Hallo Hagen,
uups, da muss ich doch hier und da genauer erklären, wieso ich es „angestrichen“ habe. Ich mache das mal nicht unbedingt der Reihe nach, weil sich manches ja wiederholt oder anderswie miteinander zusammenhängt.
LyrIch habe ich aus dem Lyrikforum entlehnt. Dort meint es das lyrische Ich, also quasi den Ich-Erzähler. LyrIch ist nur kürzer zu schreiben und zu sprechen.
Die halben Anführungszeichen: Die Verwirrung, dass manche Namen mit, manche ohne geschrieben waren, konnte ich offenbar vermitteln. Als ich sagte, man könne sie bei den Namen ganz weglassen, hatte das einen „optisch-lesetechnischen“ Grund: Alles, was durch Markierungen hervorgehoben wird, wird im Lesefluss als markant herausgehoben, man betont es beim Lesen. Bei „sozusagen-Worten“ wie meinem Beispiel mit der Wunde ist das auch inhaltlich sinnvoll. Wenn es aber um Spitznamen geht, die vom Erzähler wie normale Namen verwendet werden, kann es zu folgendem Effekt führen: Am Anfang liest der Leser die Betonung mit. Nach einem Weilchen merkt er, dass es gar nicht als Betonung gemeint ist, sonder nur (überflüssigerweise: Wer HEIßT schon Fritten-Frieda?) den Spitznamen kennzeichnet. Der Leser „lernt“ also, diese Zeichen zu „übersehen“. Ab dem Moment fordern sie aber einen zusätzlichen Leseaufwand („ignoriere dies Zeichen!“) und sowas sollte man als Autor nur machen, wenn es einem (warum auch immer) wichtig ist. Hier kommt noch dazu, dass dieser „Ignorier es!“-Effekt die Zeichen auch dann „unsichtbar“ macht, wenn sie wirklich als Betonungshilfe gebraucht werden.
Satzzeichen, Teil 1: Es ist ja gerade die „neue“ Deutsche Rechtschreibung, die nach Reden ein Komma verlangt, auch wenn in der Rede schon ein Frage- oder Ausrufezeichen steht. Sie ersetzt damit eine Unlogik durch eine andere, leichter merkbare(?) Unlogik. Wie das aussieht, ist dabei egal – Flussschifffahrt sieht auch komisch aus und wird trotzdem mit drei s und drei f geschrieben.
Satzzeichen Teil 2: Drei Punkte sind ein Auslassungszeichen. Sie werden für einen weggelassenen Wort- oder Satzteil gesetzt. Das heißt, wäre der nun fehlende Teil Teil des Wortes gewesen, steht kein Leerzeichen, ist es ein Satzteilersatz, steht ein Leerzeichen:
„Wer sind Sie und was wollen …“, setzte Otto an. Die Frau fiel ihm ins Wort: „Du bist ein A… kein netter Mensch. Ich bin Liese, deine ,Traumfrau‘ von gestern Abend!“
Satzzeichen Teil 3: Komma oder Punkt im Umfeld von Rede hängt davon ab, ob der gesprochene Teil ein durchgehender Satz ist, der nur unterbrochen wurde („Ich bin“, sagte Otto, „nicht dafür verantwortlich.“ / „Ich bin dafür nicht verantwortlich, sagte Otto. „Das lass ich mir nicht anhängen!“). Der Autor kann natürlich den Redner die Sätze als Satzkette sprechen lassen, die Rede „fließt“ dann („Ich bin dafür nicht verantwortlich“, sagte Otto, „das lass ich mir nicht anhängen!“ = „Ich bin dafür nicht verantwortlich, das lass ich mir nicht anhängen!“, sagte Otto.). Problem: Wenn das vor der Unterbrechung als „kompletter Satz“ wahrnehmbar ist, wird der Leser es auch tun und innerlich die Betonung so setzen. Je länger die Unterbrechung, desto schwieriger wird es, diese Betonung nachträglich umzudenken. Der Lesefluss wird gestört.
Ob Verkettung oder nicht spielt auch bei solchen Konstruktionen eine Rolle:
Erwin sah Hilde an. „Wie bitte?“ Das sind zwei Aktionen, die man bei Punkt mit entsprechender Betonung (am Punkt eine deutliche Senkung) liest. Steht da
Erwin sah Hilde an, „wie bitte?“ heißt das, man muss es ohne oder mit kleiner Senkung lesen, das „klingt“ dann wie „er sah sie wie bitte an“. Bei längeren Sätzen (Erwin sah Hilde an, schüttelte den Kopf, schnaufte, lachte, „wie bitte?“) ist es wie ein Teil der Verb-Kette (wobei man in der üblicherweise höchstwahrscheinlich das echte Verb nennen würden {…lachte, sagte „wie bitte?“} statt die Verkürzung zu verwenden.
