Die Helden der spitzen Feder

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Waltero

Mitglied
22. Die Helden der spitzen Feder



Man kann hier in Thailand die verrücktesten Dinge anstellen, angefangen vom Dschungeltrekking bis hin zum Bungee-Jumping. Die ganz Verwegenen schwingen sich an Seilen durch den Dschungel und essen anschließend noch ein Omelett mit Magic Mushrooms. (Das sind ganz spezielle Pilze, die auf Büffelscheiße wachsen und der Welt noch etwas mehr Farbe geben. Der Sebastian verzehrt die psychedelische Eierspeise hier regelmäßig zum Frühstück, weil diese heimische Spezialität seine Verdauung so richtig in Schwung bringt.) Wenn’s nach mir ginge, wäre ich auch überall dabei. Da es aber wieder mal nicht nach mir geht, schließe ich mich der Argumentation meiner Frau an, die da lautet: >Für das Bungee-Jumping bist du viel zu schwer und vom Omelett bekommst du mit ziemlicher Sicherheit einen Darmverschluss!<
Da sich die schlagkräftigeren Argumente leider wieder mal alle auf der Seite meiner Frau versammelt haben, lege ich mich in den Schatten und lese ein Buch. Natürlich mache ich nicht allzu lange auf „beleidigte Leberwurst“, denn ich liebe meine Helden, die Meister des geschriebenen Wortes und der geschmeidigen Feder. Nur allzu gerne lasse ich mich durch ihre Geschichten verzaubern, die in kürzester Zeit meine Fantasie anregen und Bilder wie im Kino vor meinem geistigen Auge ablaufen lassen.
Eines ist mir allerdings schleierhaft: Wie kann ein Schreiberling auf die dämliche Idee kommen, sich selbst und seine Familie via Foto auf dem Umschlag seines Buches zu präsentieren? Das kann leicht ins Auge gehen, wenn man beispielsweise wie Axel Hacke über „Das Beste aus meinem Leben“ schreibt. In diesem speziellen Fall ist ein Männlein auf dem Umschlag abgelichtet, das in etwa so aussieht, als wäre es der Zwillingsbruder von Woody Allen. (Hab ich schon mal erwähnt, aber bei jedem Hinschauen wird die Ähnlichkeit verblüffender!)
War das etwa ein braunes Cordsakko?
>D Mamma hod gsogt, des graislige Kanapäh schmaiß ma auf’m Misthaufa, aba d’ Oma hod aus’m Bezug dann doch noh a Jackn gnaht<, würde der Sebastian in diesem speziellen Fall wohl sagen. Ich mach mir gleich in die Hose!
Dieses Bild passt perfekt zu einigen seiner Abenteuer, die sich im Dschungel des Lebens abspielten. Er schreibt beispielsweise in einer seiner Geschichten, dass ihn eines schönen Tages beinahe ein Radfahrer über den Haufen gefahren hätte, was ja an sich noch nicht wirklich aufregend ist. So weit so gut, aber jetzt steigert sich die Geschichte ins Grande Finale. „El Furioso!“ Er berichtet folgendermaßen:
>Wie laut muss ich denn noch klingeln?<, droht der Radfah-rer, während ich mir (also der Axel) die Watte aus den Ohren ziehe.
>Haben Sie was an den Ohren?<
>Ich nicht,< sage ich (also der Axel) und schnippe mit den Fingern einen Zwiebelwattebausch in sein verständnisloses Gesicht.
„Hört, hört, hört!“ Das Ganze grenzt ja fast schon an die Verletzung der Menschenwürde des armen Radfahrers! Eine meiner inneren Stimmen meint ganz empört, dass es sich hierbei um einen Fall für Amnesty International handeln würde. Nachdem ich diesen Satz wiederholt gelesen habe und von seiner gesamten Wucht getroffen werde, schaue ich mir das Männlein auf dem Foto noch einmal genauer an. Geschlecht: männlich, Lebendgewicht: ca. 52 Kilo, besondere Merkmale: keine, äh ein braunes Cordsakko.
Ich bin ja wahrlich kein Zyniker, aber der Radfahrer, der von Axel auf die übelste Weise beleidigt wurde, hatte mit Sicherheit zwei Fahrstützen am Hinterrad montiert und war in etwa fünf Jahre alt. Wäre er fünf Jahre älter gewesen, hätte er dem kleinen Axel wahrscheinlich seine gebrauchten, in Zwiebel getunkten Ohrenwattestöpsel verspeisen lassen. Diese Geschichte, die ihren speziellen, tiefgründigen Witz eigentlich erst vollständig entfaltet, wenn man sich das Bild des Autoren dazu noch mal genau anschaut, hat mich Folgendes gelehrt:
Sollte mich das Leben einmal zutiefst langweilen und ich den Entschluss fassen, andere ebenfalls abgrundtief zu langweilen, indem ich „Das Schrägste aus meinem Leben“ zu Papier bringe, dann werde ich niemals ein Bild von mir auf den Buchumschlag kleben. (Obwohl meine Frau noch ein sehr interessantes Urlaubsfoto in der Hinterhand hätte!)
Wer entscheidet sich schon für die grausame Wahrheit, wenn er doch auch die Poesie haben kann?
Verzeih mir, Axel! Du kannst dich aber damit trösten, dass der Rest deiner Familie optisch wirklich sehr passabel rüberkommt. (Oder war es doch nicht Woody Allen, sondern Alfred E. Neumann aus dem „MAD-Heftchen“, an den mich der Axel so stark erinnert?) Noch ein Gedanke verfolgt mich, seitdem ich diese Geschichte in Verbindung mit seinem Foto gelesen habe.
Wer war er wirklich? Ich meine natürlich den Radfahrer!

