Die Kunst, Gewinne zu machen.

Die Kunst, Gewinne zu machen.
"Alle Welt macht Gewinne und unser Konto rutscht immer tiefer in die Minuszahlen," so empfing mich heute die treu-sorgendste aller denkbaren Ehefrauen an der Haustür. Sie trug schon das dritte Mal in dieser Woche das Blassrote, das sie im Versandhaus erstanden hatte, weil der Preis halbiert war.
Dies, und der Tonfall in ihrer Stimme, der mir noch nicht aufgefallen war, als wir uns vor einem Vierteljahrhundert kennengelernt hatten, ließ mich aufhorchen. "Welche Welt macht Gewinne?", fragte ich völlig sachlich. "Alle Welt", entgegnete die von mir Hochverehrte sybillinisch, "die Kichen, die Konzerne, die Gewerkschaften, unser Kartoffel-lieferant, die Firma, in der du beschäftigt bist, aber vor allem die Banken." Da gab ich ihr recht. "Die Banken", klärte ich sie auf, "die Banken machen Gewinne, weil sich viele, so wie ich, marktwirtschaftlich richtig verhalten und ihr Konto Überziehen. So kann die Bank Zinsen berech-nen, die in ihrer Bilanz als Gewinn erscheinen". Die Gattin schien von meiner Logik noch meilenweit entfernt zu sein und begehrte zu wissen, wieso die Bank Zinsen berechnen, wo sie doch sowieso an uns verdiene.
Ich wollte schon aufgeben, doch unser Filius, den eine
"Zwei" in Wirtschaftskunde als Experten ausweist, versuch-te mir beizuspringen: "Der Gewinn liegt im Einkauf, ihr
müsst vor allem große Mengen einkaufen! So kauft ihr min-destens zum halben Preis", dozierte er. Mir leuchtete das ein. "Ich werde mir ein Weinfass zulegen, dann muss Mutti nicht mehr zu jedem Wochenende eine sündhaft teure
Flasche einkaufen", schlug ich vor.
"Du würdest dann doppelt so viel trinken!" So wies meine unbelehrbare Gattin diesen fürsorglichen Gedanken schnöde zurück.
Unser Sohn meinte, er hätte dabei mehr an Grundnahrungs-mittel gedacht, wie zum Beispiel an Kartoffeln. "Wenn ihr eine Fuhre davon kauft, bekommt ihr sie bestimmt halb ge-schenkt", bemerkte unser Nachwuchs-Experte.
Der weibliche Mittelpunkt meiner Familie reagierte zuneh-mend unsachlicher: "Die Kartoffelmiete richten wir in deinem Zimmer ein, dort sieht es seit langem aus, wie auf einem Kartoffelacker". Darauf maulte unser Sohn, die Unord-nung sei das Einzige, was er sich von unserem Taschengeld leisten könne.
So beschloss ich, einen neuen Gedanken in die Debatte ein-zubringen: "Die Firma, in der ich beschäftigt bin, kann ihre Gewinne nur machen, weil meine Kollegen und ich, jeder einzelne von uns, ein Gewinn ist für den Chef. Das summiert sich am Ende ganz nett für ihn."
Da endlich bekam meine Gattin wieder strahlende Augen:
"Gleich morgen musst du mit deinem Chef reden, für den du ein großer Gewinn bist. So können wir am besten unsere Situation verbessern".
Sie war wieder einmal richtig stolz auf mich! "Denk daran,
Weihnachten steht vor der Tür", flötete sie noch und ging, um das blassrosa Kleid gegen ein Geblümtes auszuwechseln.
Mein Chef, der unser Gespräch anfangs noch als Gewinn für uns beide bezeichnete, war ganz Ohr, als ich ihm die kompli-zierte Gewinnverflechtung in unserem Unternehmen auseinan-dersetzte. Mehrmals nickte er sogar mit dem Kopf.
Nur seine abschließende Bemerkung irritierte mich etwas: Dass sein Unternehmen die befriedigenden Gewinne im letzten Jahr nicht durch, sondern trotz meiner Mitarbeit erreicht habe.
 
S

Sansibar

Gast
Ha

grüß dich,
gerade dein letzter Satz ist doch herb. Hast du da nicht geweint - und erst deine Holde?
Gruß SaS
 
Die Kunst, Gewinne zu machen

Danke, Kollege/in, für eure Antwort.
Ich werde eure Beiträge auch aufmerksam
verfolgen, was mir meistens Vergnügen bereitet.
PS. Sansibar: Meine Holde kennt ihren Pappenheimer!
 
S

Sansibar

Gast
noch einmal

Morgen Bernhard
auf der Lupe um vergnügliches zu finden und daher deine Geschichte noch einmal gelesen. Einiges komt mir sehr bekannt vor, z. B. das "Kartoffelackerzimmer."Eine Frage quält mich allerdings: Hat deine Holde dir inzwischen nicht beigebracht, das man teuer kaufen muß, weil das im Endefekt billiger ist? Statt Kartoffeln 1 Kilo Trüffel. Statt Blümchenkleid aus dem Sonderangebot ein Seidenfummel von Lagerfeld. Die Begründung wird dich, weil du Humor hast, nicht umhauen. Sie wird steif und fest behaupten, das hielte mindestens 20 Jahre. Glaube mir, ich kenne die Frauen!!! grins
dir einen vergnügten Tag, ob mit oder ohne Familie
saS
 



 
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