Man muss – ich weiß nicht, wie du darauf kommst – eben NICHT
Erwin sah Hilde an. „Wie bitte?“, fragte er. schreiben, man kann es bei
Erwin sah Hilde an. „Wie bitte?“ belassen. Und hier kommt nun der nächste Punkt zum Tragen:
Absätze in Dialogen: Es kursiert noch immer die Vorstellung, dass jeder Rede-Neuanfang mit einem Absatz verbunden zu sein hat. Das war nie logisch und ist auch heute (da man generell einen kompakteren Stil schreibt und häufige „sagte er“-Kommentare da nur stören würden) nicht mehr richtig. Man wechselt den Absatz mit dem Redner, nicht mit der Rede. Wenn bei
Erwin sah Hilde an. „Wie bitte?“ ein Absatz zwischen den Sätzen wäre, hieße das: Hilde stellt die Frage. Ist kein Absatz da, gehören Blick und Frage beide zu Erwin. (Wenn du magst, kannst du bei
http://www.texte-jon.de/index.php?option=com_content&view=article&id=126&Itemid=129 {ca in der Mitte} mal schauen, ich habe es dort mit Kamerawechseln im Film verglichen.)
Zwei generelle Sachen dazu, weil ich grade so schön beim Schwafeln bin (sorry!):
1: Die Lesegewohnheiten und warnehmungspsychologische Fakten (beides hängt zusammen und ist durchaus auch Veränderungen unterworfen) sollte man als Autor nicht vernachlässigen. Je leichter, „automatischer“ der Leser den Text erfassen kann – und zwar auch und vor allem bei den dramaturgischen Elementen wie Pausen, Betonungen, Rhtythmik generell etc.), desto besser kann der „Rest“ (Story, Eindrücke, Botschaften …) auf ihn wirken – weil er viel weniger Energie für die „Decodierung“ (Umsetzung in Inhalt) der Zeichen (Buchstaben, Satzzeichen) und Zeichengruppen (Worte etc.) benötigt. Natürlich kann man in vielen, bei eher unkomplizierter Sprache sogar den meisten Fällen rauskriegen, wie ein Satz gemeint ist. Aber das unterbricht den Lesefluss, macht ihn unnötig zäh. Und wenn man als Autor in diesem Bereich lax vorgeht, kann es eben auch schnell mal passieren, dass der Sinn nur noch schwer oder sogar gar nicht mehr erkennbar ist.
2: Eine Probe, ob Zeichensetzung funktioniert, bietet das Vorlesen. Und zwar das „schauspielende Vorlesen“, wie man es bei einer Lesung machen sollte. Wenn man sich bei der Probe mit Betonungen, Pausen etc. an die (Satz)Zeichen und Absätze hält, sollte man schnell spüren, wo Punkte besser als Kommas sind (und wo Absätze gut täten).
Ganz anderes Thema: Rechtschreibkontrollen sind nie perfekt und wenn es ums Getrennt- oder Zusammenschreiben von Verben geht, sind sie sogar oft völlig überlastet. Dazu kommt, dass die „neue“ Deutsche Rechtschreibung gerade in diesem Bereich einigen Mist gebaut hat. Anders als bei „Komma nach der Rede“ geht es da nicht um (nahezu) reine Formalitäten. Es ist ein Unterschied, ob zwei sich zusammen (gemeinsam) krümmen oder einer sich zusammenkrümmt. Es ist auch ein Unterschied, ob man dahinter kommt (Sex hinter Kommode
) oder dahinterkommt (… ob Sex hinter der Kommode überhaupt Spaß macht) Die „neue neue“ Rechtschreibung hat da einiges wieder ausgebügelt, aber nicht alles (Man kann immer noch nicht einfach nur dasein, man muss es da tun. Und auch dabeisein geht nur, wenn man dabei auch ist.)
Hier, wo es (mehr oder weniger große) inhaltliche Unterschiede erzeugt, bin ich in Sachen amtlicher Rechtschreibung kein Paragraphenfetischist. Begründeter Regelbruch eben. Reine Optikfragen (wie bei „drei Satzzeichen hintereinander“) sind (aus meiner Sicht) kein wirklich starker Grund (in erzählender Prosa).
