Die Oberpfalz

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solowasser

Mitglied
Die Oberpfalz ist graubraun, im Winter. Sie ist ab und zu weiß, aber nie allzu lange. Die steinigen Felder absorbieren den Schnee, was bleibt ist grauer Matsch, von Traktorspuren zerfurcht. Überhaupt Traktoren. Bahnübergänge und Traktoren, das ist die Oberpfalz, wie ich sie erinnere. Sanfte Hügel am Horizont, die Ausläufer des Bayerwaldes oder Böhmerwaldes. Es fühlt sich wie ein Böhmerwald an. Es sind böhmische Dörfer in der Oberpfalz, überall. Es ist eine böhmische Sprache, hart und melodisch zugleich. Schwer verständlich, aber was ist das schon?

Die Oberpfalz, das sind auch die Flüsse. Was gibt es? Die Vils, die Naab, der Regen. Die Donau? Die Donau hat wenig oberpfälzisches an sich. Zu erhaben, zu glatt trotz ihres Schlängelns. Der Regen, die Vils und die Naab, das sind die Adern, die das Land prägen. Schlammig, zerfurcht, verwachsen. Wildschön. Alles strebt zur Donau hin, strebt hin nach Passau, nach Wien und weiter bis zum Schwarzen Meer. Aber wollen die Vils, die Naab und der Regen das überhaupt? Oder wollen sie lieber zurück, irgendwo nach Böhmen oder Bayern? Sie dampfen im Sommer und stülpen der Oberpfalz eine triefende Glocke über. Alle dampfen mit. Ausweg Hineinspringen. Es ist schlammig und flach, Karpfenland.

Ausgestorbene Bahnstationen, vor Jahrzehnten zuletzt angefahren. Wir lassen sie links liegen. Einen Augenblick später Wald und Karpfenteiche. Wie haben die Urmenschen hier gelebt? Warum haben sie sich diesen Ort ausgesucht? Vielleicht das viele Wasser, die vielen Karpfen. Der viele Schlamm, die vielen Steine. Jahrtausende später sterben immer noch Menschen hier. Es sterben auch Karpfen hier und Bahnstationen.

Die Oberpfalz, kein passendes Wort. Die Pfalz ist weit weg, die obere Pfalz ebenso. Geschichte verläuft nicht geradlinig, aber auch nicht im Kreis. Sonst wäre die Oberpfalz zurückgekehrt. So verweilt sie weiter im Exil, in Westböhmen oder Ostbayern. Sie hat es sich hier gemütlich gemacht.

Vielleicht hat die Oberpfalz Glück gehabt. Vielleicht sterben die Bahnstationen aus einem ganz bestimmten Grund. Vielleicht wollen die Vils, die Naab und der Regen gar nicht ins schwarze Meer. Vielleicht wollen sie hierbleiben. Und vielleicht ist grau nicht einfach ein trister Farbton, sondern eine Mischung beider Enden: Schwarz und Weiß. Alpha und Omega. Eins und Null. Vielleicht sind hier beide Enden der Welt. Irgendwo müssen sie ja sein.
 

Plejadus

Mitglied
Gern gelesen, gut geschrieben.
Dass Du der Oberpfalz die Anwartschaft auf den Arsch der Welt zuschreibst, leuchtet durch die Zeilen. Und, obschon es auf der Hand zu liegen scheint, dass die benannten Flusssysteme die Region eher zu fliehen trachten, als ihren Fluss zu bedauern, sei angemerkt, dass um den Titel 'Arsch der Welt' so manch ein Strich mit all den anderen rangelt.
Die Kenntnis der Geometrie auf der Kugel wird hierbei oft über Bord geworfen, denn jeder Punkt auf dem Rund taugt letztlich zum Anfang wie zum Ende von ... ja, wovon?
- Plej.
 
A

aligaga

Gast
Normalerweise kommentiert oder kritisiert @ali Texte Dritter dann nicht, wenn deren Autoren über Jahre keinerlei Interesse an den Hervorbringungen Dritter erkennen ließen. Wer nur an sich selbst und seinem "Schaffen" interessiert ist, hätt's, so meint @ali, nicht verdient, ganz egal, ob seine Texte was taugten oder nicht. Hier macht @ali eine Ausnahme, weil er der "Oberpfalz" eine Lanze brechen möchte.

Dieser Text hier taugt deshalb nicht viel, weil er ein Bild der "Oberpfalz" zeichnet, wie es nur jemand haben kann, der nie wirklich genau hingeguckt hat und deshalb die Besonderheiten dieses Landstriches gar nicht entdeckt hat.

Das geht schon mit dem befrachteten "Graubraun" des ersten Satzes los. Die Oberpfalz ist parteipolitisch kohlschwarz, durchsetzt mit ein paar bedeutungslosen roten und braunen Einsprengseln. Dass sie im Winter morphologisch brauner wär' als andere Teile Bayerns, ist Unsinn - schon allein der Name "Fichtelgebirge" weist uns den Weg ins winterliche Immergrün. Das Wort "Bayerwald" gibt's in der Oberpfalz gar nicht; typisch für sie ist nicht der eigentlich (nieder)bayerische Wald, sondern der Steinwald.

