Die Außerirdische und der Arbeiter

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Rainer Lieser

Mitglied
Die Außerirdische und der Arbeiter

Drei dunkle Gläser schützten die Augen von Pris vor dem grellen Sonnenlicht. Sie beobachtete ihre Artgenossin ganz genau. Pris war gespannt darauf, mit welcher Taktik Elis versuchen würde, sie zu übervorteilen.
Elis blickte auf die von Pflanzen überwucherten Gebäudereste. Nichts hielt diesem Pflanzenwuchs stand. Es war unmöglich hier Fabrikanlagen aufzubauen. In ihren Augen war dieses Land das Nutzloseste auf dem gesamten Planeten. Aber das konnte sie der Interessentin natürlich nicht sagen. »Lange bevor die erste Lanbourgorinin auf der Erde stationiert wurde, war diese Stadt schon eine Ruine. Die Menschen hatten sie aufgebaut, groß gemacht und wieder zerstört. Sie können einfach nicht langfristig planen, leben nur für den kurzen Augenblick. Das Streben, einen Besitz bis ins unermessliche zu vermehren, ist ihnen nicht gegeben.«
Pris wußte, dass Elis hier vor wenigen Jahren versuchte mehrere Fabrikanlagen zu errichten und gescheitert war. Die Menschen hatten zumindest mit diesen Ruinen nicht das geringste zu tun. Aber jetzt war Pris klar, welches Spiel Elis versuchen würde mit ihr zu spielen. Das war Pris im Moment wichtiger als die Wahrheit. Sie stieg in das Spiel ein. »Ich schätze das ist unter Anderem darauf zurück zu führen, dass ihre Lebenszeit so stark begrenzt ist, gemessen an der unseren. Rein biologisch gesehen, können sie gar nicht anders, als in kleinen Dimensionen denken und handeln.«
»Mitgefühl für Schwächlinge, Schwester? Du solltest dich vorsehen. Am Ende wirst du gar noch ihren Nachwuchs austragen wollen. Bedenke, sie selbst haben ihr Unglück verschuldet. Zu viele Fehlentscheidungen waren von ihnen getroffen worden. Ihre komplette Weltwirtschaft hatten sie bereits ins Chaos gestürzt. Wären wir nicht gekommen, hätten sie sich früher oder später bestimmt auch noch in einem Krieg selbst ausgelöscht.«
»Ich glaube nicht, dass sie uns gegenüber all zu große Dankbarkeit verspüren. Denn ist es nicht so, dass wir und unsere Schwestern die Spitzenpositionen in all ihren Unternehmen übernommen und dadurch so viel Geld verdient haben, wie auf keinem anderen Planeten zuvor – während wir ihnen gerade Mal das Notwenigste zum Überleben liessen?«
»Wir haben lediglich eine Gelegenheit zu unserem Vorteil genutzt, die sich uns geboten hat. Und solche Gelegenheiten zu nutzen, ist für uns Lanbourgorininnen das höchste Gebot. Das ist unsere Natur! Muss ich dich daran wirklich erinnern? Sicher nicht. Wärest du sonst hier?«
Nun würde es nicht mehr lange dauern, ahnte Pris. Offensichtlich wollte Elis schnell zum Ziel kommen. »Du kennst die Summe. Niemals wieder wird dir jemand ein vergleichbar günstiges Angebot machen. Unterschreib den Vertrag und das Land gehört dir.«
Eine Anruf unter der Notrufnummer auf dem Kommunikator von Pris unterbrach das Gespräch. In der Abteilung, die sie leitete, war ein schwerwiegendes Problem aufgetreten – und weil Pris weder ihre Vorgesetztinnen auf Lanbourgorin, noch irgend jemanden im Unternehmen, über ihre Reise hier her in Kenntnis gesetzt hatte, konnte dies fatale Auswirkungen auf ihre unmittelbare berufliche Zukunft, und damit auch auf ihren großen Plan haben. Der Unfall musste soweit wie möglich, geheim gehalten werden.

Dr. Jonas Franzl arbeitete für Pris und hatte sie gerade über den Störfall informiert. Wie es ihm von ihr befohlen worden war, machte er sich allein daran eine Lösung für das Problem zu finden. Auch wenn es ihn überraschte, dass seine Chefin ihm plötzlich so großes Vertrauen entgegenbrachte.
Die Zusatzstoffe für die Nahrungsmittel konnten nicht mehr exakt dosiert werden. Die zentrale Steuerungseinheit war defekt, obwohl man sie gerade erst beim letzten Routinecheck erneuert hatte. Der gesamte Produktionsablauf war davon betroffen. Die komplette Nahrungsmittelproduktion würde umgehend und auf unbestimmte Zeit eingestellt werden müssen. Das konnte Verluste in astronomischen Höhen für das Unternehmen bedeuten.
Dr. Jonas Franzl überlegte fieberhaft, wie er das Unglück doch noch abwenden konnte – und es fiel ihm tatsächlich eine Möglichkeit ein: Er leitete den Zugang zur zentralen Steuereinheit auf mehrere Nebennetzwerke mit intakten Steuereinheiten um und erweiterte deren Arbeitsspektrum so, dass diese Nebenstellen die Dosierung der Zusatzstoffe übernahmen. Das war zwar keine dauerhafte Lösung, aber sie würde zumindest solange funktionieren, bis man die defekte zentrale Steuerungseinheit, durch eine Funktionsfähige ersetzt hatte. Sobald einige der Kollegen, die derzeit arbeitsunfähig gemeldet waren, sich wieder zum Dienst einfanden, würde die Reparatur durchgeführt werden.

Ein paar Jahre später.
Dr. Jonas Franzl wollte gerade seinen täglichen Mittagsbrei essen, als Pris mit einem Topf mit einer Blume darin ins Büro kam. »Ich möchte ihnen diese Aufmerksamkeit als Zeichen der Anerkennung für die 10 geleisteten Dienstjahre überreichen.« Kaum hatte sie das gesagt, war die Lanbourgorinin schon wieder zur Tür draussen. Dr. Jonas Franzl schaute ihr verblüfft hinterher. Hier hatte noch nie jemand für geleistete Dienste eine Anerkennung erhalten! »Seltsam …« dachte er »Ich werde diese dreiäugigen Wesen wohl nie verstehen.«.
Nach Feierabend nahm Dr. Jonas Franzl das Geschenk mit aus dem Büro.

Die Straßenbahn war wieder einmal kaputt. Dr. Jonas Franzl machte sich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Seit in den Unternehmen die Lanbourgorininnen das Sagen hatten, war die Qualität aller Produkte stetig gesunken. Den Lanbourgorininnen ging es einzig und allein um Profit. In den Produktionsbetrieben arbeiteten die Menschen durchschnittlich 15 Stunden am Tag, ihr Lohn war gering und zu essen bekamen sie einen billig erzeugten, synthetischen Brei, der aus der Fabrik kam, die Dr. Jonas Franzl gerade verlassen hatte. Arbeiter, die man so behandelte, konnten nur schlechte Produkte herstellen, sofern sie überhaupt am Arbeitsplatz erschienen und dem Dienst nicht, aufgrund ernsthafter gesundheitlicher Schäden, fern bleiben mussten.

