ER sucht SIE

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HajoBe

Mitglied
Jan schaute, als er von der Arbeit kam, sogleich in den Briefkasten. Seine Annonce in der Zeitung war vor drei Tagen erschienen. Es könnte sich eine Antwort finden.
Jan ist verheiratet, die Kinder erwachsen und aus dem Haus. Seine Ehe dümpelt dahin, getragen von gewohnheitsgeprägter Langeweile und zunehmender Beziehungslosigkeit. Sie hatten vor Jahren geheiratet und den zukunftsunträchtigen Satz "Bis, dass der Tod euch scheidet" zwar zur Kenntnis genommen, vielleicht auch gut geheißen, doch ins Dauerrepertoire ihrer Ehe hatten sie ihn nicht übernehmen können. Und geglaubt hatten sie ohnehin nicht so recht daran. Eine Open-End-Ehe?

Jan ist leitender Angestellter und Eva teilzeitbeschäftigt in einer Boutique. Den Haushalt versorgen sie gemeinsam am Abend. Gelegentlich ein Kino- oder Theaterbesuch, das sonntägliche Mittagessen meist in Restaurants mit asiatischer Küche.
Zärtlichkeiten beschränken sich auf den morgendlich flüchtig gehauchten Abschiedskuss. Die Abende vor der Glotze lassen harmonische Gefühlsseligkeit geschweige denn Lust aufeinander vermissen. Intimverkehr bleibt in unregelmäßigen Abständen dem Sonntagmorgen vorbehalten und verspricht in seiner gleichförmigen Fantasielosigkeit höchstens einen vorzeitigen selbstbefriedigenden Orgasmus, wenn überhaupt...und bei ihr schon garnicht.

Freunde hatten ihnen des öfteren zu einem verlängerten Wochenendurlaub geraten, so mit allem Drum und Drann, in einem Wellness-Hotel mit Verwöhnprogramm und Candle-Light-Dinner und ihnen von der aphrodisierenden Wirkung intimer Zweisamkeit in einer Suite mit Wasserbett und Seidenwäsche vorgeschwärmt.
So recht konnten sie sich mit dem Gedanken nie anfreunden und zogen es vor an Gruppenwanderungen durch den Schwarzwald teilzunehmen, die meist in einer Vesperstube ihren Ausklang fanden und einen Reiz auf körperliche Annäherung in durchgeschwitzten Outdoor-Klamotten erst garnicht aufkommen ließen.
So endete wieder ein Sonntag beim "Tatort" und dem vorgezogenen Nickerchen vor der Kiste. Ein flüchtiger Gute-Nacht-Kuss und ein "Mensch, bin ich müde...!" beschlossen den Abend. Nackt schliefen sie schon längst nicht mehr und der Gedanke an getrennte Schlafzimmer wurde naheliegend, gelegentlich laut geäußert mit dem berühmten Schnarchvorwand, der herhalten musste für nicht Ausgesprochenes und Verdrängtes in der Intimsphäre.
Jan spürte zwar diese zunehmende Entfremdung und Gleichgültigkeit seiner nachts neben ihm im Bett liegenden Frau gegenüber, doch er hatte mehr und mehr Hemmungen sich ihr zu nähern oder auch nur die Hand nach ihr auszustrecken. Vor Jahren am Beginn ihrer Beziehung hätte er keine Gelegenheit ausgelassen sie zu berühren, ja sogar im Intimbereich, immer hoffend auf eine positive Reaktion oder zustimmendes Verhalten ihrerseits. Er hatte ihr unablässig gestanden wie geil er auf sie sei und ihre anfängliche Abwehr hatte seine Bemühungen noch gesteigert, sie endlich zum ersten Geschlechtsverkehr zu bewegen. Seine jugendliche Unerfahrenheit in sexueller Betätigung und im Umgang mit einer Frau führten zu anfänglichen Frustrationen bei beiden und manch`vorzeitiger Orgasmus bei ihm ließ seine Freundin unbefriedigt und enttäuscht zurück. Schon damals begingen beide den Fehler, nicht über die Ereignisse oder besser Nichtereignisse ihres Sexuallebens zu sprechen, möglicherweise aus erziehungsbedingten Hemmungen und tabugesteuerter Zurückhaltung und Scham.
Heute müssten sie sich klar darüber sein, was falsche elterliche und zerstörerische religiöse Erziehung für bleibende Schäden anrichten und aufgrund der daraus entstehenden Folgeerscheinungen bei den Betroffenen die Wartezimmer der Eheberater und Psychologen füllen.
Jan bemerkte wie er immer mehr in einen Zwiespalt geriet zwischen ehelichem Grau-Alltag, Treueversprechen und zunehmendem tagträumerischen Wunschdenken. Seine Fantasie spiegelte ihm vor, wie es wäre wenn...Schließlich ist der Mensch nicht monogam, wovon er zutiefst überzeugt war. Seiner Frau gegenüber verstummte er zunehmend sobald es um das Thema Sexualität ging, wenn es überhaupt einmal beiläufig angesprochen wurde. Es endete nicht selten in Vorwürfen, dass sie bzw. er keine Lust mehr verspürten miteinander zu schlafen, von Abwechslung im Intimleben ganz zu schweigen. Sexuelle Praktiken über die übliche Missionarsstellung hinaus oder gar Oralverkehr wurden niemals verbalisiert und ein ausgedehntes begehrliches Vorspiel fiel meist der Ungeduld und Begierde zum Opfer sich so rasch wie möglich zu vereinigen, zumindest was Jan anging. So bemerkte er die von Eva vorgetäuschten Orgasmen nie und wähnte sich im Glauben,wenn er befriedigt war müsse sie es ebenfalls sein.