Auf der anderen Seite beinhaltet „begründeter Regelbruch“ natürlich auch, dass es (besonders bei den kleinen Unterschieden, der „unüblichen“ anderen Bedeutung oder ähnlichem {Natürlich setzt dabeisein ja voraus, dass man dabei ist.}) unterschiedliche Ansichten über die „sinnhaftere“ Schreibweise gibt. Ob die Sonne z. B. „reinknallt“ oder „rein knallt“ ist vermutlich zu ähnlich, um da auf eine Schreibweise zu pochen.
Und noch was anderes: Sprachlogik und Sachlogik sind nicht identisch. Beispiel: „Erwin gibt Otto einen Apfel, der sich dafür bedankt.“ Sprachlogisch bedankt sich der Apfel, inhaltslogisch dürfte es aber doch eher Otto sein, der sich bedankt. Das ist ein Extrembeispiel, sicher. Näher dran am Problem sind z. B. Konstruktionen mit „als“. Das Wort wird oft als Kausalanzeiger verwendet, obwohl es keiner ist. Noch weniger im Bewusstsein ist vielen die Rolle von „doch“, „aber“, „allerdings“ und dergleichen. Sätze wie „Erwin schlägt Otto, doch Otto geht dann einkaufen.“ werden akzeptiert, obwohl genau genommen ein Widerspruch behauptet wird, der nicht existiert. Denn: Warum sollte Otto nach dem Schlag nicht einkaufen gehen können? Was anderes wäre es, wenn Erwin Otto massiv verprügelt hätte und jeder verstehen würde, wenn Otto nicht mit Schmerzen einkaufen gehen würde. Oder: „Erwin schlägt Otto, aber Hans geht einkaufen.“ ergäbe nur Sinn, wenn vorher klargestellt wäre, dass Hans eigentlich Otto beschützen sollte. Also: Dass Gangster ihre Waffen nicht „über den Ladentisch“ erwerben (also im mehr oder weniger freien Verkauf) ist nur dann mit „allerdings“ an etwas koppelbar, wenn dieser andere Fakt bedeutet, dass man eigentlich die Waffen (mehr oder weniger) frei kaufen kann. Dass Behörden Waffen im Ausland einkaufen, heißt aber eben
nicht, dass diese Waffen im Inland über den Ladentisch gehen. Es fehlt also entweder die Aussage, dass die Behörde die Waffen dann weiterkauft, oder der Bezug zum Ladentisch muss durch eine andere Sache ersetzt werden (…und die Gangster wiederum besorgten sie sich bei den Behörden, indem sie sie beklauten.)
Anderer Aspekt des gleichen Themenkreises: Zwei Dinge, die in einem Atemzug genannt werden, werden als analog empfunden. „Kleine Kinder – kleine Sorgen, große Kinder – große Sorgen“, meint die Sorge mit und um die Kinder und nicht, dass man mit Kleinkindern in Sachen Partys eingeschränkt ist, bei großen Kindern dann in Sachen Treppensteigen (weil man dann ja älter geworden ist).
Die Probleme, die ein Kerl mit seiner Ische hat, sind völlig anders als die, einen Oldtimer in Schuss zu halten und zur Höchstleistung zu bringen. Eine Frau nervt mit Plappern, Freundinnen und Familie, will Dinge/Aufmerksamkeit und ist am Ende in den Armen eines anderen. Kein Oldtimer der Welt fährt seinem Besitzer hinterher, um ihn mit wer weiß was zu nerven, er jammert nicht alle Nase lang über Zeug herum, die mit seiner Aufgabe (schön sein und fahren) nichts zu tun haben und man muss auch keine Angst haben, dass er sich aus dem Staub macht, um bei einem anderen dann aufzublühen, obwohl der sich nicht mal ansatzweise so viel Mühe gibt.
Bevor ich die anderen Sachen durchgehe: Na klar bin ich hier pingelig, große Probleme gab es hier ja nicht zu bequatschen.
Ich bin aber tatsächlich grundsätzlich eher pingelig (es gibt nur manchmal schwerwiegendere Probleme als die Schreibweise eines englische Begriffs), weil ich davon ausgehe, dass man als Handwerker/Kunsthandwerker/Künstler sein Material sehr gut kennen und sehr bewusst benutzen sollte, wenn man nicht aus Versehen Müll fabrizieren will. (Zum Absichtlich-Müll-Produzieren braucht man übrigens auch ausreichend gute Kenntnisse und Fertigkeiten). Von meiner Einstellung in Sachen Verantwortung ganz zu schweigen …
Vielleicht ist Dein Nachbar ja auch so einer.
