Die Geige

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Haarkranz

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Die Geige.

Schrille Töne, könnte dran bleiben an dem Begriff. Was ich vom Damals behalten habe, ist nicht schrill. Musste niemand schrillen, um gehört zu werden. Die Welt war leise. Nicht ohne Geräusche. I wo! Nur näher dem Ich war das Gehörte. Gab viele Dinge nicht, oder gab sie schon, nur nicht in erdrückender Masse. War zu übersehen, was man sah. Übersichtlich. Sicher, ich hab vom Hören gesprochen, aber gilt auch für’s Sehen. Ebenso wie das Ohr von ständigem Gedudel belästigt wird, kann sich das Auge nicht retten vor greller anmachender Buntheit.
Nicht, dass ich grundsätzlich dagegen wäre. Durchaus nicht! Es gibt Stimmungen, da braucht es den anfeuernden Lärm, den Angriff über Netzhaut und Trommelfell ins Verborgene. Nur bitte nicht dauernd!
Da wo ich herkomme, war es leise, unbeschreiblich leise! Die Lautspur der Katze, ihre über die Dielen schnürenden Sammetpfoten, hörtest du. Lebendige Stille.
Die Nachmittage, heiß, windstill, endlos blauer Himmel von Deutschland über Polen bis nach Rußland gebreitet. In dem Blau ein Summen. Nichts Mechanisches. Ein stilles eigenes Summen, gemeinsam dem Dorf, dem Wald, der unermesslichen von gelber Kornfrucht gebeugten Weite.
Im Himmel Bussarde und Schwalben. Der Bussardschrei wie der Mitze miau.
Auf dem steilen roten Ziegeldach der Kirche ein Wagenrad, darauf das Jahr um Jahr höher geschichtete Storchennest. Standen da, hoch oben auf rotgelben Beinen, die Adebars, den Schlangenhals mit dem langen, roten Schnabel über den Rücken werfend, klapperten sie sich an.

Sonntagsvormittags Gesang aus dem Gemeindehaus, auf dem Harmonium begleitet vom Großvater, der auch der Dorflehrer war. Zu ihm gingen wir alle in eine einzige, große Klasse. Er brachte uns das Einmaleins, Lesen und Schreiben bei.
Meine Mutter erzählte später oft von der Heimat. Dabei wurde ihre Stimme dunkel vor Sehnsucht. Glaub mir, Zeit kam bei uns kaum vor, seufzte sie. Dabei wurde sie lebhaft, unterstützte ihre Behauptung mit energischen Gesten. Es gab Karfreitag, Ostern, das Pfingstfest und Weihnachten. Zwischen diesen Pflöcken war das Jahr aufgespannt. Die Sonne und der Mond waren die Uhr.
Außer dem Harmonium spielte der Großvater die Geige. Auf den Bauernhochzeiten war er gefragt, kam er heim, brach bei uns eine Schlaraffenzeit aus, konnten kaum bewältigen, was er an Schinken und Würsten mitbrachte.
Früh, noch bevor ich zu ihm in die Schule ging, zeigte er mir, wie man die Geige zwischen Kinn und Schulter hält, den Bogen über die Saiten streicht. Er war freundlich und ruhig. Alle Viertelstunde nahm er eine kleine Flasche aus der Westentasche, schüttelte eine Prise Schnupftabak in ein Höhlchen seiner Hand, das sich bildete, und spreitze den Daumen seitlich von den Fingern ab. Dann saugte er die Tabakkrümel mit einem schlürfenden Laut in ein Nasenloch hoch, verharrte einen Augenblick mit halb geschlossenen Augen erwartungsvoll plierend, um dann mit einem gewaltigen Nießer die Ladung in sein Schnupftuch zu rotzen, wischte sich sorgfältig die Reste der Explosion aus dem Gesicht, sah mich an und sagte: "Gut gespielt, Jungchen, aber jetzt noch einmal, ruhig und gleichmäßig über die C Saite streichen."
So wurde ich in die Anfänge des Geigenspiels eingeführt. Sanft aber beharrlich die C-Saite solange streichen, bis sie klingt. Streichen nicht kratzen. Nochmal, ja schon besser, also nochmal! Nein, das war nichts, garnichts, könnte die Mitze besser. Komm, Mitze, komm. Die sprang ihm auf den Schoß, er kraulte und schmuste sie, und ich bearbeitete unverdrossen die C Saite, bis er zufrieden war.
"Verlass dich auf mich, deinen Opa, Jungchen, hast Talent," tröstete er. "Ich triezte dich nicht, wenn da nichts wär. Es wird! Eines Tages streichst du das C aus dem eff-eff, dann machen wir D."
So war das. Das Geigenspiel üben mit dem Opa erinnere ich, als ob es gestern gewesen, wie auch das Ende des Idylls. Was sonst noch von damals in meinem Kopf ist, hat Mama in endlosen Stunden mehr sich selbst als mir erzählt. Weißt du noch? So begannen ihre Geschichten immer.
Das Ende kam schnell. Opa jagte den Friedrich, unseren Ganter, zurück auf den Hof. Der hatte wieder ein Loch im Gatter gefunden und war ausgebüchst. Mit ausgebreiteten Armen sehe ich den Opa vor dem gefürchteten Vogel stehen. Friedrich, die Schwingen halb ausgefahren, den Hals tief auf den Boden gedrückt, zischte ihn an. Ich hör den Opa schimpfen: "Willst wohl, du Lorbass! Zurück, zurü..." ein furchbarer Knall platzt mir ins Ohr! Der Opa! Er fällt! Wo sein Kopf gewesen, nichts, nur Blut. Er zuckt mit den Beinen, liegt still.
Die Mama schreit, packt mich am Arm, zieht mich in die Schlafstube, drückt mich in den Kleiderschrank. Ich weiß nicht, was mit mir ist. Ich sehe den Großvater und den Friedrich, viel Blut, und Opa‘s Beine, die so komisch marschieren. Ich trommle gegen die Schranktür. "Lass mich raus! Ich krieg keine Luft! Die Mottenkugeln! Ich will raus! Raus!" Ich trete wie wahnsinnig gegen die Tür, die springt auf. Mama liegt auf dem Bett und weint.
Jahn ist da. Er spricht zu Mama, die immer noch auf dem Bett liegt. "Weinen hilft nicht", sagt er. "Schnapp das Nötigste, nimm das Jungchen, in einer halben Stunde seit ihr am Bahnhof. Noch gehen Züge. Wenn alles gutgeht, halten die den Iwan noch einmal auf, das letzte Mal, danach Gnade uns Gott."
Jahn hatte recht. Aber unaufhaltbar kam der Iwan erst vier Monate später.

Wir hatten Glück. Am nächsten Morgen stiegen wir in Berlin aus dem Zug. Auf der Bahnhofsmission gab es Grützbrei und heißen Pfefferminztee zusammen mit der Auskunft: "In Berlin können Sie nicht bleiben mit dem Kind. Total überfüllt, Luftangriffe ohne Ende."
\"Wohin?" fragte die Mama fast ohne Stimme.
\"Nach Westen, gute Frau," riet ein Soldat, der wie wir Brei und Tee bekommen hatte."Soweit nach Westen wie ihr kommt, und noch ein Stück weiter, wenn‘s geht. Nur weit weg vom Iwan."
Ich sehe die Mama ihn ansehen, als sie fragt: "Stimmt das, was man hört?"
"Es ist erst der Anfang, glauben Sie mir," antwortete der Soldat."Ich bin seit 41 dabei, im Osten. Wir waren die Sieger und haben so gehandelt. Wenn es Auge um Auge geht, wo wir jetzt die Verlierer sind, wird es unvorstellbar. Sollte es auch Zahn um Zahn gehen, bricht das Inferno, die Apokalypse über uns herein."
"Wollen Sie sagen, wir als Sieger bekommen heimgezahlt, was wir angerichtet haben?" Die Mama sah ihn nicht an, fragte mehr vor sich hin.
"Angerichtet ist gut! Verbrochen haben, muss das heißen! Ausgemordet, niedergebrannt, gedemütigt, geschändet, den Gegner zum Untermenschen, schlimmer zum Vieh gemacht." Die blauen Augen des Soldaten wurden ganz klein, als er das mehr zischte als sagte.
"Mein Mann ist in Rußland gefallen," erwiderte die Mama leise.
"Wie Millionen andere. So, ich muss weg,"sagte der Soldat noch und verschwand.
Die Schwester von der Bahnhofsmission meinte kopfschüttelnd."Gut, dass der weg ist, was der da gesagt hat, kann ihn den Kopp kosten."

Zwei Tage und Nächte später stiegen wir in Duisburg aus dem Zug. Wir hatten eine Höllenfahrt hinter uns. Richtig vorwärts gekommen sind wir nur nachts, ohne anzuhalten raste der Zug durch brennende, noch unter dem Bombenhagel der Terrorflieger berstende Städte.

Tagsüber mussten wir alle naselang aus dem Waggon in die Felder, den Kopf in den Acker, volle Deckung. Tiefflieger heulten über uns hinweg, schossen wahllos auf alles, was sich regte.
Duisburg war ein rauchender Trümmerhaufen. Auf der Bahnhofsmission gab es eine dünne Suppe. Die Schwester sah die Mama empört an, als die ihr erzählte, wo wir herkamen.
"Aber da waren sie doch sicher," knurrte sie!"Ein Wahnsinn, hierher zukommen mit dem Jungen! Da sehen sie man zu, dass sie über den Rhein kommen, dann in einem der kleinen Dörfer am Niederrhein unterkriechen, irgendwo, wo der Tomy nicht bombt."
Auf der Pritsche eines klapprigen Lasters kamen wir bis Aldekerk. Auf dem Amt da das Gleiche. Der Beamte staunte. Aus dem sicheren Osten nach hier? Ein Zimmer können Sie kriegen, wie lange, weiß ich nicht. Steht viel leer, die Leute sind alle vor den Bomben geflüchtet."

Tag und Nacht war die Luft erfüllt vom wummernden Motorengedröhn nicht zählbarer Maschinen, die aus Westen kommend zu Zielen im Reich unterwegs waren. Wir blieben ungeschoren.

Es wurde Winter, uns unbekannt mild. Fast Frühling, der dann auch kam und mit ihm das Ende des Krieges. Es gab nichts zu essen. Von früh bis spät suchten wir auf den Feldern nach liegengebliebenen Körnern. Die Mama kannte sich aus. Wir gruben nach Wurzeln, ernteten Brennnesseln, schnitten Löwenzahn. Aus Blütenblättern und jungen Zweigspitzen kochte sie eine würzige Soße, die unsere tägliche Ernte leckerer machte. Ich fand das alles nicht schlimm, die Mama stöhnte.

Als es Lebensmittelkarten gab, brauchten wir nicht mehr so viel aufs Feld. Die gewonnene Zeit war Übezeit. Alles repetieren, was ich gelernt hatte, genau wie der Opa das hätte wollen. Geduldig immer und immer wieder streichen, bis ein Ton, ohne kratzen, deutlich und klar stand. Die Geige und das Lehrbuch hatten unsere Flucht heil überstanden. So war mein Tag gut gefüllt mit Frucht sammeln, streichen und Griffe trainieren.
Die Mama war unerbittlich. Ihr Regiment war strenger als Opa’s. Ihre Erklärung:"Du bist ein großer Junge, kein Jungchen mehr." Von ihrem Vater hatte sie das absolute Gehör geerbt,kein noch so leiser Misston entging ihr.
Wir zogen von Aldekerk nach Bergisch Gladbach."Hier verbauerst du mir," war ihre Begründung. Eine Wohnung hatte sie dort über den Kontakt zu einer Cousine gefunden.

Köln war nah, da sollte ich auf’s Konservatorium. Umziehen war einfach,mit unseren zwei Koffern. Die neue Wohnung hatte zwei Zimmer."Gut," befand Mama, "du bekommst das Zimmer, ich schlafe in der Küche". Zum ersten Mal erlebte ich eine Stadt. Ich fühlte mich fremd. Nichts kam dem Üben mehr entgegen. Jeden Tag bis zu sechs Stunden vertiefte ich mich in die Noten, versuchte, meinem Instrument Ausdruck und Seele zu entlocken.
Das Konservatorium gab es noch nicht wieder."Wir haben andere Sorgen", wurde Mama auf dem Magistrat in Köln erklärt. Magistrat nannte sie die Stadtverwaltung. So lange sie lebte, ist sie nicht im Westen angekommen. Ich lebte mich ein und besuchte die Schule mit mäßigem Erfolg.

Als ich vierzehn war, lag Mama eines morgens tot im Bett.
Das Jugendamt kümmerte sich um mich, wurde mein Vormund. Herrn Schmitz, der mich betreute, spielte ich vor."Hört sich gut an," befand er."Ich finde eine Lehrstelle für dich."
Vier Wochen später war ich Lehrling mit Kost und Logie bei Herrn Wittig, Reparatur sämtlicher Musikinstrumente. Herrn Wittig spielte ich auch vor."Du kannst was, Junge," sein Urteil. Das hieß, ich konnte weiter üben. Während er die wenigen Instrumente, die Kunden ihm brachten, instandsetzte, ließ ich bei weit geöffneten Fenstern meine Geige singen. Immer sammelten sich Gruppen von Zuhörern vor unserer Werkstatt, der Name Wittig und Musik verschmolzen.

Die Zeiten besserten sich. Herr Wittig mietete einen Laden im Zentrum, begann mit gebrauchten Instrumenten aller Art zu handeln. Wenn sie interessiert waren, spielte ich möglichen Käufern auf dem Klavier, der Flöte, dem Saxophon vor.
Nachtragen muss ich, Herr Wittig legte mir nahe, auch andere Instrumente als die Geige spielen zu lernen. Es ging mir leicht von der Hand. Keines jedoch spielte ich so gern wie meine Geige. Für die Vorführung beim Verkauf reichten meine Saxophon-, Flöten- und Klavierspielkünste allemal.

Viel Zeit verging, bis ich Ernst Marten traf. (Mein verschlissenes Leben war weder unnütz noch unglücklich gdewesen.)
Wie jeden Morgen, wenn das Wetter schön war, saß ich in einer versteckten Ecke im Park auf meiner Bank. Aus dem CD-Player neben mir erklang Schuberts: Der Tod und das Mädchen, die Luft war frisch, das Himmelsblau endlos, ich fühlte mich geborgen.
Ein Herr ging vorbei. Ich erkannte ihn, lächelte ihm zu. Er blieb stehen, grüßte und fragte, ob er sich zu mir setzen dürfe?
"Gerne, warum nicht," lud ich ihn ein.
"Ich lausche Ihrer Musik schon längere Zeit. Wenn ich ehrlich sein soll, komme ich deswegen in den Park," gestand er.
Ich nickte,"Ich habe es seit einer Woche bemerkt. Kann sein, ich habe Sie auch schon vorigen Monat, bevor der große Regen kam, wahrgenommen."
"Stimmt," bekräftigte er."Vorigen Monat hat mich der Ton dieser Violine zum ersten Mal bezaubert. Wer ist der Interpret?"
"Können Sie nicht kennen, nur Insidern in des Wortes wahrster Bedeutung bekannt,"lachte ich.
"Sie lachen," sagte er fast traurig,"ich müßte ihn kennen, bin ein ausgewiesener Kenner auf diesem Gebiet, ein versierter Geiger."
"Glaube ich Ihnen, doch diesem Geiger begegnen Sie jetzt eben, ich habe die Stücke eingespielt."
"Sie? Heißt das, alles, was ich im Vorbeispazieren hörte, interpretierten Sie?"
Ich stellte ihm meinen Aktenkoffer hin."Sehen Sie selbst, alles von mir eingespielt, zuhause habe ich noch mehr."
Vorsichtig nahm er eine CD nach der anderen, las und stutzte.
"Hier lese ich St. Martin in the Fields, Berliner Philharmoniker, Boston Symphonie Orchestra, Mariner, Zubin Meta, Bernstein? Wer sind Sie? Ich müßte Sie kennen, sollten Sie mit diesen Orchestern und Dirigenten musiziert haben?"
"Der Name der Virtuosen, sehen Sie hin, ist unkenntlich gemacht?" beantwortete ich seine Fragen.
"Ja gewiss, doch ich kann mir denken, wer die Herren waren."
"Oder die Damen, in einigen Fällen waren es Damen."
"Einverstanden, oder die Damen, aber klären Sie mich doch bitte auf."
"Nichts leichter als das, lieber Herr," freute ich mich."Der Violinpart des ursprünglichen Interpreten ist gelöscht,den habe ich im Playbackverfahren eingespielt."
"Fantastisch! Nur, nehmen Sie es mir nicht übel, das muss ich sehen und hören, bevor ich es glaube. Darf ich einen Vorschlag machen?"
"Nurzu,"ermunterte ich.
"Kommen Sie mit zu mir. Ich biete Ihnen ein erlesenes Instrument, eine Amati. Kommen Sie, lassen Sie uns Schubert’s Streichquartett Nr. 14 spielen. Der Tod und das Mädchen. Ich telefoniere sofort zwei Mitspieler herbei, sodaß wir ein Quartett sind. Das wird eine Sensation, glauben Sie mir, eine Sensation."
Er nahm sein Handy, erklärte einem lieben Epstein sein Vorhaben und schien sofort Zustimmung zu finden.

