Die Qual der Wahl

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Walther

Mitglied
Die Qual der Wahl


Es ist die Zeit, um jedes Haar zu spalten,
Das sich versehentlich im Mund verirrt.
Ist es vom steilen Zahn endlich entwirrt,
Darf jeder, was er will, bei sich behalten.

Die Hummel, die den Türkenmohn umschwirrt,
Ist ganz umnebelt von den Duftgewalten.
Sie kann nicht anders, als auf Anflug schalten,
Und jeder weiß, worin das enden wird.

Die Rose, die dort steht, bleibt ganz alleine
Und stellt in stummem Zorn die Dornen auf.
Dabei hat sie die allerschönsten Beine,

Und eine volle Dolde swingt im Lauf.
Der weiche Wind umspielt die zarte Kleine.
Die Hummel setzt dem Mohn die Krone auf.
 

Walther

Mitglied
Die Qual der Wahl


Die Hummel, die den Türkenmohn umschwirrt,
Ist ganz umnebelt von den Duftgewalten.
Sie kann nicht anders, als auf Anflug schalten,
Und jeder weiß, worin das enden wird.

Es ist die Zeit, um jedes Haar zu spalten,
Das sich versehentlich im Mund verirrt.
Ist es vom steilen Zahn endlich entwirrt,
Darf jeder, was er will, bei sich behalten.

Die Rose, die dort steht, bleibt ganz alleine
Und stellt in stummem Zorn die Dornen auf.
Dabei hat sie die allerschönsten Beine,

Und eine volle Dolde swingt im Lauf.
Der weiche Wind umspielt die zarte Kleine.
Die Hummel setzt dem Mohn die Krone auf.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich versuche mal, einige der Metaphern zu entschlüsseln:
Die Hummel, die den Türkenmohn umschwirrt,
Ist ganz umnebelt von den Duftgewalten.
Es geht um Betörung, Anziehung und Abhängigkeit. Die Pheromone spieln verrückt.(Wie bei "Männer umschwirrn mich, wie Motten das Licht")

Sie kann nicht anders, als auf Anflug schalten,
Und jeder weiß, worin das enden wird.
Die Anziehung ist ein Naturgesetz.
Es ist die Zeit, um jedes Haar zu spalten,
Das sich versehentlich im Mund verirrt.
Die Zeilen verwirren mich. Haare spalten bedeutet, etwas immer mehr zerreden, etwas ins kleinste auffächern, für den einen sinnvoll, der andere sieht nur Haarspalterei.

Ist es vom steilen Zahn endlich entwirrt,
Darf jeder, was er will, bei sich behalten.
Der entwirrende steile Zahn ist sicherlich eine hübsche Frau.
Den Begriff habe ich einige Zeit nicht gehört. Interessant ist die Etymologie. Es scheint mit "sona" in "ben sona" verwandt zu sein ("Hure" in "Hurensohn").
Die Rose, die dort steht, bleibt ganz alleine
Und stellt in stummem Zorn die Dornen auf.
Eine alte Jungfer, die zornig geworden ist und verbittert, dass sie niemanden "abbekam". Oder eine Rose, die verlassen werden sollte und schnell noch stachelte.

Dabei hat sie die allerschönsten Beine,
Sie versteht nicht, dass sie verlassen wurde.

Und eine volle Dolde swingt im Lauf.
Die nächste der schönen ist da.

Der weiche Wind umspielt die zarte Kleine.
Die Hummel setzt dem Mohn die Krone auf.
Die Befruchtung.

---

Aber es erinnert mich anders gelesen sehr an Kachelmann.
 
R

Rose

Gast
Ja, lieber Walther,

so ist das, wenn man(n) seine Fühler zu allen Seiten ausstreckt. Ein beeindruckendes Gedankenspiel, das ich sehr gern gelesen habe.

Entdornte Grüße
Rose
 

Walther

Mitglied
Lb. Bernd,

Deine Analyse meines Gedichts ist sehr spannend zu lesen und wie immer lehrreich besonders für den Autor. Ich danke Dir für die große Mühe, die Du Dir gegeben hast.

In der Tat gehört dieses Sonett zu den Gedichten, in die ich Elemente der Textcollage eingebaut habe. Ganz besonders geschieht das in S2, die in früheren Version S1 war, dann aber wegen der formalen Vorgabe der Sonettform zur 2. Strophe wurde.

Als Hinweis möchte ich 2 Bilder anreißen, die im erste Verspaar verwandt und dann weitergesponnen wurden. Lange Haare verirren sich in der Tat bei Einwirkung von Fahrtwind bei offenem Fenster etc. gerne im Mund. In der Tat kann in den Diskussionen über Frühlingsgefühle und deren gelegentlich fatale Auswirkung so manches Haar gespalten werden (oder in der Suppe gefunden).

Wir finden, damit es dann auch paßt, in S4 wieder eine solche Collage, wo das Schwingen der Rosenblütenstände im Wind mit dem tänzerischen Swingen gewisser Vorbauten junger leichtgeschürzter Damen quasi überpaust wird.

Vielleicht habe ich die LeserInnen ein wenig überfordert. Und vielleicht hat Dich der swingende Singsang des Texts dann doch dazu gebracht, dieses schon aus einer eher männlichen Perspektive mehrfach in Facetten gebrochene Lied auf das ewig Weibliche im Frühling entstandene Naturgedicht zu besprechen.

LG W.

Lb. Rose,

stand hier der Name Pate? :) Jedenfalls danke ich artig für lobende Worte und Bewertung!

LG W.
 



 
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