Die Sache mit dem guten Geschmack

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Perry

Mitglied
Die Sache mit dem guten Geschmack


Seit meine Geschmacksnerven nachgelassen haben, trinke ich billigen Landwein genussvoll wie teuren Bordeaux. Auch schmeckt mir eine Griesnockerlsuppe aus der Tüte genauso wie eine Frühlingslauchsuppe mit Zander-Safran-Klößchen à la carte.

Seit mein Hörvermögen nachgelassen hat, höre ich Heavy-Metal-Musik lauter als ich es mir zu meiner Sturm- und Drangzeit jemals getraut hätte. Auch dirigiere ich heute die Wolga von Smetana aus dem Transistorradio mit mehr Hingabe als ich es zu meiner Revox Anlage je getan habe.

Seit mein Sehvermögen nachgelassen hat, finde ich Frauen im reiferen Alter genauso schön wie die jungen Verzickten. Auch kann ich mich über ein Poster von Goyas nackter Maja über meinem Futonbett aus Naturholz genauso freuen wie über das Original im Museo del Prado in Madrid.
 
M

mirami

Gast
oh, wie traurig! wie sagt man? „nicht das alter sondern die kompomisse zeigen das ende der jugend an...“ :)

ich persönlich aber finde, so erlebe ich das nämlich, der geschmack verfeinert sich eher... wie dem auch sei, perry... textkritisch gesehen würd ich das ganze, sollte es als persiflage gemeint sein... sehr sehr stark verdichten damit es zu einer pointe kommt.

alles gute
mirami
 

Perry

Mitglied
Die Sache mit dem guten Geschmack


Seit meine Geschmacksnerven nachgelassen haben, trinke ich billigen Landwein genussvoll wie teuren Bordeaux. Auch schmeckt mir eine Grießnockerlsuppe aus der Tüte genauso wie eine Frühlingslauchsuppe mit Zander-Safran-Klößchen à la carte.

Seit mein Hörvermögen nachgelassen hat, höre ich Heavy-Metal-Musik lauter als ich es mir zu meiner Sturm- und Drangzeit jemals getraut hätte. Auch dirigiere ich heute die Moldau von Smetana aus dem Transistorradio mit mehr Hingabe als ich es zu meiner Revox Anlage je getan habe.

Seit mein Sehvermögen nachgelassen hat, finde ich Frauen im reiferen Alter genauso schön wie die jungen Verzickten. Auch kann ich mich über ein Poster von Goyas nackter Maja über meinem Futonbett aus Naturholz genauso freuen wie über das Original im Museo del Prado in Madrid.
 

Perry

Mitglied
Hallo mirami,
natürlich ist das Ganze als Persiflage gemeint. Zum einen, um die oft übertriebene "Geschmackssucht" zu parodieren und zum anderen, um dem Nachlassen mancher Sinne auch was Gutes abzugewinnen.
Verdichten ist immer möglich, aber hier sehe ich "noch" keinen Bedarf.
Danke und LG
Manfred

Hallo bluefin,
ja der liebe Grieß, will sich unbedingt vom Griesel unterscheiden. Die Götter wissen warum.
Danke und LG
Manfred
 

llceres

Mitglied
Lieber Perry,

man sagt, das Auge isst mit, doch wenn
man die Möglichkeit nicht mehr hat zu sehen,
wird man essen, was einem bekommt ...

ich frage mich, wie hätte sich der Geschmack
der Menschheit entwickelt, wenn wir wie "die drei
Affen" wären ...

nachdenklicher Text

mit lieben Grüßen

Ceres
 

Perry

Mitglied
Hallo Ilceres,
freut mich, dass dich der Text ansprechen konnte. Ich denke, mit dem Geschmack ist es wie mit der Liebe. Mag er sich auch ändern, ist er doch alles was uns das Leben lebenswert macht. Wir müssen ihn nur annehmen so wie er ist.
LG
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Lieber Perry,

für mich ist dieser Text hier falsch eingestellt, für mich ist es Prosa.

LG Franka
 

Perry

Mitglied
Hallo Franka,
für Kurzprosa ist er durch die sich wiederholenden Sätze und der übertragenen Bedeutung, die man in den Zeilen finden kann, dann doch zu lyrisch. Aus meiner Sicht ein Grenzfall, den ich zugunsten der Lyrik entschieden habe.
LG
Manfred
 
B

Beba

Gast
Dachte auch mehr an Prosa ... ;)

Aber der Text gefällt mir gut. Sehr plastisch geschildert, und am Ende bleibt (vielleicht als Trost): Hauptsache glücklich! ;)

Ciao,
Bernd
 
O

Open Mike

Gast
Die Degeneration von Sinnesorganen, egal ob alters- oder gebrauchsbedingt, ist schon 'ne schlimme Sache.