Als wir vor seinem Haus ankamen, erwarteten uns ein älterer Herr und eine junge Dame.
"Vater und Tochter Epstein," stellte mein Begleiter vor,"wobei ich mich Ihnen auch gleich bekannt machen darf, ich bin Ernst Marten."
"Otto Knechties freut sich, Sie alle kennenzulernen," verbeugte ich mich. Ernst Marten, schoß es mir durch den Kopf, eine der Kritikerkoryphäen des Landes. Gleichzeitig bemerkte ich den etwas erstaunten Blick, mit dem die junge Dame meinen Aufzug musterte. Ich lächelte sie an, klärte sie auf:"Kleidung vom Sozialen Hilfswerk, schon von verschiedenen Personen vor mir getragen, aber sauber." Sie errötete und entschuldigte sich. Ich half ihr, indem ich Verständnis für ihr Erstaunen, meine Person betreffend, zeigte.
Herr Marten schloss auf und führte uns in sein Musikzimmer, einen saalartigen Raum, dessen eine Wand eine große, auf einen Garten hinausführende Kombination von Fenstern und Schiebetür war."Ich möchte sofort zur Sache kommen, besser, ich kann es kaum erwarten zur Sache zu kommen," begann Marten."Herr Knechties," wandte er sich mir zu und führte mich an eine Vitrine,"sehen Sie."
"Eine Amati," nahm ich ihm das Wort ab."Eine Nicola Amati, die darf ich spielen?"
"Die dürfen sie spielen, wenn, verzeihen Sie mir bitte meine Vorsicht, wenn Sie mir eine Passage aus Schubert Nr.14 d-moll, auf meiner Violine vorgespielt haben."
"Herr Marten, ich würde diese Vorsicht genauso walten lassen, wäre ich an Ihrer Stelle," beruhigte ich ihn."Ich möchte vorschlagen, lassen Sie mich fürs Erste meinen Part im Quartett auf einem normalen Instrument spielen. Ich muß gestehen, ich fürchte mich fast vor dem Anspruch eines solchen Kleinods wie der Amati."
"Ein vernünftiger Vorschlag, Herr Knechties." Herr Epstein legte eine Hand auf Martens Arm,"laß es so sein, Ernst."
"Einverstanden," Marten reichte mir eine Violine, wir stellten uns auf, er schlug den Takt und wir waren im ersten Satz. Ich merkte sofort, ich spielte mit Profis. Wir verstanden uns auf Anhieb. Ich fand meinen Ton, der Martens Aufmerksamkeit im Park gefangen hatte, unmittelbar.
Nach dem Ende des Satzes nahm Epstein meine Hand."Mein Gott, Herr Knechties, wer sind Sie? Wie kann jemand mit solcher Kunst nicht berühmt sein, weltberühmt?"
"Ich erzähle es Ihnen gern, aber dürfte ich bitten, zuerst die noch ausstehenden Sätze zu spielen?" wandte ich ein.
"Nichts was wir lieber täten, aber bitte mit der Amati!" Marten öffnete die Vitrine und wollte die Geige herausnehmen. Da wurde mir schwach.
"Meine Herrschaften," konnte ich noch flüstern,"das überwältigt mich alles ein wenig, darf ich mich einen Moment setzen." Sarah, so hieß Epsteins Tochter, nahm meinen Arm und führte mich zu einem Sessel. Keinen Moment zu früh. Während ich in den Sessel sank, fühlte ich, wie mir die Sinne schwanden.

Als ich die Augen öffnete, war die Szenerie verändert. Ich lag auf einem Bett, eine Dame, offensichtlich Ärztin, zog eine Spritze aus meinem Arm.
"Da sind Sie ja wieder," freute sie sich."Machen Sie sich keine Sorgen, war ein kleiner Schwächeanfall, ausgelöst durch zuviel Emotion. Was ich aber anmerken muss", fuhr sie fort,"Sie scheinen sich falsch zu ernähren?"
"Suppenküche für Obdachlose, mehr ist nicht drin," erklärte ich.
"Ist das Herrn Marten bekannt?\" wollte sie wissen.
"Nein, natürlich nicht, kenne Herrn Marten erst seit einer Stunde."
"Seit einer Stunde?"
"So ist es."
"Bleiben Sie bitte noch ein kleines Weilchen liegen, bin gleich wieder bei Ihnen," sagte sie und verließ das Zimmer. Sie kam mit Marten zurück, der sich auf das Bett setzte, meine Hand nahm und dekretierte:"Lieber Otto Knechties! Mit Obdachlosigkeit und Suppenküche ist ab sofort Schluss! Lassen Sie mich das in die Hand nehmen. "Lena," wandte er sich an die Ärztin,"kann er aufstehen?"
"Sicher Papa, wie gesagt, Emotion hat ihn von den Füßen gerissen. Dass er sich vernünftig ernähren sollte, ist eine andere Sache."
"Heißt das, wir können weiter spielen?" fragte ich.
"Von mir aus," Lena musterte mich sachlich,"aus ärztlicher Sicht steht dem nichts entgegen."
"Dann bitte, Herr Marten, diesmal kann ich es kaum erwarten. Eine Amati, eine Amati in meinen Händen!"
Lena sah ihren Vater an. Vor Verblüffung den Mund ein wenig öffnend, schüttelte sie den Kopf."Du läßt ihn auf deiner Amati spielen, Papa? Solange ich denken kann, hat das noch keiner gedurft!"
"Da hast du recht, Kind, keiner war gut genug," antwortete Marten.
Wir gingen zurück in den Musiksalon. Aus Herrn Epstein`s und seiner Tochter Blicken las ich mit Hochachtung gepaarte Bestürzung. Marten trat an den Schrank, in dem er die Amati aufbewahrte, entnahm das kostbare Instrument mit andächtiger Behutsamkeit und legte es mir in die Hände. "Spielen Sie, Herr Knechties," sagte er fast flüsternd. "Geben Sie ihr die Chance, zu zeigen, was sie kann."
Ich ergriff das einzigartige Instrument, nahm den Bogen. Doch vor dem ersten Strich dachte ich an Mama und den Großvater. Vielleicht sahen sie mich, wer weiß?
Dann versanken wir in den Wogen der unvergleichlichen Töne Franz Schuberts. Die Amati sang und jubelte, ich ließ mich emporheben von dieser Musik, wurde weit weggetragen. Plötzlich bemerkte ich, meine Mitspieler standen um mich herum, die Geigen hingen in ihren Händen. Ich war der einzige der spielte, meinen Part spielte, und sie hörten mir zu.
Als ich geendet hatte, klatschten sie. Diesmal war es Sarah, die zuerst sprach. "Otto Knechties," sagte sie, und ihre Stimme zitterte leicht,"wo haben Sie solange gesteckt? Welcher Zauberberg hielt Sie verborgen. Wer waren die Glücklichen, die Ihrem Spiel lauschen durften?"
"Ich will es Ihnen gern erzählen, wenn Sie bereit sind, mir eine Weile zuzuhören. Es ist keine lustige Geschichte, eher traurig, aber nicht so traurig, dass ich mich unglücklich nennen würde."
"Setzen wir uns," übernahm Marten die Regie, "und erlauben Sie, dass ich eine gute Flasche öffne, dann wollen wir Ihnen in aller Ruhe zuhören."
"Ist es unbescheiden, Herr Marten, wenn ich Sie bäte, mich vorher ein wenig zu füttern?" unterbrach ich."Mein Tag existiert auf zwei trockenen Brötchen." Lena sprang auf. "Wie unbedacht von mir, ich bin sofort wieder da, bitte warten Sie mit ihrer Geschichte."
Schnell war ich mit köstlich belegten Broten versorgt und begann, wenn auch mit halbvollem Mund meinen Bericht:

"Meine Mutter, sie verstarb, als ich eben vierzehn Jahre alt geworden war, ist mit mir 1944 aus Stallupönen/ Ostpreußen in den Westen geflüchtet. Groß geworden bin ich in Bergisch Gladbach. Seit meinem vierten oder fünften Lebensjahr habe ich Geige gespielt. Nach meiner Mutter Tod brachte mich das Jugendamt bei einem Musikalienhändler unter, nachdem ein Betreuer sich mein Geigenspiel angehört hatte.
Bei diesem Händler blieb ich, absolvierte eine Lehre, bis es zu der Konstellation kam, die mein Leben veränderte. Insgesamt war ich länger als zehn Jahre bei Herrn Wittig. Es war so, dass mir völlig freie Hand gegeben war, meine musikalischen Fähigkeiten auszubilden.
Der Verkauf von Pianos, Geigen, Saxophonen usw, war Wittigs Geschäft und wurde von mir betreut. Die musikalisch Interessierten vertrauten meiner Beratung, vor allem auch, wenn es um die für ihre Kinder geeigneten Instrumente ging. Ich erklärte ihnen, dass nicht Elternwunsch maßgeblich sei beim Kauf von Klavier oder Geige, sondern die Veranlagung des Kindes. Oft riet ich auch ab, einem Kind, das unbegabt war, das Musizieren beizubringen.
Herr Wittig tolerierte das, auch wenn hierdurch manches Geschäft nicht zustande kam. Letztlich zahlte sich das durch Vertrauen aus, das die Kundschaft in uns zu setzten begann.
Herr Wittig hatte eine hübsche, einzige Tochter, einige Jahre jünger als ich. Es war sein heimlicher Wunsch, dass Rosie und ich ein Paar würden. Doch weder Rosie noch ich hatten in dieser Richtung Ambitionen.
Ich verdiente sehr gut, von allen Verkäufen erhielt ich eine Provision. Meine Einkünfte lagen weit über denen eines normalen Verkäufers. Da ich außer der ständigen Vervollkommnung meines Geigenspiels und dem Besuch jeden Konzerts im Umkreis von 100 km keine Hobbys oder Konsumwünsche hatte, war ich ein äußerst solventer junger Mann.
1964 im Frühjahr, ich war zweiundzwanzig Jahre alt,las ich von einem Violinwettbewerb des Kölner Konservatoriums, an dem sich auch Externe beteiligen konnten. Ich meldete mich nicht ohne Zagen an.
Der große Tag kam. Vor mir spielte eine wunderschöne junge Dame, die später auch eine beachtete Karriere machte. Die Prüfer waren begeistert.
Dann spielte ich vor. Der erste Satz aus Paganinis Konzert D-dur Op. 6. Ein technisch äußerst anspruchsvolles Stück sollte mich in rechte Licht setzen. Nachdem ich geendet, kein Beifall. Einer der Prüfer fragte nach meinem Lehrer. Ich klärte ihn auf."Ja mein Lieber, daher also," war sein Kommentar.
"Sie beherrschen die Technik", fuhr er fort,"doch Ihrem Strich fehlt das Leben, die Brillianz." Ich antwortete, das könne ich bei richtiger Anleitung hier auf dem Konversatorium sicher noch lernen?
Leider, wurde ich beschieden, gehe das nicht. Es ständen nicht genügend Studienplätze zur Verfügung. Die wenigen, die man habe, seien für wirkliche, junge Begabungen reserviert. Außerdem sei ich zu alt, meinen Stil grundlegend zu ändern.
Meine Entäuschung war groß, aber entmutigt war ich nicht. Es gab damals die ersten Tonbänder, und so kaufte ich einen Apparat, der jetzt mein kritischer Zuhörer wurde. Ich fand schnell heraus, was die Herren Prüfer gemeint hatten. Damals begann ich, Oistrach und Menuhin immer und immer wieder nachzuspielen. Ich bespielte ein ganzes Band in deren Manier.
Herr Wittig, der über seinen Reparaturdienst mit dem Konservatorium verbunden war, bat einen der Prüfer, sich das Band anzuhören. Er gab vor, es von einem Kunden geschenkt bekommen zu haben, wisse jedoch nicht, wer die Interpreten seien. Der Prüfer rief einige Kollegen hinzu, und man war einhellig der Meinung, es könne sich nur um Einspielungen Oistrachs und Menuhins handeln.
Meinem verletzten Stolz war Genüge getan. Mich als Urheber zu enttarnen war ich leider nicht klug genug. Jugendlicher Trotz, würde ich heute sagen.
Hinzu kam, die Ereignisse in der Familie Wittig hielten mich zu sehr in Atem, als dass ich der gesühnten Konservatoriums Schmach länger gedacht hätte. Rosie verheiratete sich wegen dringender Umstände von heute auf morgen. Ihr Mann, ein abgebrochener Student der Betriebswirtschaft, wurde in seines Schwiegervaters Geschäft angestellt. Herr Wittig versicherte mir, dass mein Bereich unangetastet bleiben würde.
Gerald war in meinem Alter. Zu Anfang fügte er sich reibungslos in den Ablauf unserer täglichen Routinen. Er ließ sich erklären, hörte zu, hielt sich ganz im Hintergrund.
Eines Tages, er war Zeuge geworden, wie ich einer ehrgeizigen Mama vom Kauf eines Pianos für ihren Sprößling abriet, fragte er, ob ich auch den Umsatzausfall in Rechnung stelle, der meine Vorgehensweise verursache?
Ich erklärte ihm die auf Dauer gerichtete Strategie, konnte meine Darlegungen mit Verkäufen bis nach Düsseldorf, Aachen, Frankfurt, ja München untermauern. Kunden, die auf Grund von Empfehlungen kamen, auf unsere Redlichkeit bauend. Gerald hörte sich das an, überzeugt war er nicht.
Nach einigen Monaten kam es ganz aus heiterem Himmel zu einem Auftritt mit Herrn Wittig.
Ich war dabei, einem kleinen Mädchen die Bogenhaltung, die sie beherrschen musste, um ihre Geige zu spielen, wieder und wieder zu korregieren. Gerald saß an seinem Schreibtisch im Hintergrund des Verkaufsraums. Ein Kunde betrat den Laden. Als Gerald sich nicht rührte, rief ich zu ihm rüber:
"Gerald, Kundschaft!" und widmete mich wieder meiner kleinen Virtuosin.
Später rief Herr Wittig mich zu sich in die Werkstatt. Gerald saß auf der Werkbank und ließ die Beine ins Leere baumeln.
"Otto," begann Herr Wittig."Otto, wir haben uns in unserer langjährigen Zweisamkeit Dinge angewöhnt, die der Korrektur bedürfen. Wir sind nicht mehr zu zweit."
"Das stimmt," entgegnete ich, "was stört Sie?"
Anstelle meines Chefs antwortete Gerald.
"Zuerst einmal bist du für den Verkauf zuständig," fauchte er mich an."Du, der das meiste Geld hier wegschleppt."
Im weiteren Verlauf der Unterredung, die mehr und mehr zu feindlicher Kontroverse wurde, ging es um meine umsatzschädliche, untragbare Verkaufstaktik und um meine Provisionen, die in keinem Verhältnis zu meinen Leistungen stünden.
Ich wehrte mich, appelierte an Herrn Wittig, fand aber keine Unterstützung.
Am nächsten Tag wurde mir ein Vertrag vorgelegt, der meine Tätigkeit auf die eines Handlungsgehilfen mit entsprechendem Gehalt reduzierte. Ich weigerte, mich den Vertrag anzunehmen. Unterschreiben oder Kündigung, war die Alternative.
"Kündigen Sie mir, und mein Zeugnis, bitte," meine Antwort.

