Die OmniCorporation Teil 1 (insp. by D. Adams)

Rupert Davis

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Ich habe die "anhalter" trilogie in fünf bänden (!!) (schonmal im buchladen danach gefragt?) schon als zehnjähriger verschlungen und sie alle paar jahre nocheinmal gelesen. sie wurden immer besser!

Ich weiß ich weiß, natürlich kann man dem großmeister nicht das wasser reichen, aber der versuch soll ihm eine ehrung sein.

viel spaß...

Die OmniCorporation

Die Ultima war zweifelsohne das beeindruckendste Objekt, das je von Menschenhand gebaut worden war. Na ja, eigentlich war sie von riesigen Robotern gebaut worden, die von etwas kleineren Robotern hergestellt worden waren, die wiederum von kleinen Computern entwickelt worden waren, die einst von einem viel größeren Computer programmiert worden waren. Dieser Computer war jedoch irgendwann einmal von Menschen gebaut worden. Zwischendurch hatte zwar ein anderer Computer das Betriebssystem überprüft, es wortwörtlich als »lächerlich« eingestuft und ein neues geschrieben, aber Menschen hatten auf jeden Fall ihre Finger im Spiel gehabt.
Nichtsdestotrotz war die Ultima sehr beeindruckend. Sie war das gewaltigste Raumschiff, das je auf einer erdnahen Umlaufbahn konstruiert worden war. Dies, ganz nebenbei übrigens, in der fabelhaften Bauzeit von nur 39 Monaten. Ein Bauprojekt galaktischen Ausmaßes also, das nur von einer Firma bewältigt werden konnte: Die OmniCorporation. Die OmniCorporation war nicht nur die einzige Firma, die dieses Projekt realisieren konnte, sie war überhaupt die einzige Firma. Die OmniCorporation stellte alles her, vom Kaugummi bis zum Neutronendesintegrator. Einfach alles, was der moderne Mensch zum Leben benötigte. Einer ihrer Werbeslogans lautete: We made everything, expect the earth itself! (1)

(1) Gut, dass niemand bemerkte, dass eine Firma ohne jegliche Konkurrenz eigentlich überhaupt gar keine Werbung benötigte! Die Werbebranche hatte immerhin 20% des Weltweiten Arbeitsmarktes ausgemacht. Mal davon abgesehen, das sich ein fünftel der Erdbevölkerung plötzlich auf der Strasse befunden hätte, hätte sich auch der Lebensstandard der übrigen 75% plötzlich im Keller der technisierten Zivilisation wiedergefunden. Sämtliche Fernsehanstalten würden ohne Werbeunterbrechungen nur noch zwei Stunden Programm am Tag zu senden haben, die Leute würden sich in ihren Mittagspausen anschweigen, gesellschaftliche Beziehungen würden absterben und letztendlich nur der Anfang des langsamen Todes jeglicher Zivilisation sein. Nicht auszudenken! Aber soweit kam es glücklicherweise erst gar nicht.


