Die Dachterasse

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Felene

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Es hatte eine entzückende blaue Holztür. Es war ein kleines Haus, gerade mal drei Stockwerke hoch. Äußerlich nichts aufsehenerregendes, es besaß nicht die typisch schwungvollen Konturen des Jugendstils, obwohl es zu seiner Zeit gebaut worden war. Die Fassade war in einem eher gleichgültigen Weiß gehalten, nur die eleganten, hohen Fensterrahmen erinnerten an Zeiten, zu denen hier der wohlhabende Adel aus und ein ging.

Und da war natürlich noch das Dach: eine Terrasse. eine kleine, 2 mal 4 Meter lange Terrasse, dort wo das Dach spitz zusammen lief. Eine aufwendige, schwarze Geländerstruktur schloss sie kunstvoll ein. Ich hatte von ihr in der Anzeige gelesen und wegen ihr war ich hergekommen. Romantische Kerzenschein Dinner unter dem Sternenhimmel, ausgelassene Mirakulipartys, alles war möglich. Man könnte einen kleinen Tisch mit portugiesischen Fliesen hinstellen und ein paar Stühle drum herum drapieren. Ich stellte mir die kleine Wendeltreppe vor, die vom Wohnzimmer oder von der Küche aus nach oben reichen würde, schwarz müsste sie sein, wie das Geländer.

Ich drückte den Klingelknopf neben dem Namen „Klemm“ und wartete. Bald müsste man den Namen „Lustig“ hinzufügen, dachte ich, wenn ich mich denn für ein Zimmer in der WG entscheiden würde, was mir in Anbetracht der Dachterrasse natürlich überaus wahrscheinlich erschien. Ich stellte mir vor, wie mir meine Mutter ein Päckchen schicken würde, an Nele Lustig würde sie schreiben, meine eigene Adresse darunter stehen und einen langen Brief enthalten, mit wertvollen Tipps bezüglich des kalten Wetters, wärmere Pullover würden mir empfohlen werden und dazu passende Kombinationsmöglichkeiten.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, als die Tür schwungvoll aufgezogen wurde. Ich hatte wohl vermutet, dass es so ein automatisches Türöffnersystem gab, wie in den modernen Häusern und hatte gedankenversunken auf das surrende Signal zum drücken gewartet. Aber nun stand eine kleine blonde Frau vor mir, ungefähr in meinem Alter und rief mit einer sehr hellen Stimme: „Du musst Eleonore Lustig sein. Wir haben telefoniert!“
[...]
 

Bandwurmi

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Ich finde den Text großartig. Aber es ist schwierig etwas über ihn zu sagen. Er macht den Eindruck als wäre er eigentlich nur der Anfang und ein kleiner Ausschnitt eines viel längeren Textes. Leider hört er auf, gerade wo es sehr spannend ist, aber gerade auch das zeichnet ihn aus. Nach wenigen Sätzen ist man in einer Geschichte drin. Ich hoffe nur, dass es weiter geht.

Liebe Grüße

Bandwurmi
 



 
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