Des Kommentares letzter Teil - fürs erste
Liebe Inu,
danke für den frommen
Wunsch, aber leider habe ich mir das grüne Plätzchen im Literaten-Himmel noch nicht verdient, fehlt doch noch der letzte Rest der Bearbeitung - und zwar ab EINE FLUCHT Deines Textes. Oder ... sollte es Dir zu viel werden mit meinen aufdringlichen Kommentaren ... ?
1. > Lisa zieht sich selbst und den Kindern ein dutzend Wäschestücke und Kleider übereinander [...]. Den Seppl legt sie, umwickelt von Extra-Windeln und Strampelhöschen [red]KOMMA[/red] in einen Tragekorb. [...] für sie ist die ganze Sache ein neues, geheimnisvolles Abenteuer.<
2.
Und da ich befürchte, ich übe entschieden zu viel Kritik (dabei ist es ja gar nicht so sehr viel - immerhin ist der Text auch sehr lang; und wo viel Licht ist, findet sich eben zumindest auch etwas von Schatten), will ich hier mal explizit eine Stelle angeben, die ich für regelrecht genial gelungen halte:
> Die kleine Gruppe eilt also durch die von dünner, abnehmender Mondsichel nur schwach beleuchtete Nacht. Knackende Äste am Wegrand, dräuende Schatten hinter Gebüschen, aus der Ferne ab und zu der peitschende Knall immerwährender Schüsse....Die Kinder sind übererregt vor Spannung, die Erwachsenen halbtot vor Furcht. Endlich erreichen sie zitternd und ausgelaugt den Klosterberg in Hohenkirchen, wo sie bei den katholischen Nonnen Zuflucht finden.<
Allerdings könnte man sich drüber streiten, ob man nicht besser die Nacht erleuchtet denn beleuchtet lassen sein sollte. Aber das ist vielleicht Ansichtssache. Beleuchtet assoziert bei mir elektrisches Licht.
3. > „D a s ist mir von dieser verflixten Flucht am besten in Erinnerung geblieben: [red]D`PUNKTE ENTFERNEN[/red]“, wird Lisa, die Stiefmutter, Jahre später zu Hermine sagen, “nämlich...als ich [red]d- > D[/red]ir all deine Unterhöschen, Strumpfhosen, Latzhosen, Pullis übereinander und zuoberst noch dein Mäntelchen angezogen hatte und wir endlich losmarschieren wollten, da musstest du ganz furchtbar dringend aufs Klo [blue]B`STRICH, UM SPRECHPAUSE ANZUDEUTEN[/blue] und da habe ich dich wieder ausgewickelt. Vor der ganzen Anzieherei hatte ich dich mehrmals gefragt, da k o n n t e s t Du ums Verrecken n i c h t .[blue]A`ZEICHEN M.E. GUENSTIGER[/blue] Na ja... das war wieder einmal typisch.“<
4. > „Da hab ich was, das schenk ich meinem Kurt, wenn er aus Gefangenschaft zurück kommt!“ [red]EIN WINZIGES KOMMACHEN MOECHTE DER SATZ AN DIESER STELLE SEHEN[/red]ruft sie noch ihrer Schwester zu, die auf dem gleichen Feld arbeitet. Zumindest erzählt es diese später so...<
5. > Unfallhergang bleibt wohl sogar
für die Erwachsenen für immer rätselhaft.<
Zweimal für. Alternativ: Entweder DEN ERWACHSENEN FUER IMMER RAETSELHAFT oder FUER DIE ERWACHSENEN AUF IMMER ... oder etwas Ähnliches.
6. >Als die Amerikaner einmarschieren, hofft man auf Hilfe. Man hält den obskuren Behälter ohnehin für amerikanischer Herkunft, von einem U.S. Flugzeug abgeworfen. [strike]Aber jetzt [/strike] [blue]Jetzt [/blue] werden die Amis [blue]ja doch[/blue] alles wieder gut machen. Man weiß, dass dieses Volk die modernsten Heilmethoden, die besten Ärzte der Welt besitzt. Doch [blue]schon bald/ bald schon
> BALD < im vorherigen Absatz bereits dreimal vorhanden [/blue] stellt sich heraus, dass selbst die Wundernation nicht helfen kann.. Es verbreitet sich das Gerücht, man werde Sophie in eine Spezialklinik [strike]nach[/strike][blue]in die[/blue] USA fliegen. [...]<
7. > Aber Hermine glaubt ihr nicht. Sie riecht und spürt es: [blue]es > BESSER (?): dies[/blue] ist der Todesgeruch: [red]ZWEIMAL D`PUNKT HINTEREINANDER. PUNKT HIER BESSER[/red]
Sophie verfault [strike]am > bei[/strike] lebendige [red]-[strike]n[/strike] > -m[/red] Leib<
Ausserdem hast Du den Ausdruck bereits zwei Absätze weiter oben gebraucht.
