Die Ballade vom Schleimpilz

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Tula

Mitglied
Die Ballade vom Schleimpilz


Ich wollt' nicht mehr alleine sein
und traurig an der Theke stehn.
So lief ich freudig an den Hain,
um mich nach Blumen umzusehn.

Ob Rose, Tulpe, Orchidee
war mir egal - nur Klatschmohn nicht!
Ich suchte Stunden, doch Oh Weh!
Mich wollte keine (kurz und schlicht).

Die Rose rief: “Ich diente schon
der Liebe viele tausend mal!”
Die Tulpe meint': “Bei deinem Lohn(?)
wär' ich dir sicherlich nur Qual!”

Auch Krokus, Lilie, Margerite
verschmähten mich (ich sei zu schwer).
Dann die Narzisse - schrie: “Du Niete?!
Du bist mir viel zu peripher.”

Ich schluchzte, eine Träne lief ...
Da plötzlich, aus dem Unterholz
drang eine Stimme, die mir rief:
“Warum nicht ich? Du Hosenstolz!”

Ein Schleimpilz griente hoffnungsfroh:
“Schläfst du mit mir ein ganzes Jahr,
brichst du den Bann des Baba-Jo-
go und ich werd' wie ich einst war.”

'Der Jogo ist wohl Jaga's Mann!'
dacht' ich und zog mein Messer raus.
Ein Schnitt, ein Spritz, ein Glibsch ... und dann
nahm ich den Schleimling mit nach Haus.

Wir liebten uns! Nun, jedenfalls
gab ich [strike]ihm[/strike] ihr (!) mein Begehren vor.
Sie schlabberte an meinem Hals
und glitschte gar ins linke Ohr.

Darauf ging's schmatzend Richtung Bauch,
im Nabel formte sich ein See.
Bald glänzten Warzen, Leib und auch
mein Po im Mondlicht wie Gelee.

Nach drei, vier Stunden flutschte sie
zur Seite und schlief endlich ein.

Nun lieg' ich hier, von Kopf bis Knie
voll Schleim und wünscht' - ich wär' allein!
 
S

shoshin

Gast
Hahaha! Eine wirklich gute Antwort auf Mondneins Kritik an deinem
"Die Rose". Das ist wirklich sehr gelungen: kreativ und witzig.
 

Tula

Mitglied
Hallo shoshin
Nun ja, ich habe mich gern inspirieren lassen, wäre ohne Mondnein ja nie auf die Idee gekommen, den Schleimpilz zu besingen. Also Dank an ihn und dir :)
LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Kennst Du, Tula,

den Odo auf der Raumstation "Deep Space Nine"? Die Formwandler sind eine wunderbare Metapher für den Menschen. Noch weit über die schlüpfrige Erotik hinaus. Mythisch: "Proteus" (eine Art Schleimpilzorakel, den man in einer Gestalt festhalten muß, um Wahrheiten geschenkt zu bekommen) und "Nereus" (der Vater der Meersnymphen).

Wobei der Eros gewiß die Grundtriebkraft des Menschen ist und bleibt, kein Zweifel. Das haben die prüden Amis in ihren militärisch durchorganisierten Seinsfickschenserien natürlich nicht so im propagandistisch-pädagogischen Selbstverständnis. Bezeichnenderweise ist die Formwandlerin in Tiefraumneun, sofern sie als Mensch "solide" wird, eine tonnenförmige Kuh, sie sollte offensichtlich nicht Sympathieträgerin werden, die große Idee wurde spöttisch verschenkt.

Aber proteische Formwandlung multipliziert mit Eros gleich Universum gleich Mensch, das ist nicht nur für ein Gedicht das Thema, sonder war und wird sein das Thema einer unendlichen Fülle von Liedern, kein Zweifel. Hab selbst ne Menge davon in der Schublade.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo Mondnein

vielen Dank für deinen wie immer sehr aufschlussreichen und unterhaltsamen Kommentar. Odo als gelatiner Held war mir nicht so bekannt, obwohl ich SF sehr mag, bin ich kein ausgemachter star trek Freund.
Ich habe aber eine Sammlung von SF-Kurzgeschichten von Philip K. Dick, neben "Minority Report" und "Total Recall", welche wir alle in der verfilmten Version kennen, gibt's da noch "Ach, als Blobbel hat man's schwer!". Da geht es genau um das: die tägliche Verwandlung zu vorprogrammierter Uhrzeit von einem Blobbel-Zustand (die besagte gallartartige Masse) in die Form eines Menschen und umgekehrt. Die Story erspare ich mir hier, jedenfalls hat der Held eine Frau mit dem selben Problem (beide waren Spione verfeindeter Lager - Mensch und Blobbel - mit der Fähigkeit sich umzuwandeln) und in der Ehe Kinder ...

Ansonsten, ja, ich verwandelte mich schon gern ab und zu (worin auch immer), wenn ich es nur vermochte ...

LG
Tula
 



 
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