Umschlag, in diesem Fall aber nicht. Hat er tatsächlich vergessen eine Nummer der Airlinezu notieren? Nein, er dachte er brauche sie nicht, so schnell kommt er ja nicht wieder, außerdem hat er ja sowieso kein Handy hier. Egal, sind ja noch 50 Minuten Zeit.
Die Mitwartenden scheinen auch immer ungeduldiger zu werden. Der Traktorfahrer und der Mann mit dem Mercedes stehen an der Leitplanke und unterhalten sich hörbar. Sie können sich nicht darauf einigen was den nun Ursache für diese Totalsperrung ist.
Vier Laster seien aufeinander geknallt meint der Traktormann zu berichten, im Radio hätten sie das gesagt.
Welcher Sender, fragt sich Thomas frustriert. Der Mercedesfahrer hingegen ist der Ansicht, es gäbe wenige Kilometer voran eine Baustelle und dort müsse ein Unglück passiert sein. Beweisen kann keiner die eigene These, doch der Disput dauert noch einige Minuten an und beide sind sich einig darin, dass man hier wohl noch ein paar Stunden warten müsse.
Thomas kurbelt das Fenster hoch. Eine Frechheit sich so lärmend zu unterhalten und andere zu zwingen solch albernes Geschwätz mit anzuhören.
Die Zeit verrinnt. Thomas Augen sind nun auf die Uhr im Auto gerichtet. Der Sekundenzeiger frist gnadenlos einen weißen Strich nach dem Anderen.
Die Zeit kennt keine Pausen. Wäre er doch Zug gefahren, dann bräuchte er nicht hier zu sitzen wie ein Karnickel im Käfig, eingemauert in Blech, Gummi und Asphalt.
Mit dem Auto zum Flughafen, so ein Schwachsinn. Er tut das nur für seine Schwester, nennen wir sie Tina, die heute aus dem Urlaub kommt und kein überflüssiges Geld für den Zug ausgeben wollte, wenn Thomas ja eh am selben Tag zum selben Flughafen muss.
Sie müsste schon da sein und auf ihn warten. Blöde Geizkuh, er wollte Zug fahren.
Wieder hat der Zeiger fünf Minuten gefressen, als hätte es sie nie gegeben. So schnell ist Thomas die Zeit noch nie vergangen.
Der Sportwagenfahrer und die Blondine hocken jetzt, bei heruntergelassenem Verdeck, im blauen Protzauto und hören Musik, lautstark natürlich und irgendeine nervende Technomucke die Thomas wie der Takt der rasenden Sekunden vorkommt. Doch dann!
Plötzlich jaulen vorne die Motoren auf. Der Pick-Up-Mann sprintet zur Fahrertür, der Mercedesfahrer an ihm vorbei zum eigenen Wagen, die Blondine reist die Beifahrertür des Sportflitzers auf, rennt hektisch nach hintern, Thomas dreht den Zündschlüssel um, der Pick Up fährt an, Thomas auch, der Sportfahrer würgt die Kiste ab, flucht, versucht es noch mal, fasst rammt ihn die Blonde von hinten, es rollt! Es rollt! Endlich!
Es fühlt sich an, wie wenn man Stunden lang nicht auf die Toilette konnte und dann, nach endloser Qual und panisch verzweifeltem Warten, vor dem Pissior den Reisverschluss hinunter zieht. Langsam doch stetig fließt der Strom aus Metall, Gummi und Glas dahin und mitten darin unser Protagonist, eingeschlossen in die Gesetzmäßigkeiten moderner Mobilität. Er beschwert sich nicht, es rollt!
Demütig folgt er den Reflektoren des Pick-Up-Anhängers, der seinerseits dem Mercedes folgt. Ein sanftes lächeln stiehlt sich auf Thomas Lippen. Er weiß wie sich der Traktorbesitzer fühlen muss, wie der Mercedesfahrer fröhlich auf das Lenkrad trommelt, der Sportskamerad die Klänge seiner Technomusik euphorisch aufsaugt, als wäre es ein Freiheitsmarsch und die Blondine schon verzückt an den Freund zuhause denkt.
Thomas fühlt sich eins mit seinen Kollegen vor und nach ihm.
Oh wie schön ist es weiter zu dürfen, sich bewegen zukönnen, eine Aussicht auf Vorwärts zu verspüren.
Vorwärts. Das hat so etwas positives, so etwas kraftvolles, das Besserung verheißt.
Der Wald zur linken lichtet sich, Sonne schießt aus den Lücken zwischen den Ästen in Strahlen heraus, die tanzende Lichtkegel auf den Motorhauben bilden.
Plötzlich sieht man dahinter die ersten farbigen Planen.
Rot, Gelb, Blau Grün, mit Beschriftung oder vielfarbig mit Firmenlogos darauf.
Von über all kommen sie her. Spanien, Italien, Frankreich, Polen, Türkai, aus allen nur denkbaren Ländern und bilden nun, hier auf der Autobahn, auf welche Thomas und seine Gefährten im Schritttempo zusteuern, einen gigantischen unüberwindlichen Wall.
Laster! Hunderte, riesige, stinkende, lärmende, hässliche Ungeheuer von Lastern.