In der Wohnung von Dr. Jonas Franzl befanden sich kaum Möbelstücke. Sein Heim war klein und die vorherrschende Farbe grau, bedingt durch die unverputzten Betonwände. Als Dr. Jonas Franzl den Topf mit der Blume darin auf dem kleinen Esstisch in der Küche abstellte, schien ihm das gleich der falsche Ort zu sein. Anschließend versuchte er es auf der Wäschetruhe im Schlafzimmer, dann auf dem Fußboden in der Toilette, doch überall empfand er die Pflanze als störend.
Stundenlang betrachtete sich Dr. Jonas Franzl das Geschenk seiner Chefin und dachte darüber nach. Es musste beinahe zwei Jahrzehnte her sein, seit er eine echte Blume gesehen hatte. Im Auftrag der Lanbourgorininnen war das gesamte Land mit einer dicken Betonschicht überzogen worden. Darüber hatte man Fabrik an Fabrik und Wohnsilo an Wohnsilo gebaut. Er wußte von keinem Fleckchen Erde, auf dem eine Pflanze heute noch hätte gedeihen können – und diese Pflanze war obendrein noch unnatürlich bunt. Sie musste künstlich sein. Dr. Jonas Franzl kam zu dem Schluss, dass der Topf mit der Blume darin wieder eines dieser Produkte war, mit denen den Arbeitern auch noch das letzte Geld aus der Tasche gezogen werden sollte. Ein Grund mehr, dieses „Ding“ nicht in der eigenen Wohnung zu behalten. Der beste Ort dafür wäre die Mülltonne, dachte sich Dr. Jonas Franzl. Doch wie sollte dann seine Antwort lauten, wenn ihn eines Tages die Chefin besuchen, und sich nach dem Verbleib des Topfes mit der Blume darin erkundigen würde. Zwar hatte sie ihn noch nie in seiner Wohnung besucht, aber das musste ja nicht so bleiben. Sie hatte ihm ja heute auch diesen Topf mit der Blume darin geschenkt. Sollte er also von seiner Chefin besucht werden, dann würde er, Dr. Jonas Franzl, sich in eine äußerst unangenehme Situation bringen, wenn er würde sagen müssen, dass er den Topf mit der Blume darin, in eine Mülltonne geworfen hatte. Die Chefin müsste darüber zweifelsohne sehr ungehalten sein – und das mit allem recht, wie Dr. Jonas Franzl nicht umhin kam sich einzugestehen. Nein, er konnte ihr Geschenk nicht wegwerfen.
Es klopfte. Dr. Jonas Franzl öffnete die Tür. Vor ihm stand seine Chefin, Pris. Sie griff in die Blüte der Blume und holte dort ein leuchtendes Auge hervor. Mit der anderen Hand entfernte sie das Glasauge aus der Augenhöhle über ihrer Nasenwurzel. In das entstandene Loch steckte sie das Auge aus der Blüte. »Jetzt fühle ich mich wieder komplett!«.
Dr. Jonas Franzl war verblüfft. Natürlich hatte er schon von den Gerüchten um das dritte Auge der Lanbourgorininnen gehört. Aber diesen Gerüchten nie größere Beachtung geschenkt. »Sie haben mich also, die ganze Zeit beobachtet?«
»Ja. Als Lanbourgorinin muss man sich einen potentiellen Paarungspartner schon sehr bedacht auswählen. Schließlich paart eine Lanbourgorinin sich nur ein Mal und verbringt den Rest ihres Lebens dann mit Eierlegen. Sofern sie sich eben für die Paarung entscheidet. Die meisten ziehen es vor, lieber weiter ihr Vermögen zu vermehren.«
»Wie bitte?«
»Weitere biologische Details werden sie noch früh genug erfahren. Dürfte ich sie zunächst bitten, mir den Topf mit der Blume darin zu übergeben? Anschließend werde ich ihnen die Denksperre entfernen.«
Dr. Jonas Franzl wusste nicht wie ihm geschah. Sprachlos überreichte er seiner Chefin die Topfpflanze. Währenddessen injizierte ihm die Lanbourgorinin ein leichtes Betäubungsmittel. Gleich darauf sank Dr. Jonas Franzl auch schon bewusstlos in sich zusammen.

