Dunkle Ströme schwarzen Blutes

Dunkle Ströme schwarzen Blutes
fließen in den dunklen Bächen,
alle Geister fliegen weiter
zu des Teufels Urgroßtante.
In der neuen Fernsprechleitung
wimmert leise rosa Rauschen
und an eines Flusses Ufer
weiden purpurrote Schafe.
Sie, (des Teufels Urgroßtante)
holt den Pakt aus einer Truhe,
ich, ich habe meine Brille
noch zu Hause in der Schrankwand.
(Kann deshalb den Pakt nicht lesen,
der dereinst mit Blut besiegelt
wurde, aus des Armes Vene,
dunklen Strömen schwarzen Blutes.)

Hochfrequente Ströme fließen

Hochfrequente Ströme fließen
auf des Drahtes Oberfläche;
und ich fühle leichtes Kitzeln,
leichtes Jucken in den Ohren.
Hochfrequente Ströme fließen
auf der Haut, die Haare stehen
seit dem Morgen mir zu Berge.
Auf des Drahtes Oberfläche
deutet sich ein schwaches Glimmen
an, ein leichtes lila Glimmen.
Und ich fühle grauses Kitzeln,
jähes Jucken in den Ohren,
hochfrequente Ströme fließen
auf des Drahtes Oberfläche.

Das Flugzeug explodierte, ich saß drin

Das Flugzeug explodierte, ich saß drin;
ich fiel herunter, doch dabei nicht hin,
ich war der einzige, der blinde Passagier
und sah mich gleiten durch den Luftraum neben mir.
Die Leute ringsum applaudierten laut,
ich kannte sie, sie waren mir vertraut;
ich war der Seher, dabei war ich blind,
ich sah und schwieg und fiel im bunten Wind.

Das Flugzeug explodierte, ich saß drin,
ich fiel herunter, und da lag ich da,
der Staub fiel auf die Blumen.
Die Blumen wuchsen, Herbststurm knickte sie,
da fiel ein Schnee, da fiel ein Ruß darauf,
ich aber lag darunter.
Ich blühte langsam, zwischen Schnee und Eis,
die Wärme kam, da wurde alles Matsch,
die Straßenbahn entgleiste.
Ich floß ins Meer, die Haie waren krank,
ein Seepferd schaute nach der Meerjungfrau,
das Öl schwamm auf den Wellen.

Monotone frohe Töne
rauschen abseits von den Stränden,
sie zerschellen zwischen
rohen weißgetünchten Zimmerwänden.
In des Tales Weiten rasen
die Soldaten mit Raketen,
alle die Raketen starten
zu den gegnerischen Beeten.
Alle die Raketen starten,
und sie helfen, Unkraut jäten,
Unkraut in des Gegners Garten,
zwischen dessen Rosenbeeten.
Aus den Beeten tritt der Rauch,
und die schwarzen Nebelschwaden
töten ringsum Tier und Strauch
und erzeugen Hasenbraten.
Keiner will den Braten essen,
in den Steinen schweigen Schatten
und ich bin der zweite dieser
niemals müden oder matten.
Und ich bin der zweite dieser
und ich staune und ich staune
und ich fühle alle Fröste
und mir fehlt die gute Laune.
Alle lauschen, alle schweigen,
alle stopfen in die Ohren
große dicke fette Pfropfen.
Alle lauschen, alle schweigen,
alle stopfen in die Schuhe
Knüllpapier, dann trocknen diese.
Alle lauschen, alle schweigen,
und die vielen Zähne kauen
Blasen ziehend, Bubble Gum.

Eine Maus entflieht um Mitternacht
aus dem Käfig, und sie irrt umher
durch des Zimmers abgrundtiefe Ordnung.
Unterm Bett entdeckt sie eine Schale
und sucht Wasser, doch sie findet keines,
Futter aber liegt verstreut im Zimmer.
Eine Maus frißt Körner unterm Bette,
läßt die Schalen aber achtlos liegen
und markiert im Zimmer ihr Revier.

T R O S T
R O S T
O S T
S T
T

Die Straßenbahn erwachte,
die Zahlbox ruhte aus,
die krumme Schiene lachte,
im Rohr sitzt eine Maus.
Die Maus, sie kann nicht lesen,
die Schiene, sie bleibt krumm,
die Box bedenkt ihr Wesen,
die Straßenbahn kippt um.