Am nächsten Morgen wurde mir Zeugnis und Kündigung ausgehändigt, und das Betreten des Ladens verboten. Es gab eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, die für Herrn Wittig sehr teuer wurde. Nur was half mir das, ich war totunglücklich. Der Laden und meine Tätigkeit dort war mein Leben gewesen, Herr Wittig Vaterersatz.
Ich stellte mir vor, wie Rosie und Gerald dem armen Wittig zugesetzt haben mussten, um ihn zu solch perfidem Verhalten gegen mich zu bewegen. Sicher tat das Baby, das Rosie zur Welt gebracht hatte, ein übriges, den alten Mann zu verblenden. Wer weiß, was die noch ausheckten?
Das wurde mir zur fixen Idee. Wittig retten und Gerald vernichten! Ich hatte auch ein Konzept. Ich setzte mich mit dem ursprünglichen Zeugnis von Wittig - das Arbeitsgericht hatte verfügt, dass mir ein meiner Tätigkeit gerecht werdendes, geschrieben wurde - jeden Tag, an dem die Sonne schien, vor den Laden.
Kunden kamen, sahen mich, fragten, ich berichtete. Zeigte mein ürsprüngliches, miserabeles Zeugnis, erntete Verständnis für mich, Unverständnis für Wittig.
Was besonders ins Gewicht fiel, im Laden fand keine Beratung mehr statt. Sachkundige Gespräche wurden nicht mehr geführt. Kein Partiturverkauf, Partituren waren Wittig und Gerald, Bücher mit sieben Siegeln. Kunden verließen kopfschüttelnd den Laden, beklagten sich bitter bei mir. Was bei Wittig geschehen, verbreitete sich in Windeseile durch die Kundschaft. Kamen früher zehn, fünfzehn Kunden pro Tag, so waren es bald nur noch zwei, drei.
Gerald stand finster brütend am Fenster und fixierte mich stundenlang. Ich für meinen Teil war zufrieden, wartete eigentlich nur darauf, das Herr Wittig käme und sich mit mir versöhnte. Leider kam es anders.
Eines morgens schellte es an meiner Wohnungstür. Ich öffnete, ein Herr stand vor der Tür, stellte sich vor: Kommissar Leicht, Kriminalpolizei. Ich hatte keine Ahnung, was das sollte.
Ich bat den Beamten einzutreten. "Haben Sie uns nicht erwartet?" fragte der.
"Wie sollte ich?" meine Antwort.
"Gerald Bäumer ist tot. Ermordet, erschlagen!" Ich setzte mich. Mir blieb die Spucke weg.
"Ja, Herr Knechties," sagte der Polizist, "Sie gehören zum Kreis der Verdächtigen. Ein Motiv hätten Sie, vielleicht aber auch ein Alibi? Wo waren Sie gestern abend zwischen zehn und zwölf?"
"Hier, in der Wohnung, wo sonst. Ich bin abends immer zuhause und übe."
"Freundin, Bekannte, irgendwer, der das bestätigen kann?" kam die nächste Frage.
"Nein, ich lebe allein, mein einziges Hobby ist das Violinspiel und Konzertbesuche."
"Herr Knechties! Sie haben den Laden vergessen, Herrn Wittigs Laden, aus dem Bäumer sie verdrängt hat, war der nicht auch Ihr Hobby?"
"Das war er, Herr Kommissar, will ich nicht leugnen."
"Sehen Sie, das meinte ich mit Motiv."
"Mein Mütchen an ihm zu kühlen, Herr Kommissar," entgegnete ich, "dazu musste ich ihn nicht umbringen, das habe ich eleganter bewerkstelligt."
"Haben wir schon herausgefunden, wie Sie das gemacht haben, Wittigs Umsatz tendiert gegen Null. Vielleicht genügte Ihnen das nicht? Vielleicht wollten Sie mehr. Hass ist ein böser Berater, Herr Knechties," Kommissar Leicht sah mich bei dieser Unterstellung durchdringend an.
"Darf ich fragen, Herr Kommissar, wie und wo Bäumer umgebracht worden ist?"
"Sicher, an seinem Schreibtisch, mit einem Hammer aus Wittigs Werkstatt erschlagen. Keine Fingerabdrücke an der Tatwaffe. Haben Sie einen Schlüssel zum Laden?"
"Nein, nicht mehr, habe ich abgegeben, als ich entlassen wurde."
"Keinen zweiten Schlüssel anfertigen lassen?"
"Warum sollte ich?"
"Ich frage nur, die Kripo fragt und erwartet Antwort. Sie sind also sicher, keinen Schlüssel mehr zum Laden zu haben?"
"Ganz sicher, ich habe meinen Schlüssel zurückgegeben, Herr Wittig wird das bestätigen."
"Eine Quittung über die Rückgabe haben Sie nicht vorzuweisen?"
"Nein, ich habe den Schlüssel vor Herrn Wittig auf den Schreibtisch gelegt, als ich meine Papiere abholte. Hier der Ladenschlüssel, hab ich gesagt und vor ihn hingelegt."
"Gut, nun noch mal zum Alibi. Sie sind sicher, niemand kann für die fragliche Zeit zwischen zweiundzwanzig und vierundzwanzig Uhr bestätigen, Sie hier in der Wohnung oder sonstwo gesehen zu haben?"
"Da bin ich sicher, ja."
"Gehört? Kann Sie jemand gehört haben?"
"Gehört, ja. Die Nachbarin, Frau Schlunk, könnte mich spielen gehört haben."
"Hat Frau Schlunk Ahnung von Musik?"
"Bestimmt, überdurchschnittlich viel Ahnung. Frau Schlunk ist ein Glücksfall für mich, sie hört gern zu, auch durch die Wand."
"Da sind wir ein Stück weiter. Wenn Frau Schlunk Sie gehört hat, vielleicht auch aussagen kann, was Sie gehört hat, wäre das nicht schlecht für Sie."
"Herr Knechties," fuhr Leicht fort,"ich muß Sie bitten, mitzukommen. Sie sind nicht verhaftet, wir müssen nur ohne Beeinflussung durch Sie Frau Schlunk vernehmen und bei Ihnen eine Haussuchung vornehmen, um sicherzustellen, dass kein weiterer Schlüssel zum Laden in Ihrem Besitz ist."
"Glauben Sie, Herr Komissar, ich hätte den Schlüssel nicht längst weggeworfen, wenn ich die Tat begangen hätte?"fragte ich.
"Man weiß nie, Herr Knechties. Täterverhalten ist oft sehr merkwürdig."
Ich ging mit aufs Revier, wurde freundlichst behandelt. Man gab mir eine Zeitung und sperrte mich in eine Arrestzelle. Nach einigen Stunden, so gegen Nachmittag, holte man mich raus. Der freundliche Kommissar fragte, was ich zur fraglichen Zeit auf meiner Violine gespielt habe.
"Das Violinkonzert von Mendelsohn Bartoldy, den Part der ersten Geige," antwortete ich.
"Stimmt, Herr Knechties, bestätigt auch Ihre Nachbarin Frau Schlunk. Was die Sache entwertet, auf dem Plattenteller Ihres Abspielgeräts liegt eben diese Platte. Frau Schlunk sagt aus, dass sie natürlich wisse, der Plattenspieler laufe mit, dass Sie jedoch die erste Geige synchron spielten. Das entwertet leider Ihre Aussage total, Ihr Alibi ist futsch. Was erschwerend hinzukommt, Knechties, wir haben einen Ladenschlüssel in Ihrer Wohnung gefunden, in Ihrem Schlüsselkasten, zusammen mit anderen Schlüsseln. Wir haben schon probiert, der Schlüssel passt.
Was ich Ihnen noch nicht verraten habe: Es gibt keinerlei Anzeichen für unbefugtes Eindringen in Wittigs Laden. Bäumer wurde an seinem Schreibtisch von einem Täter erschlagen, der sich ohne Gewaltanwendung Zugang verschaffen konnte. Jemand mit Schlüssel.
Herr Knechties, ich verhafte Sie wegen des dringenden Verdachtes, der Mörder des Gerald Bäumer zu sein."

Ich nahm mir einen Anwalt. Während der Verhandlung nahm er Wittig und Rosie ins Kreuzverhör, denn beide hätten ebenso gut wie ich Bäumer erschlagen können.
Was sie mir voraus hatten war ihr Alibi. Sie waren zusammen in der Wohnung. Bäumer sei nur eben in den Laden gegangen, um eine Unterlage zu suchen, und nicht wiedergekommen. Einige Telefonanrufe, die sie entgegengenommen hatten, bestätigten ihre Anwesenheit, was an sich aber belanglos für ihr Alibi war. Entscheidend aber war, das Gericht unterstellte, sie hätten kein Motiv.
Ich hatte ein Motiv, den Schlüssel und kein Alibi. Mein Verhalten vor dem Mord untermauerte die Vermutung eines nicht zu bändigenden Hasses auf Bäumer. Zusammen mit dem verheimlichten Schlüssel addierte sich Hass und Heimtücke zu lebenslangem Gefängnis.
Meine Einlassung, ich hätte den Schlüssel vor Jahren verlegt, dieses Herrn Wittig berichtet und einen neuen Schlüssel erhalten, wurde von Wittig nicht bestätigt.
Ich kam in die Haftanstalt Werl. Die ersten Jahre ließen mich ständig hart am Selbstmord vorbeischlittern. Was mich am Leben erhielt war meine Unschuld und die Musik. Die vielen Partituren, in die ich mich in den letzten zehn Jahren vertieft hatte, standen auf, erhoben sich in mir, wurden instrumentlose, lebendige Musik in meinem Inneren, ließen die Zeit zur Belanglosigkeit schrumpfen.
Gewöhnung trat ein. Beziehungsmörder sind in den Anstalten beliebt, weil ungefährlich. Kaum je wieder würde sich eine Konstellation in ihrem Leben ergeben, wie die, die sie zu Tätern werden ließ.
Ich arbeitete in der Schreinerei und baute mir in der Freizeit eine Geige. War äußerst schwierig, dies mit dem Prinzip Versuch und Irrtum hinzukriegen. Als die Geige endlich fertig war und ich sie mit erstem Spiel einweihen wollte, ließ der Direktor mich rufen."Ich will miterleben, wie meine Anstalt Geigenbauanstalt wird," scherzte er.
Ich wählte, wie konnte es anders sein, das Mendelsohnsche Violinkonzert, spielte den Part der ersten Geige. Als ich fertig war, stand ich vor einem sprachlosen Direktor.

"Knechties, sie sind ein Genie," stotterte er. "Ein solcher Künstler in meinem Hause! Niemand hat es geahnt! Wie lange sind Sie schon bei uns? Was, acht Jahre erst? Herrlich! Da haben wir ja noch ganz viel von Ihnen! Mensch, Knechties, das organisiere ich, nein, meine Frau natürlich!
Hier in Werl, wo wirklich Kultursteppe ist, sowas! Sie können oft raus, man wird sich um Sie reißen. In Hamm gibt es einen Konzertverein, die tun sich schwer, erstrangige Künstler zu engagieren. Wer will schon in Hamm konzertieren?
Die müssen Ihnen, ganz klar, Honorar zahlen. Auszahlen kann ich Ihnen nur eine kleine Summe pro Monat, aber den Rest legen wir gut an. Wenn ihre Haft zu Ende ist, kommt Ihnen das sicher gelegen."

So vergingen vier weitere Jahre meiner Gefangenschaft, die ich dank des Engagements des Direktors für meine Kunst kaum als beschränkend empfand. Ich trat in Soest, in Hamm, in Münster und Dortmund auf, immer incognito, was Spekulationen über meine Identität ins Kraut schießen ließ. Keine Feier des Gefängnispersonals, Hochzeiten, Konfirmationen, Lossprechungen und alle erdenklichen Ehrungen, die Bürger einander antun, die ich nicht mit meiner Musik untermalt hätte.
Dann, es traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel, starb mein Gönner.
Sein Nachfolger, ein stockkonservativer enger Zuchtmeister im schlimmsten Sinne, strich meine sämtlichen Privilegien. Sogar das Spielen in meiner Zelle wurde mir genommen, es störe die Ruhe, befand er.
Es half auch nicht, dass von außen, bis zum Ministerium alles unternommen wurde, mich für das kulturelle Leben der Stadt zu reklamieren. Die nächsten drei Jahre war ich wieder ein normaler Strafgefangener. Doch dann kam die Wende!
Herr Wittig verstarb, seinem Testament war ein Geständnis beigelegt. Wittig beschrieb minutiös, wie er die Tat begangen hatte.
Hätte die Polizei nicht von Anfang an mit zweierlei Maß gemessen, Wittig und seine Tochter ordentlich vernommen, wäre es nicht so ohne weiteres zu meiner Verurteilung gekommen.
Wittig hatte seinen Schwiegersohn ins Büro geschickt, um eine Akte zu holen. Das Schriftstück hatte er so versteckt, dass es nicht schnell zu finden war. Er selbst ging angeblich zur Toilette, in Wirklichkeit schlich er sich hinter seinen die Akte suchenden Schwiegersohn und erschlug ihn.
Er hatte nicht beabsichtigt, mir die Tat in die Schuhe zu schieben, schrieb er, vielmehr wollte er sich, nachdem Bäumer beseitigt war, mit mir aussöhnen.
Wie er sich das vorgestellt hat, blieb sein Geheimnis.
Einen Monat später war ich frei. Haftentschädigung konnte ich keine beanspruchen, das Gericht hatte mich in gutem Glauben verurteilt."

Nachdem ich geendet hatte, war erst einmal Stille. Marten fing sich als Erster, räusperte sich und fragte:
"Als Sie sich am Konservatorium bewarben, man Sie abwies, konterten Sie doch nach kurzer Zeit mit den neu eingespielten Tonbändern alà Menuhin und Oistrach, und die Gutachter erkannten nicht, dass weder Menuhin noch Oistrach die Urheber waren?"
"Nein, jedenfalls hat mir Herr Wittig so berichtet."
"Hat Wittig Ihnen gesagt, wer die Gutachter waren?"
"Ja, Herr Marten, Sie waren der Gutachter, der mich zurückwies, und auch einer der Herren, die mein Spiel für das der beiden Virtuosen hielt."
Marten senkte den Kopf. "Kein Ruhmesblatt für mich," gestand er,"leider, aber nicht zu ändern. Fragen möchte ich aber doch, warum sind Sie nach der gelungenen Täuschung nicht vor uns getreten und haben Ihr Recht gefordert."
"Ja, mein Recht, Herr Marten, erst einmal wusste ich nichts von meinem Recht. Weiter war ich außerordentlich unsicher, fürchtete Prüfungen, denen mein autodidaktisches Können, wie ich glaubte, nicht gewachsen sein würde. Nicht zu vergessen die Komplikationen mit Wittig.
Nach dem Rausschmiss und meinem gelungenem Rachefeldzug hätte ich sicher noch einmal vorgesprochen, davon gehe ich aus, nur dazu konnte es nicht kommen, wie Sie wissen."
"Herr Knechties," Epstein sah mich traurig aus seinen großen braunen Augen an,"wie lange sind Sie wieder frei?"
"Ein Jahr, warum?"
"Haben Sie nie daran gedacht ,sich zu wehren, Ihr Lebensrecht zu fordern? Sie haben diese vielen Jahre unschuldig abgesessen, wollen Sie nicht aufstehen und zu Leben beginnen?"
"Es ist nicht so, dass ich nicht gelebt hätte, Herr Epstein," wehrte ich mich."Wie soll ich das erklären? Ich habe nie so gelebt, wie junge Leute das tun. Meine einzige Leidenschaft war die Musik. Das Gefängnis war, nachdem ich mich beschieden, meine Unschuld in Lebenskraft verwandelt hatte, wie ein Kloster für mich. Nie vorher und nacher war es mir vergönnt, so intensiv eins zu werden mit den Werken Mozart's, Schubert’s, Beethoven’s und Bruckner’s. Die Partituren ihrer grossen Werke, jede einzelne Note kennt mein Gedächtnis, habe ich genossen und bearbeitet, bearbeitet und genossen. Mein Lebensrecht einfordern will ich nicht als interpretierender Künstler, ich will formen, schöpfen, schaffen. Mit einem Wort dirigieren!"
"Das werden Sie!" Marten stürzte auf mich zu, zog mich an sich und wiederholte:"Das werden Sie, so wahr ich Ernst Marten heiße."
Da stand ich, umarmt von dem Menschen, der, wäre er ein wenig sensibler gewesen, meinem Leben äußeren Erfolg hätte bescheren können.