Der Oberpfälzer spricht nicht "Böhmisch", sondern Bayerisch und macht dabei aus dem offenen a und dem u ein ou; er isst Erdäpfl, Schwammerl, den Dotsch und Knödel.

Dass die Donau in der Oberpfalz keine Rolle spielt, liegt nicht daran, dass sie so glatt sei oder sich gar "schlängle" (das tut sie ohnehin nicht!), sondern weil sie gar nicht nennenswert in Erscheinung tritt. Folglich hat sie Land und Leute auch nicht prägen können wie in Schwaben, Ober- und Niederbayern. Wer meint, der Regen, die Naab, die Vils und die vielen kleineren Bäche und Flüsse seien braun vom Schlamm, hat wohl noch nie wirklich in ihnen gebadet - sie laufen nicht durch einen oberpfälzischen Sumpf, sondern ihre Betten formt dunkel gefärbtes, grobes Urgestein, das mangels Fließgeschwindigkeit nie zum Kies werden konnte.

Die Karpfen sind keine Ureinwohner, und die Teiche gibt's erst seit dem Mittelalter - als die Mönche den "Waldlern" beibrachten, wie man sie ausgräbt, einstaut und bewirtschaftet.

Dass "Oberpfalz" unpassend klänge, darf man den Aborigines nicht sagen. Sie waren und sie sind stolz auf ihre "königliche" Vergangenheit, die viel weiter zurückreicht als nur bis zu Ludwig II. Flüsse wollen nie und nirgends stehenbleiben; sie sind wie der Brocken , der sich vom Gipfel eines Berges losreißt und stets auf dem kürzesten, schnellstmöglichen Weg in die Ebene stürzt.

So schaut's aus - an der Oberfläche, wenn man richtig hinguckt. Die Tiefe ist davon noch gar nicht berührt. Die erforderte ein Vielfaches an Zuwendung.

Heiter wieder weiter

aligaga
 

molly

Mitglied
Hallo solowasser

„Bahnübergänge und Traktoren, das ist die Oberpfalz, wie ich sie erinnere.“

Wer in der Oberpfalz nur Bahnhöfe, Traktoren und Fischteiche sieht, ist wohl durch die Gegend gebraust und hat nie Urlaub da gemacht. Das ist eine wunderbare Gegend, um mit den Kindern an der Waldnaab entlang zu wandern, Ferien auf dem Bauernhof zu erleben, zu schwimmen im Nageler See und in der Kössein und…

Die Dörfer sind keineswegs böhmisch, auch nicht die Sprache, sonst hätten wir da wohl nicht viele Jahre Ferien auf einem Bauernhof gemacht. Die Oberpfalz ist nicht das „Ende der Welt.
Fahr mal hin und halte dort an. ;)

Mit Gruß
molly
 
A

aligaga

Gast
Neidisch, dass ein "Weib" die Oberpfalz mit @alis Augen sieht statt mit den deinen, @plejonasmus?

TTip: Gönnen können lernen! Oder sich eine Brille kaufen, die aus Verschwommenem Klarheit machen hülfe. Wir schreiben das Jahr 2018, Kleiner. Da darf eine Frau schon mal sagen, was sie sich denkt, ohne dich vorher um Erlaubnis fragen zu müssen, ne?

Quietschvergnügt

aligaga
 
A

aligaga

Gast
Dafür, dass du eben erst hier angekommen bist ein paar ausgesprochen dürftige Texte abgeliefert hast, reißt du dein Maul ziemlich weit auf. Wen, wähnst du, könntest du damit beeindrucken?

Amüsiert

aligaga
 

Plejadus

Mitglied
Und das war jetzt eine ... starke ... Antwort? Und worauf?

Mir ist gar nicht aufgefallen, dass meine schreibende und sonstige Existenz erst mit der Anmeldung in der 'Leselupe' begonnen hat. Doch schon, was mich nicht überrascht, nehme ich Klugheit war, und selbst Dich @ali sortierte ich da noch in die mittige Lade mit Deinem fröhlich gefestigten Weltbild und ihm zum Trotz.
In diesem Sinne, der Schonzeit Tickgetriebe Sand seien wir!
 

molly

Mitglied
Hätte solowasser etwas vom Bayrischen Wald gesschrieben, wäre hier nichts von mir zu finden, da waren wir nie.

Aber auch Dir, Pley. empfehle ich, einmal dieses verkannte Fleckchen aufzusuchen, Du würdest selbst sehen, dass es nicht am A. der Welt liegt.

Freundliche Grüße

molly
 

solowasser

Mitglied
Danke an alle, die sich mit meinem Text beschäftigt haben und ihn hier kommentiert haben!

