Eigentlich

Kirschblüte

Mitglied
Ich liege im Bett und starre in die Dunkelheit. Martin liegt neben mir, atmet ruhig und gleichmäßig. Ich drehe mich zu ihm, kann nur seine Umrisse in der Schwärze erahnen. Meine Gedanken schwirren in wirren Formen durch meinen Kopf, mal langsam, dann wieder schnell. Arbeit. Anstehende Termine. Geburtstag meiner Mutter. Jahrestag. Der Jahrestag in drei Tagen. In drei Tagen sind wir genau sieben Jahre zusammen. Sieben Jahre in denen wir uns so verändert hatten, weiterentwickelt hatten. Ich mache mir schon länger nichts vor, die Luft war raus. Der Alltag hatte seinen kalten Griff fest um uns gelegt und drückte immer fester zu. Und jetzt, wo ich im Bett liege und wieder mal nicht schlafen kann, frage ich mich, ob er das genauso sieht. War er noch Glücklich? Ich war bin es nicht mehr. Naja, gut, was heißt nicht mehr Glücklich? Ich habe eben nicht mehr diese Schmetterlinge im Bauch jedes Mal wenn ich ihn sehe, die erst langsam beginnen mit den Flügeln zu schlagen und wenn er mich ansieht, mich berührt oder mir was zuflüstert alle zugleich losfliegen und sich anfühlen als würde ein Tornado durch meine Magengrube fegen. Nur noch hie und da schlugen sie träge mit den Flügeln. Natürlich liebe ich ihn- oder ist es nur Gewohnheit das noch zu sagen- ist es die Routine, der Alltag der mich gar nicht richtig meine Gefühle hinterfragen lässt? Viele unserer Freunde beneiden uns- warum auch nicht? Er ist Professor an der Uni, ich bin Lektorin in einem renommierten Verlag, wir sind seit fast sieben Jahren zusammen, leben zusammen, in einem wunderschönen Penthouse mitten in der Stadt, fahren drei Mal im Jahr in den Urlaub- das kann man sich leisten wenn man keine Kinder hat. Wir haben ein perfektes Leben. Eigentlich müsste ich dann doch auch glücklich sein. Eigentlich.

Ich erinnere mich an den Tag zurück an dem wir uns kennengelernt hatten. Es war in meiner ersten Woche an der Uni gewesen und da ich noch nicht viele gekannt hatte, saß ich an dem Tag alleine am Tisch und aß mein Mittagessen. Er hatte sich einfach mir gegenüber hingesetzt und angefangen zu essen. Wir hatten geschwiegen bis wir aufgegessen hatten und dann grinste er mich mit diesem Lächeln an, das nur er hatte. Dieses aufrichtige, jungenhafte und auch irgendwie anzügliche Lächeln. In diesem Moment waren die Schmetterlinge in meinem Bauch losgeflogen, alle zugleich, alle gleich aufgeregt. Er stellte sich mir vor und ich hatte alle Mühe meinen Namen auszusprechen. An diesem Tag hatte ich mich das erste Mal mit meinen neunzehn Jahren Hals über Kopf verliebt und umso härter traf mich am nächsten Tag der Schlag als sich herausgestellt hatte, dass er einer meiner Professoren war. Und auch ihn hatte es nicht ganz kalt gelassen, als er auf der Anwesenheitsliste meinen Namen gelesen hatte. Beziehungen zwischen Studenten und Professoren waren nicht gern gesehen und das hatten wir beide gewusst, trotzdem hatte er mir am Ende der Vorlesung einen Zettel zugesteckt auf dem stand, dass er noch am selbe Abend mit mir Essen gehen möchte. Ich hatte mir den restlichen Tag über den Kopf zerbrochen, ob das eine gute Idee war und war zum Schluss gekommen, dass ich lieber zu Hause bleiben sollte, nur um eine viertel Stunde bevor er sich mit mir treffen wollte doch noch in ein Kleid und High Heels zu schlüpfen und doch noch ins Restaurant zu gehen, das nur zwei Straßen von meiner Wohnung entfernt lag. Ich war ein paar Minuten zu spät gewesen und als ich das kleine, dunkle Lokal betrat, saß er schon am Tisch. Wir aßen, unterhielten uns, tranken Wein. Viel Wein. Nach dem Essen bestand er darauf, mich nach Hause zu begleiten, natürlich nur weil es schon sehr spät war und meine Wohnung nicht in der besten Gegend lag. Und als er mich vor meiner Wohnungstür küsste, erst sanft, fast ehrfürchtig, dann immer verlangender, wilder, hatte ich wegen der Schmetterlinge nicht die Kraft und auch nicht das Bedürfnis mich dagegen zu wehren, auch wenn es ein klarer Menschenverstand verlangt hätte. Am nächsten Morgen war ich neben ihm aufgewacht und hatte gewusst, dass es kein Zurück mehr gab. In dem Semester, in dem er mein Professor war, hatten wir unsere Beziehung natürlich geheim gehalten. Als ich ihn meinen Eltern vorgestellt hatte, war mein Vater überzeugt davon, dass er zu alt für mich war. Immerhin lagen zwischen uns zehn Jahre. Aber wir hatten es geschafft, hatten alle Hindernisse überwunden und als ich das erste Mal gesagt hatte, dass ich ihn liebte, er stumm geblieben war und ich ihn schließlich fragte, ob er mich denn auch liebte, hatte er mich aus seinen dunklen Augen angesehen und gesagt, dass er mich so lange lieben würde, wie die Sterne noch am Himmel stehen werden.