Ob ich geworden wäre wie ich heute bin, Musik einziges Glück, Quell unsagbarer Daseinsfreude? ich glaube es nicht. Keine Nacht vergeht, ohne dass ich nicht voll Sehnsucht der klösterlichen Abgeschiedenheit meiner Zelle in Werl nachtraure. Der ständige Lärm, das Klopfen, Schreien, Kratzen, Schaben, Fluchen, Brüllen, der die Anstalt unablässig erfüllte, drang nie in mein Inneres vor.
Ich konnte mit schreien, mit brüllen, manchmal ging’s nicht anders, um zu überleben, doch es drang nicht durch zu mir. Prallte ab an der Schale meiner inneren Zelle, in der ich unverletzbar hauste.
Selbst nachdem meine Privilegien gestrichen worden waren, traf mich das nicht wirklich, hatte ich doch jetzt wieder die Muße, mich völlig in eine Partitur zu versenken, sie zu studieren, zu versuchen, mich in die Seele ihres Schöpfers zu stehlen, teilzunehmen am Prozess ihres Werdens.

Jetzt versprach mir Marten, und ich zweifelte nicht am Ernst seiner Worte, die Erfüllung eines Wunschtraums. Ich würde vor einem Orchester stehen, meine Sicht von Musik den Menschen vermitteln dürfen. Wunsch wäre erfüllt, Traum Realität. Doch die Wirklichkeit, der Alltag, wie ging ich damit um? Vielleicht würde die Schale zerbrechen, das Gespinst des Kokons zerreißen, in dem ich so trefflich behaust war?
Wie würde ich absehbare Kritik verkraften, die meine Interpretationen zerpflücken, wenn nicht gnadenlos verreißen würde. Wie war meines Gönners Ohr beschaffen? Hatte er nicht schon bewiesen, wie wenig einfühlsam, oder milder, der Konvention der alltäglichen Auffassung verhaftet er war? Wäre er wirklich in der Lage, mich zu stützen, zu mir zu stehen? Fragen kann ich ihn nicht, fragen kann ich nur mich, und ich weiß keine Antwort.

Ich löste mich behutsam aus seiner Umarmung, erklärte ihm, wobei ich mit einem Blick die ärztliche Unterstützung seiner Tochter einwarb, es wäre ganz einfach zu viel für mich, jetzt und hier eine Entscheidung, gleich welcher Art zu treffen.
"Wie meinen Sie das, gleich welcher Art?\" fragte Marten.
"Lieber Herr Marten, es betrifft alle Ihre hochherzigen Angebote, auch das bei Ihnen zu wohnen. Bitte verstehen Sie meine Situation. Sie sehen mich hängen, zwischen Armenküche und Amati! So schnell verkrafte ich das nicht!"
"Vater," schaltete Lena sich ein,"sei bitte vorsichtig! Herr Knechties muss seine Situation verdauen. Bestürme ihn nicht! Gute Nachricht kann ebenso stressig sein wie schlechte. Ganz besonders, wenn eine Psyche alles von Außen kommende als schlecht erfahren hat. Er weiß, was er an dir hat, lass ihn sich finden!"
"Danke, Frau Lena," ich nahm ihre Hand, "Sie treffen ins Schwarze, ich brauche Zeit und möchte Sie alle bitten, mich jetzt gehen zu lassen. Es war ein bemerkenswerter Tag für mich, sicher der absonderlichste meines Lebens. Ich melde mich, sobald ich Land sehe." Ich verabschiedete mich, und das war‘s.
Die Konsequenz meines jetzt schon, noch in der Minute des Weggehens unwiderruflichen Entschlusses, war klar. Nie Amati, Dirigieren, atemlose Bewunderung. Doch auch nie abhängig, immer ich sein! Meine in bittersten Stunden erworbene Fähigkeit, Musik und Glück als eins zu empfinden, bewahren. Wieviel Zeit verlöre ich beim Verbeugen, Bedanken und Wichtigsein. War das Hochmut? Musste ich prüfen. Wenn es Hochmut war, dann gegenüber Dingen. Habe nie, auch nicht vor dem Gefängnis, mit Dingen gelebt. Musik ist mein Leben.

Karl, jahrelang mein Zellennachbar, kochte im Geist. Kochbücher lesen und schmecken, schmatzen, Duft von nur in seiner Vorstellung Gebratenem, Gesottenem oder Gekochtem, mit geschlossenen Augen tief einatmen, mir dabei erzählen, was er schmeckte, roch. Erzählen, wie er den Raum, in dem aufgetragen würde, geschmückt hatte. Welche Blumen er ausgesucht, nach Farbe und Form. Welche Tischwäsche, welches Tafelsilber. Es beschreiben mit allen Nuancen, wenn es ein Menü zu besonderem Anlass war: Meißen. Ich kann nur unvollkommen wiedergeben, wie er Besteck, Tischwäsche und Meißen beschrieb. Rosen, Veilchen, schimmerndes Porzellan, Goldrand, gediegene Henkel und Deckelknöpfe. Konnte mich nicht mitnehmen lassen in sein Fantasieland der vorgestellten Genüsse. Mitgerissen hat mich die Verklärung dieses seit bald zwanzig Jahren wegen Raubmordes büßenden Heiligen. Seine Kraft, sein unbeugsamer Entschluss, Mensch zu bleiben, dessen Vehikel die Kochbücher waren. Karl sprach nie von Zukunft, weil er keine wollte. Im Moment der Entlassung würde sein Meißen zerbrechen, seine Tischwäsche beschmutzt, sein Tafelsilber verloren sein. Als er wegen guter Führung und günstiger Prognose entlassen werden sollte, hängte er sich auf.

Ich bin draußen, komme zurecht, muss mich ein wenig mehr um mich kümmern. Muss nahrhaft und regelmäßig essen. Darf nicht in der Stadt bleiben, nicht in Köln. Werl oder Soest könnten passen. Bei Hochzeiten aufspielen, im örtlichen Musikverein dabei sein. Es gab die Hilfe für Ehemalige. Hatte ich in meiner Verwirrung nach der Entlassung alles ausgeschlagen. So konnte ein bescheidener Anfang aussehen, der immer bescheiden bleiben sollte.
Meine paar Sachen hatte ich schnell gepackt. Als ich mich von der Leiterin des Heims verabschiedete, drang die noch einmal in mich: "Essen, Herr Knechties, gesund und regelmäßig essen. Bei Ihrer bescheidenen Lebensführung ohne Rauchen und Trinken bleibt doch genug von der Stütze, um anständig essen zu können. Hier haben Sie Ihr Sparbuch, da sind fast Zwölftausend Mark drauf, warum verbrauchen Sie das Geld nicht?"
Jetzt, im Zug auf der Rückfahrt nach Werl, ausgerechnet nach Werl, innerlich grinste ich. Werl! Aber Köln? Was war mir Köln? Kalt, laut und viel zu schnell. Wussten die Menschen überhaupt, was sie taten?
Einer sagte mir, als ich ihn fragte: "Wie meinst du das? Arbeiten muss man doch, sonst läuft nix. Nach der Arbeit nach Haus, bist du da bist, sind je nachdem, zehn, elf Stunden um. Ja und dann? Essen, mit en Fläsch Bier vor die Glotz, dat is et. Int Bett, die Frau kurz in de Arm, schon schellt der Wecker. Dat geht so, biste in Rente bist.

Nicht mein Ding. Frau, brauchte ich eine Frau? Nach momentanem Empfinden, nein. Hatte mich nie an dem endlosen Gequassel über Frauen beteiligt. Trieb, was war mir Trieb? Hatte ich im Griff, lebte in freiwilligem Zölibat. Als erstes werde ich zum Lippert gehen, unserem Knastpfarrer. Mit dem konnte ich immer gut, der würde verstehen, was ich mit bescheidenem Leben meinte. Ein wenig bang ist mir schon, kenne Werl von meinen Auftritten. Die Stadt von Freigängen, die Hauptstrasse, das Schwimmbad, das Stadtcafé, was sonst? Mehr erinnere ich nicht. Menschen? Nein, kaum Menschen.
Ließ sich aber gut an. Pastor Lippert war noch immer Gefängnisgeistlicher. Habe ihm kurz geschildert, wie Freiheit für mich aussehen könnte, aber nicht sollte. Hat nicht gesagt, er verstände das. Hat zugehört, manchmal genickt. Seine Gläubigen sind die ohne Hoffnung, das färbt ab.
"Ich hätte einen Vorschlag, können Sie sich überlegen. Ich muß weg, bin gegen Abend zurück, bis dahin."
OK Pfarrer, erst mal danke. Er hat mir vorgeschlagen, bei ihm im Pastorat zu wohnen. Platz sei genug, hier haben früher vier Kapläne, Haushälterin, Küchenhilfen und ein Pastor gewohnt. Jetzt hause er hier allein. Gesellschaft sei ihm hochwillkommen.
Der Lippert und ich? Könnte klappen. Ich mache die Hausarbeit, koche. Kann ich noch nicht, lässt sich aber lernen. Lippert könnt leicht zu Leuten Kontakte knüpfen, die einen Spielmann brauchen. Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen. Hatten wir alles schon. Käme von der Sozialhilfe los, fühlt sich schlecht an, die Abhängigkeit.
Wohne jetzt im Pastorat. Habe ein Schlafzimmer, nicht größer als eine Zelle, daran anschließend Bad und Toilette, dazu ein Riesenwohnzimmer. Kostenpunkt: Null! Geht nicht auf Dauer, wenn ich verdiene, ist Miete fällig, sonst gibt es Ärger mit der Diözese.
Als ich einwilligte, bei ihm zu wohnen, meinte er: "Vorsicht, Otto, guck, ob es dir gefällt."
"Wird mir schon gefallen, Herr Pfarrer, bin Luxus gewohnt, Sie kennen meine langjährige Bleibe."
"Ja, kenne ich, Otto, aber ansehen muß du die Bude. Noch was, ich bin der Klaus, lassen wir den Pfarrer im Knast, da kennt der sich aus."
Das war vor einem Jahr. Mittlerweile hab ich acht Kilo zugenommen und zahle Miete. Dreihundert Mark im Monat, warm, weil meine Hausarbeit gegengerechnet wird. Der Klaus hat sich mit der Diözese gefetzt wie ein Marktschreier, die wollten partout nichts wissen von unserem Arrangement.
"Ich begreife nicht, was die sich rausnehmen", hat er gestöhnt."Nirgendwo übe ich Demut so sehr wie vor unserer allchristlichsten Bürokratie. Das Haus steht seit Jahren leer, niemanden kümmert das. Meine sämtlichen Vorschläge, eine kinderreiche, ergo arme Familie hier mitwohnen zu lassen, abgeschlagen. Mein Einwand, ich fühlte mich allein, Familienanbindung täte meiner Psyche wohl, überhört. Das viel zu große Haus grundsätzlich sozialverträglich zu vermieten, unbeantwortet. Dabei herrscht Mangel an Priestern wie nie zuvor.
Ich bin Priester wie du Musiker. Nicht wegen Sicherheit oder Geld, da lachen die Hühner. Ich hätte beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt, stiege ich aus. Aber meine Berufung, ich sehe das so, und die dämliche Diözese haben nichts miteinander zu tun. Einem von den Leidenden im Bau geholfen zu haben, wenn auch nur für kurze Zeit, wiegt allen Ärger auf\".
Klaus hat mir Arbeit in Fülle verschafft. Ich bin jetzt steuerzahlender Bürger mit allen Rechten und Pflichten. Der Zustand, über den jederman ohne Unterlass jammert, macht mich stolz. Es ist wie zu meines leider so plötzlich verstorbenen Gönners, des Gefängnisdirektors, Zeiten. Ich bin ständig ausgebucht. Dazu, ich wage es kaum zu denken, fühle ich mich so anders wie nie! Klaus nennt diesen Zustand Glück. Glück, glaubte ich, wäre mir nur die Musik, doch ich sehe freudig ein, Glück ist wie eine Melodie, gesegnet mit nicht auslotbarem Spektrum.
Ein Partikel dieses Spektrums, nein zwei Partikel, zwei, sind Silva und ich. Silva ist vor zehn Jahren aus Bosnien nach Werl gekommen. Sie hat Asyl beantragt und erhalten. Ich habe sie nie gefragt, warum. Klaus sagte:"Frage sie nie! Sollte sie dir erzählen wollen, nimm ihre Hand, hör zu. Gib ihr so viel Sicherheit, wie du geben kannst. Sei ihr Freund, ohne Mann zu sein. Für ihr Unbewußtes sind Männer, ich kann es nicht ausdrücken, sagte ich Tiere, ich würde die Kreatur beleidigen. Teufel wäre das Wort, wären Teufel uns noch gegenwärtig als die Inkarnation des Bösen. Sie ist therapiert worden, sie kann leben. Du verstehst, Otto?"
Ich konnte ihm fest versprechen, wie sehr ich verstand.
Seitdem gibt es Silva. Sie besucht uns im Pastorat, ich lasse meine Violine die Liebe singen. Hört sich kitschig an, ist aber so. Meine Geige spielt mich. Liebe. Mir ganz und gar unbekanntes Land. Terra incognita. Weite, horizontlose Weite, Unendlichkeit und doch so nah, ganz nah. Sehe Silva den Stürzen und Aufschwüngen, dem Himmelsflug der Töne folgen, bin mit ihr, steige auf, sehe das nicht Sichtbare, fühle uns verflochten in das gewaltige Rad der Schöpfung. Nie käme mir ein verräterisches Wort über die Lippen.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Korrekturvorschläge:

Schrille Töne, könnte dran bleiben an dem Begriff. Was ich vom Damals behalten habe, ist nicht schrill. Musste niemand schrillen, um gehört zu werden. Die Welt war leise. Nicht ohne Geräusche. I wo! Nur näher dem Ich war das Gehörte. Gab viele Dinge nicht, oder gab sie schon, nur nicht in erdrückender Masse. War zu übersehen, was man sah. Übersichtlich. Sicher, ich hab vom Hören gesprochen, aber gilt auch für’s Sehen. Ebenso wie das Ohr von ständigem Gedudel belästigt wird, kann sich das Auge nicht retten vor greller anmachender Buntheit.
Nicht, dass ich grundsätzlich dagegen wäre. Durchaus nicht! Es gibt Stimmungen, da braucht es den anfeuernden Lärm, den Angriff über Netzhaut und Trommelfell ins Verborgene. Nur bitte nicht dauernd!
Da(Komma) wo ich herkomme, war es leise, unbeschreiblich leise! Die Lautspur der Katze, ihre über die Dielen schnürenden Sammetpfoten, hörtest du. Lebendige Stille.
Die Nachmittage, heiß, windstill, endlos blauer Himmel von Deutschland über Polen bis nach [red] Rußland [/red] (Russland) gebreitet. In dem Blau ein Summen. Nichts Mechanisches. Ein stilles eigenes Summen, gemeinsam dem Dorf, dem Wald, der unermesslichen von gelber Kornfrucht gebeugten Weite.
Im Himmel Bussarde und Schwalben. Der Bussardschrei wie der[red] Mitze miau[/red] (Mieze Miau).
Auf dem steilen roten Ziegeldach der Kirche ein Wagenrad, darauf das Jahr um Jahr höher geschichtete Storchennest. Standen da, hoch oben auf rotgelben Beinen, die Adebars, den Schlangenhals mit dem langen, roten Schnabel über den Rücken werfend, klapperten sie sich an.