Wie eine Wand stehen sie da, dicht aufeinander und reglos.
Der Pick Up bremst, Thomas tut es ihm fluchend gleich.
Da steht er nun wieder unser kleiner Versuchshamster, als lebendes Beispiel wie es kommen kann.
Angestrengt mustert er die Spuren der Autobahn zu welcher die Auffahrt nun parallel verläuft.
Bewegt sich da vielleicht etwas, nur ein wenig, auf der linken Spur? Ja, da scheinen sie zumindest im Kriechtempo voranzukommen und das würde ja schon reiche. 20 Minuten hat er noch. Doch wie dort hin kommen? Fünf Autos stehen zwischen ihm und dem Beschleunigungsstreifen und dann müsste er ja noch an den Lastern vorbei, um auf die Linke zu kommen. Seitenstreifen nutzt also nichts, zumal so etwas auch gefährlich ist. Zu viele Menschen laufen hier herum, der Pick-Up-Fahrer zum Beispiel der schon wieder den Traktor kontrolliert. Er stellt den Moto aus. Thomas wartet, vielleicht geht es ja gleich weiter. Vorhin ging es ja auch. Versonnen beobachtet er den Traktormann wie er an den Schnüren herum zupft. Eine Aufgabe habe, das wäre etwas, sich nicht um die Zeit sondern nur um den Traktor und dessen Befestigung kümmern müssen.
Thomas schließt die Augen. Das warten hat ihn müde gemacht.
Zu Fuß! Das ginge!
Zu Fuß könnte es ihm ohne hin gleich sein, wie eng die Laster stehen oder wie lange der Stau noch dauert. Zu Fuß könnte er einfach am Standstreifen entlang. So weit ist es zur Ausfahrt ja nicht und er hat einen praktischen Rucksack. Von dort aus könnte er trampen.
Dann käme er sicher noch rechtzeitig an, hätte sogar noch einen Moment um sich etwas zu trinken zu kaufen, der Gaumen ist doch bedenklich trocken geworden.
Das Auto stehen lassen? Mitten im Stau? Er könnte es auf der Seite parken, da stört es ja keinen. Und wenn sie es dann abschleppen, wen schert das? Er kann der Schwester bescheid geben. Die kümmert sich dann darum oder läuft selbst her!
Er öffnet die Augen, reist die Fahrertür auf, spürt wie ihm die warmen Abgase der teils noch laufenden Laster entgegen wehen und fühlt sich auf einmal so lebendig wie noch niemals zuvor. Kraftvoll steigt er aus, hechtet eilig, vom gewaltigen Entschluss getrieben zum Kofferraum, reist ihn auf, packt seinen Rucksack schnall ihn um, schmettert die Türen zu und macht sich auf! Macht sich auf und auf und auf! Jetzt wird er los geht, wird sich nicht halten lassen von all diesen Autos, all diesen Leitplanken, die doch nur Dekoration sind für zwei kräftige Beine. In alle Himmelrichtungen kann man laufen wenn man nur will, wenn man sich nicht einengen lässt von all dem Glas und Metall und den Regeln die sie bedeuten! Frei sein per pedes. Einfach drauf los, warum ist er nicht schon früher darauf gekommen?
Der Pick-Up-Fahrer beobachtet ihn, der Mercedesbesitzer auch und sogar die Blondine und der Sportskamerad die schon wieder im Flitzer sitzen schauen ihm nach.
Es scheint ihm als hielten sie alle den Atem an, oder schütteln sie ihre Köpfe?
Wissen sie etwas was er nicht weiß?
Geht es gleich weiter?
Was wenn sich der Stau auflöst und er schon auf halben weg zur Ausfahrt ist? Dann steht er da wie ein Idiot und gefährlich wäre es in einem solchen Fall an der Seite entlang zu laufen.
Eine Horde gestresster Lasterfahrer die aufgrund des Staus im Verzug sind. Wer weiß ob die auf einen einzelnen Wandersmann zu ihrer rechten achten. Einfach loslaufen?
Man sollte nichts überstürzen.
Unauffällig dreht er sich um, schlendert zurück als wäre nichts gewesen, als hätte er sich nur mal schnell die Beine vertreten wollen. Ein wenig Luft schnappen, das soll ja gesund sein.
Noch immer spürt er die strengen Blicke der Anderen. Sie mustern ihn, lassen ihn nicht mehr aus den Augen, bis er am Auto ist. Schleunigst schlüpft er hinein, wirft den Rucksack achtlos auf die Rückbank und sinkt auf den Fahrersitz.
Ausatmen, sich beruhigen.
Er wartet, gleich geht es los, so viel ist sicher. Gleich wird die Kolonne los rollen, er wird rechtzeitig kommen, ohne wie ein Spinner durch die Pampa marschiert zu sein, ohne sich lächerlich gemacht zu haben. Er wird ankommen, das ist klar.
Zur Not kann er auch noch etwas später einchecken und überhaupt, dann nimmt er eben einen anderen Flug, morgen, oder übermorgen, ...
Ich höre ein leises Brummen über mir. Ich glaube es sind Turbinen.
 
