Die Verabredung

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Auf der Terrasse lagen die Boisenbergs in ihren Liegestühlen. Faulenzerstimmung, mitten im Hochsommer. Frau Boisenberg las in einem Taschenbuch, Herr Boisenberg studierte die Tageszeitung. Es war ein Samstag im Juli, früher Nachmittag.
„Übrigens treffe ich mich heute Nachmittag mit Andreas“, sagte Herr Boisenberg. „Ist das in Ordnung?“
„Natürlich, ich wollte später sowieso noch mal ins Schwimmbad, meine wöchentlichen 'Gesundheits-Runden' drehen, das interessiert dich ja nicht so besonders“, erwiderte seine Frau.
„Dann mach's mal gut!“
Und schon war Dieter Boisenberg durch die Tür.

Zwanzig Minuten später rief Susanne an: „Hallo Renate, wie ist's, hättest du Lust, dich mit mir zu treffen?“
„Ach, das passt jetzt aber gut! Dieter hat sich nämlich für heute Nachmittag mit seinem Freund verabredet, und ich hatte noch nichts Besonderes vor. Nun ja, eigentlich wollte ich ins Schwimmbad, aber das kann auch bis morgen warten.“
„Schön, dann würde ich sagen, bis um halb acht im Franklin-Bistro auf der Gutenberg-Straße.“
„Du, ich freu mich, bis gleich dann, Susanne!“
„Bis gleich, Renate!“

Mit der U-Bahn fuhr Renate zum verabredeten Treffpunkt. Susanne war schon da und hatte zwei Plätze reserviert.
„Na, wie geht's?“ fragte sie burschikos.
„Bestens.“

„Zwei Espresso, bitte!“ rief Susanne dem Kellner zu, der soeben vorbeiging.
„Und Wasser, am besten eine ganze Flasche“, ergänzte Renate.
„Wie geht's den Kindern?“ fragte Susanne.
„Denen geht's gut“, entgegnete Renate. „Lydia studiert jetzt in Hamburg, Wendelin macht ein Praktikum bei der Firma Neukirchen, und Sonja hat ihre Banklehre fast abgeschlossen. Und wie geht's dir?“
„Auch ich kann nicht klagen. Nächsten Monat drehe ich wieder einen Film mit dem Huber-“
„Oja, der ist gut! Ausgezeichneter Regisseur, Kompliment!“
„Ja, auch ich bin froh, heutzutage gibt's so viel minderwertiges Zeugs auf dem Markt, da bin ich dankbar für jedes halbwegs gute Projekt.“
Sie gerieten ins Plaudern und genossen den Nachmittag.
„Ein bisschen Schwimmen täte mir ja auch gut“, meinte Susanne.
„Dann lass uns doch zusammen da hingehen.“
„Ich hab' meinen Wagen dabei.“
Susanne winkte dem Kellner. „Die Rechnung bitte!“
Dann kramte sie ihren Autoschlüssel aus ihrer Handtasche hervor.

Sie fuhren durch die Innenstadt, mit offenem Verdeck. Das Coupé war der einzige Luxus, den Susanne sich leistete, ansonsten lebte sie ziemlich genügsam. Als sie an der Eisdiele „San Marco“ vorbeikamen, zuckte Renate plötzlich zusammen.
„Du, das gibt's doch nicht!“
„Was denn?“
„Da vorne sitzt Dieter.“

„Naja, irgendwo mussten die beiden ja hingehen.“
„Na, 'die beiden' ist gut. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Andreas je lange rote Haare hatte..“
„Du meinst?...“
„Ich meine nicht nur, ich habe gesehen! Du, fahr doch bitte noch mal zurück!“
„Moment, ich kann jetzt gerade nicht aus dem fließenden Verkehr ausscheren... aha, da vorne geht's...“
Susanne wendete, und sie fuhren die Straße zurück.
„Langsam“, befahl Renate. „Du, halt mal, ich steig hier aus!“
„Renate!“ Susanne versuchte ihre Freundin noch zurückzuhalten, aber da überquerte diese schon die Straße. Sie hatte den dunkelblauen Jaguar nicht mehr bemerkt, der mit überhöhter Geschwindigkeit um die Ecke gebraust kam...
 



 
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