Dr. Jonas Franzl lag auf einer verwilderten Wiese, inmitten einer ihm unbekannten Ruinenstadt, als er zu sich kam. Neben ihm stand Pris. »Schön, dass sie wach sind. Am besten gebe ich ihnen erst mal etwas zu essen, damit sie schnell wieder zu Kräften kommen.« Sie reichte ihm einen Teller Brei. Einen Löffel bekam er ebenfalls noch. Der Brei sah nicht nur aus, wie der aus dem Büro, sondern er schmeckte auch so. »Wo sind wir hier?« fragte Dr. Jonas Franzl, noch ganz benommen.
»Vor einigen Jahren habe ich dieses Stückchen Land von einer Artgenossin gekauft, die es für wertlos hielt. Was sie hier sehen ist also mein Besitz, auch wenn ich ihn unter einem Decknamen erworben habe.«
»Aha und was tun wir hier?«
»Nun, irgendwo müssen wir uns ja aufhalten, nachdem ich für uns beide in dem Unternehmen gekündigt habe, für das wir bisher arbeiteten.«
Als er das hörte, verschluckte sich Dr. Jonas Franzl. »Moment, Moment … Wie bitte? Was um Himmels Willen, haben sie da gerade gesagt?«
»Ich habe für uns beide gekündigt, übrigens auch die Wohnungen. Offiziell sind wir jetzt Landstreicher und stehen damit außerhalb der ordentlichen Gesellschaft. Niemand wird Nachforschungen über uns anstellen, solange wir nicht öffentlich straffällig werden. Alles Weitere wird also ebenso im Verborgenen geschehen, wie das Gewesene. Solange bis es an der Zeit ist, das zu ändern.«
Dr. Jonas Franzl legte den Teller beiseite und versuchte langsam auf die Beine zu kommen. »Äh … Da sind wohl ein paar Dinge an mir vorbei gegangen. Am besten erzählen sie mir einmal ganz von vorne, was geschehen ist. Das letzte woran ich mich erinnere ist, dass sie von einer Denksperre sprachen, die sie mir entfernen wollten – oder habe ich mir das nur eingebildet?«
»Alle Menschen unterliegen einer hypnotischen Gedankensperre. Die sorgt dafür, dass ihr innerhalb der Unternehmen mit höchster Konzentration und größter Eigenständigkeit arbeitet, um unsere Gewinne zu vermehren. Außerhalb der Unternehmen sorgt sie dafür, dass ihr kaum Entscheidungsfähig seid, damit ihr euch nicht gegen uns auflehnt. Wie ich allerdings zugeben muss, ist diese Hypnosetechnik nicht sonderlich ausgereift. Die meisten Menschen reagieren nur rudimentär darauf.«
»Ihr Monster!« schrie Dr. Jonas Franzl fassungslos und ging fast wieder zu Boden. Pris beobachtete sein Verhalten mit großem Interesse. Ihr Gegenüber schwankte zwar, aber er fiel nicht um. Im Gegenteil. Jetzt drückte er sogar sein Rückgrat durch und richtete sich zur vollen Größe auf »Und sie haben mich von der Gedankensperre befreit? Weshalb?«
»Weil sie mir sonst nicht dabei behilflich sein können, meinen Plan zu verwirklichen« gab Pris nüchtern zurück.
»Sie glauben also, ich würde sie unterstützen, nach allem, was ich soeben erfahren habe? So verquer kann nur eine Lanbourgorin denken.«
»Möchten sie ihren Artgenossen etwa nicht zu einem menschenwürdigeren Leben verhelfen? Genau das ist es nämlich, was ich ihnen als Gegenleistung anbiete.«
Mit einer Handbewegung, in der eine große Portion Misstrauen mitschwang, deutete Dr. Jonas Franzl Pris an fortzufahren.
»Ich möchte auf diesem Land Obst und Gemüse anbauen. Hochwertige Naturprodukte. Durch eine gesündere Ernährung wird die Widerstandskraft und Leistungsfähigkeit ihrer Artgenossen erhöht werden.«
»Wenn die Arbeiter seltener krank sind und mehr leisten, erhöht das doch wohl vorrangig die Gewinnmargen ihrer Artgenossinnen. Die Lebensqualität meiner Artgenossen, wird dadurch nur in bescheidenem Mass verbessert.«
»Aber beide Seiten hätten etwas davon! Und für beide Seiten könnten sich auch noch viele weitere Möglichkeiten auftun. Sehen sie doch nur, wo sie sich befinden und mit wem sie gerade reden. Sogar ihre Gedankensperre habe ich entfernt. Und das alles konnte nur geschehen, weil sie selbst seit vielen Jahren im geheimen bereits mit natürlich angebauten Nahrungsmitteln verpflegt wurden.«
Abermals ergriff Dr. Jonas Franzl blankes entsetzen. »Soll das etwa heißen, dass ich als Studienobjekt an einem Ernährungstest teilgenommen habe, ohne darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein? Was für ein Wesen sind sie nur?« Zorn stieg in ihm auf und liess seine Muskeln anschwellen. Mit großer Freude beobachtete Pris, wie Dr. Jonas Franzl allmählich seine alte körperliche Stärke zurück gewann.
»Ich bin NICHT menschlich!« Mit diesen Worten trat sie näher an ihn heran.
Tausende widersprüchlicher Gedanken kreisten im Kopf von Dr. Jonas Franzl. Am liebsten hätte er die Lanbourgorinin in diesem Augenblick umgebracht. Doch er spürte auch eine seltsame Form von Dankbarkeit und den Wunsch, noch mehr Antworten von dem fremden Wesen zu erhalten. »Der Topf mit der Blume darin ... Verbarg sich auch dahinter ein Experiment?«
»Das Abschließende, alles Entscheidende. Sie haben es mit Bravur bestanden. Alles war so, wie ich es erwartet hatte: Weil sie das auffällige Geschenk in der Firma stets von ihrer Arbeit abgelenkt hätte, nahmen sie es mit nach Hause. Und da ihr Zuhause ausschließlich im Hinblick auf Zweckmässigkeit eingerichtet war, fand sich selbstverständlich auch dort kein geeigneter Platz, an dem sie die Pflanze hätten unterbringen können. Vermutlich dachten sie sogar ein Weilchen darüber nach sie wegzuwerfen, aber aus Loyalität gegenüber ihrer Chefin, war ihnen das nicht möglich. In meinen Augen zeichnet sie dieses Verhalten, zusammen mit denen in der Vergangenheit über sie gewonnenen Erkenntnissen, als perfekten Arbeiter aus.«
»Klingt so, als sei der perfekte Arbeiter kein Mensch mehr, sondern selbst schon ein Produkt. Ein Produkt, dass wohl bald in Serie gehen soll, wenn ich alle Anzeichen richtig deute. Deshalb wurde ich als Paarungspartner ausgewählt. Oder habe ich etwas falsch verstanden?«
»Alles richtig« antwortete Pris.
»Ich verstehe allerdings immer noch nicht, weshalb sie meine Gedankensperre aufgehoben haben?«
»Die Gedankensperre machte sie mir gegenüber zeugungsunfähig.« Pris kam noch dichter an Dr. Jonas Franzl heran. Körperlich war er nun wieder in relativ guter Verfassung, wie sie sah »Dieses Problem ist nun behoben! Zeit für mich, die nächste Phase meines Plans in Angriff zu nehmen.« Pris fiel über Dr. Jonas Franzl her und nahm sich, was sie benötigte. Das was von ihm übrig blieb, lebte nicht mehr lange.

Nach vier Monaten schlüpfte die erste Generation der perfekten Arbeiter aus den Eiern. Weitere würden folgen. In absehbarer Zeit konnte der Anbau beginnen. Durch den Verkauf der natürlichen Nahrungsmittel, würde Pris die vermögendste aller Lanbourgorininnen werden.
 

Basti50

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Rainer,

tut mir leid, aber ich kann deinem Text nicht wirklich viel abgewinnen. Dafür habe ich schon von zu viele Dystopien gelesen. Hier finde ich den Effekt sogar noch dadurch abgeschwächt, dass dieser missliche Zustand nicht von der Menschheit selbst verschuldet ist (zumindest nicht gänzlich). Wenn ich ganz unfair (und ungenau) sein wollte, würde ich die Geschichte ein 1984 Abklatsch nennen, nur halt mit Spinnenaliens oder so was.


»Lange bevor die erste Lanbourgorinin auf der Erde stationiert wurde, war diese Stadt schon eine Ruine. Die Menschen hatten sie aufgebaut, groß gemacht und wieder zerstört. Sie können einfach nicht langfristig planen, leben nur für den kurzen Augenblick. Das Streben, einen Besitz bis ins unermessliche zu vermehren, ist ihnen nicht gegeben.«
Pris wußte [red](wusste)[/red], dass Elis hier vor wenigen Jahren versuchte mehrere Fabrikanlagen zu errichten und gescheitert war. Die Menschen hatten zumindest mit diesen Ruinen nicht das [red]G[/red]eringste zu tun.
Diese Passage fand ich das Beste an der ganzen Geschichte. Leider passiert im restlichen Abschnitt nicht weiter viel, außer dass sich die Aliens über die blöden Menschen auslassen, was diese kleine amüsante Einlage auch schon wieder aushebelt.

