Die Pläne einhalten

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Cafard

Mitglied
Gesternmorgen hatte ich eine transzendente Erfahrung mit meinem Toaster, altes Brot wird wieder äußerst schmackhaft, wenn man es toastet, ich dachte so für mich, dass es einen Lebenstoaster geben müsste, wo man die Gespenster der Vergangenheit drin auftoastet, und dann sind es keine Gespenster mehr, dann ist alles Pech und Leid geröstetes Brot, das man wieder essen kann.

Weil das aber transzendenter Humbug ist, den ich mir da gedacht habe, erzähle ich lieber eine andere Geschichte, die Geschichte von den vielen Pfannen, die mir unterwegs begegneten, als ich zu Fuß zum sieben Kilometer entfernten Rollerhändler pilgerte, Pilgern im Kleinen halt, richtige Jakobswege sind mir vorläufig zu prätentiös, oder zu schön, oder zu lang.

Ich passierte ein mir bislang unbekanntes Geschäft für gehobene Küchenausstattung, also ein Geschäft für Sterneköche. Nicht direkt im Schaufenster, aber doch von draußen zu erkennen, stapelten sich Gourmetpfannen, also sehr teure Pfannen, kurz vor hundert Euro, wie ich las, was können solche Pfannen eigentlich? Gelingt darin ein Hüftsteak, obwohl man eigentlich kein Typ ist, der ein Steak braten kann?

Ich habe dreimal versucht, ein Steak zu braten, in einer Pfanne vom Aldi, die Frage ist jetzt, warum ich nach dem ersten Versuch weitermachte, also nach dem ersten misslungenen Versuch. So bin ich halt, ich mache immer weiter, also dreimal mache ich weiter, nein zweimal.

Wie schön das Bild von all den Pfannen, ein riesengroßer Stapel von Gourmetpfannen, genauer gesagt drei große Stapel von Profipfannen; gerade wird mir klar, dass die Pfannen für Profis sind, und für Leute, die nicht einfach in ein Restaurant laufen, Leute, die es selbst können, die keine Restaurants brauchen.

Ich war hingerissen von diesem Bild, ich war deshalb hingerissen, weil in diesem Bild ein Irrsinn steckte, es kann gar nicht sein, dass so viele Menschen diese Pfannen kaufen wollen, dass man unzählige davon auf Vorrat halten muss, das ist absurd, zumal das Geschäft in einer schäbigen Straße lag; dort lungern Leute herum, die man als Gestrandete bezeichnen kann, Leute, die wir im Herzen gern haben, die wir aber nicht unbedingt zu einem Essen mit Freunden einladen, das machen wir nicht, wir lieben diese Gestrandeten nur als Passanten.

Ich fragte mich wirklich, was ich für ein Mensch bin, dass mich drei hohe Stapel von Pfannen so euphorisieren, ich konnte nicht mehr ablassen von diesem Bild, es machte mich glücklich, also wahrnehmungsglücklich.

Ich trennte mich dann doch von diesem Anblick, bevor der Roller-Laden schließt, so verrückt bin ich auch wieder nicht, ich halte immer die Pläne ein, mein ganzes Leben schon halte ich die Pläne ein, deswegen muss ich in keine Deppenanstalt, weil ich genau weiß, was zu tun ist, man muss die Pläne einhalten.

Völliger Ernst meinerseits, du kannst dir alle Arten von Verrücktheiten leisten, wenn du die Pläne einhältst, was auch immer die Pläne sind.

Hoffentlich kapiert das mein Sohn, er will kochen, sein Studium interessiert ihn einen feuchten Kehricht, er will kochen, er will sein Leben mit Kochen verbringen.

Ich muss das aushalten, sein Vater hat immer die Pläne eingehalten, in einem Zeitfenster normal sein, im anderen Zeitfenster verrückt sein, aber nicht auf alles Normale pfeifen.