Dabei waren sie mit der Ultima näher dran, als sie es je gewesen waren. Immerhin hatte sie die unglaubliche Größe eines durchschnittlichen Mondes und bot Platz für achthundert Millionen Menschen. Die Materialaufwendungen zum Bau dieses Interstellaren Wanderers waren so enorm, dass schon einige Wochen nach Baubeginn sämtliche Skigebiete auf der Erde geschlossen werden mussten, weil sämtliche Gebirgszüge zur Rohstoffgewinnung abgetragen wurden. Aber auch das hatte noch nicht ausgereicht. Die ewigen Gegner des unaufhaltsamen Fortschritts, sowie einige Astronomen und eine Handvoll verkappter Romantiker hatten sich wochenlang über das plötzliche Verschwinden des seit jeher so treuen Erdtrabanten gewundert. Böse Zungen hatten sogar lange hinter vorgehaltener Hand behauptet, dass die OmniCorporation und der Bau des Schiffes irgendetwas damit zu tun gehabt haben könnte.
Die Ultima war einfach ein Schiff der Superlative. Das Größte, das Schnellste, das Beste, das Längste und so weiter. Diese Aufzählung könnte noch ewig so weitergehen und hätte wohl auch, was in den Infobroschüren allerdings keinerlei Erwähnung fand, in einigen negativen Aspekten jeden Superlativ in den Schatten gestellt: Die meisten Arbeitsunfälle, die schlimmsten Baumängel, das unwirtschaftlichste Antriebssystem, um nur einige zu nennen. Um ehrlich zu sein wäre diese »schwarze« Liste wohl noch um einiges länger als die, die in der Infobroschüre zu lesen war (nebenbei die längste Infobroschüre, die es je gegeben hat). Das Guinness Buch der Rekorde von 2278 enthielt übrigens beinahe zwölftausend Einträge allein über die Ultima. Einige Wochen später brachte man noch einen Sonderband heraus.
Ein weiterer Superlativ, der sich in die Reihe der anderen gesellte, war einst die Anzahl der Besatzungsmitglieder gewesen, die man benötigte, um diesen Koloss zu fliegen. Allein um das Schiff aus seinem Konstruktionsgerüst zu manövrieren, hatte man 160.000 Mann benötigt, die die zahlreichen Steuerkontrollen bedienten, die zahlreichen Steuerdüsen steuerten, die zahlreichen Kapitänsstühle besetzten und die unzähligen Antriebsreaktoren überwachten. Wenig später entschied man sich aber doch dazu, nachträglich einen Autopiloten zu installieren.
Doch letztendlich, nachdem Milliarden Litern von Schweiß über die Schläfen ebenso vieler Arbeiter, Erzschürfer, Elektriker, Statiker, Heizungstechniker und Werbefilmproduzenten geflossen war, rückte der Moment des rituellen Stapellaufes immer näher. OmniCorporation hatte versprochen dieses Großereignis der Menschheitsgeschichte in einem gebührenden Rahmen zu feiern und rief ganz nebenbei das größte Preisausschreiben ins Leben, das die Menschheit je gesehen hatte. Verlost wurden achthundert Millionen Fahrkarten für die Jungfernfahrt. (2)

(2) Entgegen allen Erwartungen wurden in der ersten Woche gerade mal sieben Lose verkauft. 89 Experten hielten eine drei Tage dauernde Krisensitzung ab, um eine Möglichkeit zu finden, die Absatzzahlen anzukurbeln. Letztendlich entschloss man sich, folgenden Punkt aus den Teilnahmebedingungen zu streichen: Sämtliche Mitarbeiter der Firma OmniCorporation, oder einer ihrer Tochterfirmen sowie deren Verwandte und Bekannte sind von der Teilnahme des Gewinnspiels ausgeschlossen.
Fünf Minuten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung waren alle Lose ausverkauft.

Wochenlang fieberten die glücklichen Gewinner dem Moment ihres Lebens, dem Moment der Menschheitsgeschichte, dem Moment überhaupt entgegen. Der erste Flug der Ultima. Das Ziel, auf das nahezu ein ganzer Planet mehr als drei Jahre lang hingearbeitet hatte, der Gipfel des Fortschritts, eine Ode an die Zivilisation, die Krone der Evolution. Die letzten Wochen vor dem Start lag weltweit eine knisternde, gespannte Stimmung in der Luft, wie sie sonst nur Fünfjährige am heiligen Abend versprühen.
Doch dann geschah etwas ganz dummes.