»Ich schätze[red],[/red] das ist unter Anderem darauf zurück zu führen, dass ihre Lebenszeit so stark begrenzt ist, [blue](Blah Blah)[/blue]«
Was ich hier bereits schnell loswerden will: deine Figuren drücken sich an einigen Stellen arg antiquiert aus (wenn nicht gar gekünstelt). Gerade bei dem späteren Zwiegespräch zwischen dem Doktor und seiner Chefin ist das beinahe schmerzhaft mitanzuhören.

»Ich glaube nicht, dass sie uns gegenüber all zu große Dankbarkeit verspüren. Denn ist es nicht so, dass wir und unsere Schwestern die Spitzenpositionen in all ihren Unternehmen übernommen und dadurch so viel Geld verdient haben, wie auf keinem anderen Planeten zuvor – während wir ihnen gerade Mal das Notwen[red]d[/red]igste zum Überleben lie[red]ß[/red]en?«
»Wir haben lediglich eine Gelegenheit zu unserem Vorteil genutzt, die sich uns geboten hat. Und solche Gelegenheiten zu nutzen, ist für uns Lanbourgorininnen das höchste Gebot. Das ist unsere Natur! Muss ich dich daran wirklich erinnern? Sicher nicht. Wärest [red](Wärst)[/red] du sonst hier?«
»Du kennst die Summe. Niemals wieder wird dir jemand ein vergleichbar günstiges Angebot machen. Unterschreib[red]e[/red] den Vertrag und das Land gehört dir.«
Nein, einfach nur nein. (Gibt es das echt?)

Der Unfall musste soweit wie möglich, geheim gehalten werden.
Wäre es nicht erste Priorität ihre Abwesenheit geheim zu halten? Außerdem, dem Untergebenen zu sagen 'mach mal das wieder heile' ist nicht gerade eine gute Strategie fürs Vertuschen.
Insgesamt ist der erste Abschnitt für den Rest der Geschichte entbehrlich. Außer ein bisschen Exposition und die obligatorische 'Menschen sind dumm/schwach/selbstzerstörerisch' Nachricht gibt es hier nicht viel erwähnenswertes.

Dr. Jonas Franzl arbeitete für Pris und hatte sie gerade über den Störfall informiert. Wie es ihm von ihr befohlen worden war, machte er sich allein daran[red],[/red] eine Lösung für das Problem zu finden.
Zweiter Abschnitt auch wieder Exposition, die sich ebenso gut in einem späteren Nebensatz zusammenfassen ließe.

Kaum hatte sie das gesagt, war die Lanbourgorinin schon wieder zur Tür drau[red]ß[/red]en.
Er wu[red]ss[/red]te von keinem Fleckchen Erde, auf dem eine Pflanze heute noch hätte gedeihen können
Es klopfte. Dr. Jonas Franzl öffnete die Tür. Vor ihm stand seine Chefin, Pris. Sie griff in die Blüte der Blume und holte dort ein leuchtendes Auge hervor.
Wir wissen wie die Chefin heißt. Die gesamte Szene und das Kurzgespräch wirkt auf mich etwas grob zusammengeschnitten. Kaum ist die Chefin da, greift sie auch gleich in die Blüte, die in diesem Moment sonst wo sein könnte und stopft sich ein Auge wieder an dessen Platz zurück. Währenddessen steht der Doktor da und dreht scheinbar Däumchen.

Dr. Jonas Franzl war verblüfft. Natürlich hatte er schon von den Gerüchten um das dritte Auge der Lanbourgorininnen gehört.
Klar doch, wer würde bei einer Sonnenbrille mit drei Gläsern (oder was auch immer das am Anfang war) oder dem zusätzlichen Glasaugen über der Nasenwurzel auch nur auf den entferntesten Verdacht kommen? Oder geht es lediglich darum, dass sie sich das Auge beliebig rein und raus nehmen können?

»Sie haben mich also, [red](Komma weg)[/red] die ganze Zeit beobachtet?«
»Ja. Als Lanbourgorinin muss man sich einen potentiellen Paarungspartner schon sehr bedacht auswählen.
Sci-fi Porno... yay?
Deine Dystopie und dessen Entstehungsgeschichte hättest du genau so gut auf Franzls Nachhauseweg beschreiben und den ersten und zweiten Abschnitt streichen können. Damit würdest du den Leser einiges an Zeit sparen und es würde dir vielleicht auch Möglichkeiten bieten, den Doktor etwas interessanter darzustellen. Für mich ist er eigentlich die meiste Zeit nur das gesichtslose Opfer.

»Schön, dass [red]S[/red]ie wach sind. Am besten gebe ich [red]I[/red]hnen erst mal etwas zu essen, damit [red]S[/red]ie schnell wieder zu Kräften kommen.«
Dieses Gespräch... 'tschuldige, aber selbst verklemmte Aristokraten wirken da teilweise natürlicher.

»Wie ich allerdings zugeben muss, ist diese Hypnosetechnik nicht sonderlich ausgereift. Die meisten Menschen reagieren nur rudimentär darauf.«
Was soll ich mir darunter vorstellen?

»Möchten [red]S[/red]ie [red]I[/red]hren Artgenossen etwa nicht zu einem menschenwürdigeren Leben verhelfen? Genau das ist es nämlich, was ich [red]I[/red]hnen als Gegenleistung anbiete.«
»Wenn die Arbeiter seltener krank sind und mehr leisten, erhöht das doch wohl vorrangig die Gewinnmargen ihrer Artgenossinnen. Die Lebensqualität meiner Artgenossen, wird dadurch nur in bescheidenem Ma[red]ß[/red]e verbessert.«
Er klingt fast so, als wäre das eine Managementsitzung. Seltsame Fixierung auf Artgenossen/innen.

»Sehen [red]S[/red]ie doch nur, wo [red]S[/red]ie sich befinden und mit wem [red]S[/red]ie gerade reden. Sogar [red]I[/red]hre Gedankensperre habe ich entfernt. Und das alles konnte nur geschehen, weil [red]S[/red]ie selbst seit vielen Jahren im geheimen bereits mit natürlich angebauten Nahrungsmitteln verpflegt wurden.«
...Hä? Was haben Birnen und Äpfel mit Gedankenkontrolle zu tun? Warum ist es dafür wichtig, dass er sich gerade mit der Chefin unterhält und irgendwo im Grünen steht? Klar, das wurde ihm alles wegen seines Status als Versuchskaninchen möglich. So wie sie das allerdings ausdrückt klingt das eher so, als verleihe Bioanbau den Menschen Superkräfte.