Es war vorprogrammiert, dass ein glückliches Sexualleben, wie es in einer Partnerschaft unabdingbar ist, immer mehr austrocknen und sich schlussendlich völlig verflüchtigen musste. So trat ein, was jegliche Beziehung zum Scheitern verurteilen musste, sofern sie nicht auf rein freundschaftlicher Basis gründete oder platonisch zu nennen war: Die Abwendung von gelebter Sexualität. Letztendlich der Stabilisator intersexueller Beziehungsfähigkeit und Garant für den Abbau partnerschaftlicher Dissenzen. Die Versöhnung in der innigen geschlechtlichen Vereinigung nicht nur zweier Körper sondern auch zweier Seelen, die sich niemals so nahe sind, wie in diesem einen ineinander stürzenden zeitlosen Moment.

Jan beobachtete wie er sich zunehmend in sexuelle Fantasien hineinsteigerte, sich imaginär weibliche Nacktheit und bereitwillige Hingabe vorstellte, was nahezu immer zu Erektionen führte, und selbst nachts neben seine Frau im Bett liegend hielten ihn Wachträume in ihrem erregenden Bann. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich seiner Frau zu erklären, seine Wünsche zu äußern, aber er spürte, dass er sie nicht mehr begehrte. Es waren weibliche Hirngespinnste, die ihm förmlich den Verstand raubten und in ihm immer mehr das Verlangen nach einer fremden Frau schürten. Er malte sich aus, wie sie ihm alle Wünsche erfüllen könnte. Ja, sogar was ihr äußeres Erscheinungsbild anging, war er zu jedem Kompromiss bereit und musste sich eingestehen, dass es ausschließlich animalisches Verlangen nach einem fremden weiblichen Leib war, ganz gleich wie anziehend er sein mochte oder nicht.
Er hatte von den Begriffen des ehelichen Gewohnheitssex mit seiner eintönigen Verlässlichkeit und dem außerehelichen Lustsex gelesen mit diesem gewissen Kick und dem Motivationsschub, den er auszulösen vermochte und von dessen Berechtigung er überzeugt war.
Ein Arbeitskollege, mit dem er das ihn umtreibende Thema angeschnitten hatte, ermunterte ihn:
"Gib`doch mal eine Anzeige in der Zeitung auf....unter ER sucht SIE!"
Jan faszinierte der Gedanke, er überlegte wie er die Annonce formulieren würde und wenn es die Arbeit zuließ, kritzelte er auf ein Stück Papier Entwürfe, um sie mehrfach zu verwerfen und die Zettel in kleine Stücke zu zerreißen, damit sie niemandem in die Hände fielen. Er las den Anzeigenteil der örtlichen Tageszeitung, um sich Anregungen zu holen. Zugleich überraschte ihn wie zahlreich sich derartige Annoncen dort fanden. Ob er da überhaupt eine Chance haben würde? Schließlich ging es darum sich möglichst attraktiv darzustellen. Den Umstand, dass er verheiratet war und sein Alter wollte er zunächst verschweigen. Natürlich war Diskretion von beiden Seiten selbstverständliche Voraussetzung. Über sein Äußeres ließ er sich nur spärlich aus. Noch die Angabe der Adresse....? Nein, das ging natürlich nicht. Also nur die Handynummer. Und bitte nur per sms antworten! Bloß kein Anruf im falschen Moment. Zu bezahlen durch Bankeinzugsverfahren. Da war der Haken: Das gemeinsame Konto mit seiner Frau....