Flur 749, Deck 364 (zweite Klasse)

Der Flur 749 auf Deck 364 war an sich nichts besonderes. Als einer von unendlich vielen Fluren im gewaltigsten Raumschiff der Geschichte, war er nichts weiter, als ein Sandkorn in der Sahara. Er hatte noch nicht einmal eine besondere Farbe. Er war dunkelgrau lackiert, in warmes Licht getaucht und sauberer als ein Operationssaal. Hier und da wurden die glatten Wände von einem Schott unterbrochen und der einzige Schmuck an den Wänden waren ein paar Hinweisschilder und Wegweiser. Wie alle Flure war er so lang, dass man, wo immer man auch stand, in beide Richtungen blicken konnte ohne das Ende zu sehen. An der Stelle, an dem die Sehweite eines durchschnittlichen Menschen endete verlor sich der Flur lediglich in einen kleinen schwarzen Punkt. Er war also wahrlich nichts besonderes. Dennoch sollte er in naher Zukunft Schauplatz eines wirklich bemerkenswerten Zwischenfalls werden.
Mit einem charakteristischen Summen öffnete sich eines der Schotts auf dem Flur 749 und eine hagere, glatzköpfige Figur in einem grauen Overall und einem dazu passenden ausdruckslosen Gesicht trat in das warme Licht. Unterhalb des OmniCorporation-Schriftzug auf der linken Brusttasche seines Overalls war eine schlichte 1 aufgenäht. Ohne sich umzusehen steuerte Nummer 1 den kleinen schwebenden Wagen, den er hinter sich herzog, zielstrebig den Flur entlang. An einer bestimmten Stelle blieb er plötzlich stehen, bewegte sich steif um seinen Schwebewagen herum und zog an einem der Stäbe, die in einem Köcher am Heck steckten.
Er kehrte zurück vor den Wagen und betätigte einen kleinen Knopf am oberen Ende des Stabes. Am anderen Ende bildete sich von einem leisen Summen begleitet ein feurig rotes, ovales Energiefeld. Nummer 1 setzte das Energiefeld auf dem Boden auf und begann zu wischen. Er begann zu wischen, wie er es jeden Tag tat. Jeden Tag seit nunmehr 35 Jahren. Und in diesen 35 Jahren gab es nicht einen Tag, an dem dieses Ritual anders verlaufen wäre. Nicht einmal hatte er sich zwischendurch diebisch umgesehen und sich, eine Zigarette rauchend, an die Wand gelehnt, solange ihn niemand beobachtete. Er hatte noch nicht einmal irgendwann in diesen 35 Jahren kurz innegehalten um sich am Kopf zu kratzen. Nicht einmal gehüstelt hatte er in dieser Zeit. Doch für dieses Mal hatte das Schicksal einen besonders kühnen Einfall und bog aus einer Laune heraus (oder vielleicht aus Langeweile), plötzlich vom Freeway der Ordnung ab, um fortan über den steinigen Feldweg des Chaos zu holpern.
Nummer 1 hatte weder Ahnung vom Schicksal oder der Zukunft, geschweige denn vom Chaos, deshalb wischte er mit stoischer Geduld in zentimetergenauen Bahnen über den bereits blitzblanken Flur, bis ein kleines weißes Kaninchen mit einem winzigen Tornister auf dem Rücken vor dem Energiefeld seines Wischers auftauchte. Zum erstenmal seit 35 Jahren hörte er vor dem Ende seiner Schicht auf zu wischen. Er hörte auf und starrte das Kaninchen an, das mit neugierig schnüffelndem Näschen zu ihm aufblickte.
Er hatte noch nie zuvor ein Kaninchen gesehen, geschweige denn überhaupt von der Existenz eines solchen Tieres gewusst (im Grunde genommen hatte er noch nicht mal Ahnung von der Existenz). Demzufolge wusste er auch nicht, was genau da vor ihm stand. Einzig und allein aufgrund der Tatsache, dass es sich bewegte, schloss Nummer 1, dass es sich um ein Lebewesen handeln musste. Darüber hinaus kam er vorerst zu keiner weiteren Erkenntnis. Seine anatomischen Kenntnisse reichten nicht einmal dazu aus, das zuckende Etwas in der Mitte des Gesichtes des kleinen Tieres als Nase zu identifizieren.
Doch trotz dieser nur kläglichen Ausbeute an Erkenntnissen von Nummer 1 war es der bemerkenswerteste Zwischenfall in der Geschichte der Wissenschaft, den es je gegeben hatte. Leider war kein Wissenschaftler zugegen, um diesem außergewöhnlichen und wohl auch einzigartigem Ereignis beizuwohnen. Das war aber auch besser so, wahrscheinlich hätte er vor Erfurcht und Aufregung nur einen Herzanfall bekommen und wäre auf der Stelle gestorben, noch bevor er sich der Bedeutung der Situation bewusst geworden wäre (wie wir gerade gesehen haben, ist das Schicksal mittlerweile zu allem fähig).