Abermals ergriff Dr. Jonas Franzl blankes [red]E[/red]ntsetzen. »Soll das etwa heißen, dass ich als Studienobjekt an einem Ernährungstest teilgenommen habe, ohne darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein? Was für ein Wesen sind sie nur?« Zorn stieg in ihm auf und liess [red](ließ)[/red] seine Muskeln anschwellen. Mit großer Freude beobachtete Pris, wie Dr. Jonas Franzl allmählich seine alte körperliche Stärke zurück gewann.
Aha, Gedankenkontrolle ist also gleichzeitig auch Muskelkontrolle (bzw. Sexkontrolle), verstehe.

Tausende widersprüchlicher Gedanken kreisten im Kopf von Dr. Jonas Franzl. Am liebsten hätte er die Lanbourgorinin in diesem Augenblick umgebracht. Doch er spürte auch eine seltsame Form von Dankbarkeit und den Wunsch, noch mehr Antworten von dem fremden Wesen zu erhalten.
An dieser Stelle glaube ich ehrlich, dass die Geschichte nur noch in unangenehmer Erotik münden kann. Noch ein paar Sie/Ihnen/etc kleingeschrieben. Ich ignoriere es ab jetzt mal.

»Das Abschließende, alles Entscheidende. Sie haben es mit Bravur bestanden. Alles war so, wie ich es erwartet hatte: Weil sie das auffällige Geschenk in der Firma stets von ihrer Arbeit abgelenkt hätte, nahmen sie es mit nach Hause. Und da ihr Zuhause ausschließlich im Hinblick auf Zweckmä[red]ß[/red]igkeit eingerichtet war, fand sich selbstverständlich auch dort kein geeigneter Platz, an dem sie die Pflanze hätten unterbringen können. Vermutlich dachten sie sogar ein Weilchen darüber nach sie wegzuwerfen, aber aus Loyalität gegenüber ihrer Chefin, war ihnen das nicht möglich. In meinen Augen zeichnet sie dieses Verhalten, zusammen mit denen in der Vergangenheit über sie gewonnenen Erkenntnissen, als perfekten Arbeiter aus.«
Solange der Doktor unter Gedankenkontrolle gestanden hat, war es klar, dass er sich loyal verhalten würde. Was für ein großartiges Experiment, bei der das Ergebnis bereits zu Anfang feststeht. Falls das irgend einen tiefgründige Botschaft haben soll, bricht sie sich bei diesem Logikstolperstein ein Bein, vielleicht auch beide. Effektiver wäre es gewesen, wenn Pris die Gedankenkontrolle bereits viel früher von Franzl entfernt hätte, der zwar die Veränderung wahrnimmt aber nicht mehr in der Lage ist, aus eigener Kraft seinem Arbeitstrott zu entkommen und sich der Außerirdischen letztlich freiwillig hingibt. Das wäre eine wirklich passend deprimierendes Ende gewesen. Hier bekommt er nicht einmal eine Chance zu scheitern. So ist mir die Geschichte zu willkürlich und unpersönlich.
 

Rainer Lieser

Mitglied
Hallo Sebatsian,

die meisten Deiner Anmerkungen kann ich sehr gut nachvollziehen, auch wenn Dein Blickwinkel auf die Geschichte ein Anderer ist als meiner.
Mein Blickwinkel: Der Zentrale Satz des Textes ist die Aussage von Pris »Ich bin NICHT menschlich!«. Ich wollte eine Geschichte aus der Sicht eines Außerirdischen Wesens schreiben. Um die Andersartigkeit dieses Wesens zu verdeutlichen, habe ich sie in Bezug zu einem menschlichen Umfeld gesetzt. Pris versteht die Geschichte wohl kaum als Dystopie. Wenn man das aber nicht weiß, kommt man nicht darauf. Glaube inzwischen auch, dass es neben diesem „Problem“, einfach insgesamt zu viele Themen gibt, die zwar angerissen werden – gebührend vertieft wird davon allerdings keines. Der Leser hat in diesem Wirrwarr keine Chance, den vom Schreiber gesehenen roten Faden zu erkennen: Da gibt es ein bisschen Finanzkrise, ein bisschen Ökologie, ein bisschen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Bashing, ein bisschen Nonsens und und und …
Da habe ich wohl zu viel, in eine zu kurze Geschichte reinpacken wollen.
Aber ganz ehrlich, Sci-fi Porno? Das hatte ich bei der Geschichte nun wirklich nicht im Sinn. Doch letztlich kann man eben nie 100 Prozent Einfluss darauf nehmen, wie etwas beim Anderen ankommt – macht für mich das Schreiben auch gerade interessant.
Summa summarum, ist diese kleine Geschichte also kein großes Werk. Dennoch hast Du Dir die Mühe gemacht, Dich damit ausführlich auseinander zu setzen. Dafür Danke!

Es ist schon spät. Wenn ich die Fehler korrigiere, die du gekennzeichnet hast, rückt dieser Text in der leselupe wieder nach „oben“ und das „muss“ wohl nicht unbedingt sein. Löschen möchte ich ihn aber nicht.
Werde Deine Korrekturvorschläge deshalb in der Version auf meiner eigenen Webseite einarbeiten, dort steht die Geschichte ebenfalls.
Hoffe Du hast jetzt nicht völlig das Interesse an Texten von mir verloren, sondern räumst mir bei Gelegenheit noch Mal eine Chance ein.

Gruß,
Rainer
 

jon

Mitglied
Teammitglied
… ooch, mach mal ruhig! Erstens holt Überarbeitung Text gar nicht hoch (sondern Kommentare) und zweitens ist die Listung im SF-Forum so "langlebig", dass es auf "zwei Plätze vor" oder so nun wirklich nicht ankommt.
 

