Die weinende Zeit

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viktor

Mitglied
Die weinende Zeit

Der Morgen war kalt und der Weg war noch weit,
zwei Saatkrähen schrien in den Wind.
Da traf ich am Waldrand die weinende Zeit,
verstört wie ein einsames Kind.

"Ich bin die Bedingung für Leben im Raum
als Baum in die Schöpfung gestellt.
In mir wächst die Hoffnung, ich berge den Traum
von aller Erlösung der Welt.

Schon unendlich lang fließt mein Wasser dahin
und nährte verschiedenste Saat.
So vieles verging - doch was blieb, hatte Sinn,
bis er meine Ufer betrat.

Erträumt als Vollendung des Willens zum Sein,
erschuf ich den Menschen zum Schluss.
Doch Abel sank nieder, erschlagen von Kain -
der eigenen Art zum Verdruss.

Und Kain zeugte Kinder - sie trugen sein Mal,
das Zeichen von Hass und von Gier.
So wird mir der Mensch nun allmählich zur Qual:
Ich mag ihn nicht länger mehr hier!"
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Viktor,

toll! Fantastisches Kopfkino.

Der Morgen war kalt und der Weg war noch weit,
Das Einzige, was mich persönlich irgendwie stört.

Um eines der "war" zu killen, vielleicht:

Der Morgen war kalt und mein Weg noch so weit,

oder

Der Morgen war kalt und der Weg noch so weit,

Nur Ideen, obwohl ich weniger Lyriker bin.
Was meinst Du?

LG, KaGeb
 

Walther

Mitglied
Hi Viktor,

in den Strophen 4 und 5 müßte am Metrum gearbeitet werden. Sonst ein interessanter Text mit einer interessanten Aussage.

Gruß W.
 

Eve

Mitglied
Hallo viktor,

auch mir gefällt dein Text sehr gut, vor allem das Bild der Zeit, die alles überdauert, alles mitansehen muss und darum voller Trauer ist ...

Prima Umsetzung einer Geschichte in ein Gedicht, das sich trotz oder wegen der Reime leicht lesen lässt :)

Viele Grüße,
Eve
 

viktor

Mitglied
liebe kritiker,
ich kann leider nur sporadisch antworten, da ich zur zeit auf "fremdcomputer" angewesen bin - auf dem eigenen ist keine anmeldung mehr möglich - weiß der geier, warum...
der änderungsvorschlag klingt plausibel - ich werde ihn umsetzen.
walther, das metrum ist durchgängig
xXxxXxxXxxX
xXxxXxxX
ich bitte dich, sorgfältiger zu lesen, zumal dein fehlurteil ja offensichtlich zu entsprechender benotung geführt hat.
bei allen anderen bedanke ich mich für die positive kritik!
liebe grüße
viktor
 

viktor

Mitglied
Die weinende Zeit

Der Morgen war kalt und der Weg noch so weit,
zwei Saatkrähen schrien in den Wind.
Da traf ich am Waldrand die weinende Zeit,
verstört wie ein einsames Kind.

"Ich bin die Bedingung für Leben im Raum
als Baum in die Schöpfung gestellt.
In mir wächst die Hoffnung, ich berge den Traum
von aller Erlösung der Welt.

Schon unendlich lang fließt mein Wasser dahin
und nährte verschiedenste Saat.
So vieles verging - doch was blieb, hatte Sinn,
bis er meine Ufer betrat.

Erträumt als Vollendung des Willens zum Sein,
erschuf ich den Menschen zum Schluss.
Doch Abel sank nieder, erschlagen von Kain -
der eigenen Art zum Verdruss.

Und Kain zeugte Kinder - sie trugen sein Mal,
das Zeichen von Hass und von Gier.
So wird mir der Mensch nun allmählich zur Qual:
Ich mag ihn nicht länger mehr hier!"
 

gareth

Mitglied
Hallo viktor,

bedauerlicher Weise kann ich mich mit diesem Gedicht nicht richtig anfreunden.

Neben xXxxXxxXxxX will es uns ja auch etwas erzählen.

In diesem Fall erzählt es von einem lyrischen Ich, das am Waldrand die weinende Zeit trifft, die als Baum in die Schöpfung gestellt wurde, als Wasser schon unendlich lang dahin fließt und u.a. erwähnt, er/sie/es habe zum Schluss den Menschen erschaffen. Da würde ich z.B. gerne wissen wer das ist, dieser privilegierte Wanderer am Waldesrand, dem dieses Mirakel widerfährt und warum er auserwählt wurde.

Der Hauptanlasss aber, lieber viktor, der dazu führt, dass ich grade so widerborstig kommentieren muss, sind die letzten beiden Verse.

Mit Bibelsachen muss man, wie uns die berühmten "Religionskriege" lehren, vorsichtig umgehen.

Wenn wir mal rasch nachschlagen {1Mo.12,8}1 Mose 12,8:

Und Adam erkannte abermals sein Weib, und sie gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Seth; denn Gott hat mir einen anderen Samen gesetzt an Stelle Abels, weil Kain ihn erschlagen hat. Und dem Seth, auch ihm wurde ein Sohn geboren, und er gab ihm den Namen Enos. Damals fing man an, den Namen Jehovas anzurufen.

stellt sich rasch heraus, dass da noch ein anderer Bruder des Kain lebte, der niemanden umgebracht hat und fleißig unbelastete Nachkommen zeugte.

