Die Veranstaltung

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Kalle

Mitglied
Das Foyer war interessant ausgestaltet. Die Wände waren mit Berpostern geschmückt, die Mädels in wunderschönen Kleidern mit offenem Blick inmitten von Kuhherden oder mit Milchkannen zeigten. Das Buffet bot Leckereinen, die schwer den ursprünglichen Kreaturen zuzuordnen waren. Die Gäste trugen Designeranzüge, kombiniert mit lilafarbenen Nylonkrawatten oder Anhängseln, wie sie gerne von den Cowboys um den Hals getragen wurden. Die Socken waren meist weiß, die Schuhe trugen oft so merkwürdige Bembel statt Schnürsenkel. „Prost Mahlzeit, willkommen auf dem gesellschaftlichen Ereignis des Jahres“, dachte sich Horst. Das Umfeld war für die meisten Gäste äußerst attraktiv. Sie unterhielten sich über die neuesten Geschäftsabschlüsse der örtlichen Bank, deren Chef sich gerne mit „Hr. Vorstand“ anreden ließ. Das fand er cool, bei jeder Anrede verzog sich sein Gesicht in seiner Wahrnehmung in Richtung Mondänität. Horst wusste nicht, ob er kotzen oder lachen sollte. Er hielt sich zurück. Andere spekulierten, ob der geladene Hr. Minister, Leiter von irgendwas pünktlich erscheint oder nicht. Einer tat so, als ob er öfters mit Ihm Kontakt hätte und gab das Seinige dazu. Horst war hier, weil ein Referent eingeladen war der vermutlich Bescheid wusste. Er schlenderte durch die Meute, nahm sich das ein oder andere Kaltgetränk und wartete mit den Anderen zusammen auf den Hr. Minister. Der kam auch einigermaßen pünktlich. Die Horde weissgesockter empfing ihn freudestrahlend, alle versuchten Ihm ein Gespräch auf Auge zu drücken, in der Hoffnung im Dorfblatt abgelichtet zu werden.
„Lieber Hr. Bürgermeister, lieber Hr. stellvertretender Stadtrat, lieber Hr. Stellvertreter des Stellvertreters des Vorstandes der Stadtbank,....“
Horst wurde es langsam übel. Der Minister war eigentlich Sportlehrer, nahm sich aber unwahrscheinlich wichtig (in der Hoffnung, dass keiner weiß, dass er eigentlich von nix auch nur irgendeine Ahnung hat). Horst war jetzt endgültig schlecht und entschloss sich zur Flucht in Richtung Foyer. Er war nicht der Einzige, der dem Martyrium entkommen wollte. In der Ecke stand ein Hygroskop, der ein Wasser nach dem anderen trank.
„Hey, das ist Wasser Mann, hier gibt’s jede Menge gute Kaltgetränke“. Der Hygroskop ignorierte Horst und schlürfte lecker weiter.
„Schwachkopf“ dachte Horst und bestellte sich noch einen Korn. „So noch ein, zwei Korn, dann könntest Du Dein Erlebnis des Jahres haben“, sagte Horst zu der sächsisch sprechenden Aushilfsbedienung. Sie war interessiert, wollte Horst aber hinhalten.
„Glaubsd Du ätwa, ich bin so eene, die ne fünf Minuten Nummer macht?“
„Vergiss es, fünf Minuten sind mir zu lang, mach mir noch nen Korn“. Sie schenkte noch einen ein, bekam aber langsam Angst, dass ihr der beste Fick des Lebens entgleitete.
„Du, gehen mer in de Ecke“
„Na also, was ist Dein scheiß Problem? Spaß am Arbeitsplatz, wo kriegst Du das sonst?“
Sie gingen in eine Besenkammer, die schon für so manches gut war. Doch was war das? Als sich die Namenlose (Horst fiel ein, dass er Ihren Namen mal wieder nicht kannte) vor Horst hinkniete, hörte er ein leises Knistern. Die Namenlose riss Horsts Hose auf und verschlang sein bestes Stück, den kleinen Horst. Die Tür der Kammer war geschlossen, doch es knisterte immer lauter. Fast unerträglich lauter, nur die Namenlose hörte nichts, sie war schließlich beschäftigt, aber Ihre Ohren waren eigentlich frei. Horst entschloss sich, einen Blick durch die leicht geöffnete Tür zu wagen. Er traute seinen Augen nicht. Der ganze Saal, den man von hier aus perfekt sehen konnte, war voll mit Knisterbrause. Ja, es musste ein Anschlag sein. Irgendwelche Schurken haben einen Knisterbrauseanschlag verübt. So eine Sauerei. Die Horde aus Lehrern, wichtigen Weißgesockten und Begleiterinnen mit ordentlichen Titten lief wild schreiend durcheinander.
„Sie haben’s echt gemacht“ dachte sich Horst „einen Knisterbrauseanschlag“. Die Brause knisterte so stark, dass selbst die Namenlose kurzzeitig verwirrt an Horst hoch schaute.
„Mach Dir keine Sorgen, alles wird gut“. Sie machte weiter während die GSG 9 und andere Truppen eintreffen. Ein riesen Tohuwabohu. Die GSG 9 ballerte durch die Gegend und erschoss jede Menge mutmasslicher Terroristen. Dann folgte die Feuerwehr, die den Löscheinsatz ihres Lebens nicht verpassen wollte und schoss Wasser in den Saal, so dass die Namenlose kaum noch Luft bekam. Dann wurde es langsam ruhiger. Die Truppen zogen ab, die Toten wurden geborgen und der Saal geschlossen.
„ Horst, Du bist wunderbar. Du hast mir mein Leben gerettet. Für Dich mache ich alles was Du willst“
„ Klar, wär ja auch noch schöner“
Horst knöpfte seine Hose zu, küsste der Namenlosen auf die Stirn und zog durch die zerstörte Landschaft ab und ging seiner Wege.
Auf dem Heimweg, kaufte er sich noch schön Knisterbrause an der Tanke.
 
G

Gabriel

Gast
Hallo Kalle!

Abgedreht! ;-)
Aber ich denke, das wolltest du auch so.
Vielleicht wird der (die) eine oder ander es für - sorry - Quatsch halten, aber ich finde deine Art, die kleinen Eigenarten und Peinlichkeiten des Lebens mit dem Holzhammer zu demaskieren irgendwie erfrischend.

Fazit - ungewöhnlich - aber mir hat es gefallen. ;-)

Gruß, Gabriel
 

Rainer

Mitglied
...spitzenklasse...

köstlich, köstlich.

habe wieder sehr gelacht, gibt es irgendwann mal ein horst-buch bzw. hast du es schon mal bei der titanic probiert? ich glaube, da hättest du chancen.

ganz ehrlich: da sich deine letzten drei geschichten doch sehr ähnelten dachte ich schon, du hättest deinen zenit erreicht. aber der text zeigt mir doch, daß hier noch potential drinsteckt - um klassen besser als die letzten beiden (von den letzten drei war halt der erste der beste)

grüße, abgang

rainer
 



 
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