Denn das wahrhaft bedeutungsvolle an dieser Situation war nicht das Kaninchen oder der kleine Tornister, es war die Erkenntnis (so erbärmlich sie auch war), zu der Nummer 1 kam. Denn eigentlich ist es unmöglich, dass ein Reinigungsklon überhaupt zu einer Erkenntnis kommt. Er war genetisch einzig und allein darauf programmiert worden, an einer bestimmten Stelle zu wischen. Nicht mehr und nicht weniger. Jeder Taschenrechner hatte eine um Potenzen kompliziertere Programmierung als dieser Klon und doch gelangte er zu einer Erkenntnis. Aber es wurde noch besser.
Nachdem Nummer 1 das Kaninchen einige Sekunden, oder Minuten (es können auch Stunden oder Tage gewesen sein, Reinigungsklone haben kein Zeitgefühl) angestarrt hatte, tat er etwas schier unglaubliches.
Er sagte: »Nanu!«
Und das Kaninchen antwortete: »Mir ist langweilig, wann kommt endlich jemand und spielt mit mir?«
Na, habe ich zu viel versprochen? Wahrhaft unglaublich nicht wahr?
Übrigens, bevor sich jemand auf dieses Kaninchen versteift, sollte ich Sie vielleicht darüber aufklären, dass an dem Kaninchen wirklich nichts, aber auch überhaupt nichts außergewöhnliches ist. Es ist weder eine besondere genetische Züchtung, noch ist es in irgendeiner Form verzaubert. Eigentlich kann es auch noch nicht einmal sprechen. Sie als aufmerksamer Leser haben aber bestimmt schon daran gedacht, dass die Antwort des Kaninchens irgendwie mit dem kleinen Tornister auf seinem Rücken zusammenhängen könnte. Kurze Erklärung: Während der unglaublich kurzen Bauzeit der Ultima, stellte man plötzlich fest, dass die gelieferten Datenkabel für den Bordsprechfunk niemals ausreichen würden, um das gesamte Schiff zu verkabeln. Irgendwer hatte sich scheinbar bei der Planung um einige hundert Nullen verrechnet. Nachdem man den Schuldigen nicht hatte ausmachen können und daher vorsichtshalber den ganzen Planungsstab gefeuert hatte, entschied man sich kurzerhand dazu, abgerichtete Kaninchen einzusetzen, die mit einem kleinen Aufzeichnungsgerät auf ihrem Rücken Nachrichten aufnehmen konnten, um sie in jeden Winkel des Schiffes zu transportieren. Warum man dafür ausgerechnet Kaninchen genommen hatte, weiß ich allerdings nicht. Es steht auch nichts darüber in den Infobroschüren.
Sie sehen also, es ist wirklich nichts außergewöhnliches an dem Kaninchen, also widmen wir uns wieder Nummer 1, der gerade nicht nur sein eigenes erstes Wort über die Lippen gebracht hatte, sondern das erste Wort eines Reinigungsklons überhaupt. Sie müssen doch zugeben, dass das wirklich außergewöhnlich ist. Oder hat ihnen ihr Taschenrechner, um das Beispiel noch einmal aufzugreifen, schon einmal das Frühstück ans Bett gebracht? Nicht? Wäre auch ziemlich ungewöhnlich. Aber genug jetzt, es interessiert Sie sicherlich, wer diese Kaninchenbotschaft abgeschickt hat.
»Mit dir spielen?«, fragte Nummer 1, angesichts der Situation viel zu gefasst und ohne das Wissen, dass es sich bei seinem Gesprächspartner um eine Aufzeichnung handelte.
»Allmählich wird mir langweilig«, fuhr das Kaninchen fort. »Also kommen Sie doch bitte zu mir und spielen mit mir.« Mit einem leisen Knacken endete die Aufzeichnung, nur um einen Moment später mit einem weiteren Knacken fortzufahren. »Ach ja, ich bin im Freizeitraum 24 auf Deck 1357, direkt am Flur 415. Jedenfalls behauptet der Flipper das.« Dieses Mal endete die Aufzeichnung endgültig und das Kaninchen hoppelte unverzüglich davon.
Nummer 1 kratzte sich am Kopf als er dem Kaninchen nachblickte, zuckte mit den Schultern, steckte seinen Besen in den Schwebewagen und machte sich zu Fuß auf dem Weg zum Freizeitraum 24.
6 Monate später kam er an.