Doch was bildet ihn denn, den "guten" Geschmack? Nur unsere Sinne?

Ein Text mit Beigeschmack.

om
 
K

Kasper Grimm

Gast
Der Text hat für mich auch etwas Philosopghisches. Die scheinbare Sinnesverschlechterung ist in Wirklichkeit auch eine Verfeinerung. In jungen Jahren, beispielsweise, starrt man ständig auf die "verzickten" Mädchen - übersieht aber total die "reife" Schönheit älterer Frauen. So gesehen ein Alters-Fortschritt. Überhaupt scheint mir die Jugend überbewertet. Das macht sich auch auf anderen Gebieten bemerkbar: überall Jugendwahn und -manie. Auf der anderen Seite Wahn und Manie umgekehrt: altes Eisen, Abstellgleis...
Die Gerontophobie scheint umzugehen: wehe - wir alle kommen dorthin, sollten wir altern. Oder aber: die innere Einstellung, mithin auch Sinne und Geschmack ändern.
LG Kasper
 
B

bluefin

Gast
für den "guten" geschmack, @mike, war immer schon nur die obrigkeit zuständig: für den nach chlor im schwimmbecken z. b. die fachkraft für bäderbetriebe, für den nach pech und schwefel im forum die moderation.

@perrys text ist ein (etwas umständlich geratener) abklatsch des kalauers, die folgen der inkontinenz seien zwar nicht physisch, wohl aber psychisch zu kompensieren ("die moldau" ist in der tat ein grauenhaftes stück programmmusik; spätestens die beiden schrecklichen schlussakkorde bringen jedes kleinkind zum weinen).

liebe grüße aus münchen

bluefin

p.s.: der coole greis, @grimm, sagt: "man tut, was man noch kann".
 

Perry

Mitglied
Hallo Bernd,
ja es ist hart an der Grenze zur Prosa, aber durch seine formalen Wiederholungen und die übertragene Bedeutung für mich doch auch Lyrik.
Danke fürs "gut" und LG
Manfred

Hallo om,
genau, es kommt auf den ironischen Beigeschmack an. Braucht der mensch wirklich Wein , Weib und Gesang im Übermaß, um glücklich zu sein.
Danke und LG
Manfred

Hallo Kasper,
du hast es gut auf den punkt gebracht. Mit der richtigen inneren Einstellung lässt sich Glück leichter finden, als mit der Hatz nach immer neuen Süchten.
Danke und LG
Manfred

Hallo bluefin,
ist es mal wieder soweit, dass du deine vermutlich im jugendlichen Alter stehengeblieben Ansichten hier der Allgemeint um die Ohren haust.
Frage dich doch mal, ob das was du von dir gibst, jemand interessiert oder ob du nur plump provozieren willst.
Dann könntest du uns und dir viel Zeit sparen.
LG
Manfred
PS:
Wenn ich nicht wüsste, dass du auch anders kannst, hätte ich schon längst aufgehört auf deine Komms zu antworten.
 
B

bluefin

Gast
wie ich schon sagte, lieber @perry: man tut, was man noch kann.

vielleicht kennst du den witz ja gar nicht, auf den ich angespielt habe. pass auf, der geht so:

trifft ein rentner den anderen. dieser andere schaut ganz, ganz schlecht aus. fragt der eine: "bist du krank?" sagt der andere: "nein, aber inkontinent geworden. es ist schrecklich!" sagt der eine: "hier, nimm die nummer, ein freund von mir ist ein ausgezeichneter arzt, eine kanone auf dem gebiet, der kann dir ganz bestimmt helfen!"

nach einer zeit treffen sie sich wieder. der andere macht einen gelösten, glücklichen eindruck. fragt der eine: "hat mein freund dir helfen können?" sagt andere: "ja, und wie! ich bin ja so glücklich!" fragt der eine nach: "du machst also jetzt nicht mehr in die hosen?" sagt der andere: "doch! aber es ist mir sowas von egal!"

