Dunkle Tage in Sneen

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Die Kabelbinder schnitten tief in meine Handgelenke und schmerzten höllisch. Ich konnte nur die Umrisse meiner Peiniger sehen, da mich die schräg über dem Horizont stehende Abendsonne blendete. Aber das war bei Weitem nicht meine größte Sorge. Vier mir völlig fremde Männer hatten meinen Wagen angehalten. Einer hielt mir einen Revolver vors Auge und zwang mich, zu ihnen ins Auto zu steigen. Die Fahrt endete hier am Pier. Drei der Männer hatten mich brutal vom Rücksitz ihres Wagens gezerrt und mich neben das Hafenbecken gestellt, während der vierte Mann, offensichtlich ihr Anführer, abseits stand. Ich sollte mich nicht rühren. Der Höllenschmerz im rechten Oberschenkel ließ langsam nach. Einer von ihnen hatte mir sein Knie gegen den Oberschenkel gerammt. Er hatte genau die richtige Stelle getroffen. In der Schule nannten wir es Pferdekuss, daran erinnerte ich mich flüchtig. Ich zitterte unkontrolliert und näherte mich der Verzweiflung, denn ich hatte keine Ahnung, was die Männer von mir wollten, hatte aber eine schlimme Befürchtung, und das machte mir Angst. Sehr viel Angst.
Ich hatte wiederholt gefragt, was sie von mir wollten, aber keine Antwort erhalten. Es musste damit zu tun haben, was mit Forrest passiert war. Ich durfte gar nicht daran denken, sonst würde mir wieder schlecht werden. In was zur Hölle bin ich da hineingeraten? Oder ist das alles ein Albtraum? Wache ich gleich auf? Alles sprach dagegen. Es war harte Realität. Was hatten sie mit mir vor? Und wer waren sie überhaupt? Polizei? Geheimdienst? Gangster? Letzteres schien mir am wahrscheinlichsten. Und aus der Gegend stammten sie auch nicht.
Sie besprachen sich noch immer und deuteten hin und wieder auf mich. Der vermutliche Anführer schien zu einer Entscheidung gekommen zu sein, denn er kam nun zu mir rüber. Etwa einen Meter vor mir blieb er stehen und sah mich mit diesen kalten, gletscherfarbenen Augen fragend an. Nein, er hatte sich noch nicht entschieden. Ich sah Unschlüssigkeit in seinen Augen. Hoffnung wuchs in mir. Hatten sie mich verwechselt? Das war die Lösung. Ich spürte etwas wie Erleichterung.
„Du hattest es vorhin sehr eilig. Woher bist du gekommen und wohin wolltest du?“
Allein die Stimme ließ Böses ahnen. Mein Herz setzte aus, dann fing es an zu rasen. Shit, sie wussten, wo ich gewesen bin. Bei wem könnte ich sonst gewesen sein? Hunderte Theorien rasten mir durch den Kopf, aber ich konnte keine festhalten. Ich fühlte mich unfähig, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Nur Fragmente meiner Gedanken kreisten, getrieben von Angst, fürchterlicher schweißnasser Angst.
Er hatte rote Haare, nicht die übliche Farbe, sondern feuerrote Haare mit dem üblichen blassen und sommersprossigen Teint. Er zog ein Messer aus seinem Gürtel und begann gelangweilt, seine Fingernägel zu säubern.
„Hör zu, mein Freund, ich frage grundsätzlich nur einmal. Für dich mach ich jetzt nochmal eine Ausnahme. Jede weitere Frage, auf die ich keine Antwort erhalte, kostet dich einen Finger, also woher kamst du?“
„Vom Wald, ich kam vom Wald“, sprudelte es aus mir heraus und mir war schlagartig klar, dass es Verbrecher waren. Gangster von der übelsten Sorte. Gangster, wie ich sie bisher nur aus dem Fernsehen kannte.
Der Rothaarige legte seine Stirn in Falten und sah mich durchdringend an, fast so, als könnte er meine Gedanken lesen.
„Du strapazierst meine Geduld. Muss ich dich erst fragen, was du dort getan hast?“
Sie wissen es! Sie waren auch dort. Sie haben es auch gesehen, nein, sie haben es wahrscheinlich sogar selbst getan!
„Ich habe einen Freund besucht, aber er war nicht zuhause.“
„Lügen kosten zwei Finger, habe ich das nicht gesagt?“