Rainer Lieser

Mitglied
Die Außerirdische und der Arbeiter

Drei dunkle Gläser schützten die Augen von Pris vor dem grellen Sonnenlicht. Sie beobachtete ihre Artgenossin ganz genau. Pris war gespannt darauf, mit welcher Taktik Elis versuchen würde, sie zu übervorteilen.
Elis blickte auf die von Pflanzen überwucherten Gebäudereste. Nichts hielt diesem Pflanzenwuchs stand. Es war unmöglich hier Fabrikanlagen aufzubauen. In ihren Augen war dieses Land das Nutzloseste auf dem gesamten Planeten. Aber das konnte sie der Interessentin natürlich nicht sagen. »Lange bevor die erste Lanbourgorinin auf der Erde stationiert wurde, war diese Stadt schon eine Ruine. Die Menschen hatten sie aufgebaut, groß gemacht und wieder zerstört. Sie können einfach nicht langfristig planen, leben nur für den kurzen Augenblick. Das Streben, einen Besitz bis ins unermessliche zu vermehren, ist ihnen nicht gegeben.«
Pris wusste, dass Elis hier vor wenigen Jahren versuchte mehrere Fabrikanlagen zu errichten und gescheitert war. Die Menschen hatten zumindest mit diesen Ruinen nicht das Geringste zu tun. Aber jetzt war Pris klar, welches Spiel Elis versuchen würde mit ihr zu spielen. Das war Pris im Moment wichtiger als die Wahrheit. Sie stieg in das Spiel ein. »Ich schätze, das ist unter Anderem darauf zurück zu führen, dass ihre Lebenszeit so stark begrenzt ist, gemessen an der unseren. Rein biologisch gesehen, können sie gar nicht anders, als in kleinen Dimensionen denken und handeln.«
»Mitgefühl für Schwächlinge, Schwester? Du solltest Dich vorsehen. Am Ende wirst Du gar noch ihren Nachwuchs austragen wollen. Bedenke, sie selbst haben ihr Unglück verschuldet. Zu viele Fehlentscheidungen waren von ihnen getroffen worden. Ihre komplette Weltwirtschaft hatten sie bereits ins Chaos gestürzt. Wären wir nicht gekommen, hätten sie sich früher oder später bestimmt auch noch in einem Krieg selbst ausgelöscht.«
»Ich glaube nicht, dass sie uns gegenüber all zu große Dankbarkeit verspüren. Denn ist es nicht so, dass wir und unsere Schwestern die Spitzenpositionen in all ihren Unternehmen übernommen und dadurch so viel Geld verdient haben, wie auf keinem anderen Planeten zuvor – während wir ihnen gerade Mal das Notwendigste zum Überleben ließen?«
»Wir haben lediglich eine Gelegenheit zu unserem Vorteil genutzt, die sich uns geboten hat. Und solche Gelegenheiten zu nutzen, ist für uns Lanbourgorininnen das höchste Gebot. Das ist unsere Natur! Muss ich Dich daran wirklich erinnern? Sicher nicht. Wärst du sonst hier?«
Nun würde es nicht mehr lange dauern, ahnte Pris. Offensichtlich wollte Elis schnell zum Ziel kommen. »Du kennst die Summe. Niemals wieder wird Dir jemand ein vergleichbar günstiges Angebot machen. Unterschreibe den Vertrag und das Land gehört Dir.«
Ein Anruf unter der Notrufnummer auf dem Kommunikator von Pris unterbrach das Gespräch. In der Abteilung, die sie leitete, war ein schwerwiegendes Problem aufgetreten – und weil Pris weder ihre Vorgesetztinnen auf Lanbourgorin, noch irgend jemanden im Unternehmen, über ihre Reise hier her in Kenntnis gesetzt hatte, konnte dies fatale Auswirkungen auf ihre unmittelbare berufliche Zukunft, und damit auch auf ihren großen Plan haben. Der Unfall musste also unter allen Umständen geheim gehalten werden, damit ihre Abwesenheit nicht auffiel.

Dr. Jonas Franzl arbeitete für Pris und hatte sie gerade über den Störfall informiert. Wie es ihm von ihr befohlen worden war, machte er sich allein daran, eine Lösung für das Problem zu finden. Auch wenn es ihn überraschte, dass seine Chefin ihm plötzlich so großes Vertrauen entgegenbrachte.
Die Zusatzstoffe für die Nahrungsmittel konnten nicht mehr exakt dosiert werden. Die zentrale Steuerungseinheit war defekt, obwohl man sie gerade erst beim letzten Routinecheck erneuert hatte. Der gesamte Produktionsablauf war davon betroffen. Die komplette Nahrungsmittelproduktion würde umgehend und auf unbestimmte Zeit eingestellt werden müssen. Das konnte Verluste in astronomischen Höhen für das Unternehmen bedeuten.
Dr. Jonas Franzl überlegte fieberhaft, wie er das Unglück doch noch abwenden konnte – und es fiel ihm tatsächlich eine Möglichkeit ein: Er leitete den Zugang zur zentralen Steuereinheit auf mehrere Nebennetzwerke mit intakten Steuereinheiten um und erweiterte deren Arbeitsspektrum so, dass diese Nebenstellen die Dosierung der Zusatzstoffe übernahmen. Das war zwar keine dauerhafte Lösung, aber sie würde zumindest solange funktionieren, bis man die defekte zentrale Steuerungseinheit, durch eine Funktionsfähige ersetzt hatte. Sobald einige der Kollegen, die derzeit arbeitsunfähig gemeldet waren, sich wieder zum Dienst einfanden, würde die Reparatur durchgeführt werden.

Ein paar Jahre später.
Dr. Jonas Franzl wollte gerade seinen täglichen Mittagsbrei essen, als Pris mit einem Topf mit einer Blume darin ins Büro kam. »Ich möchte Ihnen diese Aufmerksamkeit als Zeichen der Anerkennung für die 10 geleisteten Dienstjahre überreichen.« Kaum hatte sie das gesagt, war die Lanbourgorinin schon wieder zur Tür draußen. Dr. Jonas Franzl schaute ihr verblüfft hinterher. Hier hatte noch nie jemand für geleistete Dienste eine Anerkennung erhalten! »Seltsam …« dachte er »Ich werde diese dreiäugigen Wesen wohl nie verstehen.«.
Nach Feierabend nahm Dr. Jonas Franzl das Geschenk mit aus dem Büro.

Die Straßenbahn war wieder einmal kaputt. Dr. Jonas Franzl machte sich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Seit in den Unternehmen die Lanbourgorininnen das Sagen hatten, war die Qualität aller Produkte stetig gesunken. Den Lanbourgorininnen ging es einzig und allein um Profit. In den Produktionsbetrieben arbeiteten die Menschen durchschnittlich 15 Stunden am Tag, ihr Lohn war gering und zu essen bekamen sie einen billig erzeugten, synthetischen Brei, der aus der Fabrik kam, die Dr. Jonas Franzl gerade verlassen hatte. Arbeiter, die man so behandelte, konnten nur schlechte Produkte herstellen, sofern sie überhaupt am Arbeitsplatz erschienen und dem Dienst nicht, aufgrund ernsthafter gesundheitlicher Schäden, fern bleiben mussten.