Die Worte schlafen hinter den sieben Bergen oder zerbrechen in der Nacht. Aus den Worten purzeln die Buchstaben über die Wälder. Die Worte schlafen hinter den Bergen und die Buchstaben purzeln über die Wälder. Und kleben an den Blättern oder überhaupt. Ich erwache und der Druck vom Magen fällt aus dem Bett. Ich gehe unter die Dusche und die Buchstaben fallen über meinen Rücken. Ich laufe und laufe und die Buchstaben kleben auf meinem Rücken. Und ich verstehe sie nicht mehr. Und ich ziehe mich aus unter der Dusche. Und die Buchstaben kleben an meiner Haut. Und ich lese die Buchstaben und verstehe sie nicht. Und glaube ihnen und klatschend trommeln sie auf meinen Rücken unter der Dusche und ich verstehe sie nicht und lese langsam und friere.

Mich durchdringen diese Fröste
eisigkalten rohen Hasses,
und ich fühle auf den Haaren
ölig-schwarzes regennasses.
Mich durchdringen diese Fröste
aufgeheizter Eisensplitter,
aus dem Flugzeug fallen alle
klugen Arten von Gewitter.
Mich durchdringen diese Ströme
der Oktaven aus den Orgeln,
während langsam schwarze Schatten
über Bombensplitter torkeln.
Heute ist mein Blut gefroren
und die Augenbrauen glühen,
und ich muß mit beiden Händen
mich um meinen Joystick mühen.
Sitze hier in der Kabine,
vor mir schaffen Instrumente
viele künstliche Gebilde
überall rings im Gelände.
Und im Rings da ist es wunderschön,
überall ein wunderlich Getön.
Und ich drücke sacht auf einen Hebel,
Gegner schwingen schweigend ihre Säbel.

Edle Bomben fallen auf die Steingebäude,
formen feine Löcher sorgsam, sie zerstäuben die Materie,
edle Bomben fallen auf die Steingebäude,
und sie formen feine Löcher, sie zerstäuben die Materie.
Edel röhren die Raketen, wohlbekannte Flugobjekte,
sie zerstören leise lachend alle feindlichen Gemäuer,
edel röhren die Raketen, Bildschirmspiele für Soldaten.
In der Wüste warten schwitzend auf den Einsatz alle Helden.
Auf Atomkraftwerke fallen, Frieden schaffend, die Geschosse,
die Substanzen sickern langsam in die Erde, (die im Kosmos).
Öl ergießt sich in den Golf, und die Tiere gehen baden.
Fauchend zischen schwarze Wolken schwarzen Rußes in den Himmel,
Hitzezitternd schwarze Wolken aufwärts in die Stratosphäre,
fauchend zischen schwarze Wolken Kälte schaffend in den Himmel.

Ich halte den Joystick und sehe die Feinde,
ich drücke den Knopf, das sprengt deren Gemeinde,
da hinten, da blüht eine Rose auf Trümmern,
ich höre ihr leises ersterbendes Wimmern.
Ich halte den Joystick, der Monitor flackert,
ich schimpfe und fluche, wie hab ich geackert,
ich klopfe ein wenig nur auf das Gehäuse,
dem Krieg zu entgehen, versuchen die Mäuse.
Die Mäuse verschwinden, die Vögel desgleichen,
die kalten Reptilien, auch Säuger entweichen.
Doch fliehen sie langsam, so müssen sie sterben,
und sind sie gestorben, dann fehlen die Erben.
Die Mäuse verschwinden, die Vögel desgleichen,
die kalten Reptilien, auch Säuger entweichen.

Die Sonne ist dunkel am Himmel
und die Blume friert.

Aus kantigen Trümmern quillt der schwarze Rauch,
aus allen Wolken quillt der schwarze Regen,
verlorene Glieder, die sich nicht bewegen,
durchdringen diese Welt, ich schweige auch.
Und sehe diese Hitze in Color,
und gut gereinigt, cleared by CNN,
die Bilder schmerzen, ich bin Gottfried Benn.
Ich blicke aus dem Wüstensand hervor.

Unter einer Brücke lag ich
und im Wasser gut verborgen,
was ich dabei dachte, sag ich
weder heute oder morgen.
Auch noch übermorgen schweige
ich, besorgt um meine Lage,
denn - ich bin ein wenig feige.
(Und zensiere, was ich sage.)
Immerzu sprach ich zu viel,
jeder sieht die Resultate,
und ich sehe mich am Ziel
stets im Wasser und beim Bade.