Jan beschloss persönlich zur Zeitung zu gehen.
"Ich möchte eine Anzeige für einen Freund aufgeben....", gab er der Sekretärin hinter dem Tresen zu verstehen.
"Auch möchte ich in bar bezahlen, mein Freund verfügt über keine Bankverbindung..."
Das war überstanden. Jan war erleichtert. Die Anzeige würde unter Chiffre erscheinen, alles anonym.
Jetzt galt es nur noch den Briefkasten regelmäßig vor seiner Frau zu leeren. Welche Erklärung sollte er ihr geben, wenn ein Chiffre-Brief von der Tageszeitung auftauchte. Er hätte natürlich die Post auch selber bei der Zeitung abholen können, doch daran hatte er nicht gedacht, das Fräulein am Tresen auch nicht.

Der Briefkasten enthielt nur Werbung und eine Postkarte seiner Schwiegermutter, auf der sie ihr baldiges Kommen ankündigte.
Die nächsten Tage voller angespannter Erwartung brachten zunächst nicht den gewünschten Erfolg.
"Na, hast du deine Traumfrau gefunden?", fragte ihn sein Kumpel einige Tage später. Er verneinte und der Kollege meinte:
"Schau doch mal unter: SIE sucht IHN!"
Jan besorgte sich die Wochenendausgabe und musste feststellen, dass mehr Männer nach Frauen als Frauen nach Männern suchen. Dabei ist doch bewiesen, dass beide Geschlechter in hohem Maße fremd gehen.
Ganze vier weibliche Gesuche. Eines erschien verlockend:
"Attraktive SIE, verheiratet, gutaussehend, sucht IHN für eine zärtliche Intimbeziehung bei absoluter Diskretion....usw."
Das könnte es sein, dachte Jan und notierte die Chiffre-Nummer.
Die Antwort wollte gut überlegt sein. Jetzt nur keinen Fehler machen in der Selbstdarstellung. So schrieb er unter Nichtnennung seines Alters, dass er Nichttrinker und Nichtraucher sei, ebenfalls verheiratet, durchaus aktiv und ausdauernd und zärtlich und ohne Bauch und Bart und natürlich diskret. Schließlich die Handynummer und bitte per sms antworten....usw.
Auch in den folgenden Tagen keine Post auf seine Anzeige. Dafür endlich eine sms auf dem Handy:
"Ihre Antwort auf meine Anzeige macht mich neugierig. Da wir die gleichen Absichten verfolgen, sollten wir uns baldmöglichst treffen und schauen, ob die Chemie stimmt..."
Jan bekam Herzklopfen und malte sich das erste Zusammentreffen aus. Nur nicht zu stürmisch auftreten und mit der Tür ins Haus fallen. Er schrieb zurück und man vereinbarte ein Date im Stadtcafe am Freitag um 16 Uhr.

