Die richtige Traum-Pflege

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Markus Veith

Mitglied
Ich bin ein Träumer.
Ich bin ein guter Träumer. - Ich habe schon so einiges zusammengeträumt. Lassen Sie sich von mir also ruhig etwas sagen.

Erste und wichtigste Regel in der Traumzüchtung und -haltung ist die Ausführung. Träume brauchen Bewegung. Unterschätzen Sie das nicht, aber überschätzen Sie es auch nicht. Das ist ein oft begangener Fehler. Viele Menschen träumen einfach so drauf los und sagen anschließend, wenn sie den Traum dann haben: "Was soll ich denn damit?" Dann wird der Traum irgendwo in einem stillen Hinterkämmerlein auf eine lange Bank gelegt und verschwenderisch vergessen. Dort schläft er dann irgendwann ein. Und versuchen Sie mal einen Traum, ein Geschöpf des Schlafes, zu wecken. Vergessen Sie's!

Nehmen sie ihren Traum ernst, aber nicht auf die leichte Schulter (, so leicht sind Träume nämlich nicht). Führen sie ihn aus. Natürlich ist das Ausführen oftmals sehr schwierig, da man mit Träumen als solche nur sehr langsam vorankommt. Viele sind, vor allem wenn sie noch jung sind, ziemlich störrisch oder extrem verspielt, halten bei jeder lichtspendenden Laterne an und heben ihr Bein, oder sie machen überall Halt und beschnuppern die Beine, die ihnen im Weg stehen. Es ist allerdings auch wieder recht schwierig, Träume an der langen Leine zu lassen. Sie verheddert sich so leicht. Die den Träumen verwandten Visionen sind da etwas pflegeleichter und man hat es mit ihnen in der heutigen Zeit leichter.

Vor allem alte Träume sind sehr pflegebedürftig. Da sollte man schon ein bißchen aufpassen und sie nicht unterschätzen. Man muß sich des öfteren an sie erinnern und sie abstauben, sonst kann man sie irgendwann nicht mehr unter der dicken Schicht Alltagsstaub erkennen und sie verschwinden darunter. Ein alter Traum kann sehr verletzt sein, wenn man ihn einfach so verstauben läßt. Es ist immer von Vorteil, hin und wieder einen kleinen Blick auf ihn zu werfen, so bleiben er auch später noch von großem Wert.

Es passiert natürlich nichts, wenn man seinen Traum nicht pflegt. Irgendwann wird er verpuffen. Oder man tut ihn als Kinderei ab. Das ist nicht strafbar und mit keinerlei Aufwand verbunden. - Aber, ich meine, es wäre doch schade drum. Schließlich bedeutet ihr Traum Ihnen doch etwas, sonst hätten Sie ihn nicht gehabt, oder? Man träumt nicht einfach nur so. Reden Sie sich das nicht ein. Und wenn man sie pflegen möchte und zue Aufzucht entschieden hat, dann sollte man dhier doch bitte auch richtig vorgehen und sich nichts vormachen. Nichts ist erbärmlicher, als ein angeträumter, kleiner Traum, der im Dachstübchen vor sich hin gammelt, ohne weitergeträumt zu werden.

Das ist eine weitere wichtige Regel: Egal, wie viele Träume sie auch haben, lassen Sie sie niemals alleine irgendwo im dunklen Kämmerlein stehen. Träume können dort schlecht werden, und vielleicht wissen Sie ja, was es bedeutet, schlechte Träume zu haben. Die Armen können leicht in Panik und Angstschweiß ausbrechen. - Oder sie werden, wenn man sie alleine läßt, zu gut und ... schlüpfrig - wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie beginnen zu schwitzen und wehe, sie werden naß. Feuchte Träume stinken und das kann peinlich werden.

Es ist in der Tat sehr viel Arbeit, seine Träume auszuführen. Sicherlich auch mit etlichen Unannehmlichkeiten verbunden. Oft kommt dabei auch nur Scheiße raus. Aber die macht man dann halt wieder weg. Ratsam ist es, dafür stets ein Paar weiße Handschuhe parat zu haben. Und eine weiße Weste, falls mal was kleckert. Anschließend bekommt man die Hände am besten sauber, indem man sie gründlich in Unschuld wäscht. Und dann mit einem Schwamm drüber und alles ist vergessen.

