Die beste Freundin

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Die beste Freundin

Der Hafen war hell erleuchtet. Es war schon nach Mitternacht, doch waren viele Leute in dieser kleinen, griechischen Hafenstadt unterwegs. Bunte Lichter tänzelten auf den weißen Wänden der Häuser. Ich lehnte mich an eine Mauer und entschied mich, dort zu warten. Fünf Meter vor mir, hatte sich eine Menschentraube gebildet. Jeder hielt ein Schild mit der Beschriftung „Rooms“ in der Hand. Ich beobachtete die Fähre. Ohne Gnade zerschnitt sie das Wasser. Langsam drehte sich der Gigant und noch langsamer öffnete er sein Maul. Nur noch wenige Meter trennte die Fähre von dem Hafen. Ich überlegte noch, wie schön es werden würde, meine alte, beste Freundin nach so langer Zeit wieder zu sehen. Es war das erste Mal, dass ich jemanden in mein Haus nach Griechenland einlud. Ich war noch in Gedanken versunken, als sie schon auf mich zugestürmt kam. Wir umarmten uns, wir hatten einander vermisst. Ich sah im Augenwinkel, wie Autos, Lkws und Mofas aus dem Bauch der Fähre strömten. Wir setzen uns in die nächstgelegene Bar. Ich hatte ihr viel zu erzählen. Es war viel passiert in meinem Leben. Ich war umgezogen. Ich wollte von meinen neuen Freunden und meiner neuen Wohnung berichten. Ich fragte sie, wie die Überfahrt gewesen sei. Furchtbar, antwortete sie. Es wäre so unglaublich voll gewesen. Das wären die Fähren im Hochsommer immer, warf ich ein. So überfüllt mit Sicherheit nicht, erwiderte sie. Ich überlegte, wie oft ich schon mit diesen Fähren im meinem Leben gefahren bin.- mindestens 22 Mal und sie kam zum ersten Mal. Ich hörte noch so etwas, wie Menschen wurden zu Tieren… Ich wollte etwas sagen, doch sie berichtete gerade von einem alten, griechischen Ehepaar. Sie erklärte mir die Besonderheiten der Griechen. Ich wollte sie unterbrechen, doch sie redete ungestört weiter. Sie sprach über ihr Studium. Sie erzählte, wie sie alle ihre Kommilitonen überholt hatte und wie sie zum Liebling der Professoren geworden sei. Ich wollte was sagen, doch sie meinte nur, ich würde das doch noch nicht verstehen. Ich sei noch zu jung. Ich war ein Jahr jünger als sie. Ich horchte nach einer Weile wieder auf, weil ich glaubte ein „Du“ gehört zu haben. Doch hatte ich mich geirrt. Sie erzählte von ihrem witzigen Mitbewohner, der sich „Tuta“ nannte. Verärgert sah ich mich nach dem Ober um, ich wollte endlich etwas trinken. Mit einer, für einen Menschen fast unglaubwürdigen Langsamkeit, kam er zu unserem Tisch. Sie bestellte zwei Gläser Weißwein. Ich wunderte mich noch, was sie mit zwei Gläsern wollte, bis ich begriff, dass eins für mich bestimmt war. Ich nickte. Ich hasste Weißwein. Sie erzählte von den ausgezeichneten Weingütern, die ihr Vater besessen hatte, aber vor mehr als 15 Jahren verkauft hatte. Ich wollte noch anmerken, dass sie wohl kaum mit 5 Jahren schon Wein getrunken hatte. Doch der Ober kam mit unserer Bestellung. Ich kippte den Wein herunter. Sie hingegen nippte an ihrem Glas, verzog das Gesicht und fragte mich, wie in Gottes Namen ich so etwas hatte bestellen können. Ich wollte ihr erklären, dass sie es war, die bestellt hatte, doch mein Mund formte ein einfaches „Entschuldigung“. Sie redete wieder, ich hörte nicht, was sie sagte, ich sah nur, dass sich ihre Lippen bewegten. Ich griff nach meinen Zigaretten und fragte sie, ob es sie störe, wenn ich rauche. Sie gab mir keine Antwort, sondern erklärte mir, dass alle arroganten Studenten in ihrer Uni genau meine Zigarettenmarke rauchten. Daraufhin sah sie mich lange an. Ich drückte meine, gerade angezündete Zigarette aus. Sie lächelte und sagte, du willst doch nicht arrogant wirken. Ich nickte, stand auf und entschuldigte mich, ich müsse dringend auf die Toilette. Ich ging zur Bar, zog mich auf den Stuhl. Der Barkeeper fragte mich, was ich wolle. Gin Tonic, sagte ich. Während ich bestellte, sah ich durchs Fenster meine Freundin draußen sitzen, sie telefonierte. Ich entschied mich seufzend für einen Gin Tonic ohne Tonic. Ich steckte mir eine Zigarette an, inhalierte den Rauch tief ein und leerte das Glas mit einem Zug. Der Alkohol brannte auf meiner Zunge. Ich ging zurück zu meinem Platz. Sie redete immer noch oder wieder, das spielte keine Rolle mehr. Ich sah, wie die Fähre wieder beladen wurde. -Lkw für Lkw, Auto für Auto, Mofa für Mofa- Ich verfluchte die Tatsache, dass meine Freundin nicht genauso schnell, wie die Fähre am Horizont verschwinden würde. Zehn Tage und zehn Abende wie diese würden wir miteinander verbringen. Mir wurde leicht übel. Der Ober kam und wollte bei uns kassieren. Zusammen oder getrennt, fragte er. Zusammen, antwortete meine Freundin. Erstaunt sah ich sie an. Sie rührte sich aber nicht. Der Ober verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Er schien genervt. Meine Freundin bewegte sich noch immer nicht. Ich bezahlte. Sie fragte mich beiläufig, ob es etwas Neues in meinem Leben gebe. Ich dachte an meine neue Wohnung, an meine Freunde, an meine Zeugnisse, ich schüttelte meinen Kopf. Sie lächelte zutiefst bestätigt und meinte: “Dein Leben muss ja vor Langeweile nicht auszuhalten sein.“ Ich sah ihr zum ersten Mal in die Augen. Sie waren trübe. Ich hasste sie. Die Person, die ich jahrelang bewundert hatte, saß vor mir blass, unattraktiv und uninteressant. Ich stand auf, ich müsse noch mal auf die Toilette. Doch an Stelle der Toilettentür öffnete ich die Hintertür. Ich ging zu meinem Wagen, startete den Motor, fuhr in die Hafenanlage und in die Fähre. Ich löste ein Ticket nach Athen und ging auf das hintere Deck. Ich gesellte mich zu den Leuten, die mit weißen Tüchern ihren Verwandten am Hafen winkten. Die schweren Taue wurden hochgezogen, die Maschinen starteten, die Klappe wurde hochgefahren und während die Hafenstadt immer kleiner wurde, wurde mein Lächeln immer größer.
 