Jan warf sich in Schale an jenem schicksalhaften Freitag, band zum ersten Mal seit Jahren eine Krawatte um und bedeutete seiner fragend blickenden Frau, dass heute ein wichtiger Termin anstehe mit dem Vorstand der Firma.
Nimmt man zum ersten Treffen eine Blume mit? Und wenn, welche? Er entschloss sich für eine gelbe Rose.
Kurz vor 16 Uhr betrat er das Cafe und hielt Ausschau nach der - vielleicht - Traumfrau, wie sie sein Kumpel vermutet hatte. Sie wollte eine weiße Bluse und einen lila Rock tragen.
Noch war niemand zu entdecken. Er suchte sich einen Tisch in der Fensternische. Unter Umständen gab es ja bereits Intimes zu besprechen.
Die Tür öffnete sich und ......Eva betrat das Cafe, weiße Bluse, lila Rock, und schaute sich suchend um.
Jan erstarrte zur Salzsäule. Die Rose schob er unter das Polster seines Sessels. Jetzt hatte Eva ihn entdeckt. Sie schien verstört, unsicher, kam auf seinen Tisch zu.
"Was machst du denn hier? Dachte, du seist auf der Sitzung."
"Die war schon vorzeitig aus. Ich dachte ich trinke hier noch einen Kaffee", erwiderte er mit belegter Stimme.
Sie saßen sich gegenüber, schauten sich immer wieder im Lokal um, wie zufällig, suchend, verunsichert,enttäuscht, noch immer hoffend....nein, die Sache war gelaufen.

Habe Jan und Eva nicht mehr getroffen. Weiß nicht, wie es mit den beiden weiterging, wenn überhaupt...und ob sie je über das Ereignis gesprochen haben. Ob es Anlass wurde Gewohnheits- und Lustsex auf einen Nenner zu bringen im Sinne von Polygamie mit der Ehefrau?
 

HajoBe

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Jan schaute von der Arbeit kommend sogleich in den Briefkasten. Seine Annonce in der Zeitung war vor drei Tagen erschienen. Es könnte sich eine Antwort finden.
Jan ist verheiratet, die Kinder erwachsen und aus dem Haus. Seine Ehe dümpelt dahin, getragen von gewohnheitsgeprägter Langeweile und zunehmender Beziehungslosigkeit. Sie hatten früh geheiratet und den zukunftsunträchtigen Satz "Bis dass der Tod euch scheidet" zwar zur Kenntnis genommen, vielleicht auch gut geheißen, doch ins Dauerrepertoire ihrer Ehe hatten sie ihn nicht übernehmen können. Und geglaubt hatten sie ohnehin nicht so recht daran. Eine Open-End-Ehe?

Jan ist leitender Angestellter und Eva teilzeitbeschäftigt in einer Boutique. Den Haushalt versorgen sie gemeinsam am Abend. Gelegentlich ein Kino- oder Theaterbesuch, das sonntägliche Mittagessen meist in Restaurants mit asiatischer Küche.
Zärtlichkeiten beschränken sich auf den morgendlich flüchtig gehauchten Abschiedskuss. Die Abende vor der Glotze lassen harmonische Gefühlsseligkeit geschweige denn Lust aufeinander vermissen. Intimverkehr bleibt in unregelmäßigen Abständen dem Sonntagmorgen vorbehalten und verspricht in seiner gleichförmigen Fantasielosigkeit höchstens einen vorzeitigen selbstbefriedigenden Orgasmus seinerseits, wenn überhaupt...und bei ihr schon garnicht.