In der Wohnung von Dr. Jonas Franzl befanden sich kaum Möbelstücke. Sein Heim war klein und die vorherrschende Farbe grau, bedingt durch die unverputzten Betonwände. Als Dr. Jonas Franzl den Topf mit der Blume darin auf dem kleinen Esstisch in der Küche abstellte, schien ihm das gleich der falsche Ort zu sein. Anschließend versuchte er es auf der Wäschetruhe im Schlafzimmer, dann auf dem Fußboden in der Toilette, doch überall empfand er die Pflanze als störend.
Stundenlang betrachtete sich Dr. Jonas Franzl das Geschenk seiner Chefin und dachte darüber nach. Es musste beinahe zwei Jahrzehnte her sein, seit er eine echte Blume gesehen hatte. Im Auftrag der Lanbourgorininnen war das gesamte Land mit einer dicken Betonschicht überzogen worden. Darüber hatte man Fabrik an Fabrik und Wohnsilo an Wohnsilo gebaut. Er wusste von keinem Fleckchen Erde, auf dem eine Pflanze heute noch hätte gedeihen können – und diese Pflanze war obendrein noch unnatürlich bunt. Sie musste künstlich sein. Dr. Jonas Franzl kam zu dem Schluss, dass der Topf mit der Blume darin wieder eines dieser Produkte war, mit denen den Arbeitern auch noch das letzte Geld aus der Tasche gezogen werden sollte. Ein Grund mehr, dieses „Ding“ nicht in der eigenen Wohnung zu behalten. Der beste Ort dafür wäre die Mülltonne, dachte sich Dr. Jonas Franzl. Doch wie sollte dann seine Antwort lauten, wenn ihn eines Tages die Chefin besuchen, und sich nach dem Verbleib des Topfes mit der Blume darin erkundigen würde. Zwar hatte sie ihn noch nie in seiner Wohnung besucht, aber das musste ja nicht so bleiben. Sie hatte ihm ja heute auch diesen Topf mit der Blume darin geschenkt. Sollte er also von seiner Chefin besucht werden, dann würde er, Dr. Jonas Franzl, sich in eine äußerst unangenehme Situation bringen, wenn er würde sagen müssen, dass er den Topf mit der Blume darin, in eine Mülltonne geworfen hatte. Die Chefin müsste darüber zweifelsohne sehr ungehalten sein – und das mit allem recht, wie Dr. Jonas Franzl nicht umhin kam sich einzugestehen. Nein, er konnte ihr Geschenk nicht wegwerfen.
Es klopfte. Dr. Jonas Franzl öffnete die Tür. Vor ihm stand seine Chefin. Sie griff in die Blüte der Blume und holte dort ein leuchtendes Auge hervor. Mit der anderen Hand entfernte sie das Glasauge aus der Augenhöhle über ihrer Nasenwurzel. In das entstandene Loch steckte sie das Auge aus der Blüte. »Jetzt fühle ich mich wieder komplett!«.
Dr. Jonas Franzl war verblüfft. Natürlich hatte er schon von den Gerüchten um das dritte Auge der Lanbourgorininnen gehört. Aber diesen Gerüchten nie größere Beachtung geschenkt. »Sie haben mich also die ganze Zeit über mit Ihrem Auge beobachtet?«
»Ja. Als Lanbourgorinin muss man sich einen potentiellen Paarungspartner schon sehr bedacht auswählen. Schließlich paart eine Lanbourgorinin sich nur ein Mal und verbringt den Rest ihres Lebens dann mit Eierlegen. Sofern sie sich eben für die Paarung entscheidet. Die meisten ziehen es vor, lieber weiter ihr Vermögen zu vermehren.«
»Wie bitte?«
»Weitere biologische Details werden Sie noch früh genug erfahren. Dürfte ich Sie zunächst bitten, mir den Topf mit der Blume darin zu übergeben? Anschließend werde ich Ihnen die Denksperre entfernen.«
Dr. Jonas Franzl wusste nicht wie ihm geschah. Sprachlos überreichte er seiner Chefin die Topfpflanze. Währenddessen injizierte ihm die Lanbourgorinin ein leichtes Betäubungsmittel. Gleich darauf sank Dr. Jonas Franzl auch schon bewusstlos in sich zusammen.

