Die kleine Wolke

Eilan

Mitglied
"Hey! Wach auf!" Jemand klopfte an Jeremys Schlafzimmerfenster im dritten Stock. Verschlafen öffnete er die Augen und lugte zum Fenster. Dort war etwas wattiges, das sich an die Scheibe drückte und seinen Namen zu rufen schien. Neugierig stieg er aus dem Bett und öffnete das Fenster. Sogleich kam das Ding hereingeflogen. Erschrocken hüpfte er zur Seite.
"Wer bist denn du? Und vor allem, was bist du?" fragte er das kuriose fliegende Wattebäuschen, das die ganze Zeit fechte Luft um sich herum produzierte.
"Ich bin Fritzi, die kleine Wolke." sagte es, nicht ohne Stolz. "Und was tust du in meinem Zimmer?" Wollte Jeremy wissen. "Och, ich dachte ich nimm dich mal mit auf eine Reise... Es ist nämlich sehr langeweilig alleine herum zu fliegen." Bevor Jeremy noch etwas erwidern konnte, meinte die kleine Wolke zu ihm: "Komm setzt dich auf mich, dann können wir endlich los." Er betrachtete sie zuerst kritisch, dann wollte er Anlauf nehmen. "Nein, nein! Warte, ich komme zu dir herunter." Langsam schwebte die Wolke herunter und blieb auf der Höhe von Jeremys Knien in der Luft stehen. Vorsichtig trat er auf sie. Es war, als würde er auf Watte treten. Nur, dass die Wolke nicht ganz so trocken war, wie er dachte. Er setzte sich bequem hin und wartete darauf, dass die Reise edlich losgehen konnte. "Halt dich gut fest!" rief die Wolke. Und schon sausten sie durch das offene Fenster davon. Immer höher und höher flogen sie. Zuerst sah er nur die Gärten und Häuser in der Umgebung, dann wurden diese immer kleiner und kleiner, bis sie nur noch Punkte zu sein schienen. Nun sah er viel mehr. Er sah die Hügel und Felder um das Dorf herum und die Nachbarsdörfer. Dann flogen sie weiter. Die grossen breiten Strassen kamen in sein Blickfeld. Die vielen Autos die darauf fuhren sahen aus wie Ameisen. Dann flogen sie über einer Stadt durch, und die Wolke ging ein wenig tiefer. Einige Häuser waren so hoh, dass Jeremy bei den Fenstern hineinschauen konnte. Die Büroangestellten eines dieser Gebäuden sahen ihn erschrocken an und riefen die anderen zusammen, um den Jungen auf der kleinen Wolke zu sehen. Jeremy winkte ihnen zu und flog weiter. Sie liessen die Stadt hinter sich und ein Berg ragte vor ihnen in die Höhe. Die Wolke flog nun wieder etwas höher, und als sie über dem Berg durchflogen, konnte Jeremy einige Gämsen und Steinböcke entdecken, die an den Berghängen hoch kletterten. Auf dem Spitz des Berges befand sich ein Restaurant. An einer Fahnenstange flatterte eine rote Fahne mit einem weissen Kreuz. War dies die Schweiz?! Als hätte die Wolke seinen Gedanken gelesen, sagte sie: "Ja, wir sind jetzt in der Schweiz." Aufgeregt sah Jeremy wie sich auf der anderen Seite des Berges ein Tal auftat, und viele kleine Dörfer waren zu sehen. Auf den Wiesen sah er Kühe grasen, und auf einem Feld fuhr ein Bauer mit seinem Traktor herum. "Ich glaube es ist Zeit wieder nach Hause zu gehen." sagte dann die Wolke plötzlich. "Wie schade!" Jeremy hätte gerne noch mehr gesehen. Vor allem hätte er gerne einmal die Schweizer Schokolade und den Käse probiert, von denen es immer hiess, sie seinen besonders lecker. Die Woke wendete und flog im dreifachen Thempo zurück über den Berg, über die Stadt, zu seinem Haus. Dort wieder durchs offene Fenster hinein.
Als Jeremy wieder Boden unter den Füssen spürte, war es ihm ein wenig komisch, und er taumelte. "Ich hoffe es hat dir gefallen." meinte die Wolke. "Vielleicht sehen wir uns ja wieder einmal." rief sie ihm zu und schon war sie durchs Fenster verschwunden.
 



 
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