Ich werde ihm eine dieser Pfannen kaufen, und dann wird man sehen.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Cafard,

bei diesem und Deinen anderen Texten, die ich mir nicht verkneifen konnte, ist etwas passiert, was bei mir lange nicht so oft vorkommt: Ich bin auf der LL 'versackt'!
Endlich mal ein Text, der mich angesprochen hat, der so ist, wie er sein soll.
Bravo!
Ich hoffe, wir lesen uns recht bald wieder!

Liebe Grüße
Yours Hagen

______________
nichts endet wie geplant!
 
Hallo Cafard,
das sind, für den Leser, nahrhafte Alltagsbeobachtungen, flott und angenehm zu lesen.
Eine Frage hab ich allerdings: warum wechselt du manchmal die Zeitformen?
Viele Grüße
GH
 
A

aligaga

Gast
Der Begriff "Transzendenz" wird in diesem Textlein ein wenig überstrapaziert.

Der Gedanke, ein altes Stück Brot ließe sich durch einen Röstvorgang wieder in den Urzustand zurückversetzen, wirkt arg an den Haaren herbeigezogen - jede VolxschülerIn, die bei "Handarbeit und Hauswirtschaft" nicht komplett hinter der Säule gesessen ist, weiß doch, dass daraus bestenfalls sowas wird wie Zwieback. Die Engländer nannten's "Hartbrot" und haben es, weil durch Trocknung haltbar gemacht, an die auf ihre Fregatten gepressten Matrosen verfüttert, die darin mählich wimmelnden Maden an das Bordhuhn. Das bekamen dann später der Kommandant und die Offiziere.

Pfannen pflegen bei regem Gebrauch rasch zu altern, vor allem die dünnblechigen, billigen. Sie verlieren ihre Form, stehen dann nicht mehr plan auf dem Kochfeld und werden nicht mehr richtig heiß. "Gourmetpfannen" als solche gibt's nicht, nur die teureren, die aus Alu- oder Eisenguss bestehen und aufwändig nachgearbeitet sind (abgdreht, poliert, beschichtet, der Griff isoliert und hitzeresistent). Auch das wissen die wack'ren Eleven, und wenn sie sich später eine Pfanne kaufen, huldigen sie dem ebenso abgedroschenen wie vor allem bei Haushaltsgeräten zutreffenden Satz: "Kaffst, billig, kaffst teier!"

Je nach Art des Herdes hält auch eine hochwertigere Pfanne bei durchschnittlichem Gebrauch nicht länger als fünf bis höschstens zehn Jahre, dann ist Schicht im Schacht.

So wie das lührische Ich die Zuwegung zu dem Ladengeschäft schildert, lebt es wohl in einer Kleinstadt; @ali schätzt die Einwohnerzahl auf ca. 20.000 Seelen, da von einem "Aldi" die Rede ist. Dass der Sohn "studiert", muss nicht beirren - das könnte er ja z. B. auch in Berlin erledigen (oder, wie uns das Lyrich mitteilt, auch nicht). Langer Rede kurzer Sinn: Bei annähernd 4000 Haushalten und einer Häufigkeit von 1,5 Pfannen pro Haushalt wanderten (den Internethandel mal ausschließend) pro Jahr rund

4000 : 7,5 x 1,5 = 800​
Pfannen über den Ladentisch. Ganz schöner Stapel, das, aber keineswegs "unzählig". Passt garantiert nicht direkt ins Schaufenster oder den Verkausfraumm, sondern braucht schon eine Lager!

Was will der Kritiker mit alledem sagen?

Wer sich Gedanken über den Rest der Welt machen möchte, sollte es mit der Arroganz und deren kleinem Bruder, der Larmoyanz, nicht übertreiben, weil sonst Gefahr besteht, selbst als Ignorant rüberzukommen. Nichts langweiliger als die Tiraden der Barhocker, der Trinkhallenlümmler und der Parkbankmurmler, die harmlosen Passanten (hier: harmlosen Lesern) die Welt mal so richtig erklären wollen. Das geht, so wie hier, ziemlich schief und fällt dem Urheber der "Transzendenzen" nicht bloß vor die Füße, sondern gleich auf die nackten Zehen. Autsch!