Oft läuft es bei der Ausführung leider darauf hinaus, daß man von anderen Leuten nur milde belächelt wird. Diese unwissenden Menschen beugen sich mit alberner Miene über ihren Traum und geben Geräusche von sich, die so ähnlich klingen, wie "Och, süß! Der ist aber noch sehr klein, nicht?" oder "Was will der denn mal werden?" Und wenn man es dann stolz erklärt, so ziehen sie übertrieben das Gesicht in die Länge, das Kinn auf die Zehen und die Brauen bis an den Hinterkopf. "Oii, hört, hört. Ach, ja, ja, die Kleinen." Lassen Sie sich davon nicht beirren. Das sind meist jene Leute, die behaupten, nicht zu träumen, die sich mit der Traumaufzucht nicht beschäftigen, ja, sich erst gar nicht damit abzugeben glauben. Wohlbemerkt glauben. Denn niemand kann sich seiner Träume erwehren. Man kann von Träumen sagen, was man will, aber hartnäckig sind sie. Sobald die Augen zu sind, beginnen sie ihr nachtaktives Leben. Da kann man machen, was man will.

Doch manchmal trifft man auch auf einen anderen Träumer oder eine Träumerin. Man unterhält sich ein bißchen über die Erfahrungen, während sich die mitgeführten Träume ein bißchen von vorne bis hinten beschnüffeln können. Und wenn man ein bißchen Glück hat und sie mögen sich und haben sich zudem sogar noch gern (und lassen Sie sich gesagt sein, das geht manchmal verdammt schnell), dann kann es schon mal vorkommen, daß etwas sehr Fruchtbares und Neues dabei herauskommt.
Und das ist sehr schön. Dafür lohnt es sich, Träume zu züchten. Denn darauf kommt es an, und Sie dürfen mit Recht sehr stolz sein, auf Ihren Traum.
 
N

Nerval

Gast
Was hat die Hundehaltersprache mit Träumen zu tun?
Wer gibt Ihnen fachkundigen Rat über die Verwaltung und Lagerhaltung ihrer Träume?
Antwort: M.Veith in seiner Erzählung: "Die richtige Traum-Pflege".

Selbst als Stilübung taugt diese Ansammlung bloß witziggemeinter Sätzchen nicht viel. Warum ich meine wertvolle Zeit damit vertue, sie nicht nur zu lesen, sondern mich erdreiste sie zu kommentieren, also nochmals Zeit damit verbrate, dies hier aufzuschreiben und der Leselupen-Öffentlichkeit zu offenbaren.
Ganz einfach: ich habe etwas gegen schreibende Papiertiger, die ihre sicherlich für sie selbst sehr mühevolle Fähigkeit, nichts buchstäblich NICHTS zu sagen, hinter Wortschwällen und tumben Wortspielen verstecken. Also eine Erzählung über die Unfähigkeit von Träumen zu schreiben ( zu sprechen) oder die Einfallslosigkeit eines Schreibenden an einem regnerischen Novembertag kann sehr spannend sein, wenn, ja wenn...
Und dann die Faszination über einen solchen Satz meines Namensgebers (Nerval):
Der Traum ist ein zweites Leben.. Le rêve est la seconde vie... öffnet sich nicht schon ein Türspalt, durch diesen einfachen Satz?
Bei Markus Veith, dem Schreiber, dieses Traum-Machwerks bleibt mir nicht nur das Lachen über den Witz in der Kehle stecken (ein saurer Kloß), sondern auch der Zweifel, ob es eine Pforte in seine Sprachwelt gäbe, ja, ob es überhaupt seine Welt aus Worten gäbe...

Sorry,
Danke!
 

Markus Veith

Mitglied
Vielen Dank für dieses Patentbeispiel destruktiver Kritik. Ein kommentarloses "Gefällt mich nicht!" hätte es getan, ein "Gefällt mir nicht, weil ..." hatte mir sogar etwas gebracht. Doch eine Ansammlung substanzloser Ankreidungen, incl. ungemein schlauem Zitat mit m. E. anmaßendem Querverweis auf des Lektors (für underdog-Literatur Frankfurt) eigenen, offenbar hochheiligen Namen, drängen mir nur Mitleid auf. Weniger mit dem Kritiker wohl bemerkt, als mit den Autoren, deren Texte in solcherart Finger gelangen.
Schade, schade, wirklich schade.
Markus Veith
 
N

Nerval

Gast
Kritik? Über Lesarten...