Das Wort "dein" wird klein geschrieben.
Hier habe ich das groß gelassen, denn ich spreche den Leser an wie in einem Brief. In einer Anrede und klein geschrieben! Wie sieht das denn aus?
Es ist aber kein Brief (oder auch nur eine gezielte Rede), es ist ein in die Anonymität hineinerzählter Ich-Text. Davon abgesehen ist die Großschreibung von „du“ in Briefen auch nicht vorgeschrieben sondern nur zugelassen. Und was das „wie sieht denn das aus?!“ angeht: Für mich sieht das „Du“ immer wie eine optische Betonung aus, die in innigen Briefen/Gedichten zwar passt, weil dort jene/r „Du“ in Mittelpunkt aller Gedanken steht, aber ansonsten eher wie ein Strudelstein im Wasser des Leseflusses liegt.
Lieblings-CD ist immer noch ohne Bindestrich. Oder muss man es (wegen des Fugen-s) LieblingsCD schreiben? Auf jeden Fall nicht mit Leerzeichen.
Bei „Bäumchen“: Wenn du alle Spitznamen mit (halben) Anführungszeichen schreibst, dann ist das ok (warum ich es nicht täte, steht oben) – eine Erklärung für den Spitznamen ist nicht erforderlich (stört hier aber auch nicht wesentlich). Viel mehr hätte mich interessiert, warum es nicht die Zentrale sondern nur die „Zentrale“ ist.
Möglicherweise ist das regional unterschiedlich, aber ‘ein Pott Kaffee‘, also ein Becher Kaffee ist durchaus im Sprachgebrauch.
Das ist nicht mein Problem. Ein Pott Kaffee ist auch ok für mich, denn ein Pott hat, wie die Tasse, (einen) Henkel. Ein Becher nicht. Es gibt (meist Buden oder fahrbare) Imbisse, die schenken Kaffee wirklich in (Plaste-)Bechern aus, aber das ist hier schient nicht so ein Imbiss zu sein.
Komma von "nachdem"
Häh? Sorry, aber das musst Du Dir jetzt gefallen lassen!
Kein Problem, ich lese auch immer ein- oder zweimal zu wenig Korrektur …
Sie legte mit sorgsamen Bewegungen, ohne dass ihre zahlreichen Armreifen übermäßig klimperten, ein Aluminiumköfferchen auf den Tisch, „lass sie nicht irgendwo rumliegen und bring sie mir heile wieder!“
Ok, bis jetzt habe ich diese Redekonstruktion akzeptiert, weil ich dachte, du wolltest das Fließen betonen. Hier gibt es nun wirklich keinen Grund, hinter "Tisch" den Satz nicht abzuschließen.
Verstehe ich nicht. Das ist ein eingeschobener Satz. Sie legte mit sorgsamen Bewegungen, ein Aluminiumköfferchen auf den Tisch, „lass sie nicht irgendwo rumliegen und bring sie mir heile wieder!“
Sie legte mit sorgsamen Bewegungen, ohne dass ihre zahlreichen Armreifen übermäßig klimperten, ein Aluminiumköfferchen auf den Tisch.
„Lass sie nicht irgendwo rumliegen und bring sie mir heile wieder!“ sagte sie.
Klingt irgendwie blöd.
Das Problem ist, wie oben erklärt, nicht der eingeschobene Satz, sondern dass auch ohne allen Zusatz besser ein Punkt da stünde („Sie legte ein Köfferchen auf den Tisch.“). Mit all dem Zusatz erst recht, denn dadurch wird dieser Satz so lang und „inhaltsschwer“, dass er nur sehr zäh direkt in die Rede fließt.
Erstmalig in diesem Leben sah ich eine Thompson M1927 M1 im Original, besser bekannt als Tommy-Gun; - der Volksmund nennt sie gerne ‘Gangsterknarre’ - mit Reservemagazin und einem Schächtelchen Munition; - MAGTECH .45 ACP.
