Die Spuren im Schnee

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Ulrich Koep

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Es hatte den ganzen Tag geschneit in Kleckersdorf und nun war es dunkel geworden. Oschi, der kleine Bär, schaltete den Fernseher ab.
„Pu“, sagte er und wischte sich die Stirn, „ so einen spannenden Film hab‘ ich ja noch nie gesehen!“ Ted, sein bester Freund, zog den Kopf unter der Decke hervor und nickte vorsichtig.
„Kommst Du jetzt mit ins Bett?“, fragte er. Mit einem Satz waren beide die Treppe hochgelaufen.
So wie die beiden reagierten in Kleckersdorf seit einiger Zeit die meisten Einwohner und wo man auch hinhörte, überall gab es nur ein Thema: Die Spuren im Schnee, der spannendste Krimi, der jemals gedreht wurde.

Oschi zog die Bettdecke über den Kopf und schlief schnell ein. Die ganze Nacht über schneite es unaufhörlich weiter. Am nächsten Morgen jedoch wurde er ziemlich un-sanft geweckt:
„Oschi, Oschi, schnell“, Ted schüttelte seinen kleinen Freund ganz schön durch.
„Oschi“, wiederholte er.
Der Bär rieb sich die Augen. „Was ist denn los?“, fragte er noch müde.
„Schnell, los komm mit zum Fenster“. Ted zog ihn fast aus dem Bett.

Vom Schlafzimmerfenster aus konnte man es genau sehen und da gab es keinen Zweifel. Überhaupt keinen, das war so klar wie Kloßbrühe. Um das Haus der kleinen Bären führten ganz deutlich sichtbare Spuren.
„Ssssiehst Du auch was ich sehe?“, stotterte Ted, vor lauter Aufregung biß er auf seinen Zeigefinger, „ genau wie in dem Krimi gestern!“
„Ja“, sagte Oschi.
„Das kann nur bedeuten, dass der fürchterliche Emil hier ist!“
„Emil?“ fragte Oschi. „Na der aus dem Film, der fürchterliche!“
„Ach der“, antwortete Oschi, „ aber wie soll der denn aus dem Film hier hingekom-men sein?“
„Das wwweiß ich auch nicht, aber trotzdem... in dem Film gab es auch solche Rie-sentreter im Schnee!“ Ted zeigte auf die wirklich riesengroßen Fußspuren, die um das Haus führten.
„Was machen wir denn jetzt?“ wollte Ted wissen.
Oschi überlegte eine Zeit lang, was Ted eigentlich noch ein wenig mehr beunruhigte, aber dann sagte er schließlich:
„Was ist denn in dem Film passiert, als die beiden die Spuren gesehen haben?““
„Dann kam ein Detektiv!“, antwortete Ted.
„Genau, und genau so einen brauchen wir auch!“
„Aber wo ist denn einer?“ fragte Ted immer noch ein wenig ängstlich.
„Ich kenne einen und den könnten wir doch anrufen!“ Oschi freute sich ein wenig, denn endlich passierte auch einmal etwas Spannendes in Kleckersdorf.