Sonntags(getrennt)vormittags Gesang aus dem Gemeindehaus, auf dem Harmonium begleitet vom Großvater, der auch der Dorflehrer war. Zu ihm gingen wir alle in eine einzige, große Klasse. Er brachte uns das Einmaleins, Lesen und Schreiben bei.
Meine Mutter erzählte später oft von der Heimat. Dabei wurde ihre Stimme dunkel vor Sehnsucht. Glaub mir, Zeit kam bei uns kaum vor, seufzte sie. Dabei wurde sie lebhaft, unterstützte ihre Behauptung mit energischen Gesten. Es gab Karfreitag, Ostern, das Pfingstfest und Weihnachten. Zwischen diesen Pflöcken war das Jahr aufgespannt. Die Sonne und der Mond waren die Uhr.
Außer dem Harmonium spielte der Großvater die Geige. Auf den Bauernhochzeiten war er gefragt, kam er heim, brach bei uns eine Schlaraffenzeit aus, konnten kaum bewältigen, was er an Schinken und Würsten mitbrachte.
Früh, noch bevor ich zu ihm in die Schule ging, zeigte er mir, wie man die Geige zwischen Kinn und Schulter hält, den Bogen über die Saiten streicht. Er war freundlich und ruhig. Alle Viertelstunde nahm er eine kleine Flasche aus der Westentasche, [red] schüttelte [/red] (schüttete) eine Prise Schnupftabak in ein Höhlchen seiner Hand, das sich bildete, und [red] spreitze [/red] (spreizte) den Daumen seitlich von den Fingern ab. Dann saugte er die Tabakkrümel mit einem schlürfenden Laut in ein Nasenloch hoch, verharrte einen Augenblick mit halb geschlossenen Augen erwartungsvoll plierend, um dann mit einem gewaltigen [red] Nießer [/red] (Nieser) die Ladung in sein Schnupftuch zu rotzen, wischte sich sorgfältig die Reste der Explosion aus dem Gesicht, sah mich an und sagte: "Gut gespielt, Jungchen, aber jetzt noch einmal, ruhig und gleichmäßig über die C Saite streichen."
So wurde ich in die Anfänge des Geigenspiels eingeführt. Sanft(Komma) aber beharrlich die C-Saite solange streichen, bis sie klingt. Streichen(Komma) nicht kratzen. Noch(getrennt)mal, ja schon besser, also noch(getrennt)mal! Nein, das war nichts, gar(getrennt)nichts, könnte die [blue] Mitze [/blue] (wenn er das Tier wirklich mit kurzem i gerufen hat, kann das als Umgangssprache durchgehen) besser. Komm, Mitze, komm. Die sprang ihm auf den Schoß, er kraulte und schmuste sie, und ich bearbeitete unverdrossen die C Saite, bis er zufrieden war.
"Verlass dich auf mich, deinen Opa, Jungchen, hast Talent,(kein Komma)"(Komma) tröstete er. "Ich triezte dich nicht, wenn da nichts wär. Es wird! Eines Tages streichst du das C aus dem eff-eff, dann machen wir D."
So war das. Das Geigenspiel üben mit dem Opa erinnere ich, als ob es gestern gewesen, wie auch das Ende des Idylls. Was sonst noch von damals in meinem Kopf ist, hat Mama in endlosen Stunden mehr sich selbst als mir erzählt. Weißt du noch? So begannen ihre Geschichten immer.
Das Ende kam schnell. Opa jagte den Friedrich, unseren Ganter, zurück auf den Hof. Der hatte wieder ein Loch im Gatter gefunden und war ausgebüchst. Mit ausgebreiteten Armen sehe ich den Opa vor dem gefürchteten Vogel stehen. Friedrich, die Schwingen halb ausgefahren, den Hals tief auf den Boden gedrückt, zischte ihn an. Ich hör den Opa schimpfen: "Willst wohl, du Lorbass! Zurück, zurü..." [red] ein furchbarer [/red] (Ein furchtbarer) Knall platzt mir ins Ohr! Der Opa! Er fällt! Wo sein Kopf gewesen, nichts, nur Blut. Er zuckt mit den Beinen, liegt still.
Die Mama schreit, packt mich am Arm, zieht mich in die Schlafstube, drückt mich in den Kleiderschrank. Ich weiß nicht, was mit mir ist. Ich sehe den Großvater und den Friedrich, viel Blut, und Opa‘s Beine, die so komisch marschieren. Ich trommle gegen die Schranktür. "Lass mich raus! Ich krieg keine Luft! Die Mottenkugeln! Ich will raus! Raus!" Ich trete wie wahnsinnig gegen die Tür, die springt auf. Mama liegt auf dem Bett und weint.
Jahn ist da. Er spricht zu Mama, die immer noch auf dem Bett liegt. "Weinen hilft nicht", sagt er. "Schnapp das Nötigste, nimm das Jungchen, in einer halben Stunde [red] seit [/red] (seid) ihr am Bahnhof. Noch gehen Züge. Wenn alles gut(getrennt)geht, halten die den Iwan noch einmal auf, das letzte Mal, danach Gnade uns Gott."
Jahn hatte recht. Aber unaufhaltbar kam der Iwan erst vier Monate später.

Wir hatten Glück. Am nächsten Morgen stiegen wir in Berlin aus dem Zug. Auf der Bahnhofsmission gab es Grützbrei und heißen Pfefferminztee zusammen mit der Auskunft: "In Berlin können Sie nicht bleiben mit dem Kind. Total überfüllt, Luftangriffe ohne Ende."
"Wohin?"(Komma) fragte die Mama fast ohne Stimme.
"Nach Westen, gute Frau,(kein Komma)"(Komma) riet ein Soldat, der wie wir Brei und Tee bekommen hatte.(Leerfeld)"Soweit nach Westen(Komma) wie ihr kommt, und noch ein Stück weiter, wenn‘s geht. Nur weit weg vom Iwan."
Ich sehe die Mama ihn ansehen, als sie fragt: "Stimmt das, was man hört?"
"Es ist erst der Anfang, glauben Sie mir,(kein Komma)"(Komma) antwortete der Soldat.(Leerfeld)"Ich bin seit 41 dabei, im Osten. Wir waren die Sieger und haben so gehandelt. Wenn es Auge um Auge geht, wo wir jetzt die Verlierer sind, wird es unvorstellbar. Sollte es auch Zahn um Zahn gehen, bricht das Inferno, die Apokalypse(Komma) über uns herein."
"Wollen Sie sagen, wir als Sieger bekommen heimgezahlt, was wir angerichtet haben?" Die Mama sah ihn nicht an, fragte mehr vor sich hin.
"Angerichtet ist gut! Verbrochen haben, muss das heißen! Ausgemordet, niedergebrannt, gedemütigt, geschändet, den Gegner zum Untermenschen, schlimmer(Komma) zum Vieh gemacht." Die blauen Augen des Soldaten wurden ganz klein, als er das mehr zischte als sagte.
"Mein Mann ist in [red] Rußland [/red] gefallen,(kein Komma)"(Komma) erwiderte die Mama leise.
"Wie Millionen andere. So, ich muss weg,(kein Komma)"Komma Leerfeld)sagte der Soldat noch und verschwand.
Die Schwester von der Bahnhofsmission meinte kopfschüttelnd.(besser Doppelpunkt Leerfeld)"Gut, dass der weg ist, was der da gesagt hat, kann ihn den Kopp kosten."

Zwei Tage und Nächte später stiegen wir in Duisburg aus dem Zug. Wir hatten eine Höllenfahrt hinter uns. Richtig vorwärts gekommen sind wir nur nachts, ohne anzuhalten raste der Zug durch brennende, noch unter dem Bombenhagel der Terrorflieger berstende Städte.

Tagsüber mussten wir alle naselang aus dem Waggon in die Felder, den Kopf in den Acker, volle Deckung. Tiefflieger heulten über uns hinweg, schossen wahllos auf alles, was sich regte.
Duisburg war ein rauchender Trümmerhaufen. Auf der Bahnhofsmission gab es eine dünne Suppe. Die Schwester sah die Mama empört an, als die ihr erzählte, wo wir herkamen.
"Aber da waren sie doch sicher,(kein Komma)"(Komma) knurrte sie!(Leerfeld)"Ein Wahnsinn, hierher zu(getrennt)kommen mit dem Jungen! Da sehen [red] sie [/red] (Sie) man zu, dass [red] sie [/red] über den Rhein kommen, dann in einem der kleinen Dörfer am Niederrhein unterkriechen, irgendwo, wo der [red] Tomy [/red] (Tommy) nicht bombt."
Auf der Pritsche eines klapprigen Lasters kamen wir bis Aldekerk. Auf dem Amt da das Gleiche. Der Beamte staunte.(besser Doppelpunkt Anführungszeichen) Aus dem sicheren Osten nach hier? Ein Zimmer können Sie kriegen, wie lange, weiß ich nicht. Steht viel leer, die Leute sind alle vor den Bomben geflüchtet."

Tag und Nacht war die Luft erfüllt vom wummernden Motorengedröhn nicht zählbarer Maschinen, die aus Westen kommend zu Zielen im Reich unterwegs waren. Wir blieben ungeschoren.

Es wurde Winter, uns unbekannt mild. Fast Frühling, der dann auch kam und mit ihm das Ende des Krieges. Es gab nichts zu essen. Von früh bis spät suchten wir auf den Feldern nach liegen(getrennt)gebliebenen Körnern. Die Mama kannte sich aus. Wir gruben nach Wurzeln, ernteten Brennnesseln, schnitten Löwenzahn. Aus Blütenblättern und jungen Zweigspitzen kochte sie eine würzige Soße, die unsere tägliche Ernte leckerer machte. Ich fand das alles nicht schlimm, die Mama stöhnte.

Als es Lebensmittelkarten gab, brauchten wir nicht mehr so viel aufs Feld. Die gewonnene Zeit war Übezeit. Alles repetieren, was ich gelernt hatte, genau wie der Opa das hätte wollen. Geduldig immer und immer wieder streichen, bis ein Ton, ohne kratzen, deutlich und klar stand. Die Geige und das Lehrbuch hatten unsere Flucht heil überstanden. So war mein Tag gut gefüllt mit Frucht sammeln, streichen und Griffe trainieren.
Die Mama war unerbittlich. Ihr Regiment war strenger als Opa’s. Ihre Erklärung:(Leerfeld)"Du bist ein großer Junge, kein Jungchen mehr." Von ihrem Vater hatte sie das absolute Gehör geerbt,(Leerfeld)kein noch so leiser Misston entging ihr.
Wir zogen von Aldekerk nach Bergisch Gladbach.(Leerfeld)"Hier verbauerst du mir," war ihre Begründung. Eine Wohnung hatte sie dort über den Kontakt zu einer Cousine gefunden.

Köln war nah, da sollte ich [red] auf’s [/red] (aufs) Konservatorium. Umziehen war einfach,(Leerfeld)mit unseren zwei Koffern. Die neue Wohnung hatte zwei Zimmer.(Leerfeld)"Gut,(kein Komma)"(Komma) befand Mama, "du bekommst das Zimmer, ich schlafe in der Küche". Zum ersten Mal erlebte ich eine Stadt. Ich fühlte mich fremd. Nichts kam dem Üben mehr entgegen. Jeden Tag bis zu sechs Stunden vertiefte ich mich in die Noten, versuchte, meinem Instrument Ausdruck und Seele zu entlocken.
Das Konservatorium gab es noch nicht wieder.(Leerfeld)"Wir haben andere Sorgen", wurde Mama auf dem Magistrat in Köln erklärt. Magistrat nannte sie die Stadtverwaltung. So lange sie lebte, ist sie nicht im Westen angekommen. Ich lebte mich ein und besuchte die Schule mit mäßigem Erfolg.

Als ich vierzehn war, lag Mama eines morgens tot im Bett.
Das Jugendamt kümmerte sich um mich, wurde mein Vormund. Herrn Schmitz, der mich betreute, spielte ich vor.(Leerfeld)"Hört sich gut an," befand er.(Leerfeld)"Ich finde eine Lehrstelle für dich."
Vier Wochen später war ich Lehrling mit Kost und Logie bei Herrn Wittig, Reparatur sämtlicher Musikinstrumente. Herrn Wittig spielte ich auch vor.(Leerfeld)"Du kannst was, Junge," sein Urteil. Das hieß, ich konnte weiter üben. Während er die wenigen Instrumente, die Kunden ihm brachten, instand(getrennt)setzte, ließ ich bei weit geöffneten Fenstern meine Geige singen. Immer sammelten sich Gruppen von Zuhörern vor unserer Werkstatt, der Name Wittig und Musik verschmolzen.

Die Zeiten besserten sich. Herr Wittig mietete einen Laden im Zentrum, begann mit gebrauchten Instrumenten aller Art zu handeln. Wenn sie interessiert waren, spielte ich möglichen Käufern auf dem Klavier, der Flöte, dem Saxophon vor.
Nachtragen muss ich, Herr Wittig legte mir nahe, auch andere Instrumente als die Geige spielen zu lernen. Es ging mir leicht von der Hand. Keines jedoch spielte ich so gern wie meine Geige. Für die Vorführung beim Verkauf reichten meine Saxophon-, Flöten- und Klavierspielkünste allemal.

Viel Zeit verging, bis ich Ernst Marten traf. (Mein verschlissenes Leben war weder unnütz noch unglücklich[red] gdewesen[/red] .)
Wie jeden Morgen, wenn das Wetter schön war, saß ich in einer versteckten Ecke im Park auf meiner Bank. Aus dem CD-Player neben mir erklang Schuberts: Der Tod und das Mädchen, die Luft war frisch, das Himmelsblau endlos, ich fühlte mich geborgen.
Ein Herr ging vorbei. Ich erkannte ihn, lächelte ihm zu. Er blieb stehen, grüßte und fragte, ob er sich zu mir setzen dürfe?
"Gerne, warum nicht,(kein Komma)"(Komma) lud ich ihn ein.
"Ich lausche Ihrer Musik schon längere Zeit. Wenn ich ehrlich sein soll, komme ich deswegen in den Park,(kein Komma)"(Komma) gestand er.
Ich nickte,(entweder Punkt oder Doppelpunkt Leerfeld)"Ich habe es seit einer Woche bemerkt. Kann sein, ich habe Sie auch schon vorigen Monat, bevor der große Regen kam, wahrgenommen."
"Stimmt,(kein Komma)"(Komma) bekräftigte er.(Leerfeld)"Vorigen Monat hat mich der Ton dieser Violine zum ersten Mal bezaubert. Wer ist der Interpret?"
"Können Sie nicht kennen, nur Insidern in des Wortes wahrster Bedeutung bekannt,(kein Komma)"(Komma Leerfeld)lachte ich.
"Sie lachen,(kein Komma)"(Komma) sagte er fast traurig,(Leerfeld)"ich [red] müßte [/red] (müsste) ihn kennen, bin ein ausgewiesener Kenner auf diesem Gebiet, ein versierter Geiger."
"Glaube ich Ihnen, doch diesem Geiger begegnen Sie jetzt eben, ich habe die Stücke eingespielt."
"Sie? Heißt das, alles, was ich im Vorbeispazieren hörte, interpretierten Sie?"
Ich stellte ihm meinen Aktenkoffer hin.(Leerfeld)"Sehen Sie selbst, alles von mir eingespielt, [red] zuhause [/red] (zu Hause) habe ich noch mehr."
Vorsichtig nahm er eine CD nach der anderen, las und stutzte.
"Hier lese ich St. Martin in the Fields, Berliner Philharmoniker, Boston Symphonie Orchestra, Mariner, Zubin Meta, Bernstein? Wer sind Sie? Ich [red] müßte [/red] Sie kennen, sollten Sie mit diesen Orchestern und Dirigenten musiziert haben?"
"Der Name der Virtuosen, sehen Sie hin, ist unkenntlich gemacht?"(Komma) beantwortete ich seine Fragen.
"Ja gewiss, doch ich kann mir denken, wer die Herren waren."
"Oder die Damen, in einigen Fällen waren es Damen."
"Einverstanden, oder die Damen, aber klären Sie mich doch bitte auf."
"Nichts leichter als das, lieber Herr,(kein Komma)"(Komma) freute ich mich.(Leerfeld)"Der Violinpart des ursprünglichen Interpreten ist gelöscht,(Leerfeld)den habe ich im Playbackverfahren eingespielt."
"Fantastisch! Nur, nehmen Sie es mir nicht übel, das muss ich sehen und hören, bevor ich es glaube. Darf ich einen Vorschlag machen?"
"Nur(getrennt)zu,(kein Komma)"(Komma Leerfeld)ermunterte ich.
"Kommen Sie mit zu mir. Ich biete Ihnen ein erlesenes Instrument, eine Amati. Kommen Sie, lassen Sie uns Schubert’s Streichquartett Nr. 14 spielen. Der Tod und das Mädchen. Ich telefoniere sofort zwei Mitspieler herbei, [red] sodaß [/red] (sodass) wir ein Quartett sind. Das wird eine Sensation, glauben Sie mir, eine Sensation."
Er nahm sein Handy, erklärte einem lieben Epstein sein Vorhaben und schien sofort Zustimmung zu finden.