Die beste Freundin

Der Hafen war hell erleuchtet. Es war schon nach Mitternacht, doch waren viele Leute in dieser kleinen, griechischen Hafenstadt unterwegs. Bunte Lichter tänzelten auf den weißen Wänden der Häuser. Ich lehnte mich an eine Mauer und entschied mich, dort zu warten. Fünf Meter vor mir, hatte sich eine Menschentraube gebildet. Jeder hielt ein Schild mit der Beschriftung „Rooms“ in der Hand.
Ich beobachtete die Fähre.
Ohne Gnade zerschnitt sie das Wasser. Langsam drehte sich der Gigant und noch langsamer öffnete er sein Maul. Nur noch wenige Meter trennte die Fähre von dem Hafen. Ich überlegte noch, wie schön es werden würde, meine alte, beste Freundin nach so langer Zeit wieder zu sehen. Es war das erste Mal, dass ich jemanden in mein Haus nach Griechenland einlud.
Ich war noch in Gedanken versunken, als sie schon auf mich zugestürmt kam. Wir umarmten uns, wir hatten einander vermisst.
Ich sah im Augenwinkel, wie Autos, Lkws und Mofas aus dem Bauch der Fähre strömten.
Wir setzen uns in die nächstgelegene Bar.
Ich hatte ihr viel zu erzählen. Es war viel passiert in meinem Leben. Ich war umgezogen. Ich wollte von meinen neuen Freunden und meiner neuen Wohnung berichten.
Ich fragte sie, wie die Überfahrt gewesen sei. Furchtbar, antwortete sie. Es wäre so unglaublich voll gewesen. Das wären die Fähren im Hochsommer immer, warf ich ein. So überfüllt mit Sicherheit nicht, erwiderte sie. Ich überlegte, wie oft ich schon mit diesen Fähren im meinem Leben gefahren bin.- mindestens 22 Mal und sie kam zum ersten Mal. Ich hörte noch so etwas, wie Menschen wurden zu Tieren… Ich wollte etwas sagen, doch sie berichtete gerade von einem alten, griechischen Ehepaar. Sie erklärte mir die Besonderheiten der Griechen.
Ich wollte sie unterbrechen, doch sie redete ungestört weiter.
Sie sprach über ihr Studium. Sie erzählte, wie sie alle ihre Kommilitonen überholt hatte und wie sie zum Liebling der Professoren geworden sei.
Ich wollte was sagen, doch sie meinte nur, ich würde das doch noch nicht verstehen. Ich sei noch zu jung. Ich war ein Jahr jünger als sie. Ich horchte nach einer Weile wieder auf, weil ich glaubte ein „Du“ gehört zu haben. Doch hatte ich mich geirrt. Sie erzählte von ihrem witzigen Mitbewohner, der sich „Tuta“ nannte.
Verärgert sah ich mich nach dem Ober um, ich wollte endlich etwas trinken. Mit einer, für einen Menschen fast unglaubwürdigen Langsamkeit, kam er zu unserem Tisch.
Sie bestellte zwei Gläser Weißwein.
Ich wunderte mich noch, was sie mit zwei Gläsern wollte, bis ich begriff, dass eins für mich bestimmt war.
Ich nickte.
Ich hasste Weißwein.
Sie erzählte von den ausgezeichneten Weingütern, die ihr Vater besessen hatte, aber vor mehr als 15 Jahren verkauft hatte. Ich wollte noch anmerken, dass sie wohl kaum mit 5 Jahren schon Wein getrunken hatte.
Doch der Ober kam mit unserer Bestellung.
Ich kippte den Wein herunter.