Und nun liege ich hier neben dem Mann den ich eigentlich liebe. Eigentlich. Und frage mich, ob er immer noch so empfindet.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Kirschblüte, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Das unendliche Mann-Frau-Thema aus einer Sicht geschildert, gut nachvollziehbar. Bitte überprüfe nochmal die Groß- und Kleinschreibung und die Zeitenfolge im ersten Absatz!


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 

Kirschblüte

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Ich liege im Bett und starre in die Dunkelheit. Martin liegt neben mir, atmet ruhig und gleichmäßig. Ich drehe mich zu ihm, kann nur seine Umrisse in der Schwärze erahnen. Meine Gedanken schwirren in wirren Formen durch meinen Kopf, mal langsam, dann wieder schnell. Arbeit. Anstehende Termine. Geburtstag meiner Mutter. Jahrestag. Der Jahrestag in drei Tagen. In drei Tagen sind wir genau sieben Jahre zusammen. Sieben Jahre in denen wir uns so verändert haben, weiterentwickelt haben. Ich mache mir schon länger nichts vor, die Luft ist raus. Der Alltag hat seinen kalten Griff fest um uns gelegt und drückt immer fester zu. Und jetzt, wo ich im Bett liege und wieder mal nicht schlafen kann, frage ich mich, ob er das genauso sieht. Ist er noch Glücklich? Ich bin es nicht mehr. Naja, gut, was heißt nicht mehr Glücklich? Ich habe eben nicht mehr diese Schmetterlinge im Bauch jedes Mal wenn ich ihn sehe, die erst langsam beginnen mit den Flügeln zu schlagen und wenn er mich ansieht, mich berührt oder mir was zuflüstert, alle zugleich losfliegen und sich anfühlen als würde ein Tornado durch meine Magengrube fegen. Nur noch hie und da schlagen sie träge mit den Flügeln. Natürlich liebe ich ihn- oder ist es nur Gewohnheit das noch zu sagen- ist es die Routine, der Alltag der mich gar nicht richtig meine Gefühle hinterfragen lässt? Viele unserer Freunde beneiden uns- warum auch nicht? Er ist Professor an der Uni, ich bin Lektorin in einem renommierten Verlag, wir sind seit fast sieben Jahren zusammen, leben zusammen, in einem wunderschönen Penthouse mitten in der Stadt, fahren drei Mal im Jahr in den Urlaub- das kann man sich leisten wenn man keine Kinder hat. Wir haben ein perfektes Leben. Eigentlich müsste ich dann doch auch glücklich sein. Eigentlich.