Heilige Mutter Gottes, hilf mir. Wenn ich ihnen jetzt erzähle, was ich gesehen habe, bin ich der Nächste.
„Ich wollte wirklich einen Freund besuchen, ich schwöre es.“
„Und, hast du?“
„Ja, ich war da und habe dreimal geklopft, er war aber nicht zuhause.“
„Mel, fang mit dem Daumen an!“
Der Angesprochene schien geradezu darauf gewartet zu haben und fing an zu grinsen, als er ebenfalls ein Messer zog. Sein Grinsen entblößte zwei Reihen sehr kleiner und spitzer Zähne. Seine weit auseinander stehenden Augen zeigten nichts als Falschheit. Er erinnerte mich an einen Hai.
„Ich meinte, er war nicht wirklich zuhause, er war gestorben, hatte sich erhängt. Ich habe mich derart erschrocken, dass ich nur noch wegwollte. Dann habt ihr mich angehalten und aus dem Wagen gezerrt. Ich weiß überhaupt nicht, was ihr von mir wollt.“
„So, so, erhängt hat sich dein Freund. Und warum hattest du es so eilig? Wolltest du den Doktor holen oder Hilfe? Ich denke, du warst auf dem auf zu den Bullen, stimmt’s?“
Sie wussten alles. Sie haben Forrest aufgehängt und sie wissen, dass ich weiß, dass sie es getan haben. Ich hatte bislang keine Ahnung, was sie damit zu tun hatten, aber sie und ihr Auto waren mir auf der Straße in den Wald aufgefallen und ich hätte sie beschreiben können. War es das jetzt mit meinem Leben? Habe ich meine Frau und meine Tochter das letzte Mal gesehen? Meine Tochter. Sie hat zwei kleine Mädchen und ich habe sie noch nie gesehen. Sie wollten im Herbst nach Irland kommen, damit die Kinder ihre Großeltern kennenlernen. Würden die Kinder ihren Großvater nur aus Erzählungen kennen? Als den Mann, den man am Gleesk Pier getötet hatte? Ich wusste, dass mein Leben keine Krabbe mehr wert war. Ich versuchte, mich dumm zu stellen, meine vielleicht letzte Chance:
„Und was habt ihr damit zu tun? Kanntet ihr Forrest auch?“
„Nur sehr kurz“, antwortete der Rothaarige.
„Glaubt ihr vielleicht, ich hätte etwas mit seinem Tod zu tun? Als ich ankam war er schon tot. Ganz ehrlich. Hat wohl nicht mehr leben wollen, der Alte.“
Der Rothaarige schien jegliches Interesse an mir verloren zu haben, und ich schöpfte neuen Mut.
„Wisst ihr, der hat schon oft von Selbstmord gefaselt. Wundert mich, dass er es nicht schon vor Jahren getan hat, so wie der in seiner Hütte vegetiert hat. Niemand hätte sich darüber aufgeregt“, rief ich dem Rothaarigen nach, der sich anschickte, in den Volvo zu steigen.
Dort sah ich einen der Kerle, eine Schrotflinte aus dem Kofferraum nehmen. Es musste der Bruder vom Hai sein. Die gleichen auseinander stehenden Augen. Der Rothaarige sollte mir verdammt noch mal helfen. Ich wollte ihm nachlaufen, als mein Kopf nach hinten gerissen wurde und ich ein Messer am Hals spürte. Es musste der Hai sein, der es offensichtlich sehr bedauerte, dass er mir keinen Finger abschneiden durfte.
„Bleib stehen und halt die Schnauze, sonst schlitz ich dich“, zischte er mir ins Ohr.
Ich wagte nicht mehr zu atmen. In meinem Kopf stürzten alle Bilder auf einmal zusammen, meine Frau, meine Tochter, meine Enkel, die ich nur von Fotos her kannte, meine Nachbarin, auf die ich vor Jahren mal erfolglos ein Auge geworfen hatte und die heute noch keine Gelegenheit ausließ, mich mit ihrem geilen Hintern zu reizen und mich dabei anzugrinsen, unser Pfarrer, was zum Teufel hatte der Bastard in meinem Kopf zu tun?
Die Stimme hinter mir unterbrach mein wirres Gedankenkarussell.
„Hey“, sagte der Hai und ließ meinen Kopf los, „schau mal.“
Ich starrte in den Lauf der Schrotflinte. Das kann nicht wahr sein. Gleich fangen sie an zu lachen. Wollen nur ihren Spaß mit mir machen, diese Arschlöcher. Maria, Mutter Gottes, hilf mir. Dann gab es diese fürchterliche Explosion.
Ich lag am Boden und fühlte nur noch, wie sich mein Leben langsam davonschlich.
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jon

