Anonym
Gast
Wie immer im Mai feierten sie den Geburtstag von Joachim im Garten. Das Wetter meinte es gut mit ihnen in diesem Jahr. Den ganzen Tag über schien die Sonne, und es sollte bis zum Abend warm bleiben.
Marina und Joachim würden die Nacht im Gartenhaus verbringen, während die Gäste zum frühen Abend aufbrechen und zurück in die Stadt fahren. Die Kallweits, die Meiers und die Schumann hatten sich angesagt, es war über die Jahre zur Routine geworden. Marina hatte ihre Käsetorte gebacken, allerdings lustlos, und Joachim fuhr schon ein Wochenende vorher die Getränke herbei, und an diesem Tage hatte er auch Grillfleisch und Würstchen eingekauft.
Alle vier Familien feierten schon so viele Jahre, jetzt waren alle in den Fünfzigern, und es ging weitaus geruhsamer zu, als es in ihren jungen Jahren geschah. Da konnte es schon mal vorkommen, dass die Geburtstagsfeier zu einem kleinen Besäufnis ausartete, die drei Familien Zelte mitbrachten und im Garten übernachteten.
Die Kallweits kamen natürlich als erste, und ihr Gespräch sickerte so dahin, Marina beteiligte sich nicht, aber Joachim unterhielt sich mit den beiden. Irgend ein Buch über Fahrradtouren in Deutschland brachten sie als Geschenk mit. Joachim gab sich selbstverständlich überschwänglich freudig überrascht, und Marina schwieg und dachte, warum sagt er nicht, dass ich nicht Fahrrad fahre. Aber, dachte sie, ist ja auch egal.
Dann ging Marina in die Küche, um Kaffee zu kochen und das Geschirr zusammen zu stellen. Irene Kallweit fragte:
„Marina, soll ich dir helfen?“
Fast erschrocken antwortete Marina:
„Nein, nein, ich mach' das allein, es ist doch nicht viel Arbeit.“
Irene sah sie etwas verwundert an, aber blieb dann zum Glück sitzen.
In der Küche hörte Marina alles, was die drei redeten. Sie reden jedes Jahr dasselbe dumme Zeug, da kann ich auch die Zeitung lesen, dachte Marina, während sie die Torte aufschnitt. Sie grinste etwas, die Torte war natürlich nicht richtig durchgebacken. Auch wie jedes Jahr, dachte sie.
Inzwischen trafen Meiers und Schumann ein. Sie kamen in einem Auto, da sie nicht weit voneinander entfernt wohnten. Immer schön abwechselnd, das eine Jahr fuhr Fred Meier, das darauf folgende Jürgen Schumann. Marina ging hinaus, um die vier zu begrüßen, aber sie verschwand dann gleich wieder im Häuschen.
Alle hatten sich unter den Sonnenschirmen auf den Gartenstühlen bequem gemacht.
„Marina, wie weit bist du mit dem Kaffee?“, rief Joachim fragend von draußen.
„Ich komme gleich!“, rief sie zurück.
Dann trug sie den Stapel Teller hinaus und knallte ihn auf den Tisch, dass alle zusammen zuckten. Die Weiber werden schon die Teller verteilen, dachte sie grimmig. Genauso tat sie es mit den Untertassen und Tassen und Kuchengabeln, nur die Kanne Kaffee stellte sie etwas behutsamer hin. Zum Abschluss brachte sie die Torte.
Alle brachen in ein „Ah“ aus, als wenn es die Geburtstagstorte der englischen Königin wäre.
„Marinas Käsetorte, wie immer ein Ereignis“, bemerkte Gabi Schumann. Marina schwieg, aber grinste.
Da Marina keine Anstalten machte, stand Irene Kallweit auf und verteilte die Kuchenstücke. Anschließend begannen alle zu essen und mit etwas fassungslosen Gesichtern die Bissen mit dem Kaffee hinunterzuspülen.
„Marinas Käsetorte, wie immer ein Ereignis“, sagte Fred und kaute, als hätte er einen Kaugummi im Mund.