Als wir vor seinem Haus ankamen, erwarteten uns ein älterer Herr und eine junge Dame.
"Vater und Tochter Epstein,(kein Komma)"(Komma) stellte mein Begleiter vor,(Leerfeld)"wobei ich mich Ihnen auch gleich bekannt machen darf, ich bin Ernst Marten."
"Otto Knechties freut sich, Sie alle kennen(getrennt)zu(getrennt)lernen,(kein Komma)"(Komma) verbeugte ich mich. Ernst Marten, [red] schoß [/red] (schoss) es mir durch den Kopf, eine der Kritikerkoryphäen des Landes. Gleichzeitig bemerkte ich den etwas erstaunten Blick, mit dem die junge Dame meinen Aufzug musterte. Ich lächelte sie an, klärte sie auf:(Leerfeld)"Kleidung vom Sozialen Hilfswerk, schon von verschiedenen Personen vor mir getragen, aber sauber." Sie errötete und entschuldigte sich. Ich half ihr, indem ich Verständnis für ihr Erstaunen, meine Person betreffend, zeigte.
Herr Marten schloss auf und führte uns in sein Musikzimmer, einen saalartigen Raum, dessen eine Wand eine große, auf einen Garten hinausführende Kombination von Fenstern und Schiebetür war.(Leerfeld)"Ich möchte sofort zur Sache kommen, besser, ich kann es kaum erwarten(Komma) zur Sache zu kommen,(kein Komma)"(Komma) begann Marten.(Leerfeld)"Herr Knechties,(kein Komma)"(Komma) wandte er sich mir zu und führte mich an eine Vitrine,(Leerfeld)"sehen Sie."
"Eine Amati,(kein Komma)"(Komma) nahm ich ihm das Wort ab.(Leerfeld)"Eine Nicola Amati, die darf ich spielen?"
"Die dürfen [red] sie [/red] spielen, wenn, verzeihen Sie mir bitte meine Vorsicht, wenn Sie mir eine Passage aus Schubert Nr.14 d-moll,(kein Komma) auf meiner Violine vorgespielt haben."
"Herr Marten, ich würde diese Vorsicht genauso walten lassen, wäre ich an Ihrer Stelle,(kein Komma)"(Komma) beruhigte ich ihn.(Leerfeld)"Ich möchte vorschlagen, lassen Sie mich fürs Erste meinen Part im Quartett auf einem normalen Instrument spielen. Ich [red] muß [/red] (muss) gestehen, ich fürchte mich fast vor dem Anspruch eines solchen Kleinods wie der Amati."
"Ein vernünftiger Vorschlag, Herr Knechties." Herr Epstein legte eine Hand auf Martens Arm,(Leerfeld)"[red] laß[/red] (lass) es so sein, Ernst."
"Einverstanden,(kein Komma)" Marten reichte mir eine Violine, wir stellten uns auf, er schlug den Takt und wir waren im ersten Satz. Ich merkte sofort, ich spielte mit Profis. Wir verstanden uns auf Anhieb. Ich fand meinen Ton, der Martens Aufmerksamkeit im Park gefangen hatte, unmittelbar.
Nach dem Ende des Satzes nahm Epstein meine Hand.(Leerfeld)"Mein Gott, Herr Knechties, wer sind Sie? Wie kann jemand mit solcher Kunst nicht berühmt sein, weltberühmt?"
"Ich erzähle es Ihnen gern, aber dürfte ich bitten, zuerst die noch ausstehenden Sätze zu spielen?"(Komma) wandte ich ein.
"Nichts(Komma) was wir lieber täten, aber bitte mit der Amati!" Marten öffnete die Vitrine und wollte die Geige herausnehmen. Da wurde mir schwach.
"Meine Herrschaften,(kein Komma)"(Komma) konnte ich noch flüstern,(Leerfeld)"das überwältigt mich alles ein wenig, darf ich mich einen Moment setzen." Sarah, so hieß Epsteins Tochter, nahm meinen Arm und führte mich zu einem Sessel. Keinen Moment zu früh. Während ich in den Sessel sank, fühlte ich, wie mir die Sinne schwanden.

Als ich die Augen öffnete, war die Szenerie verändert. Ich lag auf einem Bett, eine Dame, offensichtlich Ärztin, zog eine Spritze aus meinem Arm.
"Da sind Sie ja wieder,(kein Komma)"(Komma) freute sie sich.(Leerfeld)"Machen Sie sich keine Sorgen, war ein kleiner Schwächeanfall, ausgelöst durch zuviel Emotion. Was ich aber anmerken muss", fuhr sie fort,(Leerfeld)"Sie scheinen sich falsch zu ernähren?"
"Suppenküche für Obdachlose, mehr ist nicht drin,(kein Komma)"(Komma) erklärte ich.
"Ist das Herrn Marten bekannt?\"(Komma) wollte sie wissen.
"Nein, natürlich nicht, kenne Herrn Marten erst seit einer Stunde."
"Seit einer Stunde?"
"So ist es."
"Bleiben Sie bitte noch ein kleines Weilchen liegen, bin gleich wieder bei Ihnen,(kein Komma)"(Komma) sagte sie und verließ das Zimmer. Sie kam mit Marten zurück, der sich auf das Bett setzte, meine Hand nahm und dekretierte:(Leerfeld)"Lieber Otto Knechties! Mit Obdachlosigkeit und Suppenküche ist ab sofort Schluss! Lassen Sie mich das in die Hand nehmen. "(kein Anführungszeichen)Lena,(kein Komma)"(Komma) wandte er sich an die Ärztin,(Leerfeld)"kann er aufstehen?"
"Sicher(Komma) Papa, wie gesagt, Emotion hat ihn von den Füßen gerissen. Dass er sich vernünftig ernähren sollte, ist eine andere Sache."
"Heißt das, wir können weiter spielen?"(Komma) fragte ich.
"Von mir aus,(kein Komma)"(Komma) Lena musterte mich sachlich,(Leerfeld)"aus ärztlicher Sicht steht dem nichts entgegen."
"Dann bitte, Herr Marten, diesmal kann ich es kaum erwarten. Eine Amati, eine Amati in meinen Händen!"
Lena sah ihren Vater an. Vor Verblüffung den Mund ein wenig öffnend, schüttelte sie den Kopf.(Leerfeld)"Du [red] läßt [/red] (lässt) ihn auf deiner Amati spielen, Papa? Solange ich denken kann, hat das noch keiner gedurft!"
"Da hast du recht, Kind, keiner war gut genug,(kein Komma)"(Komma) antwortete Marten.
Wir gingen zurück in den Musiksalon. Aus Herrn Epstein`s und seiner Tochter Blicken las ich mit Hochachtung gepaarte Bestürzung. Marten trat an den Schrank, in dem er die Amati aufbewahrte, entnahm das kostbare Instrument mit andächtiger Behutsamkeit und legte es mir in die Hände. "Spielen Sie, Herr Knechties,(kein Komma)"(Komma) sagte er fast flüsternd. "Geben Sie ihr die Chance, zu zeigen, was sie kann."
Ich ergriff das einzigartige Instrument, nahm den Bogen. Doch vor dem ersten Strich dachte ich an Mama und den Großvater. Vielleicht sahen sie mich, wer weiß?
Dann versanken wir in den Wogen der unvergleichlichen Töne Franz Schuberts. Die Amati sang und jubelte, ich ließ mich emporheben von dieser Musik, wurde weit weggetragen. Plötzlich bemerkte ich, meine Mitspieler standen um mich herum, die Geigen hingen in ihren Händen. Ich war der einzige(Komma) der spielte, meinen Part spielte, und sie hörten mir zu.
Als ich geendet hatte, klatschten sie. Diesmal war es Sarah, die zuerst sprach. "Otto Knechties,(kein Komma)"(Komma) sagte sie, und ihre Stimme zitterte leicht,(Leerfeld)"wo haben Sie solange gesteckt? Welcher Zauberberg hielt Sie verborgen. Wer waren die Glücklichen, die Ihrem Spiel lauschen durften?"
"Ich will es Ihnen gern erzählen, wenn Sie bereit sind, mir eine Weile zuzuhören. Es ist keine lustige Geschichte, eher traurig, aber nicht so traurig, dass ich mich unglücklich nennen würde."
"Setzen wir uns,(kein Komma)"(Komma) übernahm Marten die Regie, "und erlauben Sie, dass ich eine gute Flasche öffne, dann wollen wir Ihnen in aller Ruhe zuhören."
"Ist es unbescheiden, Herr Marten, wenn ich Sie bäte, mich vorher ein wenig zu füttern?"(Komma) unterbrach ich.(Leerfeld)"Mein Tag existiert auf zwei trockenen Brötchen." Lena sprang auf. "Wie unbedacht von mir, ich bin sofort wieder da, bitte warten Sie mit [red] ihrer [/red] (Ihrer) Geschichte."
Schnell war ich mit köstlich belegten Broten versorgt und begann, wenn auch mit halbvollem Mund(Komma) meinen Bericht:

"Meine Mutter, sie verstarb, als ich eben vierzehn Jahre alt geworden war, ist mit mir 1944 aus Stallupönen/ Ostpreußen in den Westen geflüchtet. Groß geworden bin ich in Bergisch Gladbach. Seit meinem vierten oder fünften Lebensjahr habe ich Geige gespielt. Nach meiner Mutter Tod brachte mich das Jugendamt bei einem Musikalienhändler unter, nachdem ein Betreuer sich mein Geigenspiel angehört hatte.
Bei diesem Händler blieb ich, absolvierte eine Lehre, bis es zu der Konstellation kam, die mein Leben veränderte. Insgesamt war ich länger als zehn Jahre bei Herrn Wittig. Es war so, dass mir völlig freie Hand gegeben war, meine musikalischen Fähigkeiten auszubilden.
Der Verkauf von Pianos, Geigen, Saxophonen usw, war Wittigs Geschäft und wurde von mir betreut. Die musikalisch Interessierten vertrauten meiner Beratung, vor allem auch, wenn es um die für ihre Kinder geeigneten Instrumente ging. Ich erklärte ihnen, dass nicht Elternwunsch maßgeblich sei beim Kauf von Klavier oder Geige, sondern die Veranlagung des Kindes. Oft riet ich auch ab, einem Kind, das unbegabt war, das Musizieren beizubringen.
Herr Wittig tolerierte das, auch wenn hierdurch manches Geschäft nicht zustande kam. Letztlich zahlte sich das durch Vertrauen aus, das die Kundschaft in uns zu [red] setzten [/red] (setzen) begann.
Herr Wittig hatte eine hübsche, einzige Tochter, einige Jahre jünger als ich. Es war sein heimlicher Wunsch, dass Rosie und ich ein Paar würden. Doch weder Rosie noch ich hatten in dieser Richtung Ambitionen.
Ich verdiente sehr gut, von allen Verkäufen erhielt ich eine Provision. Meine Einkünfte lagen weit über denen eines normalen Verkäufers. Da ich außer der ständigen Vervollkommnung meines Geigenspiels und dem Besuch jeden Konzerts im Umkreis von 100 km keine Hobbys oder Konsumwünsche hatte, war ich ein äußerst solventer junger Mann.
1964 im Frühjahr, ich war zweiundzwanzig Jahre alt,(Leerfeld)las ich von einem Violinwettbewerb des Kölner Konservatoriums, an dem sich auch Externe beteiligen konnten. Ich meldete mich nicht ohne Zagen an.
Der große Tag kam. Vor mir spielte eine wunderschöne junge Dame, die später auch eine beachtete Karriere machte. Die Prüfer waren begeistert.
Dann spielte ich vor. [blue] Der erste [/blue] (Den ersten) Satz aus Paganinis Konzert D-dur Op. 6. Ein technisch äußerst anspruchsvolles Stück sollte mich [red] in [/red] (ins) rechte Licht setzen. Nachdem ich geendet, kein Beifall. Einer der Prüfer fragte nach meinem Lehrer. Ich klärte ihn auf.(Leerfeld)"Ja(Komma) mein Lieber, daher also," war sein Kommentar.
"Sie beherrschen die Technik", fuhr er fort,(Leerfeld)"doch Ihrem Strich fehlt das Leben, die[red] Brillianz[/red] (Brillanz)." Ich antwortete, das könne ich bei richtiger Anleitung hier auf dem [red] Konversatorium [/red] (Konservatorium) sicher noch lernen?
Leider, wurde ich beschieden, gehe das nicht. Es ständen nicht genügend Studienplätze zur Verfügung. Die wenigen, die man habe, seien für wirkliche, junge Begabungen reserviert. Außerdem sei ich zu alt, meinen Stil grundlegend zu ändern.
Meine [red] Entäuschung [/red] (Enttäuschung) war groß, aber entmutigt war ich nicht. Es gab damals die ersten Tonbänder, und so kaufte ich einen Apparat, der jetzt mein kritischer Zuhörer wurde. Ich fand schnell heraus, was die Herren Prüfer gemeint hatten. Damals begann ich, Oistrach und Menuhin immer und immer wieder nachzuspielen. Ich bespielte ein ganzes Band in deren Manier.
Herr Wittig, der über seinen Reparaturdienst mit dem Konservatorium verbunden war, bat einen der Prüfer, sich das Band anzuhören. Er gab vor, es von einem Kunden geschenkt bekommen zu haben, wisse jedoch nicht, wer die Interpreten seien. Der Prüfer rief einige Kollegen hinzu, und man war einhellig der Meinung, es könne sich nur um Einspielungen Oistrachs und Menuhins handeln.
Meinem verletzten Stolz war Genüge getan. Mich als Urheber zu enttarnen(Komma) war ich leider nicht klug genug. Jugendlicher Trotz, würde ich heute sagen.
Hinzu kam, die Ereignisse in der Familie Wittig hielten mich zu sehr in Atem, als dass ich der gesühnten Konservatoriums Schmach länger gedacht hätte. Rosie verheiratete sich wegen dringender Umstände von heute auf morgen. Ihr Mann, ein abgebrochener Student der Betriebswirtschaft, wurde in seines Schwiegervaters Geschäft angestellt. Herr Wittig versicherte mir, dass mein Bereich unangetastet bleiben würde.
Gerald war in meinem Alter. Zu Anfang fügte er sich reibungslos in den Ablauf unserer täglichen Routinen. Er ließ sich erklären, hörte zu, hielt sich ganz im Hintergrund.
Eines Tages, er war Zeuge geworden, wie ich einer ehrgeizigen Mama vom Kauf eines Pianos für ihren [red] Sprößling [/red] (Sprössling) abriet, fragte er, ob ich auch den Umsatzausfall in Rechnung stelle, der meine Vorgehensweise verursache?
Ich erklärte ihm die auf Dauer gerichtete Strategie, konnte meine Darlegungen mit Verkäufen bis nach Düsseldorf, Aachen, Frankfurt, ja München(Komma) untermauern. Kunden, die auf Grund von Empfehlungen kamen, auf unsere Redlichkeit bauend. Gerald hörte sich das an, überzeugt war er nicht.
Nach einigen Monaten kam es ganz aus heiterem Himmel zu einem Auftritt mit Herrn Wittig.
Ich war dabei, einem kleinen Mädchen die Bogenhaltung, die sie beherrschen musste, um ihre Geige zu spielen, wieder und wieder zu[red] korregieren[/red] (korrigieren). Gerald saß an seinem Schreibtisch im Hintergrund des Verkaufsraums. Ein Kunde betrat den Laden. Als Gerald sich nicht rührte, rief ich zu ihm rüber:(kein Absatz)
"Gerald, Kundschaft!" und widmete mich wieder meiner kleinen Virtuosin.
Später rief Herr Wittig mich zu sich in die Werkstatt. Gerald saß auf der Werkbank und ließ die Beine ins Leere baumeln.
"Otto,(kein Komma)"(Komma) begann Herr Wittig.(Leerfeld)"Otto, wir haben uns in unserer langjährigen Zweisamkeit Dinge angewöhnt, die der Korrektur bedürfen. Wir sind nicht mehr zu zweit."
"Das stimmt,(kein Komma)"(Komma) entgegnete ich, "was stört Sie?"
Anstelle meines Chefs antwortete Gerald.
"Zuerst einmal bist du für den Verkauf zuständig,(kein Komma)"(Komma) fauchte er mich an.(Leerfeld)"Du, der das meiste Geld hier wegschleppt."
Im weiteren Verlauf der Unterredung, die mehr und mehr zu feindlicher Kontroverse wurde, ging es um meine[blue] umsatzschädliche[/blue] (Umsatzschädigende), untragbare Verkaufstaktik und um meine Provisionen, die in keinem Verhältnis zu meinen Leistungen stünden.
Ich wehrte mich, [red] appelierte [/red] (appellierte) an Herrn Wittig, fand aber keine Unterstützung.
Am nächsten Tag wurde mir ein Vertrag vorgelegt, der meine Tätigkeit auf die eines Handlungsgehilfen mit entsprechendem Gehalt reduzierte. Ich weigerte,(kein Komma)
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Korrekturvorschläge: (2.Teil)

mich(Komma) den Vertrag anzunehmen. Unterschreiben oder Kündigung, war die Alternative.
"Kündigen Sie mir, und mein Zeugnis, bitte,(kein Komma)"(Komma) meine Antwort.

