Die teure Promenadenmischung

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Andi

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Die teure Promenadenmischung
Herr B. hatte als Topmanager in allen Erdteilen gearbeitet. Kurz bevor er eine neue Aufgabe in Deutschland übernahm, lernte ich ihn kennen. Er sei Vater von zwei Kindern, mit denen er sich sehr gut verstehe, erzählte er mir. Einmal allerdings habe es einen Streit zwischen ihm und den Kindern gegeben. Die Kinder wollten einen Hund. Er aber mochte keine Hunde. Vor großen Hunden fürchtete er sich sogar, überdies nahm ihn sein Job sehr in Anspruch. Seine Frau war berufstätig und den Kindern wollte er die Verantwortung für einen Hund nicht aufbürden. Also blieb er hart. Eines Tages jedoch kamen die Kinder mit einer Promenadenmischung nach Hause, die ihnen zugelaufen war. Herr B. ließ sich dazu erweichen, den Hund solange zu behalten, bis sich der Besitzer gefunden hatte, zumal es sich um ein sehr kleines, wirklich reizendes Hundchen handelte. Innerhalb der nächsten beiden Wochen meldete sich jedoch kein Herrchen und die Kinder hatten den Hund bereits ins Herz geschlossen, so dass an Einschläfern oder Tierheim nicht mehr zu denken war. Kundige Nachbarn hatten obendrein versichert, dass es sich zweifellos um eine Mischung kleinwüchsiger Hunderassen handele. Der Status des Hundes wurde also legalisiert. Er wurde geimpft, versteuert, mit Halsband, Hundemarke und Papieren ausgestattet. Zu diesem Zeitpunkt wurde Herrn B. von seiner Firma eine sehr interessante Position in Schanghai angeboten. Er beschloss, mit seiner Familie nach China umzuziehen. Die Mitnahme des Hundes im Flugzeug war nicht gestattet. Daher wurde die Promenadenmischung nach Erledigung umfangreicher Aus- und Einreiseformalitäten mit einer Spedition per Schiff nach China versendet und zwar einige Tage vor Abflug, damit das Tier etwa gleichzeitig mit der Familie dort eintraf.
Kaum war der Hund unterwegs, erhielt Herr B. von einer anderen Firma ein noch attraktiveres Angebot für Kapstadt Südafrika. Er entschloss sich für Kapstadt und sagte China ab. Der Spedition gab er den Auftrag, den Hund via Schanghai nach Kapstadt zu transportieren.
Bald darauf flog Familie B. nach Kapstadt. Der Weitertransport des Hundes von Schanghai nach Kapstadt verzögerte sich jedoch erheblich, da zu jener Zeit gerade kein Schiff auf dieser Route fuhr. Als der Hund nach Wochen endlich in Kapstadt angeliefert werden sollte, war Herr B. bereits mit seiner Familie nach Deutschland zurückgekehrt, da die neue Aufgabe in Afrika nicht seinen hochgesteckten Erwartungen entsprach. Nun wurde der Spediteur angewiesen, den Hund von Kapstadt nach München zu überführen. Dies war jedoch nicht so ohne weiteres möglich, da für Hunde, die aus Afrika nach Deutschland eingeführt werden, eine Quarantänepflicht besteht. Der Hund konnte also zwar von Kapstadt nach Hamburg verschifft werden, musste aber dort im Hafen zwei Monate in Quarantäne und außerdem umfangreiche tierärztliche Untersuchungen über sich ergehen lassen.
Als Herr B. den Hund nach Monaten wieder in Empfang nahm, erlitt er einen zweifachen Schock. Den ersten, als ihm die Rechnungen für die Schiffspassagen, die Aufenthalte in Hundehotels in Schanghai, Kapstadt und Hamburg, sowie für die tierärztlichen Bemühungen, die Verpflegung und die Reisebetreuung des Hundes präsentiert wurden, den zweiten, als er das Tier selbst in Augenschein nahm. Es hatte sich zu einer Art Bernhardiner ausgewachsen! Kein Wundern, dass die Kosten für die Verpflegung so hoch gewesen waren!
"Zweifellos die teuerste Promenadenmischung, die es je gegeben hat." meinte Herr B. Seine Angst vor großen Hunden musste er wohl oder übel überwinden.
 



 
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