„No more heroes“
(The Stranglers)
 

Waltero

Mitglied
Die Helden der spitzen Feder



Man kann hier in Thailand die verrücktesten Dinge anstellen, angefangen vom Dschungeltrekking bis hin zum Bungee-Jumping. Die ganz Verwegenen schwingen sich an Seilen durch den Dschungel und essen anschließend noch ein Omelett mit Magic Mushrooms. (Das sind ganz spezielle Pilze, die auf Büffelscheiße wachsen und der Welt noch etwas mehr Farbe geben. Der Sebastian verzehrt die psychedelische Eierspeise hier regelmäßig zum Frühstück, weil diese heimische Spezialität seine Verdauung so richtig in Schwung bringt.) Wenn’s nach mir ginge, wäre ich auch überall dabei. Da es aber wieder mal nicht nach mir geht, schließe ich mich der Argumentation meiner Frau an, die da lautet: >Für das Bungee-Jumping bist du viel zu schwer und vom Omelett bekommst du mit ziemlicher Sicherheit einen Darmverschluss!<
Da sich die schlagkräftigeren Argumente leider wieder mal alle auf der Seite meiner Frau versammelt haben, lege ich mich in den Schatten und lese ein Buch. Natürlich mache ich nicht allzu lange auf „beleidigte Leberwurst“, denn ich liebe meine Helden, die Meister des geschriebenen Wortes und der geschmeidigen Feder. Nur allzu gerne lasse ich mich durch ihre Geschichten verzaubern, die in kürzester Zeit meine Fantasie anregen und Bilder wie im Kino vor meinem geistigen Auge ablaufen lassen.
Eines ist mir allerdings schleierhaft: Wie kann ein Schreiberling auf die dämliche Idee kommen, sich selbst und seine Familie via Foto auf dem Umschlag seines Buches zu präsentieren? Das kann leicht ins Auge gehen, wenn man beispielsweise wie Axel Hacke über „Das Beste aus meinem Leben“ schreibt. In diesem speziellen Fall ist ein Männlein auf dem Umschlag abgelichtet, das in etwa so aussieht, als wäre es der Zwillingsbruder von Woody Allen. (Hab ich schon mal erwähnt, aber bei jedem Hinschauen wird die Ähnlichkeit verblüffender!)
War das etwa ein braunes Cordsakko?
>D Mamma hod gsogt, des graislige Kanapäh schmaiß ma auf’m Misthaufa, aba d’ Oma hod aus’m Bezug dann doch noh a Jackn gnaht<, würde der Sebastian in diesem speziellen Fall wohl sagen. Ich mach mir gleich in die Hose!
Dieses Bild passt perfekt zu einigen seiner Abenteuer, die sich im Dschungel des Lebens abspielten. Er schreibt beispielsweise in einer seiner Geschichten, dass ihn eines schönen Tages beinahe ein Radfahrer über den Haufen gefahren hätte, was ja an sich noch nicht wirklich aufregend ist. So weit so gut, aber jetzt steigert sich die Geschichte ins Grande Finale. „El Furioso!“ Er berichtet folgendermaßen:
>Wie laut muss ich denn noch klingeln?<, droht der Radfah-rer, während ich mir (also der Axel) die Watte aus den Ohren ziehe.