8. > In Hohenkirchen erzählt man sich später, die verzweifelten Schreie der Armen seien viele Tage und Nächte lang aus dem Fenster ihres Krankenzimmers gedrungen, bis Gott sie endlich von ihren Qualen [blue]erlöste.... > erlöst habe[/blue]<
9. > Die Russen, die Polen, die Ukrainer... mit ihren armseligen Bündeln... , [red]KOMMA ENTFERNEN[/red] sind auf dem Innenhof von Morgenau versammelt, um in ihre Länder zurückzukehren.<
10 >
Kaum ist der Krieg zu Ende, da kehrt Lisa mit Werner, Hermine und Seppl nach Marienstock zurück.
Vorher aber kommt noch der Tag, an dem die Arbeiter und die Kriegsgefangenen aus dem Osten abgeholt werden. Die Franzosen auf Morgenau haben den Gutshof schon eine Weile vorher in Richtung Heimat verlassen.
[...]
Lisa, Monika und die Frau Verwalterin sind nicht hinunter gegangen. Auch Werner und Hermine nicht. Den Kindern hat man es verboten. Alle fünf stehen nun hinter den Vorhängen am Fenster des schwarzen Zimmers. Den Blicken der Leute im Hof verborgen, beobachten sie das Schauspiel. Niemand sagt ein Wort.<
Wie, was, wo?! Wann denn IST denn nun der Krieg zu Ende und WANN kehrt Lisa zurück > SIEHT sie die Rücktransporte ODER ist sie noch auf ihrer (Rück-?)Flucht, da ja: VORHER ABER KOMMT NOCH DER TAG, AN DEM [...]?
11 > Da fahren sie dahin, [...] Die Gruppe der stolzen Polinnen, unter ihnen
Sonja, Dunja, Malenka, die Schönen. Mit ihrem Charme, ihrem herben Humor, ihrer Lebenslust hatten die [/b]zwei[/b]
WELCHE ZWEI? DU SPRICHST VON DREI - DU MEINST DIE LETZTEN BEIDEN? selbst den freudlosen, alten Toni zum Lachen gebracht.<
Liebe Inu, das wars zunächst zu den noch übrig gebliebenen zehn Seiten. Danke für die Aufklärung so mancher Frage meinerseits - wie etwa über die abgeschossenen amerikanischen Piloten in Bayern. Ich hätte diesbezüglich noch Fragen über Fragen (über die gesamte Thematik), aber das wäre keine Thema, das man hier unter der LL erschöpfend behandeln könnte.
Darüber hinaus habe ich noch eine Anmerkung zu meinem Punkt 24. Meines, so glaube ich, letzten Kommentars (nazi-rats). Wahrscheinlich habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Ich meinte, dass man es natürlich noch einmal und einfach nur so übersetzen könnte; man hätte es aber auch noch etwas weiterspinnen können - bsp.weise, dass Du die vielleicht verständliche Ablehnung der Amerikaner gegen alles Deutsche und ihre - wohl auch wieder verständliche, und dennoch pauschalierte und damit auch schon wieder irrwitzige - Aburteilung als allesamt nazi-haft noch etwas mehr hätte herausheben können. Den Anfang hattest Du ja schon getan, indem Du das russische Baby anführst. Ein Vorschlag:
Ursprünglich:
> Die süßen Kinder ( inclusive Halenas kleinem Russen! ) also böse Nazi-Ratten!.
In:
> Die süßen Kinder also inklusive Halenas kleinem Russen allesamt böse Nazi-Ratten!
Dann kann sich der Leser da nicht heraus schrauben, wie es mir - leider - auf den allerersten Blick passiert ist und sich sagt: "Hm, naja (hüstel verlegen), eigentlich ein ganz klein wenig nachzuvollziehen." - Nein! Denn ich habe die Klammer nicht genug beherzigt. Darauf liegt thematisch doch das Hauptaugenmerk. DAS ist doch kennzeichnend dann für die weiteren Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland.