Dr. Jonas Franzl lag auf einer verwilderten Wiese, inmitten einer ihm unbekannten Ruinenstadt, als er zu sich kam. Neben ihm stand Pris. »Schön, dass Sie wach sind. Am besten gebe ich Ihnen erst mal etwas zu essen, damit Sie schnell wieder zu Kräften kommen.« Sie reichte ihm einen Teller Brei. Einen Löffel bekam er ebenfalls noch. Der Brei sah nicht nur aus, wie der aus dem Büro, sondern er schmeckte auch so. »Wo sind wir hier?« fragte Dr. Jonas Franzl, noch ganz benommen.
»Vor einigen Jahren habe ich dieses Stückchen Land von einer Artgenossin gekauft, die es für wertlos hielt. Was sie hier sehen ist also mein Besitz, auch wenn ich ihn unter einem Decknamen erworben habe.«
»Aha und was tun wir hier?«
»Nun, irgendwo müssen wir uns ja aufhalten, nachdem ich für uns beide in dem Unternehmen gekündigt habe, für das wir bisher arbeiteten.«
Als er das hörte, verschluckte sich Dr. Jonas Franzl. »Moment, Moment … Wie bitte? Was um Himmels Willen, haben Sie da gerade gesagt?«
»Ich habe für uns beide gekündigt, übrigens auch die Wohnungen. Offiziell sind wir jetzt Landstreicher und stehen damit außerhalb der ordentlichen Gesellschaft. Niemand wird Nachforschungen über uns anstellen, solange wir nicht öffentlich straffällig werden. Alles Weitere wird also ebenso im Verborgenen geschehen, wie das Gewesene. Solange bis es an der Zeit ist, das zu ändern.«
Dr. Jonas Franzl legte den Teller beiseite und versuchte langsam auf die Beine zu kommen. »Äh … Da sind wohl ein paar Dinge an mir vorbei gegangen. Am besten erzählen Sie mir einmal ganz von vorne, was geschehen ist. Das letzte woran ich mich erinnere ist, dass Sie von einer Denksperre sprachen, die Sie mir entfernen wollten – oder habe ich mir das nur eingebildet?«
»Alle Menschen unterliegen einer hypnotischen Gedankensperre. Die sorgt dafür, dass ihr innerhalb der Unternehmen mit höchster Konzentration und größter Eigenständigkeit arbeitet, um unsere Gewinne zu vermehren. Außerhalb der Unternehmen sorgt sie dafür, dass ihr kaum Entscheidungsfähig seid, damit ihr euch nicht gegen uns auflehnt. Wie ich allerdings zugeben muss, ist diese Hypnosetechnik nicht sonderlich ausgereift. Die meisten Menschen reagieren nur rudimentär darauf, sonst wäre die Qualität der von ihnen erzeugten Produkte deutlich höher.«
»Ihr Monster!« schrie Dr. Jonas Franzl fassungslos und ging fast wieder zu Boden. Pris beobachtete sein Verhalten mit großem Interesse. Ihr Gegenüber schwankte zwar, aber er fiel nicht um. Im Gegenteil. Jetzt drückte er sogar sein Rückgrat durch und richtete sich zur vollen Größe auf »Und Sie haben mich von der Gedankensperre befreit? Weshalb?«
»Weil Sie mir sonst nicht dabei behilflich sein können, meinen Plan zu verwirklichen« gab Pris nüchtern zurück.
»Sie glauben also, ich würde Sie unterstützen, nach allem, was ich soeben erfahren habe? So verquer kann nur eine Lanbourgorin denken.«
»Möchten Sie ihren Artgenossen etwa nicht zu einem menschenwürdigeren Leben verhelfen? Genau das ist es nämlich, was ich Ihnen als Gegenleistung anbiete.«
Mit einer Handbewegung, in der eine große Portion Misstrauen mitschwang, deutete Dr. Jonas Franzl Pris an fortzufahren.
»Ich möchte auf diesem Land Obst und Gemüse anbauen. Hochwertige Naturprodukte. Durch eine gesündere Ernährung wird die Widerstandskraft und Leistungsfähigkeit ihrer Artgenossen erhöht werden.«
»Wenn die Arbeiter seltener krank sind und mehr leisten, erhöht das doch wohl vorrangig die Gewinnmargen ihrer Artgenossinnen. Die Lebensqualität meiner Artgenossen, wird dadurch nur in bescheidenem Maße verbessert.«
»Aber beide Seiten hätten etwas davon! Und für beide Seiten könnten sich auch noch viele weitere Möglichkeiten auftun. Sehen Sie doch nur, wo Sie sich befinden und mit wem Sie gerade reden. Sogar Ihre Gedankensperre habe ich entfernt. Und das alles konnte nur geschehen, weil Sie selbst seit vielen Jahren im geheimen bereits mit natürlich angebauten Nahrungsmitteln verpflegt wurden.«
Abermals ergriff Dr. Jonas Franzl blankes Entsetzen. »Soll das etwa heißen, dass ich als Studienobjekt an einem Ernährungstest teilgenommen habe, ohne darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein? Was für ein Wesen sind Sie nur?« Zorn stieg in ihm auf und ließ seine Muskeln anschwellen. Mit großer Freude beobachtete Pris, wie Dr. Jonas Franzl allmählich seine alte körperliche Stärke zurück gewann.
»Ich bin NICHT menschlich!« Mit diesen Worten trat sie näher an ihn heran.
Tausende widersprüchlicher Gedanken kreisten im Kopf von Dr. Jonas Franzl. Am liebsten hätte er die Lanbourgorinin in diesem Augenblick umgebracht. Doch er spürte auch eine seltsame Form von Dankbarkeit und den Wunsch, noch mehr Antworten von dem fremden Wesen zu erhalten. »Der Topf mit der Blume darin ... Verbarg sich auch dahinter ein Experiment?«
»Das Abschließende, alles Entscheidende. Sie haben es mit Bravur bestanden. Alles war so, wie ich es erwartet hatte: Weil Sie das auffällige Geschenk in der Firma stets von ihrer Arbeit abgelenkt hätte, nahmen Sie es mit nach Hause. Und da Ihr Zuhause ausschließlich im Hinblick auf Zweckmäßigkeit eingerichtet war, fand sich selbstverständlich auch dort kein geeigneter Platz, an dem Sie die Pflanze hätten unterbringen können. Vermutlich dachten Sie sogar ein Weilchen darüber nach sie wegzuwerfen, aber aus Loyalität gegenüber Ihrer Chefin, war Ihnen das nicht möglich. In meinen Augen zeichnet Sie dieses Verhalten, zusammen mit denen in der Vergangenheit über Sie gewonnenen Erkenntnissen, als perfekten Arbeiter aus.«
»Klingt so, als sei der perfekte Arbeiter kein Mensch mehr, sondern selbst schon ein Produkt. Ein Produkt, dass wohl bald in Serie gehen soll, wenn ich alle Anzeichen richtig deute. Deshalb wurde ich als Paarungspartner ausgewählt. Oder habe ich etwas falsch verstanden?«
»Alles richtig« antwortete Pris.
»Ich verstehe allerdings immer noch nicht, weshalb sie meine Gedankensperre aufgehoben haben?«
»Die Gedankensperre machte Sie mir gegenüber zeugungsunfähig.« Pris kam noch dichter an Dr. Jonas Franzl heran. Körperlich war er nun wieder in relativ guter Verfassung, wie sie sah »Dieses Problem ist nun behoben! Zeit für mich, die nächste Phase meines Plans in Angriff zu nehmen.« Pris fiel über Dr. Jonas Franzl her und nahm sich, was sie benötigte. Das was von ihm übrig blieb, lebte nicht mehr lange.

Nach vier Monaten schlüpfte die erste Generation der perfekten Arbeiter aus den Eiern. Weitere würden folgen. In absehbarer Zeit konnte der Anbau beginnen. Durch den Verkauf der natürlichen Nahrungsmittel, würde Pris die vermögendste aller Lanbourgorininnen werden.
 

Basti50

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich wollte eine Geschichte aus der Sicht eines Außerirdischen Wesens schreiben.
Geht für mich daneben. Pris könnte ebenso gut ein Bösewicht aus 1984 sein. Natürlich nehmen die ihre Umgebung nicht als Dystopie also als etwas Schlechtes wahr. Wäre für sie ja auch ziemlich kontraproduktiv. Profitgier und kaltschnäuziges Auftreten sind durchaus bei Menschen zu finden, bei fiktiven sowieso. Es ist also nicht viel außerirdisches an den Lanbourgorininnen, von den biologischen Abweichungen natürlich abgesehen (finde ich aber auch schwer zu bewerkstelligen).

Aber ganz ehrlich, Sci-fi Porno?
Keine Bange, das mit dem Sci-fi Porno war nur scherzhaft gemeint. Obskure Erotika (also Sex mit Aliens, Tieren, Zeichentrickfiguren... Dinos) sind so ein geheimes Laster von mir. Beim Erforschen dieses Abgrundes menschlicher Phantasie machen sich nach einer Weile gewisse Muster bemerkbar, die ich hier wiedererkannt habe. In diesem Fall ist das zwischen Franzl und Pris etwas, was ich gerne eine negative Beziehung nenne. Der Protagonist verachtet seinen Liebespartner bzw. hat keine gute Meinung von ihm/ihr, wird vielleicht von diesem gegen seinen Willen festgehalten und/oder gequält. Irgendwann kommt er/sie dann auf den Sex zu sprechen (Häkchen) oder will den Protagonisten schlichtweg vergewaltigen. Der Protagonist fühlt sich von dem Partner angewidert, vielleicht hegt er sogar Mordgedanken (Häkchen), doch dann kommt das große Aber daher (halbes Häkchen). Es gibt dann immer irgend einen Aufhänger, meistens rein physischer Natur, der den Partner für ihn, plötzlich oder über eine längere Zeitspanne hinweg, unwiderstehlich erscheinen lässt. Vielleicht geht von ihm/ihr auch ein besonders starkes Gefühl von Macht/Autorität aus oder der Protagonist wird einfach nur hypnotisiert. Egal wie es passiert, für den Protagonisten geht so etwas meistens nicht gut aus (...wie bei Dinos. Außerdem Häkchen) und er stirbt entweder beim Höhepunkt des Aktes oder kurz darauf. Alternativ wird er dessen ewiger Lustsklave (Aber das ist ok! Bis dahin hat der Protagonist längst daran Gefallen gefunden).
*Ahem* Soviel dazu.
 



 
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