Die Zeichensetzung irritiert massiv: Warum steht nach "… ich sah eine TM, besser bekannt als TG" ein Semikolon? Es geht doch so weiter: "… ich sah eine TM, besser bekannt als TG, mit Reservermagazin …" Auch der erste Gedankenstrich ist falsch, der Einschub bezieht sich doch auf die Waffe, also muss er nach "Tommy-Gun" und nicht an den Anfang von "mit Reservemagazin". Die letzte "; –"-Konstruktion verstehe ich gar nicht. "MAGTECH .45 ACP" ist doch der Name der Munition, oder? Dann einfach hinter "Muntion" setzen oder
höchstens ein Komma machen.
Ich fand hier ein Semikolon nebst Gedankenstrich sehr angebracht; - obwohl ich weiß, dass es diese Kombination aus Satzzeichen offiziell nicht gibt.
Diese Kombination „gibt“ es, warum auch nicht (Komma/Gedankenstrich-Konstruktionen gibt es ja auch). Sie ist hier nur nicht nachvollziehbar.
Die Zusammenhänge: Das reine Grammatik-Komma wie in „Ich gehe, um dich zu verlassen, zu meiner Mutter.“ kann man steigern („härten“) „Ich gehe; um dich zu verlassen; zu meiner Mutter.“ und weiter zu „Ich gehe. Um dich zu verlassen. Zu meiner Mutter.“ ODER man kann das reine Grammatik-Komma wie in: „Ich fahre, indem ich Bus und Bahn nutze, zu meiner Mutter.“ durch Gedankenstrich ersetzen „Ich gehe – indem ich Bus und Bahn nutze – zu meiner Mutter.“ und so den Einschub(Nachtrag)-Charakter betonen.
Zum einen versteh ich also nicht, warum du überhaupt Semikolon benutzt, wenn du ohnehin die inhaltliche Trennung durch Gedankenstriche erzeugst, statt das „weiche“, grammatikalisch bedingte Komma zum Semikolon (=Fast-Punkt) zu „erhärten“.
Zweitens steht das „beinahe noch Komma“ an der falschen Stelle. Bei
Erstmalig in diesem Leben sah ich eine Thompson M1927 M1 im Original, besser bekannt als Tommy-Gun; - der Volksmund nennt sie gerne ‘Gangsterknarre’ - mit Reservemagazin und einem Schächtelchen Munition … erzeugst du folgende Einheiten:
Erstmalig in diesem Leben sah ich eine Thompson M1927 M1 im Original, besser bekannt als Tommy-Gun; = Einheit 1 Schluss (durch das Semikolon abgeschlossen)
– Einheit 2:
- der Volksmund nennt sie gerne ‘Gangsterknarre’ - mit Reservemagazin und einem Schächtelchen Munition. Der Volksmund nennt doch die Waffe gern so, nicht die Munition. Beim Zeichen hinten tritt zudem der Ersetzungsfall auf: Entweder Komma (oder falls es so massiv betont werden soll ein Semikolon) ODER Strich
Häufig wurden kleine Polizeistationen überfallen und die Thompsons bei dieser Gelegenheit ‘beschafft’.
Außerdem haben sie sie ja so beschafft (in ihren Besitz gebracht), sie haben sie nur nicht so gekauft – die "so genannt"-Markierung ist sinnfrei.
?
Das Wort „beschaffen“ ist nicht identisch mit „kaufen“. Ich weiß, man sagt das manchmal mit dieser Betonung von „gewissermaßen beschafft“ (meine Anmerkung ist deshalb Pingelei), im Gangstermillieu dürfte aber „beschaffen“ sowieso eher selten mit „kaufen“ assoziiert sein. Wenn du dieses Wort hier in Anführungsstriche setzt, müsste z. B. auch „durchsiebt“ oder „umlegen“ in Anführungsstrichen stehen.
Oder ich hätte sie mit in den Baumarkt genommen, zünftig im Geigenkasten, gewandet im Nadelstreif, schwarzem Hut und schwarzer Sonnenbrille.
Er geht nicht "im Nadelstreif“ gewandet sondern "in Nadelstreifen" (so wie man nicht in "im Grün" gewandet sein kann sondern "in Grün"). Neben diesem, sich beim „Hut“ wiederholenden Fallfehler, mixt du hier die Fälle auch noch: "gewandet in schwarzer Brille" stimmt. Einzahl von "die Nadelstreifen" ist übrigens "der Nadelstreifen", den es sind tatsächlich Streifen gemeint.
Na, Du verkehrst wohl überhaupt nicht in Gangsterkreisen? Da ist der ‘Nadelstreif‘ eine gebräuchliche Abkürzung für ‘den Nadelstreifenanzug‘! Es gilt ja auch ‘der Einreiher‘ für den ‘einreihigen Anzug‘, oder?