Konnte der Wanderer etwas darüber erfahren, wie die weinende Zeit diesen Leuten gegenüber steht?

Bei allem Respekt, ich glaube, ich verstehe, welches Anliegen Dein Gedicht eigentlich hat, aber diese Umsetzung gefällt mir inhaltlich irgendwie nicht.

gareth


p.s. bevor ich es vergesse, das da:

ich bitte dich, sorgfältiger zu lesen, zumal dein fehlurteil ja offensichtlich zu entsprechender benotung geführt hat

war vielleicht doch auch noch ein Grund dafür, dass ich, abseits der reinen Kunst, ein bisschen kritisch geworden bin.
 

Inu

Mitglied
Viktor


Die weinende Zeit

Der Morgen war kalt und der Weg noch so weit,
zwei Saatkrähen schrien in den Wind.
Da traf ich am Waldrand die weinende Zeit,
verstört wie ein einsames Kind.

"Ich bin die Bedingung für Leben im Raum
als Baum in die Schöpfung gestellt.
In mir wächst die Hoffnung, ich berge den Traum
von aller Erlösung der Welt.

Schon unendlich lang fließt mein Wasser dahin
und nährte verschiedenste Saat.
So vieles verging - doch was blieb, hatte Sinn,
bis er meine Ufer betrat.

Erträumt als Vollendung des Willens zum Sein,
erschuf ich den Menschen zum Schluss.
Doch Abel sank nieder, erschlagen von Kain -
der eigenen Art zum Verdruss.

Und Kain zeugte Kinder - sie trugen sein Mal,
das Zeichen von Hass und von Gier.
So wird mir der Mensch nun allmählich zur Qual:
Ich mag ihn nicht länger mehr hier!"

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Ich finde am Metrum der letzten 2 Strophen keinen Makel und doch gefällt mir das Gedicht nicht wirklich.

[blue]Da traf ich am Waldrand die weinende Zeit,
verstört wie ein einsames Kind.[/blue]
Ich frage mich erst mal für wen oder was die ‚weinende Zeit‘ steht.
Wenn sie für die Weisheit der Natur, das Allwissende, Allerfahrene, für das Göttliche? steht, dann passt die nächste Zeile – verstört wie ein einsames Kind - irgendwie nicht und ich hab gleich schon mal das Gefühl, dass sie nur des Reimes wegen da ist.

Dann sagt die '[strike]weinende[/strike] Zeit' wörtlich, sie sei die Bedingung für Leben im Raum. Das stimmt ja so auch nicht. Zumindest sind auch noch andere Bedingungen für Leben notwendig.
Außerdem ist die Zeit - laut Deinem Gedicht - als Baum in die Schöpfung gestellt und sie erschuf zum Schluss auch noch die Menschen!!
Natürlich fühle ich, was Du meinst, aber ich spüre auch: hier passt irgendwie logisch nichts wirklich zusammen. Bei aller Poesie, bei aller Fantasie muss ein Gedicht auch in der Basis wahrhaftig sein. Sonst wird es Gelaber.

Vielleicht sollte für „weinende Zeit“ - den Ausdruck finde ich ohnehin ziemlich reißerisch - etwas anderes stehen?

Jede Zeile klingt gut ... man darf sie nur nicht hinterfragen.

Leider bekommst Du von mir auch keine Supernote :)

Gruß
Inu
 

viktor

Mitglied
...endlich finde ich wieder einen gastcopu, um antworten zu können. denn link zu "inu" kann ich allerdings auch hier nicht öffnen..
so kann ich nur auf den ausführlichen kommentar von gareth eingehen:

hallo gareth,
"Da würde ich z.B. gerne wissen wer das ist, dieser privilegierte Wanderer am Waldesrand, dem dieses Mirakel widerfährt und warum er auserwählt wurde."

...es ist das lyr-ich - wer sonst? - das da auf die weinende zeit trifft. ich habe mir als "freier dichter" erlaubt, dieses treffen stattfinden zu lassen.

"Mit Bibelsachen muss man, wie uns die berühmten "Religionskriege" lehren, vorsichtig umgehen.
Wenn wir mal rasch nachschlagen {1Mo.12,8}1 Mose 12,8:"

ich bin kein religionswissenschaftler. es geht mir hier nur um die metapher "kain", der den eigenen bruder erschlägt, ein bestimmtes muster für menschliches verhalten...ob adam und eva noch andere kinder hatten, ist im zusammenhang mit meinem gedicht völlig irrelevant.

"Konnte der Wanderer etwas darüber erfahren, wie die weinende Zeit diesen Leuten gegenüber steht?"

...wg. dieser leute hätte die zeit nicht geweint, sie hätten der zeit keinen anlass gegeben, somit sind sie für die idee meines textes ebenfalls irrelevant. es geht einzig um die fehlentwicklung "kain" im zusammenhang mit meinem gefühl der momentanen historischen situation des menschen gegenüber.

liebe grüße
viktor
 



 
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