Und nun, nachdem ich den gesamten Text mehrere Male gelesen habe, ein abschließendes Wort. Mir gefällt der Text sehr gut. Literarisch, linguistisch fehlt mir nichts an ihm. Allerdings muß ich ja nicht maßgeblich sein ... Und dennoch - er ist auch sehr idyllisch, trotz natürlich des grausam empfundenen Getötet-werdens der Tiere. Die Kriegsgefangenen leiden nicht - wie andernorts - unter der Knute ihres "Herrn" (das mag durchaus so gewesen sein; ich zweifele das NICHT an - in diesem Einzelfall). Die Nazi-Herrschaft und deren philosophische, psychologische Bewertung ist ja KEINESWEGS Deine Intention in diesem Text (hier geht es ja um die Ursachen in Hermines Vergangenenheit dafür, dass sie nachher, sagen wir, einen Schritt neben sich steht und sich psychisch gezwungen sieht, einem Dr. Goldmann in einer gewissen Art und Weise ziemlich auf die Nerven zu gehen (also zumindest vorüber gehend nicht mit ihrem Leben klar zu kommen)). Und da es nun um Hermines Empfindungen/ Empfindsamkeit (en) geht - sie erlebt nun einmal auf diesem abgeschiedenen Hof nichts weiter als KEINE Greueltaten. Das ist in Ordnung! Auch dass Du das SO UND NICHT ANDERS schreibst. Aber Du hast das Thema NAZIS angeschnitten, und sie, Hermine, wird nachher im Verlauf ihres Lebens ganz sicher in der einen wie auch der anderen Form damit konfrontiert werden... Ich bin da sehr gespannt auf weitere Texte. Sie wird sich dazu ja positionieren müssen - wahrscheinlich kann sies nicht. Daher vielleicht ihre Probleme. Wahrscheinlich sogar. Worauf ich nur hinaus will:
Irgendwo hast Du geschrieben (ich kann die Stelle im Augenblick nicht so schnell finden), da sagt Katharina (oder war es die überforderte Lisa?), es würde nichts zu essen liegen gelassen, noch dazu, während draussen die Menschen hungerten. Ich mußte beinahe lachen vor lauter Naivität dieser Frau und ihrer fast schon grotesk-grausamen Selbstgerechtigkeit (in dieser Hinsicht; in anderer ist sie wieder nicht selbstgerecht). Natürlich läßt man in solchen Zeiten nichts an Essen liegen - nur: vom Hungern weiss SIE nichts! Sie hat genug. Ich nun habe an dieser Stelle zwischen den Zeilen diese immense Verlogenheit heraus gelesen (und zwar nicht nur, was die Nazi und Schuld und Sühne anbelangt, sondern ganz generell - das Kind wird ja permanent angelogen, über den Tod zumeist: Nein, tot ist er nicht; überfahren hat man ihn, ja; fürchterlich zerquetscht, ja, nun gut - aber tot, nein tot ist er nicht! Die Kuh - die ist naturgemäß geschlachtet worden ... Natürlich weiss ich, warum man das macht ... trotzdem, es geht um Lüge...). Ich komme - leider erst jetzt - zum Punkt: Wenn Du es also verstehst, die Groteske dieser Haltung (Alle hungern - also: iss! > Ist ja richtig, wie erwähnt; und dennoch.) so gut und leichtfüßig zu entlarven und anzutippen - warum DANN sparst Du das historische Thema aus? In einem einzigen, höchst einzelnen Satz (vielleicht kommt das ja noch, drei Kapitel weiter etwa - ich wollte dem nicht vorgreifen; es sind nur meine GEDANKEN, die mir zu diesem Text durch den Kopf gehen): >Dieses sind die Fürchterlichkeiten in Hermines Leben gewesen - von den Fürchterlichkeiten da draußen/ außerhalb/ jenseits des Hofes (o.ä.) hatte sie zum Glück jedoch keine Ahnung.< Oder so ähnlich. Nur um anzudeuten: >Ich verschweige innerlich nicht den Rest! Allerdings mußt Du, lieber Leser, hierüber selbst recherchieren, denn es ist nicht THEMA meines Textes. Denn hier geht es um Hermine, und die hat das nicht gesehen!<
Ansonsten - ich wiederhole mich; und dieses ANSONSTEN soll auch keine Einschränkung bedeuten, sondern ein DARÜBER HINAUS IST ES MEINE MEINUNG, DASS - gefallen mir Deine Texte sehr gut. Sie sind sehr vielschichtig. Gut geschrieben. Man liest MIT. Man erlebt. Mit einem Wort: Du erzählst, und gleichzeitig vermittelst Du Wissen; und zwar so leichtfüßig, dass man entweder nicht merkt, dass unterdessen die Nacht bereits herein gebrochen ist
... - oder aber man ist dermassen neugierig auf das Folgende, dass man unruhig-müde auf dem Stuhl hin- und herrutscht, aber nicht anders kann als weiterzulesen. Oder - was heißt man? Ich jedenfalls. Aber ich bin vielleicht auch - ich wiederhole mich erneut - kein Maßstab.
Viele demzufolge leswütige Grüße.
Petra