ERINNERUNGEN

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Intonia

Mitglied
ERINNERUNGEN

Hier haben wir die ersten Mädchen angemacht,
im lecken Ruderboot uns beinah totgelacht.
Für jeden Scheiß warn wir zu haben im Revier
und soffen uns die Birne voll mit kühlem Bier.

Mein Gott, was ham wir alles angestellt.
Vielleicht kannst du mich sehn aus deiner Welt.
Nun bin ich wieder hier mit Bauch und Zahnersatz;
da drüben irgendwo hast du jetzt deinen Platz.

Noch einmal möchte ich was ganz Verrücktes tun,
bevor auch meine Knochen irgendwo da ruhn.
Ich hab's: ich steig nochmal ins Ruderboot,
spring ins Wasser und lach mich tot.
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
ja, das hat mir ganz ausgezeichnet gefallen. rührend, witzig, liebevoll und gut geschrieben.

nur die allerletzte zeile, da find ich, da fehlen ein paar silben.
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ich habs: ich steig nochmal ins ruderboot
und spring ins wasser und ich lach mich tot.

oder so. mir gings jetzt nur um den reim. das ist aber auch schon die einzige stelle, sonst liest es sich sehr flüssig.

liebe grüße
die k.
 

Jongleur

Mitglied
Hallo Intonia
Erinnerungen, flüssig, gehn runter wie nix.
Nur die letzten beiden Zeilen, nicht nur das Versmaß holpert unmotiviert. Ist eigentlich auch schade, diese mögliche "Sinnwende" zu verschenken.
Ich hab's: ich steig nochmal ins Ruderboot,
spring ins Wasser und lach mich tot.

   Mit der Wende: noch einmal ins Boot steigen, noch einmal ins Wasser springen (impliziert das: ins kalte Wasser springen) scheint sich ein Neuanfang abzuzeichnen, als habe das Lyrische Ich durch die Erinnerungen auf dem Friedhof eine Wandlung erfahren, mit Bauch und Zahnersatz einen Entschluss gefasst, aus "dem Rest" etwas zu machen. - Aber dann dürfte es sich nicht totlachen. Das wäre ja nun nur eine Wiederholung des Jugendhumors. (auch wenn es sprachlich ein hübscher Schlenker ist, ein hübsches Schließen des Gedichts, hat was von einer Refrainzeile)
Ich könnte mir sowas vorstellen wie: ... ich steig gleich morgen .... ... denn übermorgen bin ich tot.
Gruß
Jongleur
 

Vera-Lena

Mitglied
Steigerung

Hallo, Intonia,

dein Gedicht spricht auch mich an. Ich sehe die letzte Strophe so: Der Protagonist möchte gerne wieder mit dem begrabenen Freund zusammen sein. Deshalb fällt ihm diese Verrücktheit ein, einfach wieder, wie damals, ins Boot zu steigen. Und sich tot zu lachen, ist, wenn man gerne sterben möchte ja auch nicht die unangenehmste Todesart. Ich finde es gut, dass Du die Silbenzahl in der letzten Zeile verkürzt hast, denn dadurch bekommt der Inhalt noch eine Steigerung hin zur Pointe. Also, so empfinde ich das.

Liebe Grüße Vera-Lena
 

Intonia

Mitglied
Die Interpretation liegt beim Leser

Hallo Ihr Drei (kaffeehausintellektuelle, Jongleur, Vera-Lena)!

Erstmal bin ich überwältigt, dass mein kleines Gedichtchen solche Resonanz erfahren hat und zweitens finde ich es sehr reizvoll, wie unterschiedlich es vom Leser und Betrachter interpretiert wird.

Sicher hat jeder von Euch Beiden (kaffeehausintellektuelle und Jongleur) Recht, wenn Ihr das Gedicht auf Eure Art beenden würdet.

Ich habe es aber bewusst auf meine Art getan, über die ich allerdings wochenlang nachgedacht habe. Bis auf die letzten zwei Zeilen war es fast ein Jahr lang fertig. Und dann, vor ein paar Tagen, kam es wie eine Erleuchtung über mich. Ich hab's! steht also hintergründig auch für den Abschluss meines eigenen Denkprozesses. Und der Bruch mit dem Versmaß ist eine gewollte Effekthascherei. So hat es Vera-Lena ganz richtig erkannt.

Was mit dem Sprung ins Wasser und dem Totlachen gemeint ist, das überlasse ich der Interpretation des Lesers.

Ich danke Euch für Eure lieben Worte und wünsche eine kreative Zeit.
Intonia
 

Intonia

Mitglied
Nicht statisch

.....ich gebe dir auch da Recht, jongleur.

Das Leben ist ja nicht statisch, oder sollte es wenigstens nicht sein. Jeder Mensch unterliegt der Entwicklung und solange ein Werk nicht endgültig zwischen zwei Buchdeckeln gepresst ist, sollte man es immer wieder auf seine Authentizität prüfen. Aber danach sollte man es nicht mehr ändern sondern seine neuen Gedanken zum selben Thema lieber in neuen Werken zum Ausdruck bringen.

LG
Intonia
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Intonia,

nun habe ich es schon seit Tagen "aufgerufen", um das passende dazu zu sagen.
Naja, es steht ja nicht unter "Humore/Satire", fast schon könnte es ein wenig dort stehen.*smile*

Spontan kam mir "Back to the Roots"..

Es ist ein satirischer Schluss...irgendwie..
mich macht das Gedicht schon seit Tagen zu "schaffen"..denn ich finde es satirisch..
aber das ist ja auch das Leben. Oft eben satirisch.

Gut, dann , um endlich die Site zu schliessen, sage ich...
es gefällt mir sehr. Das war auch mein erster gedanke, als ich es aufrief.*smile*

lG
Stoffel
 

Intonia

Mitglied
Hallo stoffel,

dass Du soviel Zeit mit meinem Gedicht verbracht hast, ist direkt rührend. Als Dichter fühlt man immer eine große Freude, wenn ein Werk anspricht und zu Kommentaren reizt.

Ich danke Dir!

Liebe Grüße
Intonia
 



 
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