Die Idee

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Catweazle

Mitglied
Es war wie so oft, bei einer guten Idee. Er saß am Fenster und dachte an nichts Besonderes und ließ seine Gedanken treiben. Plötzlich war sie da. Erst im Kern, dann immer größer. Alles passte zusammen, und in wenigen Sekunden hatte sich aus dem Nichts ein gewaltiges, stimmiges Konstrukt erschaffen. Das war seine Idee.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch, zog sein Notizbuch aus der Schublade und fing an, seine Idee auszuarbeiten.
Ein paar Stunden später konnte er sich entspannen. Er stand auf, legte sich vors Fernsehen und ließ die Bilder an sich vorbei rauschen.

Einige Monate später war seine Idee umgesetzt. Er hielt den kleinen schwarzen Kasten in der Hand. Er konnte es immer noch nicht fassen. Es schien ihm schier unglaublich, wozu so ein so kleiner Kasten fähig sein sollte.

Gleichzeitig betrat ein kleiner, junger Mann das Kellerloch, das den Wissenschaftlern als Labor diente.
„Meister, Meister, ich habe es. Ich HABE es! Das ist, wonach Du mich geschickt hast.“
Der junge Mann war etwas untersetzt, trug einen weißen Laborkittel und eine dicke Brille.
Der Meister drehte sich zu ihm um. Auch er trug einen weißen Kittel, doch auf seiner Stirn trohnte zwischen einem Wust aus weißem Haar, eine Schweißerbrille mit verdunkelten Gläsern. Groß und dürr humpelte er auf seinen Gehilfen zu.
„Zeig her!“ befahl er ihm.
Und beide beugten sich über das Kästchen, das der junge Mann auf einen Operationstisch gelegt hatte. Im Schein der Neonröhre betrachteten beide das Werk. In der folgenden Stille, unterbrochen nur von gelegentlichem Gemurmel, hörte man das Wasser durch die alten Rohre rauschen und die Feuchtigkeit aus den moosbesetzten Kellerwänden tropfen.
Schließlich richtete sich der Alte auf.
„Du hast Recht, mein Junge. Dies hier ist eine gute Idee. Aber...“
und hier machte er eine Kunstpause,
„der Erfinder kommt zum falschen Ergebnis!“
Der junge Mann erschaudert.
„Soll ich, Meister?“
„Ja, mein Sohn, es ist soweit.“
Der junge Mann wandte sich ab und ging zu der Wand, aus der die Rohre kamen, nahm ein Ventilrad in die Hand und schaute den Alten an.
Der Alte hob die Arme.
„Und nun, mein Junge, DREH DAS RAD DER ZEIT!“

Es war wie so oft bei einer guten Idee. Er saß am Fenster und dachte an nichts Besonderes und ließ seine Gedanken treiben. Plötzlich war sie da. Erst im Kern, dann immer größer. Alles passte zusammen, und in wenigen Sekunden hatte sich aus dem Nichts ein gewaltiges, stimmiges Konstrukt erschaffen. Das war seine Idee.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch, zog sein Notizbuch aus der Schublade und fing an, seine Idee auszuarbeiten.
Ein paar Stunden später konnte er sich entspannen. Er stand auf, legte sich dann vors Fernsehen und ließ die Bilder vor sich vorbei rauschen. Plötzlich merkte er auf. Er glaubte es nicht. Dort stellte jemand SEINE Idee vor. Wenn er die Idee nicht eben erst gehabt hätte....
Ungläubig schüttelte er den Kopf.
„Alle guten Ideen scheint immer schon jemand gehabt zu haben“, dachte er traurig, als er den Fernseher ausschaltete.
 