Es ist mir klar, daß bei der "Affenliebe" eines Autors zu seinen Texten der Abstand zu denselben oft etwas klein ist.
Auch: Wer mag schon gerne unbequeme Dinge hören?

Aber: Ich lasse mir als Leser von niemanden vorschreiben wie ich zu lesen und vor allem: welche Art von Kritik ich zu üben habe. Ich schrieb, ich kommentiere seinen Text und genau das tat ich.
Gerade weil ich die Literatur mit ihren unglaublichen Möglichkeiten liebe, hat mich die Pseudo-"Literazität" des Textes empfindlich getroffen. Ich züchte keine Träume, sondern ich lebe die Vorstellung, daß man, könnte man angemessen über und von seinen Träumen sprechen, die Welt eine andere wäre.
Ich sage nicht leichthin von einem Text, er sei Geschwätz. Doch dieser Text wie sehr viele andere Texte hat für mich keinen Inhalt. Das ist traurig, denn wie jeder Leser (Lekor ist vor allem LESER) bin ich stets auf der Suche nach etwas. Und immer wenn es einem Autor gelingt, die schlafende Sprache zu wecken, bin ich glücklich, teilhaben zu dürfen.
Doch solche verblasenen Gemeinplätze wie "Doch manchmal trifft man einen Träumer oder eine Träumer. Man unterhält sich ein bißchen über die Erfahrungen..." lassen in mir nur Fragen aufkommen: Wer trifft sich hier, wer träumt hier, um was geht es überhaupt. Ich lese nur von Mans, die Träume beschnüffeln ( so wohl originell sein das Bild...)irgendwo, irgendwann. Ein jeder Zeit-und Räumlichkeit entrückter in der Verblasenheit eines von seiner Größe träumenden Schriftsteller-Man schwebender Text.
Schweb weiter, Dichter!

Grüße eines Suchers

Le rêve est la seconde vie...
 

Markus Veith

Mitglied
Na, das liest sich doch wie eine Meinung, die ich erstmal im Groben akzeptieren kann. Warum deine Beiträge allerdings Begriffe beinhalten, die mich schlichtweg kränken und - wie ich denke grundlos - beleidigen, kann ich immer noch nicht ganz nachvollziehen. Das du es traurig findest, in meinem Text wieder einmal nichts auf deiner "Suche" gefunden zu haben, ist eine Sache. Davon so enttäuscht zu sein, mir kritikzweckentfremdet einen reinzuwürgen, eine andere, die ich nicht verstehe. So etwas finde ICH traurig. Das geht auch anders, vor allem besser. Provokation ist in Ordnung, doch wer es übertreibt, macht sich nur lächerlich. Gerade von einem Lektor, für den du dich immerhin in deinem Profil ausgibst, möchte ich mehr Kritikfähigkeit erwarten dürfen. Weniger Begabung für Beleidigungen. Weniger Neigung, von einem Text gleich auch auf alle anderen zu schließen. Weniger Unverschämtheit, mich, als Autor des Textes, unter den du deinen Beitrag geschrieben hast, nur in der abgewerteten dritten Person anzuraunzen (, was m.E. bezüglich deiner Bemängelung der "Mans" in dem Text zudem wohl als üble Fettnäpfchenstampferei zu bewerten ist).
Ich halte die "Traumhaltung" ebenfalls nicht für sonderlich gut. Bestenfalls für amüsant. Wer darüber nicht schmunzeln kann, soll es lassen, wer sie allzu ernst nimmt, darf sich Narr nennen. Aus reinem Spaß am Schreiben war der Text eher eine Fingerübung, als eine superernst und hochintellektuell angelegte Bearbeitung des Themas Traum, wie du es scheinbar gerne auslegen möchtest. Von "Affenliebe" kann daher nicht die Rede sein. Ich bin sicher, dass mancher Autor sehr viel empfindlicher auf deinen Beitrag reagiert hätte. Ich kann inzwischen, das kann ich guten Gewissens behaupten, sehr gut mit Kritik an meinen Texten umgehen - solange, das möchte ich noch einmal betonen, diese konstruktiv ist. Zu einigen Texten, die ich zur Betrachtung unter die Leselupe gesetzt habe, bekam ich hervorragende negative, aber Verbesserung erwünschende Kritiken, die mich zu einer Überarbeitung angeregt haben.
Noch einmal zur Einprägung (, und danach will ich auch nicht weiter auf diesem Thema herumreiten, selbst wenn du erneut deinem Provokationdurst mit einem Beitrag löschen möchtest): Mir geht es in diesem Zwist nicht um die Verteidigung meiner Geschichte, nicht um ein zwanghaftes Gutreden eines Textes, den ich selbst für einen meiner schwächsten halte. Mir geht es viel mehr um die Bitte um mehr Respekt. Mehr verlange ich nicht. Aber auch nicht weniger. Eine Geschichte kann schlecht sein, so empfunden und dementsprechend kritisiert werden. Aber Beleidigungen und Destruktivität bringen keinerlei Qualitätsverbesserung, auch nicht in einem Kommentar. Frage dich gründlich, ob dein "Namensgeber" Gérard de Nerval, den du so gerne zitierst, nicht vielleicht auch eher dieser Meinung wäre.
Such nur weiter, Sucher. Ich wünsche dir viel Glück dabei.
Mit literarischem Gruß
Markus Veith
 