Freunde hatten ihnen mehrfach zu einem verlängerten Wochenendurlaub geraten, so mit allem Drum und Drann, in einem Wellness-Hotel mit Verwöhnprogramm und Candle-Light-Dinner und ihnen von der aphrodisierenden Wirkung intimer Zweisamkeit in einer Suite mit Wasserbett und Seidenwäsche vorgeschwärmt.
So recht konnten sie sich mit dem Gedanken nie anfreunden und zogen es vor an Gruppenwanderungen durch den Schwarzwald teilzunehmen, die meist in einer Vesperstube ihren Ausklang fanden und einen Reiz auf körperliche Annäherung in durchgeschwitzten Outdoor-Klamotten erst garnicht aufkommen ließen.
So endete wieder ein Sonntag beim "Tatort" und dem vorgezogenen Nickerchen vor der Kiste. Ein flüchtiger Gute-Nacht-Kuss und ein "Mensch, bin ich müde...!" beschlossen den Abend. Nackt schliefen sie schon längst nicht mehr und der Gedanke an getrennte Schlafzimmer war naheliegend und wurde gelegentlich laut geäußert unter dem berühmten Schnarchvorwand, der herhalten musste für nicht Ausgesprochenes und Verdrängtes in der Intimsphäre.
Jan spürte zwar diese zunehmende Entfremdung und Gleichgültigkeit seiner nachts neben ihm im Bett liegenden Frau gegenüber, doch er hatte mehr und mehr Hemmungen sich ihr zu nähern oder auch nur die Hand nach ihr auszustrecken. Vor Jahren zu Beginn ihrer Beziehung hätte er keine Gelegenheit ausgelassen sie zu berühren, ja sogar im Intimbereich, immer hoffend auf eine positive Reaktion oder zustimmendes Entgegenkommen ihrerseits. Er hatte ihr unablässig gestanden wie geil er auf sie sei und ihre anfängliche Abwehr hatte seine Bemühungen noch gesteigert, sie endlich zum ersten Geschlechtsverkehr zu bewegen. Seine jugendliche Unerfahrenheit in sexueller Betätigung und im Umgang mit einer Frau führten zu anfänglichen Frustrationen bei beiden und manch`vorzeitiger Orgasmus bei ihm ließ seine Freundin unbefriedigt und enttäuscht zurück. Schon damals begingen beide den Fehler, nicht über die Ereignisse oder besser Nichtereignisse in ihrem Sexualleben zu sprechen, möglicherweise aus erziehungsbedingten Hemmungen,
tabugesteuerter Zurückhaltung oder falsch empfundener Scham.
Heute müssten sie sich klar darüber sein, was falsche elterliche und zerstörerische religiöse Erziehung für bleibende Schäden anrichten und aufgrund der daraus entstehenden Folgeerscheinungen bei den Betroffenen die Wartezimmer der Eheberater und Psychologen füllen.
Jan bemerkte wie er immer mehr in einen Zwiespalt geriet zwischen ehelichem Grau-Alltag, Treueversprechen und tagträumerischen Wunschdenken. Seine Fantasie spiegelte ihm vor, wie es wäre wenn...Schließlich ist der Mensch nicht monogam, wovon er zutiefst überzeugt war. Seiner Frau gegenüber verstummte er zunehmend sobald es um das Thema Sexualität ging, wenn es überhaupt einmal beiläufig angesprochen wurde. Es endete nicht selten in Vorwürfen, dass sie bzw. er keine Lust mehr verspürten miteinander zu schlafen, von Abwechslung im Intimleben ganz zu schweigen. Sexuelle Praktiken über die übliche Missionarsstellung hinaus oder gar Oralverkehr wurden niemals verbalisiert und ein ausgedehntes begehrliches Vorspiel fiel meist der Ungeduld und Begierde zum Opfer sich so rasch wie möglich zu vereinigen, zumindest was Jan anging. So bemerkte er die von Eva vorgetäuschten Orgasmen nie und wähnte sich im Glauben,wenn er befriedigt war müsse sie es ebenfalls sein.