Man sagt aber nicht „Einreih“, oder? Selbst wenn Gangster wirklich „Nadelstreif“ (statt „Nadelstreifen“) sagen sollten, bleibt es bei „gewandet in“ oder auch – für das Analogon zum Einreiher – „gewandet in einen“.
„Ja.“ Ich hob die Oberlippe zu einem Lächeln.
Ich kenne keinen, bei dem es wie ein Lächeln aussieht, wenn er die Oberlippe anhebt. Man hebt die Mundwinkel.
Das ist ein etwas gekünsteltes Lächeln. Sollten wir uns mal persönlich kennenlernen, mach ich es Dir mal vor.
Da wäre ich echt neugierig. Denn meiner Erfahrung nach ist das überhaupt kein Lächeln, auch kein gekünsteltes. Im Selbstversuch erzeugt das Anheben der Oberlippe bei mir nur einen Gesichtsausdruck, der an das Flehmen bei Tieren erinnert. Es gibt noch ein einseitiges Anheben, das einen gewissen Ausdruck von Abfälligkeit oder eher noch Genervtsein („Sehr lustig, haha. Dir passiert sowas natürlich nie.“) erzeugt, aber auch in der Regel in Kombination mit anderen Mimikelementen. Ohne markante andere Mimik ergibt sich eher ein wortloses „Hä?“. Alles, was darüber hinausgeht (Grinsen, echtes oder gekünsteltes Lächeln etc.), geht – bei mir zumindest – nicht von der Oberlippe aus, sondern von den Mundwinkeln. Dass sich dabei auch die Oberlippe verzieht, ist nicht das selbe wie „Oberlippe anheben“.
Der ‘Macho-Mike’ kam rein, wir gingen raus.
Wieso "der"? Wer das sagt, sagt auch "die Fritten-Frida" und "das Bäumchen", wahrscheinlich sogar "der Özkan".
?
Bei dieser Anmerkung (und den dann folgenden) ging es mir um die Stringenz: In aller Regel wird jemand, der diese Formulierung benutzt, sie (nahezu) immer benutzen. Das LyrIch hier scheint mir eher ein Typ zu sein, der das nie so sagt.
Soll LyrIch wie ein "Michel als Lönneberga" klingen?
Ich weiß zwar nicht, wer “Michel als Lönneberg“ ist, aber so ähnlich soll’s tatsächlich klingen.
Du kennst den „Michel als Lönneberga“ nicht?! Macht nichts, ich auch nicht. (Nur den „aus“.)
Aber offenbar wissen wir beide, wie der klingt, und wenn das hier so sein soll, dann ist es gut gemacht.
Leise blubberte der Auspuff. Die Geräuschdesigner hatten ganze Arbeit geleistet, dieser Klang vermittelte den Eindruck von geballter, sprungbereiter Kraft, die nur drauf wartete, losgelassen zu werden.
Ähnlich müssen sich Kampfflieger fühlen, kurz vor dem Startsignal.
Ähnlich wie ein blubbernder Auspuff oder ähnlich wie geballte Kraft?
Ähnlich wie die geballte Kraft, die nur drauf wartet, losgelassen zu werden!
So steht’s geschrieben und das bleibt auch so, weil es klar und verständlich ist!
Naja nicht wirklich. Wobei ich zugebe, dass meine Frage auch missverständlich war. Das Problem ist: „Er fühlt sich ähnlich, wie XY sich fühlt“ ist die sprachlogische Aussage. Nun fühlt Kraft aber nichts, schon das Warten ist (pingelig betrachtet) ein eher großzügiger Vergleich (hat aber immerhin noch einen realen Bezug: in einem Zustand verharren bis etwas passiert).
Ein Flachfunksender ist ein Sender der Flachfunk sendet; - also ‘flachen Funk‘, Schlager von nicht allzu hohem Niveau. Diese Wortschöpfung sollte sich eigentlich in Deinem Sprachgebrauch befinden.
Warum sollte sie das? Ich kenne sowas nicht. Nein im Ernst, hätte ich raten sollen, hätte ich ja auch sowas gesagt, aber es hätte ja durchaus auch ein „Fachbegriff“ (aus der Gangsterszene) sein können (für einen nicht weit tragenden Regionalsender für Mafiosi z. B.) oder der moderne Code für spezielle Sender. Immerhin hast du es ja nicht als „Spitzname“ gekennzeichnet
Aber die Realität sieht anders aus, Özkan wird sich wahrscheinlich an dem etwas schwergängigen Spannhebel der Tommy-Gun den Finger verletzen.