für den phall, @perry, dass du's immer noch nicht gerafft haben solltest: wer ganz offensichtlich begeistert davon berichtet, wie schön es ist, "die moldau" zum laut quäkenden dampfradio zu dirigieren, meint auch, alle anderen fahren auf der falschen straßenseite - bis es endgültig und abschließend kracht. für mich ist dieses "wer" nicht du, sondern dein lyrich. wenn du dich damit indentifizierst, darfst du mir keinen vorwurf machen. walfische kritisieren texte, keine autoren.

wenn du nicht magst, musst du auf meine postings nicht antworten. es genügt, dass sie gelesen werden.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

gareth

Mitglied
Hallo Perry,

ich würde den Text spontan auch wie Franka eher als Prosa bezeichnen, da ihm nichts gedichthaftes, kein merklicher Rhythmus unterlegt ist.
Du sprichst eine ganze Reihe wesentlicher Lebenserfahrungen an, was offensichtlich ein Anlass für engangierte Antworten ist.

Das (angebliche) Nachlassen der Sinne ist eine geschickte Metapher für die nachfolgende Diskussion der menschlichen Anspruchshaltungen und Einbildungen.

Der Weingenuss im ersten Abschnitt ist ein hübsches Beispiel dafür, wie sehr wir Menschen in unseren Entscheidungen und Überzeugungen vom Etikett beeinflusst werden. Die meisten von uns könnten ohne Kenntnis dieses Etiketts nicht sagen, welche Art Wein sie gerade trinken. Weiß man aber den Namen und er zählt landläufig zu den bekannten und guten, dann ist der Trinker des Lobes voll. In diesem Sinn wäre es eine wunderbare Methode, sich auf seine nachlassenden Sinne zu berufen und in Ruhe seinen Wein zu trinken, befreit von jeder Kommentierungspflicht.

Ein ähnlicher Betrachtungswinkel ergibt sich bei der nachlassenden Hörleistung. Hier kann sie als Alibi dienen für das Hören sehr lauter Musik einerseits und man kann ja gern auch mal versuchen, seinen Musikgeschmack damit zu rechtfertigen :eek:) Auf gewisse Unstimmigkeiten der Argumente in diesem Fall hat mirami schon hingewiesen und Bluefin hat in gewohnter Weise zur Moldau ein abschließendes Urteil gesprochen.

Der dritte Abschnitt: - wie wirken reife Frauen auf jüngere und ältere Männer - birgt Material für monatelange Diskussionen und bringt Kasper Grimm zu der Aussage:

Überhaupt scheint mir die Jugend überbewertet.

Na ja, Kasper Grimm, immerhin hat die Jugend den nicht zu überschätzenden Vorteil, noch viele Lebensjahre zu versprechen. Das kann man vom Alter nicht sagen. Und das biologisch Sinnvolle in einer höheren Anziehungskraft junger Frauen auf junge Männer sollten wir auch nicht ganz außer Acht lassen.

Es gäbe in der Tat noch richtig viel zu sagen und das zeigt, dass Dein Text, Perry, reichlich Potential hat, wenn er auch etwas prosaisch daher kommt.

Grüße
gareth
 
K

Kasper Grimm

Gast
Gareth, natürlich hast Du recht. Auch ich bin nicht frei von der Jugendwahnsünde. Gerade deshalb wollte ich gegengewichten. Mach mal einen Fernsehsender an: gleich springt Dir eine jugendliche Hoppsassarei entgegen, manchmal unerträglich doof. Da sehne ich mich oft nach dem Gegenteil von Albernheit, Selbstverliebtheit und Zickerei, nach Ernsthaftem und Tiefem. Das finde ich erfahrungsgemäß eher bei älteren Mitmenschen - wenngleich junge auch dazu in der Lage sind ;-)
Ob es angesichts des ökologischen Zustands dieses Globusses (was für'n Bus?) so erstrebenswert ist, noch ein ganzes Leben auf demselben abzubüßen, ist wieder ein anderes Feld, das sich hiermit vor uns eröffnet...
LG Kasper
 
B

bluefin

Gast
@perrys text (dem ich lyrisches keineswegs absprechen möchte) setzt sich rein physisch mit dem alter auseinander - er spricht vom schwinden der körperfunktion, nicht von deren (angeblicher) altersertüchtigung.

sorry - da tut man dann halt, was man noch kann, notfalls mit der windel in der hose. soviel ehrlichkeit muss sein dürfen.

von altersweisheit (falls es die je gegeben haben sollte) war nie die rede. das wär eine ganz andere geschichte.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 



 
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