„Ja“, sagte Marina, nachdem sie einen winzigen Schluck vom Kaffee genippt hatte, sie selbst aß den Kuchen nicht, „innen glitschig und außen verbrannt.“
Ein kleines Schweigen folgte.
Fred verzog keine Miene, als er antwortete: „das macht ja deine Torte so einzigartig.“ Und alle nickten und bestätigten seine Worte und jeder aß sein Stück auf.
Das Gespräch rieselte so dahin, Marina beteiligte sich nicht. Es ging darum, wie schön Marina und Joachim den Garten bepflanzt hatten.
Irene stand auf und begann das Geschirr zusammen zu stellen, auch Gabi erhob sich, Marina hob ein wenig die rechte Augenbraue an, aber sagte keinen Ton und blieb auch still sitzen.
Irene sprach: „Den Abwasch erledigen wir aber, Marina, du hast dir schon genug Arbeit gemacht.“
„Ja, finde ich auch“, pflichtete ihr Gabi bei, „wir kennen uns ja in der Küche aus.“
Natürlich kannten sie sich in der Küche aus, schließlich feierten sie schon seit Jahrzehnten im Mai Joachims Geburtstag.
„Na, wenn ihr meint“, bemerkte Marina trocken und blieb seelenruhig sitzen.
Joachim sprang auf und sagte:
„Ich werde uns Männern mal einen Schnaps zur Verdauung holen und ein Bier, Marina, möchtest du einen Likör trinken?“
„Nee“, antwortete Marina, „ich trink auch ’nen Schnaps und ’nen Bier, aber den Likör kannst du schon mitbringen, nachher für Gabi und Irene, wenn sie abgewaschen haben.“
Joachim stutzte etwas, auch die anderen blickten ein wenig irritiert auf Marina, doch jeder enthielt sich eines Kommentars.
Die Männer hatten ihren Schnaps noch gar nicht ausgetrunken, da schob Marina ihr Glas zu Joachim hinüber und sagte:
„Gieß mir noch einen ein.“
Wortlos füllte ihr Joachim das Glas erneut und Marina stürzte den Weinbrand sofort hinunter.
Jürgen Schumann versuchte einen Scherz.
„Bist du Alkoholikerin, Marina?“
„Ja“, antwortete Marina.
Marina und Joachim würden die Nacht im Gartenhaus verbringen, während die Gäste zum frühen Abend aufbrechen und zurück in die Stadt fahren. Die Kallweits, die Meiers und die Schumann hatten sich angesagt, es war über die Jahre zur Routine geworden. Marina hatte ihre Käsetorte gebacken, allerdings lustlos, und Joachim fuhr schon ein Wochenende vorher die Getränke herbei, und an diesem Tage hatte er auch Grillfleisch und Würstchen eingekauft.
Alle vier Familien feierten schon so viele Jahre, jetzt waren alle in den Fünfzigern, und es ging weitaus geruhsamer zu, als es in ihren jungen Jahren geschah. Da konnte es schon mal vorkommen, dass die Geburtstagsfeier zu einem kleinen Besäufnis ausartete, die drei Familien Zelte mitbrachten und im Garten übernachteten.
Die Kallweits kamen natürlich als erste, und ihr Gespräch sickerte so dahin, Marina beteiligte sich nicht, aber Joachim unterhielt sich mit den beiden. Irgend ein Buch über Fahrradtouren in Deutschland brachten sie als Geschenk mit. Joachim gab sich selbstverständlich überschwänglich freudig überrascht, und Marina schwieg und dachte, warum sagt er nicht, dass ich nicht Fahrrad fahre. Aber, dachte sie, ist ja auch egal.
Dann ging Marina in die Küche, um Kaffee zu kochen und das Geschirr zusammen zu stellen. Irene Kallweit fragte:
„Marina, soll ich dir helfen?“
Fast erschrocken antwortete Marina:
„Nein, nein, ich mach' das allein, es ist doch nicht viel Arbeit.“
Irene sah sie etwas verwundert an, aber blieb dann zum Glück sitzen.