Am nächsten Morgen wurde mir Zeugnis und Kündigung ausgehändigt, und das Betreten des Ladens verboten. Es gab eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, die für Herrn Wittig sehr teuer wurde. Nur was half mir das, ich war[red] totunglücklich[/red] (todunglücklich) . Der Laden und meine Tätigkeit dort war mein Leben gewesen, Herr Wittig Vaterersatz.
Ich stellte mir vor, wie Rosie und Gerald dem armen Wittig zugesetzt haben mussten, um ihn zu solch perfidem Verhalten gegen mich zu bewegen. Sicher tat das Baby, das Rosie zur Welt gebracht hatte, ein[red] übriges[/red] (Übriges), den alten Mann zu verblenden. Wer weiß, was die noch ausheckten?
Das wurde mir zur fixen Idee. Wittig retten und Gerald vernichten! Ich hatte auch ein Konzept. Ich setzte mich mit dem ursprünglichen Zeugnis von Wittig - das Arbeitsgericht hatte verfügt, dass mir ein meiner Tätigkeit gerecht werdendes, geschrieben wurde - jeden Tag, an dem die Sonne schien, vor den Laden.
Kunden kamen, sahen mich, fragten, ich berichtete. Zeigte mein[red] ürsprüngliches[/red] , [red] miserabeles [/red] (miserables) Zeugnis, erntete Verständnis für mich, Unverständnis für Wittig.
Was besonders ins Gewicht fiel, im Laden fand keine Beratung mehr statt. Sachkundige Gespräche wurden nicht mehr geführt. Kein Partiturverkauf, Partituren waren Wittig und Gerald,(kein Komma) Bücher mit sieben Siegeln. Kunden verließen kopfschüttelnd den Laden, beklagten sich bitter bei mir. Was bei Wittig geschehen, verbreitete sich in Windeseile durch die Kundschaft. Kamen früher zehn, fünfzehn Kunden pro Tag, so waren es bald nur noch zwei, drei.
Gerald stand finster brütend am Fenster und fixierte mich stundenlang. Ich für meinen Teil war zufrieden, wartete eigentlich nur darauf, [red] das [/red] (dass) Herr Wittig käme und sich mit mir versöhnte. Leider kam es anders.
Eines [red] morgens [/red] (Morgens) schellte es an meiner Wohnungstür. Ich öffnete, ein Herr stand vor der Tür, stellte sich vor: Kommissar Leicht, Kriminalpolizei. Ich hatte keine Ahnung, was das sollte.
Ich bat den Beamten(Komma) einzutreten. "Haben Sie uns nicht erwartet?"(Komma) fragte der.
"Wie sollte ich?"(Komma) meine Antwort.
"Gerald Bäumer ist tot. Ermordet, erschlagen!" Ich setzte mich. Mir blieb die Spucke weg.
"Ja, Herr Knechties,(kein Komma)"(Komma) sagte der Polizist, "Sie gehören zum Kreis der Verdächtigen. Ein Motiv hätten Sie, vielleicht aber auch ein Alibi? Wo waren Sie gestern [red] abend [/red] (Abend) zwischen zehn und zwölf?"
"Hier, in der Wohnung, wo sonst. Ich bin abends immer [red] zuhause [/red] (zu Hause) und übe."
"Freundin, Bekannte, irgendwer, der das bestätigen kann?"(Komma) kam die nächste Frage.
"Nein, ich lebe allein, mein einziges Hobby ist das Violinspiel und Konzertbesuche."
"Herr Knechties! Sie haben den Laden vergessen, Herrn Wittigs Laden, aus dem Bäumer sie verdrängt hat, war der nicht auch Ihr Hobby?"
"Das war[blue] er[/blue] (es) , Herr Kommissar, will ich nicht leugnen."
"Sehen Sie, das meinte ich mit Motiv."
"Mein Mütchen an ihm zu kühlen, Herr Kommissar,(kein Komma)"(Komma) entgegnete ich, "dazu musste ich ihn nicht umbringen, das habe ich eleganter bewerkstelligt."
"Haben wir schon herausgefunden, wie Sie das gemacht haben, Wittigs Umsatz tendiert gegen Null. Vielleicht genügte Ihnen das nicht? Vielleicht wollten Sie mehr. Hass ist ein böser Berater, Herr Knechties,(kein Komma)"(Punkt) Kommissar Leicht sah mich bei dieser Unterstellung durchdringend an.
"Darf ich fragen, Herr Kommissar, wie und wo Bäumer umgebracht worden ist?"
"Sicher, an seinem Schreibtisch, mit einem Hammer aus Wittigs Werkstatt erschlagen. Keine Fingerabdrücke an der Tatwaffe. Haben Sie einen Schlüssel zum Laden?"
"Nein, nicht mehr, habe ich abgegeben, als ich entlassen wurde."
"Keinen zweiten Schlüssel anfertigen lassen?"
"Warum sollte ich?"
"Ich frage nur, die Kripo fragt und erwartet Antwort. Sie sind also sicher, keinen Schlüssel mehr zum Laden zu haben?"
"Ganz sicher, ich habe meinen Schlüssel zurückgegeben, Herr Wittig wird das bestätigen."
"Eine Quittung über die Rückgabe haben Sie nicht vorzuweisen?"
"Nein, ich habe den Schlüssel vor Herrn Wittig auf den Schreibtisch gelegt, als ich meine Papiere abholte. Hier der Ladenschlüssel, hab ich gesagt und vor ihn hingelegt."
"Gut, nun noch mal zum Alibi. Sie sind sicher, niemand kann für die fragliche Zeit zwischen zweiundzwanzig und vierundzwanzig Uhr bestätigen, Sie hier in der Wohnung oder sonst(getrennt)wo gesehen zu haben?"
"Da bin ich sicher, ja."
"Gehört? Kann Sie jemand gehört haben?"
"Gehört, ja. Die Nachbarin, Frau Schlunk, könnte mich spielen gehört haben."
"Hat Frau Schlunk Ahnung von Musik?"
"Bestimmt, überdurchschnittlich viel Ahnung. Frau Schlunk ist ein Glücksfall für mich, sie hört gern zu, auch durch die Wand."
"Da sind wir ein Stück weiter. Wenn Frau Schlunk Sie gehört hat, vielleicht auch aussagen kann, was Sie gehört hat, wäre das nicht schlecht für Sie."
"Herr Knechties,(kein Komma)"(Komma) fuhr Leicht fort,(Leerfeld)"ich [red] muß [/red] (muss) Sie bitten, mitzukommen. Sie sind nicht verhaftet, wir müssen nur ohne Beeinflussung durch Sie Frau Schlunk vernehmen und bei Ihnen eine Haussuchung vornehmen, um sicherzustellen, dass kein weiterer Schlüssel zum Laden in Ihrem Besitz ist."
"Glauben Sie, Herr Komissar, ich hätte den Schlüssel nicht längst weggeworfen, wenn ich die Tat begangen hätte?"(Komma Leerfeld)fragte ich.
"Man weiß nie, Herr Knechties. Täterverhalten ist oft sehr merkwürdig."
Ich ging mit aufs Revier, wurde freundlichst behandelt. Man gab mir eine Zeitung und sperrte mich in eine Arrestzelle. Nach einigen Stunden, so gegen Nachmittag, holte man mich raus. Der freundliche Kommissar fragte, was ich zur fraglichen Zeit auf meiner Violine gespielt habe.
"Das Violinkonzert von Mendelsohn Bartoldy, den Part der ersten Geige,(kein Komma)"(Komma) antwortete ich.
"Stimmt, Herr Knechties, bestätigt auch Ihre Nachbarin Frau Schlunk. Was die Sache entwertet, auf dem Plattenteller Ihres Abspielgeräts liegt eben diese Platte. Frau Schlunk sagt aus, dass sie natürlich wisse, der Plattenspieler laufe mit, dass Sie jedoch die erste Geige synchron spielten. Das entwertet leider Ihre Aussage total, Ihr Alibi ist futsch. Was erschwerend hinzukommt, Knechties, wir haben einen Ladenschlüssel in Ihrer Wohnung gefunden, in Ihrem Schlüsselkasten, zusammen mit anderen Schlüsseln. Wir haben schon probiert, der Schlüssel passt.
Was ich Ihnen noch nicht verraten habe: Es gibt keinerlei Anzeichen für unbefugtes Eindringen in Wittigs Laden. Bäumer wurde an seinem Schreibtisch von einem Täter erschlagen, der sich ohne Gewaltanwendung Zugang verschaffen konnte. Jemand mit Schlüssel.
Herr Knechties, ich verhafte Sie wegen des dringenden Verdachtes, der Mörder des Gerald Bäumer zu sein."

Ich nahm mir einen Anwalt. Während der Verhandlung nahm er Wittig und Rosie ins Kreuzverhör, denn beide hätten ebenso gut wie ich Bäumer erschlagen können.
Was sie mir voraus hatten(Komma) war ihr Alibi. Sie waren zusammen in der Wohnung. Bäumer sei nur eben in den Laden gegangen, um eine Unterlage zu suchen, und nicht wiedergekommen. Einige Telefonanrufe, die sie entgegengenommen hatten, bestätigten ihre Anwesenheit, was an sich aber belanglos für ihr Alibi war. Entscheidend aber war, das Gericht unterstellte, sie hätten kein Motiv.
Ich hatte ein Motiv, den Schlüssel und kein Alibi. Mein Verhalten vor dem Mord untermauerte die Vermutung eines nicht zu bändigenden Hasses auf Bäumer. Zusammen mit dem verheimlichten Schlüssel addierte sich Hass und Heimtücke zu lebenslangem Gefängnis.
Meine Einlassung, ich hätte den Schlüssel vor Jahren verlegt, dieses Herrn Wittig berichtet und einen neuen Schlüssel erhalten, wurde von Wittig nicht bestätigt.
Ich kam in die Haftanstalt Werl. Die ersten Jahre ließen mich ständig hart am Selbstmord vorbeischlittern. Was mich am Leben erhielt(Komma) war meine Unschuld und die Musik. Die vielen Partituren, in die ich mich in den letzten zehn Jahren vertieft hatte, standen auf, erhoben sich in mir, wurden instrumentlose, lebendige Musik in meinem Inneren, ließen die Zeit zur Belanglosigkeit schrumpfen.
Gewöhnung trat ein. Beziehungsmörder sind in den Anstalten beliebt, weil ungefährlich. Kaum je wieder würde sich eine Konstellation in ihrem Leben ergeben, wie die, die sie zu Tätern werden ließ.
Ich arbeitete in der Schreinerei und baute mir in der Freizeit eine Geige. War äußerst schwierig, dies mit dem Prinzip Versuch und Irrtum hinzukriegen. Als die Geige endlich fertig war und ich sie mit erstem Spiel einweihen wollte, ließ der Direktor mich rufen.(Leerfeld)"Ich will miterleben, wie meine Anstalt Geigenbauanstalt wird,(kein Komma)"(Komma) scherzte er.
Ich wählte, wie konnte es anders sein, das Mendelsohnsche Violinkonzert, spielte den Part der ersten Geige. Als ich fertig war, stand ich vor einem sprachlosen Direktor.

"Knechties, sie sind ein Genie,(kein Komma)"(Komma) stotterte er. "Ein solcher Künstler in meinem Hause! Niemand hat es geahnt! Wie lange sind Sie schon bei uns? Was, acht Jahre erst? Herrlich! Da haben wir ja noch ganz viel von Ihnen! Mensch, Knechties, das organisiere ich, nein, meine Frau natürlich!
Hier in Werl, wo wirklich Kultursteppe ist, sowas! Sie können oft raus, man wird sich um Sie reißen. In Hamm gibt es einen Konzertverein, die tun sich schwer, erstrangige Künstler zu engagieren. Wer will schon in Hamm konzertieren?
Die müssen Ihnen, ganz klar, Honorar zahlen. Auszahlen kann ich Ihnen nur eine kleine Summe pro Monat, aber den Rest legen wir gut an. Wenn [red] ihre [/red] Haft zu Ende ist, kommt Ihnen das sicher gelegen."

So vergingen vier weitere Jahre meiner Gefangenschaft, die ich dank des Engagements des Direktors für meine Kunst kaum als beschränkend empfand. Ich trat in Soest, in Hamm, in Münster und Dortmund auf, immer incognito, was Spekulationen über meine Identität ins Kraut schießen ließ. Keine Feier des Gefängnispersonals, Hochzeiten, Konfirmationen, Lossprechungen und alle erdenklichen Ehrungen, die Bürger einander antun, die ich nicht mit meiner Musik untermalt hätte.
Dann, es traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel, starb mein Gönner.
Sein Nachfolger, ein stockkonservativer enger Zuchtmeister im schlimmsten Sinne, strich meine sämtlichen Privilegien. Sogar das Spielen in meiner Zelle wurde mir genommen, es störe die Ruhe, befand er.
Es half auch nicht, dass von außen, bis zum Ministerium alles unternommen wurde, mich für das kulturelle Leben der Stadt zu reklamieren. Die nächsten drei Jahre war ich wieder ein normaler Strafgefangener. Doch dann kam die Wende!
Herr Wittig verstarb, seinem Testament war ein Geständnis beigelegt. Wittig beschrieb minutiös, wie er die Tat begangen hatte.
Hätte die Polizei nicht von Anfang an mit zweierlei Maß gemessen, Wittig und seine Tochter ordentlich vernommen, wäre es nicht so ohne weiteres zu meiner Verurteilung gekommen.
Wittig hatte seinen Schwiegersohn ins Büro geschickt, um eine Akte zu holen. Das Schriftstück hatte er so versteckt, dass es nicht schnell zu finden war. Er selbst ging angeblich zur Toilette, in Wirklichkeit schlich er sich hinter seinen die Akte suchenden Schwiegersohn und erschlug ihn.
Er hatte nicht beabsichtigt, mir die Tat in die Schuhe zu schieben, schrieb er, vielmehr wollte er sich, nachdem Bäumer beseitigt war, mit mir aussöhnen.
Wie er sich das vorgestellt hat, blieb sein Geheimnis.
Einen Monat später war ich frei. Haftentschädigung konnte ich keine beanspruchen, das Gericht hatte mich in gutem Glauben verurteilt."

Nachdem ich geendet hatte, war erst einmal Stille. Marten fing sich als Erster, räusperte sich und fragte:(kein Absatz)
"Als Sie sich am Konservatorium bewarben, man Sie abwies, konterten Sie doch nach kurzer Zeit mit den neu eingespielten Tonbändern alà Menuhin und Oistrach, und die Gutachter erkannten nicht, dass weder Menuhin noch Oistrach die Urheber waren?"
"Nein, jedenfalls hat mir Herr Wittig so berichtet."
"Hat Wittig Ihnen gesagt, wer die Gutachter waren?"
"Ja, Herr Marten, Sie waren der Gutachter, der mich zurückwies, und auch einer der Herren, die mein Spiel für das der beiden Virtuosen hielt."
Marten senkte den Kopf. "Kein Ruhmesblatt für mich,(kein Komma)"(Komma) gestand er,(Leerfeld)"leider, aber nicht zu ändern. Fragen möchte ich aber doch, warum sind Sie nach der gelungenen Täuschung nicht vor uns getreten und haben Ihr Recht gefordert.(besser Fragezeichen)"
"Ja, mein Recht, Herr Marten, erst einmal wusste ich nichts von meinem Recht. Weiter war ich außerordentlich unsicher, fürchtete Prüfungen, denen mein autodidaktisches Können, wie ich glaubte, nicht gewachsen sein würde. Nicht zu vergessen die Komplikationen mit Wittig.
Nach dem Rausschmiss und meinem [red] gelungenem [/red] (gelungenen) Rachefeldzug hätte ich sicher noch einmal vorgesprochen, davon gehe ich aus, nur dazu konnte es nicht kommen, wie Sie wissen."
"Herr Knechties,(kein Komma)" Epstein sah mich traurig aus seinen großen braunen Augen an,(Leerfeld)"wie lange sind Sie wieder frei?"
"Ein Jahr, warum?"
"Haben Sie nie daran gedacht (kein Leerfeld),(Leerfeld)sich zu wehren, Ihr Lebensrecht zu fordern? Sie haben diese vielen Jahre unschuldig abgesessen, wollen Sie nicht aufstehen und zu [red] Leben [/red] (leben) beginnen?"
"Es ist nicht so, dass ich nicht gelebt hätte, Herr Epstein,(kein Komma)"(Komma) wehrte ich mich.(Leerfeld)"Wie soll ich das erklären? Ich habe nie so gelebt, wie junge Leute das tun. Meine einzige Leidenschaft war die Musik. Das Gefängnis war, nachdem ich mich beschieden, meine Unschuld in Lebenskraft verwandelt hatte, wie ein Kloster für mich. Nie vorher und [red] nacher [/red] (nachher) war es mir vergönnt, so intensiv eins zu werden mit den Werken[red] Mozart’s, Schubert’s, Beethoven’s und Bruckner’s[/red] (keine Apostroph). Die Partituren ihrer [red] grossen [/red] (großen) Werke, jede einzelne Note kennt mein Gedächtnis, habe ich genossen und bearbeitet, bearbeitet und genossen. Mein Lebensrecht einfordern will ich nicht als interpretierender Künstler, ich will formen, schöpfen, schaffen. Mit einem Wort(Komma) dirigieren!"
"Das werden Sie!" Marten stürzte auf mich zu, zog mich an sich und wiederholte:(Leerfeld)"Das werden Sie, so wahr ich Ernst Marten heiße."
Da stand ich, umarmt von dem Menschen, der, wäre er ein wenig sensibler gewesen, meinem Leben äußeren Erfolg hätte bescheren können.