@Ali glaubt, dass die schlimmsten Spießer jene wären, die alle anderen dafür halten. Mit denen lässt sich kein (literarischer) Blumentopf gewinnen. Feinsinn, @Cafard, Feinsinn!

Amüsiert

aligaga
 

Cafard

Mitglied
Vielen Dank, Hagen, das freut mich!

Danke auch an die Gelben Hühner, ich schreibe völlig intuitiv, ich merke das gar nicht mit den Zeiten, bin ja nur ein Launeschreiber, einfach so aus einer Laune heraus...
 

Cafard

Mitglied
Oha, aligaga, da haste mir ja ordentlich zugesetzt, so muss es sein, nur nichts gefallen lassen von den Launeschreibern, die stehen ja nicht unter Naturschutz!

Hat mir Spaß gemacht, deine Replik zu studieren, mit Vergnügen!

Du merkst, ich nehme alles ganz locker, aber sowas von!

Danke dir!
 
Hallo Cafard,

Hat mich berührt dein Text. Dieses Tasten, hinter die Dinge zu schauen, aber nicht den Boden unter den Sohlen zu verlieren; sich an die Pläne zu halten, in hoffentlich eingeschaltetem Zustand...und dann führt der Plan weg vom Plan, um sich vielleicht doch erfüllen zu können. Dieses Entzücken an dieser Verrücktheit, sich von einem Haufen gestapelter Pfannen dermaßen hingerissen zu fühlen, da geht voll mit dir!
Danke. War gut drauf nach dem Lesen.
Heidrunzweiundreißigfünf
 

Cafard

Mitglied
Danke heidrun, schöneres Kompliment als war gut drauf hinterher geht gar nicht, deswegen schreib ich, für mich und mit etwas Glück auch für andere dieses Gefühl herbeizuschlingeln, danke! Ich bin eigentlich kein richtiger Schreiber, nur so ein Schreibschlingel, oder so.
 
G

Gelöschtes Mitglied 16391

Gast
Cher cafard, tout d'abord une question: Pourquoi vous appelez-vous cafard?

Dann muss ich zugeben, dass ich mit deinem Text nicht viel anfangen konnte. Von der Methode her scheint es, als hättest du den Text so runtergeschrieben, quasi deinen Gedanken freien Lauf gelassen. Nun ist nicht alles Gold, was einem so spontan einfällt und in den meisten Fällen ähnelt es eher einer From von Logorrhoe. So weit würde ich bei deinem Text nicht gehen, aber trotzdem erschließt sich mir der Sinn mit den Pfannen nicht.

Auch der Satzbau sagt mir nicht zu:

Gesternmorgen hatte ich eine transzendente Erfahrung mit meinem Toaster, altes Brot wird wieder äußerst schmackhaft, wenn man es toastet, ich dachte so für mich, dass es einen Lebenstoaster geben müsste, wo man die Gespenster der Vergangenheit drin auftoastet, und dann sind es keine Gespenster mehr, dann ist alles Pech und Leid geröstetes Brot, das man wieder essen kann.
Ich nehme an, dass du durch die vielen Kommata zeigen willst, dass hier einfach Gedanken 'zu Papier' gebracht werden, und dass der Leser es einfach so runter lesen kann. Trotzdem entsteht bei mir kein Lesefluss, da ich den Satzbau eher verwirrend finde, so dass ich beim Lesen eher ins Stocken geriet.

Fazit: Leider nichts für mich.

Liebe Grüße,

CPMan
 

Cafard

Mitglied
CPMan, ganz recht, das ist Gedankenstrom, einfach fließen lassen, ich mag das!

Danke für deine kritischen Anmerkungen, das mag ich auch.

Cafard
 



 
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