Die Falkenkinderstube

SuracI

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Wer sich noch an mich erinnert, weiß gut, was ich immer für kummervolle Gedichte schreibe.

Aber ich habe mich gestern einmal an ein humorvolles Gedicht gewagt.
Dafür ist es auch länger geworden, als erwartet.

Die Falkenkinderstube

Frau Falkerich gebärt ein Kind,
Und wie die Falken nun mal sind,
Bewohnen sie den Turm im Forst,
Im zehnten Stock beim Adlerhorst.

Die Nachbarn sind sich wohl gesonnen,
Denn hat am Adlerfest gewonnen,
Der Falkrich, als am Hühnergrab,
Er erstmals um Frau Falkin warb.

Und Adlers Miete ist nicht hoch,
Nur stört die Falkens der Geruch,
Der Königin, die schon verschied,
Bevor der Prinz vom Pferde stieg.

Doch liefert sie den beiden auch,
Die Würmer, die Herr Falkrich braucht,
Um sie meist bietend zu verkaufen,
An andre Vögel die sie brauchen.

So sichert er den Unterhalt,
Für seine Frau, die hier im Wald,
Sein erstes Kind zur Welt gebracht,
Und ihn damit zum Vater macht.

Drum läd er nun die Adlers ein,
Damit sie hier im Kerzenschein,
Den kleinen aus der Taufe heben
Und ihm den Namen Falkier geben.

Doch Adeline ist empört,
Sie meint, dass es sich nicht gehört,
Den nackten Bub nicht zu bekleiden,
Denn Kuckucks Bernd mag Kinder leiden.

So stricken sie dem Bub zu zweit
Ein nagelneues Federkleid.
Denn Bernd, wie Adelin’ verspricht,
Mag kleine Mädchen wirklich nicht.

Doch Falkier ist nun sehr verstört,
Er hat den beiden zugehört.
Meint, dass kein Kleid er tragen kann,
Denn schließlich ist er doch ein Mann.

Der Blütennektar floss in Strömen,
Bis rote Kehlchen unter Stöhnen
Die Vogelhymne schmerzhaft sangen,
Und jeden Streuselwurm verschlangen.

Sie feierten die ganze Nacht,
Bis Ulrich Uhu dann um acht
Die Vögel bat, nun still zu sein,
Denn schließlich schliefe er jetzt ein.

So gaben sich den Flügelschlag,
Die Gäste an dem neuen Tag.
Und dieses Fest war gut gelungen,
Zumindest hat man so gesungen.

Doch Adlers mit bedrücktem Blick,
Senken schamvoll das Genick.
Denn müssen sie, wie er beteuert,
Die Miete heben, unversteuert.

Sie sind nun drei, und darauf steht,
Dass man den Preis zum Drittel hebt.
Doch Falkerich, mit Vaterstolz,
Setzt seinen Schnabel unters Holz.

Als Falkier dann den ersten Schlag
Mit seinen kleinen Flügeln tat,
Nahm sich Herr Adler seiner an,
Und sagte: „bald bist Du ein Mann!“

Denn beste Augen hier im Forst,
Hat nur der Herr vom Adlerhorst.
Und wer könnt besser, wenn nicht er,
Den Blick ihm schärfen, und noch mehr.

So lernte Falkier Stund um Stunde,
Des alten Meisters Augenkunde.
Bis er dann eines Abends spät,
Die erste Falkenfrau erspäht.

Er plustert seinen Wangenflaum,
Frisiert sich mit Zikadenschaum,
Er springt vom Turm und ruft sodann:
„Sehr ihr, jetzt bin ich ein Mann!“

24.05.06 by MJ
 



 
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