Ob ich geworden wäre(Komma) wie ich heute bin, Musik einziges Glück, Quell unsagbarer Daseinsfreude? [red] ich [/red] (Ich) glaube es nicht. Keine Nacht vergeht, ohne dass ich nicht voll Sehnsucht der klösterlichen Abgeschiedenheit meiner Zelle in Werl nachtraure. Der ständige Lärm, das Klopfen, Schreien, Kratzen, Schaben, Fluchen, Brüllen, der die Anstalt unablässig erfüllte, drang nie in mein Inneres vor.
Ich konnte mit schreien, mit brüllen, manchmal ging’s nicht anders, um zu überleben, doch es drang nicht durch zu mir. Prallte ab an der Schale meiner inneren Zelle, in der ich unverletzbar hauste.
Selbst nachdem meine Privilegien gestrichen worden waren, traf mich das nicht wirklich, hatte ich doch jetzt wieder die Muße, mich völlig in eine Partitur zu versenken, sie zu studieren, zu versuchen, mich in die Seele ihres Schöpfers zu stehlen, teilzunehmen am Prozess ihres Werdens.

Jetzt versprach mir Marten, und ich zweifelte nicht am Ernst seiner Worte, die Erfüllung eines Wunschtraums. Ich würde vor einem Orchester stehen, meine Sicht von Musik den Menschen vermitteln dürfen. Wunsch wäre erfüllt, Traum Realität. Doch die Wirklichkeit, der Alltag, wie ging ich damit um? Vielleicht würde die Schale zerbrechen, das Gespinst des Kokons zerreißen, in dem ich so trefflich behaust war?
Wie würde ich absehbare Kritik verkraften, die meine Interpretationen[blue] zerpflücken[/blue] (zerpflückt), wenn nicht gnadenlos verreißen würde. Wie war meines Gönners Ohr beschaffen? Hatte er nicht schon bewiesen, wie wenig einfühlsam, oder milder, der Konvention der alltäglichen Auffassung verhaftet er war? Wäre er wirklich in der Lage, mich zu stützen, zu mir zu stehen? Fragen kann ich ihn nicht, fragen kann ich nur mich, und ich weiß keine Antwort.

Ich löste mich behutsam aus seiner Umarmung, erklärte ihm, wobei ich mit einem Blick die ärztliche Unterstützung seiner Tochter einwarb, es wäre ganz einfach zu viel für mich, jetzt und hier eine Entscheidung, gleich welcher Art(Komma) zu treffen.
"Wie meinen Sie das, gleich welcher Art?"(Komma) fragte Marten.
"Lieber Herr Marten, es betrifft alle Ihre hochherzigen Angebote, auch das(Komma) bei Ihnen zu wohnen. Bitte verstehen Sie meine Situation. Sie sehen mich hängen,(kein Komma) zwischen Armenküche und Amati! So schnell verkrafte ich das nicht!"
"Vater,(kein Komma)"(Komma) schaltete Lena sich ein,(Leerfeld)"sei bitte vorsichtig! Herr Knechties muss seine Situation verdauen. Bestürme ihn nicht! Gute Nachricht kann ebenso stressig sein wie schlechte. Ganz besonders, wenn eine Psyche alles von Außen kommende als schlecht erfahren hat. Er weiß, was er an dir hat, lass ihn sich finden!"
"Danke, Frau Lena,(kein Komma)" [red] ich [/red] (Ich) nahm ihre Hand,(besser Punkt) "Sie treffen ins Schwarze, ich brauche Zeit und möchte Sie alle bitten, mich jetzt gehen zu lassen. Es war ein bemerkenswerter Tag für mich, sicher der absonderlichste meines Lebens. Ich melde mich, sobald ich Land sehe." Ich verabschiedete mich, und das war’s.
Die Konsequenz meines jetzt schon, noch in der Minute des Weggehens unwiderruflichen Entschlusses, war klar. Nie Amati, Dirigieren, atemlose Bewunderung. Doch auch nie abhängig, immer ich sein! Meine in bittersten Stunden erworbene Fähigkeit, Musik und Glück als eins zu empfinden, bewahren. Wie(getrennt)viel Zeit verlöre ich beim Verbeugen, Bedanken und Wichtigsein. War das Hochmut? Musste ich prüfen. Wenn es Hochmut war, dann gegenüber Dingen. Habe nie, auch nicht vor dem Gefängnis, mit Dingen gelebt. Musik ist mein Leben.

Karl, jahrelang mein Zellennachbar, kochte im Geist. Kochbücher lesen und schmecken, (setze erst das schmatzen, sonst schmeckt er die Bücher) schmatzen, Duft von nur in seiner Vorstellung Gebratenem, Gesottenem oder Gekochtem, mit geschlossenen Augen tief einatmen, mir dabei erzählen, was er schmeckte, roch. Erzählen, wie er den Raum, in dem aufgetragen würde, geschmückt hatte. Welche Blumen er ausgesucht, nach Farbe und Form. Welche Tischwäsche, welches Tafelsilber. Es beschreiben mit allen Nuancen, wenn es ein Menü zu besonderem Anlass war: Meißen. Ich kann nur unvollkommen wiedergeben, wie er Besteck, Tischwäsche und Meißen beschrieb. Rosen, Veilchen, schimmerndes Porzellan, Goldrand, gediegene Henkel und Deckelknöpfe. Konnte mich nicht mitnehmen lassen in sein Fantasieland der vorgestellten Genüsse. Mitgerissen hat mich die Verklärung dieses seit bald zwanzig Jahren wegen Raubmordes büßenden Heiligen. Seine Kraft, sein unbeugsamer Entschluss, Mensch zu bleiben, dessen Vehikel die Kochbücher waren. Karl sprach nie von Zukunft, weil er keine wollte. Im Moment der Entlassung würde sein Meißen zerbrechen, seine Tischwäsche beschmutzt, sein Tafelsilber verloren sein. Als er wegen guter Führung und günstiger Prognose entlassen werden sollte, hängte er sich auf.

Ich bin draußen, komme zurecht, muss mich ein wenig mehr um mich kümmern. Muss nahrhaft und regelmäßig essen. Darf nicht in der Stadt bleiben, nicht in Köln. Werl oder Soest könnten passen. Bei Hochzeiten aufspielen, im örtlichen Musikverein dabei sein. Es gab die Hilfe für Ehemalige. Hatte ich in meiner Verwirrung nach der Entlassung alles ausgeschlagen. So konnte ein bescheidener Anfang aussehen, der immer bescheiden bleiben sollte.
Meine paar Sachen hatte ich schnell gepackt. Als ich mich von der Leiterin des Heims verabschiedete, drang die noch einmal in mich: "Essen, Herr Knechties, gesund und regelmäßig essen. Bei Ihrer bescheidenen Lebensführung ohne Rauchen und Trinken bleibt doch genug von der Stütze, um anständig essen zu können. Hier haben Sie Ihr Sparbuch, da sind fast Zwölftausend Mark drauf, warum verbrauchen Sie das Geld nicht?"
Jetzt, im Zug auf der Rückfahrt nach Werl, ausgerechnet nach Werl, innerlich grinste ich. Werl! Aber Köln? Was war mir Köln? Kalt, laut und viel zu schnell. Wussten die Menschen überhaupt, was sie taten?
Einer sagte mir, als ich ihn fragte: "Wie meinst du das? Arbeiten muss man doch, sonst läuft nix. Nach der Arbeit nach Haus, [red] bist [/red] (bis) du da bist, sind je nachdem, zehn, elf Stunden um. Ja und dann? Essen, mit en Fläsch Bier vor die Glotz, dat is et. Int Bett, die Frau kurz in de Arm, schon schellt der Wecker. Dat geht so, biste in Rente bist.(Anführungszeichen)

Nicht mein Ding. Frau, brauchte ich eine Frau? Nach momentanem Empfinden, nein. Hatte mich nie an dem endlosen Gequassel über Frauen beteiligt. Trieb, was war mir Trieb? Hatte ich im Griff, lebte in freiwilligem Zölibat. Als erstes werde ich zum Lippert gehen, unserem Knastpfarrer. Mit dem konnte ich immer gut, der würde verstehen, was ich mit bescheidenem Leben meinte. Ein wenig bang ist mir schon, kenne Werl von meinen Auftritten. Die Stadt von Freigängen, die Hauptstrasse, das Schwimmbad, das Stadtcafé, was sonst? Mehr erinnere ich nicht. Menschen? Nein, kaum Menschen.
Ließ sich aber gut an. Pastor Lippert war noch immer Gefängnisgeistlicher. Habe ihm kurz geschildert, wie Freiheit für mich aussehen könnte, aber nicht sollte. Hat nicht gesagt, er verstände das. Hat zugehört, manchmal genickt. Seine Gläubigen sind die ohne Hoffnung, das färbt ab.
"Ich hätte einen Vorschlag, können Sie sich überlegen. Ich [red] muß [/red] weg, bin gegen Abend zurück, bis dahin."
OK Pfarrer, erst mal danke. Er hat mir vorgeschlagen, bei ihm im Pastorat zu wohnen. Platz sei genug, hier haben früher vier Kapläne, Haushälterin, Küchenhilfen und ein Pastor gewohnt. Jetzt hause er hier allein. Gesellschaft sei ihm hochwillkommen.
Der Lippert und ich? Könnte klappen. Ich mache die Hausarbeit, koche. Kann ich noch nicht, lässt sich aber lernen. Lippert könnt leicht zu Leuten Kontakte knüpfen, die einen Spielmann brauchen. Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen. Hatten wir alles schon. Käme von der Sozialhilfe los, fühlt sich schlecht an, die Abhängigkeit.
Wohne jetzt im Pastorat. Habe ein Schlafzimmer, nicht größer als eine Zelle, daran anschließend Bad und Toilette, dazu ein Riesenwohnzimmer. Kostenpunkt: Null! Geht nicht auf Dauer, wenn ich verdiene, ist Miete fällig, sonst gibt es Ärger mit der Diözese.
Als ich einwilligte, bei ihm zu wohnen, meinte er: "Vorsicht, Otto, guck, ob es dir gefällt."
"Wird mir schon gefallen, Herr Pfarrer, bin Luxus gewohnt, Sie kennen meine langjährige Bleibe."
"Ja, kenne ich, Otto, aber ansehen [red] muß [/red] (musst) du die Bude. Noch was, ich bin der Klaus, lassen wir den Pfarrer im Knast, da kennt der sich aus."
Das war vor einem Jahr. Mittlerweile hab ich acht Kilo zugenommen und zahle Miete. Dreihundert Mark im Monat, warm, weil meine Hausarbeit gegen(getrennt)gerechnet wird. Der Klaus hat sich mit der Diözese gefetzt wie ein Marktschreier, die wollten partout nichts wissen von unserem Arrangement.
"Ich begreife nicht, was die sich rausnehmen", hat er gestöhnt.(Leerfeld)"Nirgendwo übe ich Demut so sehr wie vor unserer allchristlichsten Bürokratie. Das Haus steht seit Jahren leer, niemanden kümmert das. Meine sämtlichen Vorschläge, eine kinderreiche, ergo arme Familie(Komma) hier mitwohnen zu lassen, abgeschlagen. Mein Einwand, ich fühlte mich allein, Familienanbindung täte meiner Psyche wohl, überhört. Das viel zu große Haus grundsätzlich sozialverträglich zu vermieten, unbeantwortet. Dabei herrscht Mangel an Priestern wie nie zuvor.
Ich bin Priester wie du Musiker. Nicht wegen Sicherheit oder Geld, da lachen die Hühner. Ich hätte beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt, stiege ich aus. Aber meine Berufung, ich sehe das so, und die dämliche Diözese haben nichts miteinander zu tun. Einem von den Leidenden im Bau geholfen zu haben, wenn auch nur für kurze Zeit, wiegt allen Ärger auf".
Klaus hat mir Arbeit in Fülle verschafft. Ich bin jetzt steuerzahlender Bürger mit allen Rechten und Pflichten. Der Zustand, über den [red] jederman [/red] (jedermann) ohne Unterlass jammert, macht mich stolz. Es ist wie zu meines leider so plötzlich verstorbenen Gönners, des Gefängnisdirektors, Zeiten. Ich bin ständig ausgebucht. Dazu, ich wage es kaum zu denken, fühle ich mich so anders wie nie! Klaus nennt diesen Zustand Glück. Glück, glaubte ich, wäre mir nur die Musik, doch ich sehe freudig ein, Glück ist wie eine Melodie, gesegnet mit nicht auslotbarem Spektrum.
Ein Partikel dieses Spektrums, nein zwei Partikel, zwei, sind Silva und ich. Silva ist vor zehn Jahren aus Bosnien nach Werl gekommen. Sie hat Asyl beantragt und erhalten. Ich habe sie nie gefragt, warum. Klaus sagte:(Leerfeld)"Frage sie nie! Sollte sie dir erzählen wollen, nimm ihre Hand, hör zu. Gib ihr so viel Sicherheit, wie du geben kannst. Sei ihr Freund, ohne Mann zu sein. Für ihr [red] Unbewußtes [/red] (Unbewusstes) sind Männer, ich kann es nicht ausdrücken, sagte ich Tiere, ich würde die Kreatur beleidigen. Teufel wäre das Wort, wären Teufel uns noch gegenwärtig als die Inkarnation des Bösen. Sie ist therapiert worden, sie kann leben. Du verstehst, Otto?"
Ich konnte ihm fest versprechen, wie sehr ich verstand.
Seitdem gibt es Silva. Sie besucht uns im Pastorat, ich lasse meine Violine die Liebe singen. Hört sich kitschig an, ist aber so. Meine Geige spielt mich. Liebe. Mir ganz und gar unbekanntes Land. Terra incognita. Weite, horizontlose Weite, Unendlichkeit und doch so nah, ganz nah. Sehe Silva den Stürzen und Aufschwüngen, dem Himmelsflug der Töne folgen, bin mit ihr, steige auf, sehe das nicht Sichtbare, fühle uns verflochten in das gewaltige Rad der Schöpfung. Nie käme mir ein verräterisches Wort über die Lippen.

Der Teil, wo er seinen Lebenslauf erzählt, könnte gekürzt werden, der Teil danach könnte stellenweise noch stärker ausgearbeitet werden.
Versuche, die Querstriche herauszunehmen (haben sich oft bei Anführungszeichen eingeschlichen).
Erklärst du mir bitte, was ne Lossprechung ist? Das hab ich noch nie gehört, bin Ostberliner. lg
 

sekers

Mitglied
bitte andere Saiten aufziehen

Hallo Haarkranz,


diese Geschichte hat gegen Ende den Satz:
Hört sich kitschig an, ist aber so.
Viel mehr ist dazu auch nicht zu sagen. Es werden viele Versatzstücke bemüht, für mich ärgerlich ist

Sanft aber beharrlich die C-Saite solange streichen, bis sie klingt. Streichen nicht kratzen.
Weil eine Geige mit einer C-Saite musst Du erst erfinden.

Und sag jetzt bitte nicht, ach so.

Erschüttert

G.
 



 
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