Plejadus, es stimmt, viele Landstriche können als "Arsch der Welt" bezeichnet werden, doch leider kenne ich nicht alle. Deshalb musste ich über meine Heimat, die Oberpfalz schreiben. Freut mich, dass du meinen Text gerne gelesen hast.

Lieber aligaga,

Danke, dass du dich trotz deines Boykotts meinem Text gewidmet hast. Es ist dein gutes Recht, mich ein wenig doof zu finden, da ich in Erwartung eines Feedbacks meine Texte gelegentlich online stelle ohne dafür (bisher) eine Gegenleistung zu erbringen. Es ist aber auch mein gutes Recht, eben genau das zu tun. Ich störe damit niemanden und ich habe Verständnis dafür, wenn man mich ignoriert.

Zu deiner Kritik: Ich hatte mitnichten die Absicht eine wissenschaftliche Abhandlung über die Oberpfalz zu schreiben, sondern habe diesen Text während einer Zugfahrt durch die mittlere Oberpfalz geschrieben. Alles, was ich geschrieben habe, ist als rein subjektiver Eindruck zu verstehen. Ich weiß aus langjähriger Erfahrung, dass die Oberpfalz natürlich nicht graubraun ist, dass das oberpfälzische nicht als böhmische Sprache gilt und dass hier niemand Bayerwald sagt. Das war nicht mein Anspruch. Im Moment des Schreiben kamen mir die Dörfer, an denen wir vorbeigefahren sind, irgendwie wie böhmische Dörfer vor und die Umgebung irgendwie graubraun. Und das Wort Bayerwald passt in meinem ästethischen Empfinden besser zum Wort Böhmerwald als der Begriff Oberpfälzer Wald.
Der Text soll nicht nur das Provinzielle herausheben, sondern auch das Schöne. Vielleicht gibt es einen Grund, warum die Flüsse hierbleiben wollen. Vielleicht ist es schön hier.

Hallo molly,

die Oberpfalz ist meine Heimat und ich kenne sie recht gut und weiß um ihre Schönheit. Deswegen wohne ich ja immer noch hier. Aber ein bisschen Arsch der Welt ist sie auch. Das findet man im Urlaub romantisch, wenn man hier lebt aber ab und an auch etwas schwierig. Wie oben schon geschrieben, beschreibt der Text meine Eindrücke während einer Zugfahrt durch die winterliche mittlere Oberpfalz. Und die kann ganz schön trostlos sein.



Ich finde es übrigens ein wenig irritierend, wenn hier unter meinem Text hin und her gestritten wird. Das überfordert mich ein wenig. Ich würde euch darum bitten, das Streitgespräch, welches nichts mit meinem Text zu tun hat, an anderer Stelle weiterzuführen.

Einen schönen Abend
solowasser

Schade, dass er dir nicht gefällt. Du hast
 
A

aligaga

Gast
Ich finde es übrigens ein wenig irritierend, wenn hier unter meinem Text hin und her gestritten wird. Das überfordert mich ein wenig. Ich würde euch darum bitten, das Streitgespräch, welches nichts mit meinem Text zu tun hat, an anderer Stelle weiterzuführen.
Wie schon einleitend zu @ali sachlicher Kritik gesagt, galt seine Zuschrift keineswegs dir und deinem Intelligenzgrad, sondern der Oberpfalz eo ipso. Sie hätte, glaubt @ali, Bessres verdient als nur mit der Eisenbahn durchhuscht zu werden. Damit lernt man kein Land der Welt wirklich kennen.

Du brauchst im Übrigen keine Sorge haben, noch ein weiteres Mal von @ali zu hören. Es ist alles gesagt.

eom

aligaga
 
A

aligaga

Gast
Dann doch noch mal was. Du schriebst:
Wie oben schon geschrieben, beschreibt der Text meine Eindrücke während einer Zugfahrt durch die winterliche mittlere Oberpfalz.
Also beschwer dich nicht. Der Zug fährt nicht durch den braunen "Bayerwald", sondern durch immergrüne Fichten; die Karpfen sind keine Oberpfälzer, sondern Migranten, und der Schaffner spricht nicht Böhmisch.

So. Und jetzt ist @aliseits endgültig Schluss. Es lebe die Oberpfalz und ihre Altneihauser Feuerwehrkapelle!
 

molly

Mitglied
Hallo solowaser,

ich wußte ja nicht, dass ich Deine Heimat verteidige.

"Der Regen, die Vils und die Naab, das sind die Adern, die das Land prägen. Schlammig, zerfurcht, verwachsen. Wildschön."

Wenn Du nur ein wenig mehr wildschön eigestreut hättest,

z.B.

Du schreibst: "Vieleicht hat die Oberpfalz Glück gehabt"

und bleibt wildschön, nur nicht im Winter. Oder ähnlich

Das wäre mein Vorschlag.

Liebe Grüße

molly
 



 
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