Oktober

Mitglied
Junge, Junge - hier geht es aber zur Sache! Ich bin neu hier, und da frage ich mich: "Ist das immer so?"
Gut, die Traumpolitur hat mich nicht gerade vom Hocker gerissen, aber ich fand doch diese und jene Stelle ganz amüsant. Vielleicht kann ich einige Anregungen für meine eigene Traumpflege verwerten, ohne mit meinen Träumen gleich hausieren oder gar Gassi zu gehen.
Kurzum - so schlecht fand ich die kleine Gebrauchsanleitung gar nicht. Darf ich das hier sagen? Oder fällt man jetzt gleich über mich her, obwohl ich noch nicht einmal einen eigenen Beitrag geschrieben habe?
 

maskeso

Mitglied
Much ado about nothing..

Zu Nervals Kritik: Sie war harsch und wenig begründet, aber so schrecklich destruktiv fand ich sie gar nicht. Wie drückt man denn totalen Missfallen über einen Text am Besten aus? Doch indem man ihn völlig zerreisst, oder? Dabei umriss er immerhin was ihm so vollkommen gegen den Strich ging und es liegt doch nun am Autor, diese Kritik zur Kenntnis zu nehmen oder je nachdem auch völlig zu ignorieren. Kritik zu kritisieren ist im Einzelfall wenig ergiebig, gerade weil ich selbst aus Erfahrung sprechen kann, dass die Grenze zur bloßen Schmähung sehr schnell überschritten ist. Viele Autoren reagieren da erheblich sensibler (zwei haben schon aufgrund meiner Kritik ihre Werke entrüstet aus der Leselupe zurückgezogen, aber um die war es nicht schade gewesen - zudem hatte ich in diesen Fällen meine vernichtende Kritik AUSFÜHRLICH begründet gehabt). Trotzdem sollte der Autor über solche Beiträge, wenn er sie persönlich nicht nachvollziehen kann, doch einfach wegsehen.
Zum Text selbst: Eigentlich sagt er mir doch sehr zu. Natürlich finde ich hier nicht die Erkenntnis auf meiner Suche nach dem Sinn des Lebens. Dennoch mag ich den Witz und den Humor, die auf mich ziemlich ungezwungen wirkten. Sprachlich ist hier eigentlich nichts zu bemängeln - es wirkt wie aus einem Guss und flüssig zu lesen. Irgendwie erinnert es mich vom Grundprinzip an Tucholskys Gedanken über das Loch - der Versuch, etwas Abstraktes zu konretisieren, in den bürgerlichen Sprachgebrauch zu konvertieren. Tucholskys Satire war natürlich besser (;)), mir hat's trotzdem sehr gefallen.
 



 
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