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Redaktionsanmerkung: Bitte entferne als erstes die Zitat-Formatierung, die ergibt so gar keinen Sinn.





Meine Lesermeinung zum Text:

Fluffig runtergeschrieben, auch wenn es oft so wirkte, als würdest du dich gerade erst von Satz zu Satz hangeln, statt eine schon im Kopf entworfene Szene zu schreiben.

Schade ist, dass diese Szene so lose rumbaumelt – als Prolog für eine richtige Geschichte ist das ok, so ist es nur ein Fragment.

Stärker als Stil-Stolperer fielen mir Logik-Stolperer auf.
Das beginnt schon bei der Überschrift: Wer oder was ist Sneen und welche Tage sind gemeint (der Text ist nicht mal einen Tag lang)?


denn ich hatte keine Ahnung, was die Männer von mir wollten, hatte aber eine schlimme Befürchtung, und das machte mir Angst.
… also hat er doch eine Ahnung
Es macht ihm Angst, dass er eine Befürchtung hatte?

Und aus der Gegend stammten sie auch nicht.
Das weiß er, weil …?

Sie besprachen sich noch immer
… während der eine abseits stand. – ?


Der vermutliche Anführer schien zu einer Entscheidung gekommen zu sein, denn er kam nun zu mir rüber. Etwa einen Meter vor mir blieb er stehen und sah mich mit diesen kalten, gletscherfarbenen Augen fragend an. Nein, er hatte sich noch nicht entschieden. Ich sah Unschlüssigkeit in seinen Augen.
Ich rekapituliere: Gangster. Kalte Augen. Unschlüssigkeit in den Augen? Da hapert es ein bisschen – wenn schon Klischees, dann bitte richtig.

Hatten sie mich verwechselt? Das war die Lösung. Ich spürte etwas wie Erleichterung.
Also: Hinten steht, er hat gesehen, wie es passiert. Also wie jemand Forrest aufknüpfte. Daraufhin haut er ab, aber ihm fällt der Wagen samt Insassen auf. Wann? Entweder er hat noch gewartet (so dass die Bösen wegkonnten und er sie auf dem Rückweg sah) oder er hat erst noch woanders rumgetrödelt (so dass die Böse ihn überholen und schon mal das Opfer überwältigen konnten). Dann – er rast davon – wird er angehalten und weiß in dem Moment nicht, dass die mit dem Tod zu tun haben. Wie bitte? Er sieht einen Mord und als er entführt und bedroht wird, hat er "keine Ahnung"? Und jetzt – an dieser Stelle der Szene – fragt er sich ernsthaft, ob er verwechselt wurde? Mit wem??


„Du hattest es vorhin sehr eilig. Woher bist du gekommen und wohin wolltest du?“
Also: Die töten Forrest. Erwischen einen mutmaßlichen Zeugen und entführen ihn. Was soll diese Fragerei an der Stelle? Es ist sch…egal, ob er wirklich Zeuge war – allein die Tatsache, wie sie ihn behandeln, dürfte dafür sorgen, dass er sie für Verbrecher hält und mit dem Tod Forrests in Verbindung bringt. Ergo: Sie müssen ihn töten, warum also dieser "Aufschub"?

und mir war schlagartig klar, dass es Verbrecher waren.
Jetzt erst?

Sie haben es auch gesehen, nein, sie haben es wahrscheinlich sogar selbst getan!
Sie haben was gesehen? Dass Forrest erhängt wurde? Warum sollten sie dann jetzt den "Helden" hier so behandeln? Natürlich haben sie es selbst getan! Und wenn er den Mord gesehen hat, dann hat er doch auch gesehen, dass sie es waren – ich meine, so feuerrote Haare dürften selbst in Irland auffallen. Oder?

Wenn ich ihnen jetzt erzähle, was ich gesehen habe, bin ich der Nächste.
Das ist er sowieso …

Dort sah ich einen der Kerle, eine Schrotflinte aus dem Kofferraum nehmen. Es musste der Bruder vom Hai sein. Die gleichen auseinander stehenden Augen.
Wieso kann er jetzt plötzlich das Gesicht sehen?

Der Rothaarige sollte mir verdammt noch mal helfen.
Versteh ich nicht - wie um Himmels willen kommt er darauf, dass er ihm helfen würde??

Ich lag am Boden und fühlte nur noch, wie sich mein Leben langsam davonschlich.
… und dann kam ein Rettungswagen. Der Mann überlebte und erzählt uns jetzt seine Story ;)
 
Du kannst beruhigt sein; der Mann ist und bleibt tot. Bei Textt handelt es sich übrigens um das Intro des Buches. Es beschreibt die Wahrnehmungen eines Mannes in Todesangst. Der prüft seine Gedanken nicht auf Plausibilität. center][/center]
 

jon

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… ach das Buch gibt es schon! Dann ist das ein Fall für das Forum, in dem schon veröffentliche Sachen stehen, denn Textarbeit ist ja nicht mehr sehr sinnvoll.
 



 
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