Es war vorprogrammiert, dass ein glückliches Sexualleben, wie es in einer Partnerschaft unabdingbar ist, immer mehr austrocknen und sich schlussendlich völlig verflüchtigen musste. So trat ein, was jegliche Beziehung zum Scheitern verurteilen musste, sofern sie nicht auf rein freundschaftlicher Basis gründete oder platonisch zu nennen war: Die Abwendung von gelebter Sexualität. Letztendlich der Stabilisator intersexueller Beziehungsfähigkeit und Garant für den Abbau partnerschaftlicher Dissenzen. Die Versöhnung in der innigen geschlechtlichen Vereinigung nicht nur zweier Körper sondern auch zweier Seelen, die sich niemals so nahe sind, wie in diesem einen ineinander stürzenden zeitlosen Moment.

Jan beobachtete wie er sich zunehmend in sexuelle Fantasien hineinsteigerte, sich imaginär weibliche Nacktheit und bereitwillige Hingabe vorstellte, was nahezu immer zu Erektionen führte, und selbst nachts neben seine Frau im Bett liegend hielten ihn Wachträume in ihrem erregenden Bann. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich seiner Frau zu erklären, seine Wünsche zu äußern, aber er spürte, dass er sie nicht mehr begehrte. Es waren weibliche Hirngespinnste, die ihm förmlich den Verstand raubten und in ihm immer mehr das Verlangen nach einer fremden Frau schürten. Er malte sich aus, wie sie ihm alle Wünsche erfüllen könnte. Ja, sogar was ihr äußeres Erscheinungsbild anging, war er zu jedem Kompromiss bereit und musste sich eingestehen, dass es ausschließlich animalisches Verlangen nach einem fremden weiblichen Leib war, ganz gleich wie anziehend er sein mochte oder nicht.
Er hatte von den Begriffen des ehelichen Gewohnheitssex mit seiner eintönigen Verlässlichkeit und dem außerehelichen Lustsex gelesen mit diesem gewissen Kick und dem Motivationsschub, den er auszulösen vermochte und von dessen einzufordernder Berechtigung er überzeugt war.
Ein Arbeitskollege, mit dem er das ihn umtreibende Thema angeschnitten hatte, ermunterte ihn:
"Gib`doch mal eine Anzeige in der Zeitung auf....unter ER sucht SIE!"
Jan faszinierte der Gedanke, er überlegte wie er die Annonce formulieren würde und wenn es die Arbeit zuließ, kritzelte er auf ein Stück Papier Entwürfe, um sie mehrfach zu verwerfen und die Zettel in kleine Stücke zu zerreißen, damit sie niemandem in die Hände fielen. Er las den Anzeigenteil der örtlichen Tageszeitung, um sich Anregungen zu holen. Zugleich überraschte ihn wie zahlreich sich derartige Annoncen dort fanden. Ob er da überhaupt eine Chance haben würde? Schließlich ging es darum sich möglichst attraktiv darzustellen. Den Umstand, dass er verheiratet war und sein Alter wollte er zunächst verschweigen. Natürlich war Diskretion von beiden Seiten selbstverständliche Voraussetzung. Über sein Äußeres ließ er sich nur spärlich aus. Noch die Angabe der Adresse....? Nein, das ging natürlich nicht. Also nur die Handynummer. Und bitte nur per sms antworten! Bloß kein Anruf im falschen Moment. Zu bezahlen durch Bankeinzugsverfahren. Da war der Haken: Das gemeinsame Konto mit seiner Frau....
Jan beschloss persönlich zur Zeitung zu gehen.
"Ich möchte eine Anzeige für einen Freund aufgeben....", gab er der Sekretärin hinter dem Tresen zu verstehen.
"Auch möchte ich in bar bezahlen, mein Freund verfügt über keine Bankverbindung..."
Das war überstanden. Jan war erleichtert. Die Anzeige würde unter Chiffre erscheinen, alles anonym.
Jetzt galt es nur noch den Briefkasten regelmäßig vor seiner Frau zu leeren. Welche Erklärung sollte er ihr geben, wenn ein Chiffre-Brief von der Tageszeitung auftauchte. Er hätte natürlich die Post auch selber bei der Zeitung abholen können, doch daran hatte er nicht gedacht, das Fräulein am Tresen auch nicht.