Sie hingegen nippte an ihrem Glas, verzog das Gesicht und fragte mich, wie in Gottes Namen ich so etwas hatte bestellen können.
Ich wollte ihr erklären, dass sie es war, die bestellt hatte, doch mein Mund formte ein einfaches „Entschuldigung“.
Sie redete wieder, ich hörte nicht, was sie sagte, ich sah nur, dass sich ihre Lippen bewegten.
Ich griff nach meinen Zigaretten und fragte sie, ob es sie störe, wenn ich rauche.
Sie gab mir keine Antwort, sondern erklärte mir, dass alle arroganten Studenten in ihrer Uni genau meine Zigarettenmarke rauchten. Daraufhin sah sie mich lange an. Ich drückte meine, gerade angezündete Zigarette aus.
Sie lächelte und sagte, du willst doch nicht arrogant wirken.
Ich nickte, stand auf und entschuldigte mich, ich müsse dringend auf die Toilette. Ich ging zur Bar, zog mich auf den Stuhl.
Der Barkeeper fragte mich, was ich wolle.
Gin Tonic, sagte ich.
Während ich bestellte, sah ich durchs Fenster meine Freundin draußen sitzen, sie telefonierte.
Ich entschied mich seufzend für einen Gin Tonic ohne Tonic. Ich steckte mir eine Zigarette an, inhalierte den Rauch tief ein und leerte das Glas mit einem Zug. Der Alkohol brannte auf meiner Zunge.
Ich ging zurück zu meinem Platz.
Sie redete immer noch oder wieder, das spielte keine Rolle mehr. Ich sah, wie die Fähre wieder beladen wurde.
-Lkw für Lkw, Auto für Auto, Mofa für Mofa-
Ich verfluchte die Tatsache, dass meine Freundin nicht genauso schnell, wie die Fähre am Horizont verschwinden würde. Zehn Tage und zehn Abende wie diese würden wir miteinander verbringen.
Mir wurde leicht übel.
Der Ober kam und wollte bei uns kassieren.
Zusammen oder getrennt, fragte er.
Zusammen, antwortete meine Freundin.
Erstaunt sah ich sie an. Sie rührte sich aber nicht. Der Ober verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Er schien genervt. Meine Freundin bewegte sich noch immer nicht.
Ich bezahlte.
Sie fragte mich beiläufig, ob es etwas Neues in meinem Leben gebe. Ich dachte an meine neue Wohnung, an meine Freunde, an meine Zeugnisse, ich schüttelte meinen Kopf. Sie lächelte zutiefst bestätigt und meinte: “Dein Leben muss ja vor Langeweile nicht auszuhalten sein.“
Ich sah ihr zum ersten Mal in die Augen.
Sie waren trübe.
Ich hasste sie.
Die Person, die ich jahrelang bewundert hatte, saß vor mir blass, unattraktiv und uninteressant.
Ich stand auf, ich müsse noch mal auf die Toilette. Doch an Stelle der Toilettentür öffnete ich die Hintertür. Ich ging zu meinem Wagen, startete den Motor, fuhr in die Hafenanlage und in die Fähre. Ich löste ein Ticket nach Athen und ging auf das hintere Deck. Ich gesellte mich zu den Leuten, die mit weißen Tüchern ihren Verwandten am Hafen winkten.
Die schweren Taue wurden hochgezogen, die Maschinen starteten, die Klappe wurde hochgefahren und während die Hafenstadt immer kleiner wurde, wurde mein Lächeln immer größer.
 