Zeitfehler. Wenigstens "würde sich verletzen", am besten auch "sah anders aus".
Bleibt so! “Den Finger verletzen“ ist schon etwas präziser. Das andere ist erledigt.
… na jetzt ist es richtig falsch. Aber es ist schwer auf einfache Zeitskala-Bezüge runterzubrechen, weil die grammatischen Formen bei der Anwendung eben nicht automatisch die mit dem Tempus-Namen identischen Aussagen transportieren. Der Zukunftsblick von der Erzählzeit Präteritum aus war irgendwo in der LL schon mal Thema, ich finde es nur gerade nicht.
Er versuchte darüber eine Diskussion loszutreten als wir beim Aegi entlang fuhren.
Komma nach "versuchte" dringend empfohlen
Komm nach "loszutreten" muss sein
Kann man sich drüber streiten, aber das wollen wir ja nicht.
Ich nehme an, du meinst das „empfohlene Komma“. Doch, ich will streiten, zumindest in dem Sinne, dass die Für und Wider auf den Tisch kommen. Gegen das Komma spricht ohne Zweifel, dass es den Satz „entlasten“ würde – Kommahäufungen sehen sehr oft unschön aus. Gegen das Komma spricht auch dein oben schon mal erwähntes Argument, keine Zeichen zu setzen, die nicht unbedingt nötig sind. Für das Komma spricht, dass es einfacher ist, all die nötigen Kommas zu setzen, wenn man sich angewöhnt, mögliche Kommas nur dann nicht zu setzen, wenn es wirklich richtig unschön wäre (also die umgekehrte Entscheidungsroutine einüben). Für das Komma spricht (pingeling!) auch, dass die Sprachlogik des Satzes hier das Komma vor oder nach „darüber“ erlauben würde (dass die eine sich ergebende Konstruktion unmodern geworden ist und auch nur holprig zum vorher stehenden Kontext passen würde, sei mal dahingestellt. Es ist halt wieder Pingelei.).
„Was für ein Auto fährt Boris?“
Ich fuhr auf die Hildesheimer Straße.
Besser kein Absatz, beides gehört zum LyrIch.
Wieso?
Weil der IchErzähler wegen des Autos nachfragt. Oder etwa nicht? Dann würde ich den Dialog nicht mehr verstehen.
Wir fuhren an der Gilde-Brauerei entlang, „los, mach mal Diesen!“
Ich hielt meine linke Hand mit abgespreizten Fingern vors Gesicht.
Kein Absatz an der Stelle
Punkt nach "entlang" und zuordnen, wer das sagt. Am besten durch einen Absatz nach "entlang", dann gehören die Rede und die Geste beide zu "ich".
Was?
Was was? Also: Der erste Satz hier hat als Subjekt „wir“. Nach deiner Dialog-Logik bisher müsste „wir“ sagen: „Los, mach mal Diesen!“. Das ist schlichtweg sinnfrei. LyrIch sagt dies, die Rede muss also dem „ich“ zugeordnet werden. Das geht am einfachsten, indem es dem Absatz-Satz, in dem „ich“ Subjekt ist, zugeordnet wird. Das ist auch insofern sinnvoll, weil die Geste ja die Worte untermalt (bzw. überhaupt erst verständlich macht). Also:
Wir fuhren an der Gilde-Brauerei entlang. ABSATZ „Los, mach mal Diesen!“ Ich hielt meine linke Hand mit abgespreizten Fingern vors Gesicht.
Ein feines Auto, der CLK, aber kurz drauf hing ich hinter einem Truck, der sich etwas schwer tat, einen Artgenossen zu überholen.
… und da ist der CLK plötzlich ein Scheiß-Auto? Wieso? (Das "aber" ist falsch gewählt.)
Ich glaube, das muss ich nicht erklären! Von einem Scheiß-Auto war nie die Rede!!!! Bloß was nützt solch ein feines Auto, wenn man hinter einem Truck hängt?