Der Briefkasten enthielt nur Werbung und eine Postkarte seiner Schwiegermutter, auf der sie ihr baldiges Kommen ankündigte.
Die nächsten Tage voller angespannter Erwartung brachten zunächst nicht den gewünschten Erfolg.
"Na, hast du deine Traumfrau gefunden?", fragte ihn sein Kumpel einige Tage später. Er verneinte und der Kollege meinte:
"Schau doch mal unter: SIE sucht IHN!"
Jan besorgte sich die Wochenendausgabe und musste feststellen, dass mehr Männer nach Frauen als Frauen nach Männern suchen. Dabei ist doch bewiesen, dass beide Geschlechter in hohem Maße fremd gehen.
Ganze vier weibliche Gesuche. Eines erschien verlockend:
"Attraktive SIE, verheiratet, gutaussehend, sucht IHN für eine zärtliche Intimbeziehung bei absoluter Diskretion....usw."
Das könnte es sein, dachte Jan und notierte die Chiffre-Nummer.
Die Antwort wollte gut überlegt sein. Jetzt nur keinen Fehler machen in der Selbstdarstellung. So schrieb er unter Nichtnennung seines Alters, dass er Nichttrinker und Nichtraucher sei, ebenfalls verheiratet, durchaus aktiv und ausdauernd und zärtlich und ohne Bauch und Bart und natürlich diskret. Schließlich die Handynummer und bitte per sms antworten....usw.
Auch in den folgenden Tagen keine Post auf seine Anzeige. Dafür endlich eine sms auf dem Handy:
"Ihre Antwort auf meine Anzeige macht mich neugierig. Da wir die gleichen Absichten verfolgen, sollten wir uns baldmöglichst treffen und schauen, ob die Chemie stimmt..."
Jan bekam Herzklopfen und malte sich das erste Zusammentreffen aus. Nur nicht zu stürmisch auftreten und mit der Tür ins Haus fallen. Er schrieb zurück und man vereinbarte ein Date im Stadtcafe am Freitag um 16 Uhr.

Jan warf sich in Schale an jenem schicksalhaften Freitag, band zum ersten Mal seit Jahren eine Krawatte um und bedeutete seiner fragend blickenden Frau, dass heute ein wichtiger Termin anstehe mit dem Vorstand der Firma.
Nimmt man zum ersten Treffen eine Blume mit? Und wenn, welche? Er entschloss sich für eine gelbe Rose.
Kurz vor 16 Uhr betrat er das Cafe und hielt Ausschau nach der - vielleicht - Traumfrau, wie sie sein Kumpel vermutet hatte. Sie wollte eine weiße Bluse und einen lila Rock tragen.
Noch war niemand zu entdecken. Er suchte sich einen Tisch in der Fensternische. Unter Umständen gab es ja bereits Intimes zu besprechen.
Da öffnete sich die Tür und ......Eva betrat das Cafe, weiße Bluse, lila Rock, und schaute sich suchend um.
Jan erstarrte zur Salzsäule. Die Rose schob er unter das Polster seines Sessels. Jetzt hatte Eva ihn entdeckt. Sie schien verstört, unsicher, kam auf seinen Tisch zu.
"Was machst du denn hier? Dachte, du seist auf der Sitzung."
"Die war schon vorzeitig aus. Ich dachte ich trinke hier noch einen Kaffee", erwiderte er mit belegter Stimme.
Sie saßen sich gegenüber, schauten sich immer wieder im Lokal um, wie zufällig, suchend, verunsichert,enttäuscht, noch immer hoffend....nein, die Sache war gelaufen.

Habe Jan und Eva nicht mehr getroffen. Weiß nicht, wie es mit den beiden weiterging, wenn überhaupt...und ob sie je über das Ereignis gesprochen haben. Ob es Anlass wurde Gewohnheits- und Lustsex auf einen Nenner zu bringen im Sinne von Polygamie mit der Ehefrau?
 



 
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