>Haben Sie was an den Ohren?<
>Ich nicht,< sage ich (also der Axel) und schnippe mit den Fingern einen Zwiebelwattebausch in sein verständnisloses Gesicht.
„Hört, hört, hört!“ Das Ganze grenzt ja fast schon an die Verletzung der Menschenwürde des armen Radfahrers! Eine meiner inneren Stimmen meint ganz empört, dass es sich hierbei um einen Fall für Amnesty International handeln würde. Nachdem ich diesen Satz wiederholt gelesen habe und von seiner gesamten Wucht getroffen werde, schaue ich mir das Männlein auf dem Foto noch einmal genauer an. Geschlecht: männlich, Lebendgewicht: ca. 52 Kilo, besondere Merkmale: keine, äh ein braunes Cordsakko.
Ich bin ja wahrlich kein Zyniker, aber der Radfahrer, der von Axel auf die übelste Weise beleidigt wurde, hatte mit Sicherheit zwei Fahrstützen am Hinterrad montiert und war in etwa fünf Jahre alt. Wäre er fünf Jahre älter gewesen, hätte er dem kleinen Axel wahrscheinlich seine gebrauchten, in Zwiebel getunkten Ohrenwattestöpsel verspeisen lassen. Diese Geschichte, die ihren speziellen, tiefgründigen Witz eigentlich erst vollständig entfaltet, wenn man sich das Bild des Autoren dazu noch mal genau anschaut, hat mich Folgendes gelehrt:
Sollte mich das Leben einmal zutiefst langweilen und ich den Entschluss fassen, andere ebenfalls abgrundtief zu langweilen, indem ich „Das Schrägste aus meinem Leben“ zu Papier bringe, dann werde ich niemals ein Bild von mir auf den Buchumschlag kleben. (Obwohl meine Frau noch ein sehr interessantes Urlaubsfoto in der Hinterhand hätte!)
Wer entscheidet sich schon für die grausame Wahrheit, wenn er doch auch die Poesie haben kann?
Verzeih mir, Axel! Du kannst dich aber damit trösten, dass der Rest deiner Familie optisch wirklich sehr passabel rüberkommt. (Oder war es doch nicht Woody Allen, sondern Alfred E. Neumann aus dem „MAD-Heftchen“, an den mich der Axel so stark erinnert?) Noch ein Gedanke verfolgt mich, seitdem ich diese Geschichte in Verbindung mit seinem Foto gelesen habe.
Wer war er wirklich? Ich meine natürlich den Radfahrer!

„No more heroes“
(The Stranglers)
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Waltero,

da sind wirklich (meiner Meinung nach) gute Ansätze vorhanden, doch das "tempo giusto" ist hier (für mich) überzogen. Genau daran darbt aber der Text - an der Sprengung des angemessenen (üblichen) Zeitmaßes, d.h. Du überziehst (m.M.n.) die Handlungen in ihrer Dichte.

So weit so gut, aber jetzt steigert sich die Geschichte ins Grande Finale. „El Furioso!“ Er berichtet folgendermaßen:
Nicht darüber schreiben, was passiert, sondern lass passieren, was passieren soll.

Bin mal gespannt!

LG, KaGeb
 



 
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