Ein Stunde später war der Winston Schlupo, ein ziemlich bekannter Detektiv, der nur zwei Straßen weiter wohnte, vor Ort und besichtigte mit einer Lupe in der Hand die Spuren.
Schlupo entstammte einer berühmten schottischen Detektivfamilie und war ein indi-rekter Nachfahre von Sherlock Watson.
„Hm“, schnuffelte Schlupo und beäugte die Spuren sehr sehr sorgfältig.
„Was das wohl bedeutet?“, fragte Ted und beobachtete jede Bewegung, die der De-tektiv machte.
Wieder machte Schlupo „Hm“.
„Das ist aber ein sehr schwieriger Fall meine Herren“, brummte der Detektiv, „ wirk-lich sehr schwierig“.
„Warum denn“, fragte Oschi. „Weil ich noch nie solche großen Fußspuren gesehen habe“ In der ganzen Stadt kann man sie sehen.
Ted zuckte zusammen. „Siehst Du“, sagte er und zog eine ängstliche Schnute
„Mein Freund sagt, das wären die Spuren von Emil aus dem Film die Spuren im Schnee“.
„Das sagen die meisten in der Stadt“, brummte Schlupo.
„Siehst Du“, wiederholte Ted und biß auf seinen roten Schal.
„Aber wie soll denn einer aus dem Film zu uns in den Vorgarten kommen?“ fragte Oschi, „ das geht doch gar nicht“.
„Eben, das glaube ich auch“, sagte Schlupo. Er hielt seine große Detektivenlupe ganz tief in den Schnee. „Sehen sie auch was ich sehe“ fragte er.
„Was denn?“ fragte Oschi und guckte ganz genau hin.
Im Schnee lag ein langes dunkelbraunes Haar und einige abgefressene Blätter. „Ge-hört das auch diesem Emil?“ wollte Schlupo wissen. Und dann machte er wieder Hm.
Irgendwo hatte Oschi schon einmal so ein langes braunes Haar gesehen, aber wo ?
Er überlegte eine ganz schön lange Weile, während Schlupo den ganzen Tatort ab-suchte. Plötzlich sagte er „Ich hab’s“.
„Was haben sie?“ fragte Winston Schlupo. „Ich weiß, wer solche Haare hat“.
„Na wer denn?“ wollte der Detektiv wissen und Ted fragte ängstlich leise: „Emil?“
„Nein, natürlich nicht, los kommen sie mit“.
Mit einem Satz waren sie in Oschis blauem Auto und fuhren quer durch die Stadt zum Kleckersdorfer Zoo.
„Was wollen sie denn hier? Ich finde, jetzt ist wirklich nicht die richtige Zeit für einen Besuch!“ Winston Schlupo putzte seine Lupe.
„Los“, sagte Oschi, kommen sie mit“
Sie liefen durch die leeren Wege und plötzlich sagte Oschi: „Hier, das ist es. Schauen sie!“
Sie standen vor einem großen langen Gehege in dessen Mitte der berühmte ostindo-nesische Bergelefant genüßlich auf einem Büschel Stroh kaute. Der Elefant war ein besonders großes Exemplar, zu dessen Haare auf dem Kopf das Haar aus dem Vor-garten genau passte.
„Das muss es sein“, sagte Oschi aufgeregt.
„Was machen sie denn hier um diese Uhrzeit?“ schallte plötzlich von hinten eine Stimme, die dem Tierwärter Müller gehörte.
Oschi ging schnurstracks auf den Käfig zu. „Ich glaube, dieser Elefant war gestern bei uns. Da, da liegen noch ein paar Blätter aus unserem Garten“. Der Elefant trom-petete.
„Bist Du schon wieder ausgebüxt?“ maulte Herr Müller und untersuchte das Gehege.
„Da hinten“, sagte er , „ ist ein Loch im Zaun. Wir haben es schon geflickt, aber der Elefant findet immer wieder ein Neues. Wir wissen schon nicht mehr, was wir ma-chen sollen?“
Oschi musste ein wenig lachen und schaute Ted an: „Emil!“
Ted wurde ein wenig verlegen, weil er so eine Angst gehabt hatte und trappelte ein bißchen mit dem Fuß vor sich hin.
Winston Schlupo half Herrn Müller mit einem Stück Detektivdraht aus und der Elefant blieb von da an wo er hingehörte.
Der Krimi übrigens und der fürchterliche Emil jagten den beiden von da an keine Angst mehr ein, weil Spuren im Schnee nicht immer von bösen Buben sein müssen!
 
Hallo,uUlrich

eine nette Geschichte, gleichwohl erinnert sie mich daran was ich selbst noch alles zu lernen habe!
Ich wünsche uns allen viel Spaß auf dem Weg über unsere Grenzen zu schreiten...
LG
hkg
 



 
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