Die Himmel-Gmbh

3,50 Stern(e) 2 Bewertungen
Das Läuten des Weckers riss ihn aus dem Schlaf. Wie jeden Morgen. Mühsam stand er auf. Der Engel gähnte. Die letzten Fesseln des Schlafes abstreifend, ging er in die Küche und genoss ein kurzes, doch ausgiebiges, vom feinen Aroma eines guten Kaffees untermaltes, Frühstück.

Kleine Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn, als er mit kräftigen Flügelschlägen zu seinem Arbeitsplatz flog. Er teilte sich ein Büro mit drei weiteren Engeln. Mit deinem leisen Klicken klappte er den Laptop auf.
Eine ungelesene E-Mail.

"Heutige Schützlinge: Stefan 26, Student.
Heike 37, Hausfrau.
Fabian 5, Kindergarten.
Horst 45, LKW- Fahrer.

Mit freundlichen Grüßen, Gott."


Das Licht der aufgehenden Sonne tauchte die Engel in rotgoldenen Schein, als sie zu tausenden die Wolken durchbrachen.
Der Engel blickte auf die verwaisten Straßen. Der schwarze Mantel der Nacht lag noch auf der Stadt.

Horst war die Nacht durchgefahren. Immer wieder fielen ihm die Augen zu. Der Engel setzte sich neben ihn auf den Beifahrersitz. Die schweren Ketten der Müdigkeit zerrten an dem LKW-Fahrer und drohten ihn in einen verhängnisvollen Schlaf zu reißen. Doch immer Sekundenbruchteile bevor er einschlief stupste ihn der Engel leicht an und verhinderte somit einen möglicherweise fatalen Sekundenschlaf. Nach einer Weile führte er Horsts Hand vorsichtig, damit jener glaubte er führe selbst die Bewegung aus, zu der Tasse Kaffee vor ihm. Begleitet von einem zufriedenen Grunzen, nahm Horst einen tiefen Schluck. Das musste fürs erste reichen.

Der Vormittag zerrte an den Nerven des Engels. Die Kinder spielten im Garten des Kindergartens. Immer wieder musste er Fabian vor etwaigen Schürfwunden oder sonstigen kleineren Verletzungen bewahren.

Doch gab es keine Gelegenheit sich zu erholen, denn schon bereitete Heike das Mittagessen vor. In der Küche herrschte eine hektische Atmosphäre. Dies führte dazu, dass sie unachtsam wurde. Mit einer schnellen Reaktion konnte er gerade noch verhindern, dass die Finger der Frau die Herdplatte berührten. Plötzlich hörte er das Klingeln seines Handys, welches die Kakophonie der Schreie der hungrigen Kinder, die in der Küche spielten übertönte. Es war die Zentrale.
"Achtung! An alle verfügbaren Einsatzkräfte. Flugzeugabsturz nordwestlich der Stadt!"

Der Sturm tobte erbarmungslos. Die Regentropfen vermischten sich mit dem Schweiß der Engel, die unter dem Gewicht des Flugzeuges ächzten und stöhnten. Immer wieder rutschten ihre nassen Hände über das rutschige Metall. Immer wieder drohte das Flugzeug ihrem Griff zu entgleiten und in den Tod zu stürzen. das Feuer der Hoffnung der Engel das leben der Menschen zu retten, wurde beinahe erstickt durch das dunkle Tuch der schieren Ausweglosigkeit jener Situation. Dennoch schafften sie es irgendwie das Flugzeug sicher zu Boden zu bringen. Unberührt vom Dank der Passagiere, den sie dem Piloten widmeten, in Unkenntnis ihrer unsichtbaren Retter.

Erschöpft saß der Engel am Dach des Hauses. Sein Blick den Menschen folgend,die wie Wasser durch das steinerne Flußbeet der Straßen flossen. Eine stoische Maske überdeckte die meisten ihrer Gesichter, die wahren Gefühle verbergend. Nur selten durchbrach das Licht eines Lächelns die Dunkelheit der Eintönigkeit. Plötzlich überfiel den Engel die Müdigkeit, welche an ihm zerrte und ihn in den Schlaf riss.
Die Strahlen der Sonne weckten ihn, als sie über sein Gesicht strichen. Wie lange hatte er geschlafen? Unruhe überfiel ihn. Als er nach seinen Schützlingen sah, konnte er mit Erleichterung feststellen, dass sie alle noch lebten und bis auf eine kleine Wunde, die sich Fabian beim Spielen zugezogen hatte, auch unversehrt waren.

Mit einem leisen Surren strichen die Schnürrsenkel über das Leder, als sich Stefan die Fußballschuhe band. Der Engel neben ihm. Auf dem Spielfeld, der Engel neben ihm.

Langsam neigte sich der Tag seinem Ende. Der Engel fühlte sich müde. Die Flut der Erschöpfung brach über ihn herein. Die großen weißen Federn raschelten, als der Schutzengel die Flügel ausbreitete. Er flog der untergehenden Sonne entgegen. Morgen wartete ein neuer Arbeitstag.
 



 
Oben Unten