Die Glühlinge: Woher die Glühlinge kommen

sabine simon

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Die Glühlinge: Woher die Glühlinge kommen


Am Anfang war das große Nichts.
Und einer, der der Schöpfer der Glühlinge sein wollte, runzelte die Stirn.
Dann erschuf er ein Blatt.
Lange sah er das grüne gezackte Ding an.
"Hm," flüsterte er.
Während er darüber nachdachte, wie so ein Glühling aussehen könnte, wackelte das Blatt ein ganz klein wenig.
Dann schmunzelte er und sah vorsichtig, ganz vorsichtig unter das Blatt.
Als er ein kleines helles Licht erblickte, schmunzelte er und dachte: "Na also!"

Der Schöpfer der Glühlinge ließ das kleine grüne Blättchen ein paar Tage ruhen.
Es wurde braun und bröckelig.
Eines Morgens sah er, dass ringsum an dem Bröckelblatt Ecken abgefressen waren, regelrecht abgeknuspert.
Da strahlte er und dachte bei sich: "Jetzt geht es also los!"

Er wartete noch ein paar Tage, bis die Knusperlöcher ein wenig größer geworden waren .
Dann legte er ein frisches grünes, so richtig leckeres Apfelbaumblatt neben das alte krumpelige Bröckelblatt, setzte sich daneben und wartete ab.

Seine Geduld wurde belohnt. Ein winziges gelbes Lichtpünktchen schaute darunter hervor. Der Schöpfer der Glühlinge lächelte.
"Na, da bist du ja!"
Das Licht ruckte ein ganz klein wenig.
Es bewegte sich ein ganz klein wenig nach links und dann nach rechts.

"Du darfst ruhig ganz rauskommen..." Er sprach das kleine Dingelchen an, aber es schlüpfte hastig zurück unter das Knurpelblatt.

So ein Glühlingschöpfer muss also Geduld haben und die hatte er. Köpfchen aber auch. Denn er suchte jetzt ein besonders schönes, exquisit zartgrünes schmackhaftes Blättchen.
Das legte er vor das Knusperloch.
Lange brauchte er nicht zu warten.
Das Lichtchen lugte unter dem Knusperblatt hervor, erst nach links, dann nach rechts, wartete kurz ab, und traute sich dann schnell hervor.

Der Schöpfer ließ es in aller Gemütsruhe knuspern. Irgendwann hörte die leise Schmatzerei auf.
Das rundliche gelbe Leuchten setzte sich und streckte alle Viere von sich. "Huiiiiii," klingelte es. Dann sah es hoch zu seinem Schöpfer, mit großen braunen Augen. "Wer bist denn du?"

Sein Schöpfer grinste und freute sich geradezu kindlich. "Ach, das ist nicht so wichtig, wer ich bin. Hauptsache, du fühlst dich wohl."
Das gelbe Ding nickte. "Das mag sein, dass es dir nicht so wichtig ist, wer du bist, aber ich möchte es trotzdem wissen, und vor allem, wer ich bin. Ich bin auf einmal hier, ich weiß nicht, woher ich komme, nur, dass das grüne Dings geschmeckt hat."

Jetzt strahlte das Schöpferwesen vor Stolz. "Du bist ein Glühling, gerade geboren, und zwar der allererste, den es gibt, und da dir dein erstes grünes Blättchen geschmeckt hat, brauchst du mich nicht mehr. Ab jetzt kommst du wohl alleine klar, wenn du andere Glühlinge triffst, und das wird bald passieren, dann sag ihnen, dass du der Chefglühling bist."
Das gelbe Dingelchen kuckte und kuckte. Dann stammelte es: "Hä?"

Der Schöpfer grinste. "Das war zu schnell. Also, ganz langsam von vorn. Ich erschaffe gerne was, das macht riesigen Spaß. Wenn es etwas gibt, was es vorher nie gab.Verstanden?"
Das Mini-Lichtchen nickte.
Er fuhr fort: "Und jetzt hatte ich eben mal Lust, Glühlinge erschaffen."
Das gelbe Ding nickte wieder.
Und sah den Schöpfer erwartungsvoll an:" Und?" - "Na, ja, da bist du nun."

Jetzt kuckte der Glühling ungehalten. "Ich hab schon gemerkt, dass ich hier bin. Aber: Was bin ich, wer bin ich, ein Glühling, was soll denn das sein. Man kann doch keine neuen Wesen erschaffen, wie man eine neue Torte erfindet. Du kannst mir wenigstens schon mehr sagen, als, du bist ein Glühling, nun sei mal begeistert."

Jetzt kuckte der Schöpfer etwas verlegen. "Offen gestanden, macht mir Wesen erschaffen so viel Spaß, dass ich darüber nicht nachgedacht habe. Ich wollte etwas haben so hell und freundlich wie eine Flamme, so klein und leicht wie eine Fliege und so witzig wie ein Clown."

Aber der Glühling lachte nicht darüber. "Ich find das nicht komisch, oder siehst du, dass ich lache?. Ich hab das Gefühl, beim nächsten Windstoß wegzufliegen und ich hoffe, du trittst nicht auf mich drauf. Das ist eigentlich so das Wichtigste, was mich im Moment beschäftigt."


"Ui-ui-ui," der frisch kritisierte Erschaffer kratzte sich am Kopf. "Das wollte ich nicht. Ich glaube, das muss ich etwas nachbessern. Also: Ich finde, du solltest schöne Musik machen können, und...."
In dem Moment kam ein Windstoß und wehte das Mini-Licht weg. Jetzt bekam der Glühling-Schöpfer ein ungutes Gefühl. "Was hab ich da getan? Das Ding kommt doch alleine nicht klar. Oje-oje, und dann aber fehlen auch noch - wo sind denn die anderen Glühlinge?"