In der Küche hörte Marina alles, was die drei redeten. Sie reden jedes Jahr dasselbe dumme Zeug, da kann ich auch die Zeitung lesen, dachte Marina, während sie die Torte aufschnitt. Sie grinste etwas, die Torte war natürlich nicht richtig durchgebacken. Auch wie jedes Jahr, dachte sie.
Inzwischen trafen Meiers und Schumann ein. Sie kamen in einem Auto, da sie nicht weit voneinander entfernt wohnten. Immer schön abwechselnd, das eine Jahr fuhr Fred Meier, das darauf folgende Jürgen Schumann. Marina ging hinaus, um die vier zu begrüßen, aber sie verschwand dann gleich wieder im Häuschen.
Alle hatten sich unter den Sonnenschirmen auf den Gartenstühlen bequem gemacht.
„Marina, wie weit bist du mit dem Kaffee?“, rief Joachim fragend von draußen.
„Ich komme gleich!“, rief sie zurück.
Dann trug sie den Stapel Teller hinaus und knallte ihn auf den Tisch, dass alle zusammen zuckten. Die Weiber werden schon die Teller verteilen, dachte sie grimmig. Genauso tat sie es mit den Untertassen und Tassen und Kuchengabeln, nur die Kanne Kaffee stellte sie etwas behutsamer hin. Zum Abschluss brachte sie die Torte.
Alle brachen in ein „Ah“ aus, als wenn es die Geburtstagstorte der englischen Königin wäre.
„Marinas Käsetorte, wie immer ein Ereignis“, bemerkte Gabi Schumann. Marina schwieg, aber grinste.
Da Marina keine Anstalten machte, stand Irene Kallweit auf und verteilte die Kuchenstücke. Anschließend begannen alle zu essen und mit etwas fassungslosen Gesichtern die Bissen mit dem Kaffee hinunterzuspülen.
„Marinas Käsetorte, wie immer ein Ereignis“, sagte Fred und kaute, als hätte er einen Kaugummi im Mund.
„Ja“, sagte Marina, nachdem sie einen winzigen Schluck vom Kaffee genippt hatte, sie selbst aß den Kuchen nicht, „innen glitschig und außen verbrannt.“
Ein kleines Schweigen folgte.
Fred verzog keine Miene, als er antwortete: „das macht ja deine Torte so einzigartig.“ Und alle nickten und bestätigten seine Worte und jeder aß sein Stück auf.
Das Gespräch rieselte so dahin, Marina beteiligte sich nicht. Es ging darum, wie schön Marina und Joachim den Garten bepflanzt hatten.
Irene stand auf und begann das Geschirr zusammen zu stellen, auch Gabi erhob sich, Marina hob ein wenig die rechte Augenbraue an, aber sagte keinen Ton und blieb auch still sitzen.
Irene sprach: „Den Abwasch erledigen wir aber, Marina, du hast dir schon genug Arbeit gemacht.“
„Ja, finde ich auch“, pflichtete ihr Gabi bei, „wir kennen uns ja in der Küche aus.“
Natürlich kannten sie sich in der Küche aus, schließlich feierten sie schon seit Jahrzehnten im Mai Joachims Geburtstag.
„Na, wenn ihr meint“, bemerkte Marina trocken und blieb seelenruhig sitzen.
Joachim sprang auf und sagte:
„Ich werde uns Männern mal einen Schnaps zur Verdauung holen und ein Bier, Marina, möchtest du einen Likör trinken?“
„Nee“, antwortete Marina, „ich trink auch ’nen Schnaps und ’nen Bier, aber den Likör kannst du schon mitbringen, nachher für Gabi und Irene, wenn sie abgewaschen haben.“
Joachim stutzte etwas, auch die anderen blickten ein wenig irritiert auf Marina, doch jeder enthielt sich eines Kommentars.
Die Männer hatten ihren Schnaps noch gar nicht ausgetrunken, da schob Marina ihr Glas zu Joachim hinüber und sagte:
„Gieß mir noch einen ein.“
Wortlos füllte ihr Joachim das Glas erneut und Marina stürzte den Weinbrand sofort hinunter.
Jürgen Schumann versuchte einen Scherz.
„Bist du Alkoholikerin, Marina?“
„Ja“, antwortete Marina.