Ralf Langer

Mitglied
Schön, stringend erzählte Geschichte

Ein zwei Dinge:

M.E.
Ist Hass ein zu starkes Wort. Die trüben Augen,
und möglicherweise eine weitere Andeutung wären
ausreichend.
Ich glaube nicht das Lyrich hasst. Ich denke er hat eher eine
Form von Mitleid für lyrdu.

Zweiter Satz: statt "Doch" "noch"

Ich glaube nicht das man Weißwein hassen kann.
Schreib doch einfach: Ich trank keinen Weißwein.

Sehr gerne gelesen
ralf
 

heini

Mitglied
Plot ist recht originell, aber mit der Erzählperspektive komm ich nicht ganz zurecht. Auch die Logik fehlt mir an einigen Stellen: "Fünf Meter vor mir, hatte sich eine Menschentraube gebildet. Jeder hielt ein Schild mit der Beschriftung „Rooms“ in der Hand."

Einige Bilder sind etwas schief oder unpassend.

... waren viele Leute in dieser kleinen, griechischen Hafenstadt unterwegs ... (Menschen!)
Ohne Gnade (!) zerschnitt sie das Wasser.
Ich sah im Augenwinkel (!) , wie Autos, Lkws und Mofas aus dem Bauch der Fähre strömten.
Bunte Lichter tänzelten (!) auf den weißen Wänden der Häuser.
Verärgert sah ich mich nach dem Ober um, ich wollte endlich etwas trinken.
Mit einer, für einen Menschen fast unglaubwürdigen (!) Langsamkeit, kam er zu unserem Tisch.
Sie bestellte zwei Gläser (!) Weißwein.
Ich horchte nach einer Weile wieder auf, ...
... , inhalierte den Rauch tief ein ...
-Lkw für Lkw, Auto für Auto, Mofa für Mofa-
Doch an Stelle (!) der Toilettentür öffnete ich die Hintertür.

Außerem: Warum so viele Absätze?
Das Erzähltempo etwa durch die Satzlängen bedingt ist fast durchgehend gleich atemlos.
 



 
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