Freizeitraum 24 auf Deck 1357

Nummer 1 hatte bisher keinen anderen Ort des Schiffes gesehen, als Flur 749 auf Deck 364, und hätte er in den letzten sechs Monaten darauf geachtet, hätte er festgestellt, dass ihm dadurch wahrlich nichts entgangen war. Nichts, bis auf das Turbotransportsystem, das das Schiff durchzog wie Adern einen Körper.
Er durchschritt das Schott mit der Aufschrift Freizeitraum 24 ohne sich darüber zu wundern, das er soeben lesen gelernt hatte und fand sich in einem völlig dunklen Raum wieder. Lediglich in der hinteren rechten Ecke des Raumes, ungefähr fünfhundert Meter von ihm entfernt, ließ ein fahler Schein auf eine Lichtquelle schließen.
»Da sind sie ja endlich!«, begrüßte ihn eine heitere, aber über diese Entfernung nur leise zu hörende Stimme.
Nummer 1 durchschritt den großen Saal, der mit den modernsten und beliebtesten, elektronischen Gesellschaftsspielen und Vergnügungsautomaten angefüllt war, die die OmniCorporation je entwickelt hatte. Bis zur Decke türmten sich allerlei exotische Spielgeräte und andere Zeitvertreiber, deren genaue Funktionen Nummer 1 nicht einmal hätte erraten können, wenn er sie in der Dunkelheit gesehen hätte. Er ging einfach geradewegs auf den Lichtschimmer zu. Dort angekommen erblickte er einen kleinen Tisch mit einem nüchtern wirkenden, schwarz-weißen Quadratmuster und einen Flipperautomaten, der seine ganzen kleinen Lichtlein freudig aufblinken ließ.
»Setz dich doch«, bot ihm der Tisch hastig an und ein kleiner Stuhl fuhr aus dem Boden heraus.
Nummer 1 setzte sich.
»Möchten sie Schwarz oder Weiß?«
»Weiß«, entschied der Klon ohne wirklich zu wissen was der Tisch von ihm wollte.
Auf dem Spielfeld erschienen 32 sehr schön gestaltete Hologramme von Schachfiguren.
»Fangen sie an!«, drängelte der Tisch.
Die erstaunliche Tatsache das ausgerechnet ein Schachcomputer zur Ungeduld neigte, ist übrigens ebenfalls dem Planungsstab des Ultima-Projektes zu verdanken. Nachdem man den ganzen Stab nach der Sache mit den Datenkabeln gefeuert hatte, hatte man nämlich schnell feststellen müssen, das nur der Planungsstab selbst durch seine völlig chaotischen Pläne fernab jeglicher Struktur durchzusteigen vermochte. Daher wurde der Planungsstab kurzerhand wieder eingestellt. (2)

(2) Der gesamte Planungsstab wurde während der kompletten Konzeptions- und Bauphase insgesamt 61 mal gefeuert und kurz darauf wieder eingestellt (siehe auch Guinness Buch der Rekorde 2278, Seite 311: Häufigste Entlassung des gesamten Planungsstabes während der kompletten Konstruktions- und Bauphase eines Raumschiffs).

