Die Fee und ihr Drachen

Die Fee und ihr Drachen

Der junge Herr Dou saß im sonnendurchfluteten Pavillon des Gartens und aß frisches Sesamgebäck. Er stopfte von den leckeren Sachen eins nach dem anderen in den Mund. Die Sonne brannte ihm in den Nacken. Ein Traum fiel ihm ein, ein Traum vom heißen Atem eines Drachens. Seine Gedanken wurden von Schritten unterbrochen, die sich dem Pavillon näherten. Sein alter Kumpan Liu kam und begrüßte ihn mit den Worten: „Du siehst verträumt aus, mein verehrter Freund. Bringen dir deine Träume auch Nutzen für die kommenden Prüfungen?“ Dou schaute auf: „Du glaubst es nicht, manchmal sieht man den Nutzen eines Traumes nicht sofort. Selten sprechen Dich die Ahnen oder gar eine Fee an, und du merkst es nicht. Ich aber hatte einst einen Traum, der mich bis heute bestimmt.“ „Mein Freund“, sagte daraufhin Liu, „das muss ein besonderer Traum gewesen sein, lass mich hören.“
Der Herr Dou aß weiterhin Stück für Stück des Sesamgebäcks und begann mit noch vollem Mund: „Du kennst den Schrein der Fee Wolkenturm in Dorf Tschiang Ding. Eben von dieser Fee träumte mir. Die Fee Wolkenturm fand auf dem Weg zu ihrem Namensberg ‚Turm der himmlischen Wolken“ eine kleine Schlange, die fast ausgedörrt von der heißen Sonne vor ihr im Sand lag. Die Fee erbarmte sich ihrer und nahm sie mit in ihr Haus. Dort pflegte sie diese, gab ihr Wasser zu trinken und zu fressen. Sie behandelte die Schlage wie einen Pflegesohn. Die Schlange wuchs und wuchs und wuchs sich schließlich zu dem Drachen ‚Longjuan Feng‘ (Wind des zusammengerollten Drachens) aus. Nun konnte die Fee dem Tier nicht mehr in ihrem Hause Unterkunft gewähren. Der Drachen bedankte sich bei ihr und begab sich in den Vier-Schluchten Wald. Eines Tages kam jedoch der Fee zu Ohren, dass ein Drachen das Dorf Tschiang Ding bedrohte und eine Jungfrau zum Fraße forderte. In meinem Traum" nickte der junge Herr Dou bedächtig, "erschrak die Fee, denn sie dachte sofort an ihren Pflegesohn Longjuan Feng. Sie machte sich ohne Zögern auf den Weg, um mit Longjuan Feng zu sprechen. Ein zweites Mal erschrak Wolkenturm. Riesengroß war der Drachen geworden, mit drei feuerspeienden Köpfen und einen langen schlagkräftigen Schwanz. Aber die Fee war mutig. Sie stellte sich vor den mittleren Kopf und sagte: ‚Mein lieber Pflegesohn, Du bist ein überaus starker Drachen geworden. Ich bin stolz auf dich.‘ Sie verneigte sich vor ihm, während der Drachen voller Selbstsucht gewaltig seine Nüstern blies und mit dem Feuer seine Kräfte zeigte. Die Bäume fingen Feuer und loderten in großer Hitze. Die Fee erschrak ein drittes Mal, doch sie fasste sich schnell und rief ihm entgegen: ‚Ich weiß, welche Kraft Du hast. Ich muss Dir jedoch noch einen Rat für dein Leben geben. Nutze deine Kräfte für das Gute. Wenn Du gebraucht wirst, dann setze deine Kraft ein. Die Menschen musst Du aber in Ruhe lassen. Hilf ihnen. So wie ich ihnen meinen Rat erteile, so kannst du den Menschen mit deiner Macht dienen. Denn Du bist mein guter Pflegesohn.‘ Der Drachen hielt inne. Dann donnerte er durch alle Schluchten: ‚Du hast mich groß gezogen. Dafür danke ich Dir. Aber meine Natur ist es, Drache zu sein. Ich bin kein Hund auf dem Hof der Bauern. Ich muss tun, was mir meine Natur befiehlt. Lass mich zum Dorf, ich will die Jungfrau.‘ ‚Nein‘, sagte die Fee Wolkenturm, ‚ich muss die Menschen schützen. Und wenn ich Dich töten muss.‘ Der Drachen Longjuan Feng schleuderte der Fee seine Glut entgegen. Da setzte sie ihre Zauberkräfte ein und kämpfte mit dem Drachen. Drei Tage lang. Am ersten Tag schlug sie ihm den ersten Kopf ab, und weinte. Am zweiten Tag schlug sie ihm den zweiten Kopf ab, und weinte bitterlich. Am dritten Tag schlug sie ihm den letzten Kopf ab und weinte in tiefer Trauer. So, mein Freund“, sagte der junge Herr Dou, „das war mein Traum. Ich bin voller Angst schweißgebadet erwacht. Mein Kopf war von Fieber heiß. Damals erriet ich noch nicht die tiefere Bedeutung dieses Traumes. Wenn ich es mir jetzt aber nachträglich überlege, so kann ich nur sagen, dass sich alles wunderbar erfüllt hat.“
 



 
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