N

no-name

Gast
Hallo Marot,

Du hast einen interessanten, nicht immer leicht zu lesenden Stil. In jedem Fall würde ich Dir empfehlen, ein Rechtschreibprogramm über Deinen Text laufen zu lassen, außerdem fehlen diverse Kommata, was das Lesen gerade bei langen Sätzen zusätzlich erschwert.

Insgesamt würde Dein Text nach meinem Empfinden gewinnen, wenn Du ihn straffst. Auch meine ich bei Dir eine Tendenz zu "Bandwurmsätzen" zu erkennen - ich selbst neige auch dazu - diese würde ich aufsplitten und lieber zwei bis drei Sätze daraus machen, weil sie sich so einfacher lesen lassen.

Ich hoffe, Du kannst mit meinem Kommentar etwas anfangen.

Freundliche Grüße von no-name.
 

Marot

Mitglied
hi no-name
vielen Dank für dein Kommentar:) Ja Rechtschreibung ist so ein leidiges Thema bei mir. Ich habe hier schon das Wordrechtschreibprogramm drüber laufen lassen, aber alles bekomme ich einfach nie raus. Vore allem Groß- Kleinschreibung scheint er nicht immer zu erkennen und ich selbst finde einfach nicht alle, weil ich hier nur sher bescheidene Fähigkeiten vorzuweisen habe.

Was die Bandwurmsätze angeht:
Naja, die sind hier eigendlich ein wichtiges Stilmittel.
Sie dienen dazu die ironische Distanz des " Erzählers" zu seinem " Protagonisten" zu überdehnen. Man könnte sie allerdings ein wenig reduzieren wenn sie wirklich derartig stören. Ich schau nochmal drüber.

Zur Straffung: Hm ich dachte eigendlich die Länge stimme ungefähr.
Zu kurz darf es eben nicht werden, weil dann das Gefühl des im Stausitzends nicht auf den Leser übergeht.
An welchen Stellen würdest du denn straffen? Wo empfindest du es als zu lange oder unnötig?

Gruß Marot
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Marot,

die Gefühle im Stau kommen gut rüber. Allerdings bin ich der Meinung, dass man das Ganze kürzen und damit verbessern könnte.

Viel Erfolg und Gruß

Herbert
 
P

Pete

Gast
Hallo Marot,

vielen Dank für Deine fesselnde Geschichte. Sehr gut beobachtet und auch umgesetzt!

Wie oft geht es uns so, dass wir gerne aus dem Alltagstrott ausbrechen würden, es uns aber nicht trauen. Diese Tragik hast Du uns mit Deiner Geschichte bewusst gemacht, die ich übrigens nicht als zu lang empfinde.

Mit Verbesserungsvorschlägen werde ich Dich nur traktieren, wenn Du das ausdrücklich wünscht.

An der Qualität Deines Werkes tut das keinen Abbruch.

Gerne möchte ich mehr über Dich erfahren. Dein hinterlegtes Profil gibt aber nichts her. Ich weiß nicht, wo Du wohnst und welches Geschlecht Du hast, was Deine (literarischen) Vorlieben sind, usw. Vielleicht magst Du noch ein paar unverfängliche Informationen in Dein Profil einstellen?

Du wurdest häufig bewertet, oft grausamst abgestraft, als Du es beispielsweise wagtest, Deine Meinung u.A. über "Herr der Ringe" kundzutun ("huch, wie gemein!" ;) ). Andere Werke von Dir sind sehr positiv bewertet worden. Du polarisierst, das finde ich interessant.

Du selbst bewertest sehr selten, viel weniger, als Du kommentierst. Wahrscheinlich weil Du eine natürliche Abneigung gegen Bewertungen entwickelt hast. Bewertungen halte ich aber für wichtig. Sie geben eine Orientierung und sprechen eine deutliche Sprache.

In Deinem Fall machen Dich auch die Bewertungen interessant. Für mich ist teilweise klar zu erkennen, dass die Urteile Deiner Leser manchmal nicht von der Qualität, sondern vom Thema abhängen. Verletzt Du deren Glaubenssätze und Vorurteile, so wirst Du abgestraft! Ist deren Bewertung nicht eine interessante Information? Ich meine schon.

Grüße

Pete

ps. ich werde Dein Werk noch bewerten - später
 



 
Oben Unten