Es kam wie es kommen musste: Irgendjemand hatte irgendwo auf irgendeinem Lieferschein ein falsches Kreuz gemacht und so kam der Schachcomputer zu einer künstlichen Intelligenz, die eigentlich für einen der unzähligen Schokoriegelautomaten in den weiten Fluren des Schiffes bestimmt gewesen war.
Für die zweite auffällige Tatsache, dass der Schachcomputer unsinnigerweise an den Notstromkreis angeschlossen und somit immer noch aktiviert war, hätte jedoch noch nicht einmal jemand aus dem Planungsstab eine Erklärung gehabt.
Wie dem auch sei, er funktionierte und er wollte endlich spielen. Doch Nummer 1 musste ihn enttäuschen.
»Womit anfangen?«
»Mit dem Spiel.«
»Welches Spiel?«
»Schach«, erklärte der Tisch genervt. »Ich bin ein Schachspiel und ich will jetzt anfangen!«
»Ich denke, ich soll anfangen«, erwiderte Nummer 1 verwundert.
»Ja, sie sollen anfangen, damit ich auch endlich anfangen kann.«
»Dann fang du zuerst an, so sehe ich, wie es geht!«
»Das geht nicht, Sie haben weiß!«, brummte der Schachcomputer und bemerkte plötzlich etwas. »Du weißt nicht, wie es geht?«, fragte er entrüstet. Plötzlich hatte er jene Schwelle des Respektes in seinem Programm sprungartig unterschritten, die ihn dazu veranlasste, seine Gegenspieler zu Siezen.
»Nein«, antwortete Nummer 1, der noch nie etwas von Respekt gehört hatte.
Der Tisch gab einen elektronisch verzerrten Laut von sich. Das beste Äquivalent eines Seufzers, das er je hinbekommen hatte.
»Also gut, ich erklär´s dir!«
Bevor er jedoch zu seiner Erklärung ansetzen konnte, gab der Flipperautomat den eindringlichen Jingel eines gewonnenen Extraballs zum besten. Eine Tonfolge, die noch lange nach dem Hören auf ebenso unangenehme wie unerklärliche Weise beharrlich im Ohr verweilte. Der Flipperautomat versuchte so, seiner freudigen Überraschung Ausdruck zu verleihen, die er empfand, als sich die Tür am anderen Ende des Raumes ein weiteres Mal, das zweite Mal in fünfunddreißigeinhalb Jahren, öffnete und eine schlanke Gestalt im Lichtkegel erschien.
»Ah, noch jemand!«, rief der Tisch freudig aus und vergaß fürs erste seinen Ärger über Nummer 1. Aber schon einen Moment später wurde er erstmals mit den oftmals schwer nachvollziehbaren Launen des Schicksals konfrontiert. Einen Moment später trat Nummer 2 in den schummrigen Lichtkegel, der die illustre Gesellschaft umgab, ein. Der Tisch erkannte sofort, dass er Nummer 1 bis aufs Haar, oder besser gesagt bis auf die Pore glich. Er brauchte daher auch nicht mehr als nur den Bruchteil einer Millionstel Sekunde, um daraus Rückschlüsse auf Nummer 2s Schachkenntnisse zu schließen. Allerdings hatte er vor einigen Jahren eine Unterhaltung mit dem Hauptcomputer des Schiffes gehabt, in der es um das für eine Maschine nur schwer verständliche, aber irgendwie faszinierende Phänomen der Hoffnung ging. Der Tisch entschloss sich es einmal auszuprobieren.
»Kannst du Schach spielen?«, fragte er den Neuankömmling.
»Nein.«
Der Schachcomputer wollte gerade aus Frust sämtliche Daten zum Thema Hoffnung löschen, überlegte es sich im letzten Moment jedoch noch einmal anders und hoffte einfach, das es beim nächsten Mal funktionieren würde.
»Also gut, ich erklär´s euch beiden. Aber hört gut zu, ich habe keine Lust, es zweimal zu erklären!«
Bevor der Schachcomputer jedoch zu einer Erklärung ansetzen konnte, ertönte der Extraball-Jingel erneut, gerade als die letzten Echos des eindringlichen Geräusches die Gehörgänge der Anwesenden der friedlichen Stille überantwortet hatten.
Die Tür am anderen Ende des Raumes öffnete sich ein weiteres mal. Diesmal bleib der Schachcomputer jedoch stumm und spielte eine Partie gegen sich selbst. Innerhalb von zwei Sekunden waren sämtliche Figuren, bis auf die beiden Könige und einen schwarzen Bauern verschwunden. »Schach Matt!«
Der Tisch murmelte noch 21 mal »Schach Matt«, bevor der Neuankömmling in den Lichtkegel trat. Als der Schachcomputer den Neuankömmling betrachtete löschte er unvermittelt sein Hoffnungsprogramm. Er sah ebenfalls genauso aus, wie die beiden, die kurz vor ihm eingetroffen waren.
Nummer 1 Blicke wechselten verwirrt von Nummer 2 und dem Neuankömmling – auf seinem Overall stand eine 5 – hin und her. Nummer 2 erging es ebenso. Er musterte Nummer 1 und Nummer 5.
Und Nummer 5 sagte: »Ihr seht ja gleich aus!«
»Ihr auch!«, sagten Nummer 1 und 2 im Chor.
»Ihr seht alle gleich aus!«, fuhr der Tisch dazwischen, der erkannte, das sich eine lange unnötige Diskussion anbahnte.