Er sah sich die anderen herumliegenden krumpeligen Blätter genauer an, die hatten schon Knusperlöcher. Jetzt bekam er erst so richtige Schöpfer-Panik, denn wenn die anderen Lichtchen rauskrochen, und da kam wieder Wind und weht sie weg.

Also verbot er kurzzeitig dem Wind zu wehen. Und suchte, ganz sorgfältig. Und noch genauer.

Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er hatte schon viele Wesen erschaffen, aber es war noch nie passiert, das eins weggeweht wurde. "Was bin ich nur für ein Riesendummkopf," rief er, der sich jetzt gar nicht mehr wie Schöpfer fühlte, laut.

"Da pflichte ich dir bei," klingelte es hinter dem Apfelbaum.

"Wo bist du, Glühling?" flüsterte der verwirrte und jetzt überhaupt nicht mehr so von sich überzeugte Schöpfer. "Ich traue mich nicht, mich zu bewegen."

"Das ist auch besser so, und pass auf, dass die anderen Glühlinge nur rauskommen, wenn es windstill ist und du nicht herumtrampelst." Der, dem das Erschaffen nun nicht mehr so leicht und witzig vorkam, schaute ratlos in die Runde. "Kuck nicht so, ich bin hinter dem Apfelbaumstamm, im Windschatten natürlich, damit nichts passiert."

Der Glühling-Erfinder stand weiter ratlos in der Gegend rum und musste sich eine Strafpredigt anhören. "Du könntest mir schon mal helfen, wenn du so einen Quatsch machst. Hast du gedacht, du bist Gott? Also, erschaff mir mal eine hübsche Asthöhle hier in dem Apfelbaum." Der entthronte Schöpfer beeilte sich. Denn Asthöhlen, das war einfach.

"Und jetzt halt weiter den Wind an, bis alle Glühlinge unter den Blättern hervorgekrochen sind. Ich klingle sie an." Der Schöpfer stutzte. "Was ist das anklingeln?" "Booh ey, " sagte der Glühling. "Das ist mal was, was du nicht weißt, und das ist nicht schlimm. Wenn ich mich hier aufhalte, dir zu erklären, was das ist, läuft irgendein Glühling bestimmt in die falsche Richtung. Also, pass auf den Wind auf, halt deine großen Füße ganz still, und schau, ob unter jedem Blatt ein Glühling hervorkommt." "Mach ich," akzeptierte der Schöpfer, der keiner mehr war, letztlich ganz froh über klare Anweisungen und darüber, dass der Chef-Glühling ihn aus dem Schlamassel rausholte.

Offensichtlich war der ein echter Chef.

Als ein leises, hohes Klingeln ertönte, kamen lauter kleine blinkende Lichtlein unter den Blättern hervorgekrabbelt, stellten sich ordentlich in einer Reihe auf und marschierten schnurstracks auf den Apfelbaum zu.

Der Ex-Schöpfer passte genau auf, dass unter jedem Blatt eins hervorkam und sich in die Reihe stellte, und tatsächlich, eins lief genau in die andere Richtung. Der Ex wollte gerade den Mund aufmachen, da ertönte ein leises klingliges Rufen: "Randolph, stell dich sofort in deine Reihe!" Und zack, stand Randolph als letztes in der Glühlingreihe und trippelte geradewegs auf den Apfelbaum zu, den Stamm hinauf und verschwand dann in der Asthöhle.

Dann kam ein neues Klingelkommando:" Wir sind alle oben, der Wind darf wieder wehen, du darfst mit deinen dicken Füssen wieder herumtrampeln." Der Ex war etwas ungehalten und beschwerte sich über den Begriff "dicke Füsse".

Da kam er aber beim Chef-Glühling gar nicht gut an. "Aus unserer Sicht sind das Riesendickmopsfüsse, erschaff dich mal selber so klein, dann kannst du dir selbst so was ansehen." Vorsichtig erkundigte der Ex-Erschaffer sich noch, ob sie sich denn in der Höhle auch ganz bestimmt alle wohlfühlten, aber er merkte bald, dass der Chef-Glühling keine Lust auf Gespräche und viel Arbeit mit den Glühlingen hatte, und so ließ er vor dem Astloch eine große Menge leckerer Blätter wachsen und schlich sich beschämt davon, dachte aber auch leise lächelnd: "Wer so gut kommandieren kann, der kommt auch klar." Und er nahm sich fest vor, sich ein anderes Hobby als das Erschaffen zu suchen.

Das Chef-Glühling sah ihm ebenfalls nach und dachte leise klingelnd: "Wir haben es warm und windgeschützt, wir haben leckere Apfelblätter, aber irgendwie wüsste ich schon gerne, was der sich dabei gedacht hat, Glühlinge zu erschaffen..."
 

Sabrina

Mitglied
Mir gefallen deine Einfälle sehr. Die Titel und "Klappentexte" machen Lust auf mehr.
Gut wäre, wenn du die Texte vor Veröffentlichung nochmal nach Stimmigkeit und Wortwiederholungen durchgehst.

Beispiel:

Im ersten Absatz flüsterte der Schöpfer "Hm". Ich und meine Kinder haben nun versucht Hm zu flüstern. Das war sehr lustig...

Besser wäre: "Hm", er dachte nach wie so ein Glühling.....

Und im ersten Absatz schmuntzelt er zwei Sätze hintereinander.
 



 
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