Was inhaltlich „feines Auto“ und dieses „hängen“ verbindet, kann man sich schon denken. Kann sein, dass es einem tempomäßig nichts nutzt, ein feines Auto zu haben, wenn man LKWs vor sich hat. Genausogut kann sich aber auch „herausstellen“, dass Trucks stinken. Oder dass sie Dreck aufwirbeln. Oder dass der CLK dann eben doch für Langsamfahren nicht soooo geeignet ist. Sprachlogisch bleibt offen, was genau das Problem ist. Verstehst du: Inhaltlich gibt es viele Möglichkeiten, sprachlich wird nur gesagt, dass das Dranhängen irgendwie „feines Auto“ aufhebt (auf unbestimmte Weise und für unbestimmte Zeit). Meine Frage mag nicht die erste sein, die dem Normalleser in den Kopf kommt, aber unberechtigt ist sie in dem Kontext nicht.
„Mach dir keinen Kopf. Mike factet für jede Aktion ein anderes Nummernschild, und noch ein paar Niedlichkeiten, die dafür sorgen, dass der Wagen nicht identifiziert wird.“
Nur mal für mich: "factet" – hat das mit face oder mit fact zu tun?
Sollte ein “Fake“ sein. Kommt aus dem Englischen, in Deutschland würde man sagen “Getürkt“. Asche auf Kopf.
Als „getürkt“ hatte ich es verstanden, der Kontext machte es schon deutlich. Ich wusste nur nicht, wie es aussprechen soll. (Man formt die Worte beim Lesen ja doch im Kopf aus. Meistens jedenfalls.) Ob „faktet“ nun richtiger ist? „Er faket [fäikt] es“, kommt mir vertrauter vor. Aber ich weiß es wirklich nicht.
„Wenn du in unserer Branche anfängst, darüber nachzudenken, ich schwör dir, du wirst verrückt! Ich gehe einfach rein, leg‘ ihn krass um und komme wieder raus. Du wirst inzwischen gewendet haben und wartest mit laufendem Motor. Wir hauen dann voll fett wieder ab, ganz einfach. - Du, ich habe keine Zigaretten mehr. Halt doch mal am nächsten Automaten.“
Das Unterstrichene passt so gar nicht zu sonstigen Tonfall von Özkan.
Stimmt! Aber leider beherrsche ich ‘Kanakisch‘ nicht so, wie es dieser Story zukäme. Ich glaube, Du bist die einzige Leserin, der das auffällt.
So weit ins „Kanakisch“ brauchst du da gar nicht zu greifen, es ist nur so, dass diese Zeitform (so exakt angewendet) kein „Standard-Deutscher“ sprechen würde, es klingt schon sehr „professorisch“. Üblicher ist „Du wendest inzwischen“ (Normalebene), „du hast inzwischen gewendet“ (etwas höhere Ebene). Das erste passt zu Özkan, denke ich.
Özkan sank langsam zu Boden, seine Hände griffen in die Luft als suchten sie nach einem Halt. Zwei Löcher waren in seinem Rücken, Blut pulste heraus, und auf dem Zigarettenautomaten zog sich eine Blutschliere nieder, als Özkan zusammen gekrümmt unter dem Automaten auf den Gehwegplatten aufschlug.
Komma nach "in die Luft"
Wenn das Blut noch pulst, ist er noch nicht tot gewesen.
Meiner Ansicht pulst es noch eine Weile nach, bis es zur Ruhe kommt. Ich hab’s allerdings (noch) nicht ausprobiert.
Die Schliere zog sich nieder? Klingt in meinen Ohren falsch. Sie zog sich hinab.
zusammengekrümmt
?
Das Komma fehlt immer noch. Und das steht nicht frei, es ist ein Nebensatz
Der Puls entsteht durch den Herzschlag. Nur durch den Herzschlag. Es kann sein, dass nach Herzstillstand (z. B. weil er ins Herz getroffen wurde) noch kurz eine Art Druckausgleich (Blut quillt mit etwas{!} Druck heraus) stattfindet, aber das war’s dann auch. Es kann allerdings sein, dass das Herz auch nach dem Treffer noch ein kurze Zeit lang zu pumpen versucht (dann ist er aber noch nicht tot).
„Niederknien“ kenne ich oder andere Bewegungen, die nach unten gerichtet sind. Aber eine Schliere bewegt sich nicht, da erscheint mir „nieder“ als das falsche Wort.
zusammen krümmen = gemeinsam krumm machen
Nochmal zur Erinnerung: Das alles ist Feinschliff, sozusagen die Unterscheidung zwischen 1 und 1+. Und ich gebe zu, ich hab es auch ein bisschen für die Mitleser so ausführlich geschrieben, mancher Gedanke mag für manchen vielleicht neu sein …