so, das war der erste teil. der zweite existiert leider nur im layout.
aber wenn es euch gefallen hat, und ihr wissen wollt warum schokoriegelautomaten überhaupt eine inteligenz brauchen, oder was der hauptcomputer von all dem hält, dann müßt ihr mir ein wenig in den hintern treten, damit ich mich mal dransetze!

rupert
 

TupperWal

Mitglied
Gratulation!

es ist wirklich ein bisschen wie der "Anhalter"!
(letztens las ich "raumschiff titanic" und bin immer noch enttäuscht!)
wenn du es schaffst, bis zum ende in dieser qualität zu schreiben, wird das ein richtig gutes SF-buch! :)

bin wirklich sehr gespannt, wie es weitergeht!!!
wo sollte ich dich hintreten, damit du voran kommst? :)

grüße
frank
 

Rupert Davis

Mitglied
nun ja...

hi tupperwal,

also ich denk schon, das ich es hinbekommen könnte in der qualität weiterzuschreiben, und irgendwie existiert der rest der geschichte ja auch schon, aber ich muß mal sehen wann ich dazu komme. zuerst schreibe ich nochmal ein anderes geschichtchen auf, das mir schon seit langen als drehbuch zu einem kurzfilm im kopf herumgeistert.
die ist aber weniger lustig und eher im stil von "ein anderer morgen", allerdings diesmal ohne klone!
aber die ernsten sachen hamm dir ja glaube ich auch gefallen!
die omnicorporation sache, war eigentlich sowieso mehr nur ein nebenprodukt, weil ich gerade seit nun schon beinahe zwei jahren an einem roman herumbastel, der eben nicht in dieser weise komisch ist. er ist nicht staubtrocken, aber der übliche roman-schmunzel-humor ist eben was völlig anderes, als das d. adams-kaliber.
aber da ich manchmal eben auch witzig sein kann, mußte ich meinen humor kompensieren und in eben dieses projekt umleiten. allerdings ,und das wort fiel ja, könnte ebensogut noch ein ganzes buch draus werden.
aber naja, ich werd mal sehen. ich versuch in einer ruhigen m,inute jedenfalls erstmal einen weiteren teil fertig zu bekommen...

viele grüße,

rupert
 

Arathas

Mitglied
also... ja, durchaus!