N

nobody

Gast
Zeitreisen haben wohl ihre eigene Logik. Aber die Geschichte ist sehr gut erzählt, flüssig, spannend, die Atmosphäre kommt schön rüber. Einige kleine sprachliche Anmerkungen: Nach meinem Gefühl würde ich das Komma in dem Satz "wie so oft, bei einer guten Idee" weglassen. Auch bei "ließ die Bilder vor sich vorbei rauschen" würde mir "an sich vorbei rauschen" oder nur "ließ die Bilder vorbei rauschen" besser gefallen.
Übrigens: Dein Nickname kommt mir so bekannt vor...
Übrigens 2nd: Zeitreisen scheinen in Mode zu sein. Vgl. meinen gestrigen Beitrag "Hin und zurück" ebenfalls im Forum "Kurzgeschichten".
Gruß Franz
 

Catweazle

Mitglied
Hallo Nobody,

danke für Deinen Kommentar. Es freut mich, Dir meine erste Geschichte in diesem Forum gefallen hat. :)

Deine Vorschläge werde ich gleich mal berücksichtigen und den Text überarbeiten.

Übrigens, Catweazle habe ich hier zum ersten Mal als Nickname benutzt. :)
 
O

Orangekagebo

Gast
Gut gemacht, Catweazle. Liest sich gut und gefällig. Die Idee ist top - modern, wie nobody feststellte :) - und hat ein durchdachtes Ende.

LG, Orangekagebo
 

Catweazle

Mitglied
Hallo Orangekagebo,

vielen, vielen Dank für Deine positive Resonanz. So etwas baut auf und macht Mut weiterzumachen. :)

Gruß
Catweazle
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo Catweazle,

bin gerade erst auf deine Einstiegsgeschichte gestoßen und habe sie mit Vergnügen gelesen. Zeitreise-Geschichten sind momentan augenschenlich trendy, grins. Es gibt in deinem Text eine Stelle, die mir sprachlich nicht so gut gefällt.

Du schreibst:

Der Meister drehte sich zu ihm um. Auch er trug einen weißen Kittel, [blue]doch [/blue]auf seiner Stirn trohnte zwischen einem Wust aus weißem Haar, eine Schweißerbrille mit verdunkelten Gläsern. Hochgewachsen [blue]wie er war[/blue], humpelte er auf seinen Gehilfen zu.

Ich würde das doch weglassen, denn hier erscheint es mir wie ein Füllwort. Und das 'wie er war' kommt für mich ein wenig gedrechselt daher. Ich meine 'hochgewachsen' reicht, du nimmst dem Satz nichts damit.

Ist natürlich nur eine Anregung, der Autor hat immer das Sagen.

lieber Gruß
maerchenhexe
 

Catweazle

Mitglied
Hallo Maerchenhexe,

vielen Dank für Deinen Beitrag. Es freut mich, dass die Geschichte bei Dir so gut ankommt.
Über Deine Verbesserungsvorschläge habe ich mich ebenfalls gefreut.

Auch er trug einen weißen Kittel, [blue]doch[/blue] auf seiner Stirn trohnte zwischen einem Wust aus weißem Haar

Hier wollte ich mit dem "doch" eigentlich eine Abgrenzung des Meisters zum Gehilfen darstellen.
Der Gehilfe trägt einen weissen Kittel, ebenso wie der Meister. Dieser aber trägt zusätzlich eben noch eine Schweisserbrille....
Wirkt dann dieses doch immer noch als Füllwort? Wenn ja, werde ich es korrigieren.

Deiner zweiten Anmerkung gebe ich recht und werde es mal nachbearbeiten...

Lg
Catweazle
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo Catweazle,

ich hatte dein doch auch als abgrenzend verstanden, meine aber das braucht es nicht. Durch deine Ergänzung ist die Abgrenzung ja schon deutlich vorhanden. Wenn du dich mit dem 'doch' aber wohler fühlst, lass es bitte stehen. In erster Linie musst du dich ja mit deinem Text wohlfühlen. Ich habe nie den Anspruch, dass meine Anregungen übernommen werden.

ganz lieber Gruß
maerchenhexe
 



 
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