Die Zwitscherlinge

Inge Anna

Mitglied
Die Zwitscherlinge

Die Zwitscherlinge schwirren aus,
ihr Ziel ist Hugos Gartenhaus,
dort lässt man sich für Stunden nieder,
denn was geboten, lohnt sich wieder;
und weil's nix kostet, reisst auch nie
das gold'ne Band der Sympathie.

Gehüllt in wärmste Gastlichkeit,
geizt niemand um verlor'ne Zeit,
hier sitzt man fest, dies im Vertrau'n,
wenn's sein muss, bis zum Morgengrau'n,
und Hugo ist nicht gern allein,
ein herrlich Gasthaus, oh wie fein!

Die Grillgeräte stehen stramm,
Kurt kaut im Leelauf schon: hamm-hamm!
ein prächtig Feuer ward entfacht;
die Mägen knurren, Hugo lacht.
der Buchenscheite herber Duft
belebt die laue Sommerluft.

Ein Grillrost sollte blinken, glänzen,
doch Reinlichkeit hat ihre Grenzen;
wen stört die dünne Schicht von Schmand,
das Gröbste ist längst eingebrannt.
Die Würstchen werden draufgelegt
und weiter sich nicht aufgeregt.

Auch Schnitzelscheiben, Hähnchenteile
sind gefragt, nur keine Eile;
leer bleibt gewiss kein Zwitscherschnabel,
Willi trommelt mit der Gabel;
er ist, geht es ans Fleischverschlingen,
gefürchtet bei den Zwitscherlingen.

Endlich sind die Würste gar,
aufgeplatzt, wie jedes Jahr;
die Campingteller, arg verbogen,
werden stolz an Land gezogen.
Es gilt, Elfriede schmatzet schon,
und Egon spielt Akkordeon.

Emil kippt sein x-tes Bier
und von den Würstchen nimmt er vier;
denn Hunger hat er allemal;
zu Hause ist die Küche schmal.
Ganz sicher findet er es hier:
das Nachtquartier - im grillrevier.

Willi macht sich wie ein Bär
gierig über alles her;
Salate, Würste, Bratenscheiben,
nichts davon wird übrig bleiben.
Hugo füttert brav den Grill,
weil Willi sicher noch was will.

Nachdem gefüllt man bis zum Kragen,
sollte man ein Tänzchen wagen;
das kurble die Verdauung an,
meint schmunzelnd Gertruds Ehemann.
Er schnappt sein Trudchen voller Schwung
und fühlt wie einst sich frisch und jung.

Hugo geht zu Annemie
und eng umschlungen tanzen sie;
Hanna sieht's, fühlt sich verlassen.
Ob die zwei zusammenpassen?
Sie seufzt, hat schnell sich abgewandt,
doch dann hält Walter ihre Hand.

Lore braucht noch ein Glas Wein,
um ihre Seele zu befrei'n;
ihre Wangen glüh'n wie Feuer,
das Weinchen mundet, war auch teuer.
Lauthals bändigt sie den Frust
bei "Kufsteinlied" und "Waldeslust".

Man lärmt bis weit nach Mitternacht,
dann wird der Abflug klar gemacht;
ein letztes Mal wird nachgeölt.
kraftvoll das Wolgalied gegrölt.
Zu Ende geht das Zwitscherfest;
man schwirrt ins altgewohnte Nest.
 

peaches

Mitglied
*schmunzel*

Hallo Inge Anna,

treffender kann man es woll kaum beschreiben.
So oder ähnlich sieht es wirklich auf so manchem Grillabend aus, perfekt in Worte gefasst und dann auch noch gereimt.

Bin echt beeindruckt...

Aber ein bisschen was muss ich doch kritisieren, denn ich persönlich fände dein Werk unter Ironie besser aufgehoben,
ist aber natürlich Geschmackssache.

Hoffend auf Grillwetter :)

peaches
 
B

Bruno Bansen

Gast
Grillen...

Also, liebe Zwitscherlinge, da wurdet ihr ja soeben sehr schön beschrieben! (Wenn auch'n bisken zu umfangreich) Aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch! Schön erzählt und überwiegend schön gereimt! Weiter (und noch besser) so, ich freu mich auf das, was da noch so kommt!

Gruß Bruno
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Anna,

mit dir ist doch glatt eine hier aufgetaucht, die nicht nur nett reimen kann, sondern auch den notwendigen Rhythmus im Blut (oder in der Tastatur?) hat. Kann mich Brunos Meinung nur anschließen. Er hat Recht: Schön erzählt und schön gereimt- nur, vielleicht eine Idee zu lang.

"Und nun tritt Hermann auf die Matte,
stellt vor den Musikus 'ne Platte;
was darauf ruht, war noch vor Tagen
ein Hahn und hatte was zu sagen;
Doch Egon denkt nicht an den Tod,
holt sich zum Fleisch noch reichlich Brot."

Diese Strophe ist zwar nicht schlecht, aber in meinen Augen die Schwachstelle deines Gedichtes. Wenn Du auf sie verzichtest, kann das Werk insgesamt nur gewinnen - und kürzer isses dann auch.

Gruß Ralph
 

Inge Anna

Mitglied
Hallöchen!

Es freut mich sehr, dass meine "Zwitscherlinge" so guten Anklang finden. Positive Kritik ist Balsam für jeden Verfasser, wenngleich ich diesbezüglich auch die Schattenseiten nicht scheue.

Ich stehe mit meiner literarischen Arbeit erst am Anfang und schätze sowohl das freundliche Geleit als auch die strenge Beurteilung erfahrener Autoren.

Inzwischen schließe ich mich der Meinung von Dir, Ralph, an, dass die Strophe mit dem bedauernswerten Gockel nicht so recht in die fröhliche Grillrunde passt: wegdenken von der Bildfläche, löschen und vergessen! Dieses umfangreiche Werk wird mit Sicherheit einen "Sechs-Zeilen-Verlust" locker verschmerzen.

Im nächsten Beitrag will ich mich bemühen, die Würze in die Kürze einzubringen.

Also bis bald, Inge Anna
 

peaches

Mitglied
wegdenken?

Hallo Inge Anna,

wenn du selbst mittlerweile der Meinung bist, die eine Strophe passe nicht mehr, lösche sie doch einfach selber("delete" - Funktion unter dem Text).
Ist für den Leser sicher einfacher als wegzudenken und im Geiste zu löschen...

Liebe Grüsse vom neunmalklugen ;)

peaches
 



 
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