Gefällt mir! Hat Stil, eigene Ideen, ist gut geschrieben und weckt das Verlangen nach mehr.

Darf ich dir "Quer durch die Zeit und bei der dritten Quante links" von mir ans Herz legen? Ich würde gern wissen, was du von der Geschichte hältst, denn sie ist auch ein wenig im Adams-Stil geschrieben, wenn auch über ein ganz anderes Thema...

cheers, Arathas
 

TupperWal

Mitglied
Hi Ruppert,

"nun ja"???
gefällt es dir nicht, die Leute zum Schmunzeln, oder gar Lachen zu bringen? Also für mich ist es erstrebenswert, ein gutes Gefühl zu verursachen! :)

Über den Anspruch, den du an dich selber hast, kann und will ich nichts sagen, aber wie du richtig angemerkt hast, gefallen mir auch deine "ernsteren" Sachen.
Ich mag eine klare, unverschnörkelte Sprache. Eine Sprache, die erzählt und nicht um ihrer selbst Willen ejakuliert wurde. Ist sicher Geschmackssache. Ich muß mich doch nicht entschuldigen, dass mir deine Sachen gefallen, oder? :)
Ich finde es nicht schlimm, einfach nur Unterhalten zu wollen, die Leute für ein kurzes Nu aus ihrem Alltag zu entführen und dem Universum ein paar "good vibrations" zukommen zu lassen. Lehren und Anspruch vermitteln können ruhig Diejenigen, die sich dazu berufen fühlen. Das heißt aber nicht, dass es an Niveau fehlen darf! :)

Es gefällt mir einfach wie du schreibst! :p

Hau rein und machnichsokrass!
Frank
 

Rupert Davis

Mitglied
ähem...(?)

moin ihr zwei!

also erstmal zu tupperwal:

das "nun ja...", war ja gar nicht auf deine kritik bezogen, sondern eigentlich nur auf das "in den hintern treten".
freut mich ja, das dir die sache so gut gefallen hat und ich schreib ja auch gerne sowas (sonst hätt ichs ja net schreiben müssen!) wollt halt nur mal loswerden, dass ich noch ein wenig brauchen werde mit der fortsetzung. bei der gelegenheit bin ich dann auch gleich mal losgeworden, wie es überhaupt dazu kam, das ich mich darauf eingelassen habe. naja, in erster linie war es eigentlich ein versuch, ob man als normalsterblicher überhaupt so schreiben kann.
kann also sein, dass du da vielleicht etwas missverstanden hast, weil ich nicht verstehe, wie du auf "anspruch" und solche dinge kommst. hört sich ganz so an, als würdest du glauben, diese art zu schreiben würde ich voll mistig finden, weils anspruchslos sei. is aber quark! ich hätt vielleicht auch erst nochmal auf feine kritik eingehen sollen. aber um nochmal drauf zu kommen: sicher steht hinter jeder geschichte auch ein gewisser anspruch. er diese hier hat ihn ja erfüllt, sonst hätt ich sie gar net gepostet. und natürlich sollte man, wenn man schreibt unterhalten wollen. das ist das primäre ziel! wenns lustig ist umso besser, wenns lustig ist und auch noch was aussagt, perfekt!!


nun zu arathas:

habe die kritik ebenso dankend angenommen und werde mal einen blick..., nein, ich werde es mir durchlesen, das "quer durch die zeit..."
bin schon gespannt, kann alllerdings nicht versprechen, das ich das in den nächsten 4 tagen schaffe. ist grad stressi die zeit und ich flieg immer nur mal so kurz durch netz und check mal alles ab. aber lesen werd ichs auf jeden fall!
außerdem werd ich mich über die ruhigeren festtage mal versuchen hinzusetzen. vielleicht krieg ich diese andere geschichte schnell fertig...

also, viele grüße,

rupert
 



 
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