Ich erinnere mich an den Tag zurück an dem wir uns kennengelernt hatten. Es war in meiner ersten Woche an der Uni gewesen und da ich noch nicht viele gekannt hatte, saß ich an dem Tag alleine am Tisch und aß mein Mittagessen. Er hatte sich einfach mir gegenüber hingesetzt und angefangen zu essen. Wir hatten geschwiegen bis wir aufgegessen hatten und dann grinste er mich mit diesem Lächeln an, das nur er hatte. Dieses aufrichtige, jungenhafte und auch irgendwie anzügliche Lächeln. In diesem Moment waren die Schmetterlinge in meinem Bauch losgeflogen, alle zugleich, alle gleich aufgeregt. Er stellte sich mir vor und ich hatte alle Mühe meinen Namen auszusprechen. An diesem Tag hatte ich mich das erste Mal mit meinen neunzehn Jahren Hals über Kopf verliebt und umso härter traf mich am nächsten Tag der Schlag als sich herausgestellt hatte, dass er einer meiner Professoren war. Und auch ihn hatte es nicht ganz kalt gelassen, als er auf der Anwesenheitsliste meinen Namen gelesen hatte. Beziehungen zwischen Studenten und Professoren waren nicht gern gesehen und das hatten wir beide gewusst, trotzdem hatte er mir am Ende der Vorlesung einen Zettel zugesteckt auf dem stand, dass er noch am selbe Abend mit mir Essen gehen möchte. Ich hatte mir den restlichen Tag über den Kopf zerbrochen, ob das eine gute Idee war und war zum Schluss gekommen, dass ich lieber zu Hause bleiben sollte, nur um eine viertel Stunde bevor er sich mit mir treffen wollte doch noch in ein Kleid und High Heels zu schlüpfen und doch noch ins Restaurant zu gehen, das nur zwei Straßen von meiner Wohnung entfernt lag. Ich war ein paar Minuten zu spät gewesen und als ich das kleine, dunkle Lokal betrat, saß er schon am Tisch. Wir aßen, unterhielten uns, tranken Wein. Viel Wein. Nach dem Essen bestand er darauf, mich nach Hause zu begleiten, natürlich nur weil es schon sehr spät war und meine Wohnung nicht in der besten Gegend lag. Und als er mich vor meiner Wohnungstür küsste, erst sanft, fast ehrfürchtig, dann immer verlangender, wilder, hatte ich wegen der Schmetterlinge nicht die Kraft und auch nicht das Bedürfnis mich dagegen zu wehren, auch wenn es ein klarer Menschenverstand verlangt hätte. Am nächsten Morgen war ich neben ihm aufgewacht und hatte gewusst, dass es kein Zurück mehr gab. In dem Semester, in dem er mein Professor war, hatten wir unsere Beziehung natürlich geheim gehalten. Als ich ihn meinen Eltern vorgestellt hatte, war mein Vater überzeugt davon, dass er zu alt für mich war. Immerhin lagen zwischen uns zehn Jahre. Aber wir hatten es geschafft, hatten alle Hindernisse überwunden und als ich das erste Mal gesagt hatte, dass ich ihn liebte, er stumm geblieben war und ich ihn schließlich fragte, ob er mich denn auch liebte, hatte er mich aus seinen dunklen Augen angesehen und gesagt, dass er mich so lange lieben würde, wie die Sterne noch am Himmel stehen werden.

Und nun liege ich hier neben dem Mann den ich eigentlich liebe. Eigentlich. Und frage mich, ob er immer noch so empfindet.
 

Kirschblüte

Mitglied
Ich liege im Bett und starre in die Dunkelheit. Martin liegt neben mir, atmet ruhig und gleichmäßig. Ich drehe mich zu ihm, kann nur seine Umrisse in der Schwärze erahnen. Meine Gedanken schwirren in wirren Formen durch meinen Kopf, mal langsam, dann wieder schnell. Arbeit. Anstehende Termine. Geburtstag meiner Mutter. Jahrestag. Der Jahrestag in drei Tagen. In drei Tagen sind wir genau sieben Jahre zusammen. Sieben Jahre in denen wir uns so verändert haben, weiterentwickelt haben. Ich mache mir schon länger nichts vor, die Luft ist raus. Der Alltag hat seinen kalten Griff fest um uns gelegt und drückt immer fester zu. Und jetzt, wo ich im Bett liege und wieder mal nicht schlafen kann, frage ich mich, ob er das genauso sieht. Ist er noch Glücklich? Ich bin es nicht mehr. Naja, gut, was heißt nicht mehr Glücklich? Ich habe eben nicht mehr diese Schmetterlinge im Bauch jedes Mal wenn ich ihn sehe, die erst langsam beginnen mit den Flügeln zu schlagen und wenn er mich ansieht, mich berührt oder mir was zuflüstert, alle zugleich losfliegen und sich anfühlen als würde ein Tornado durch meine Magengrube fegen. Nur noch hie und da schlagen sie träge mit den Flügeln. Natürlich liebe ich ihn- oder ist es nur Gewohnheit das noch zu sagen- ist es die Routine, der Alltag der mich gar nicht richtig meine Gefühle hinterfragen lässt? Viele unserer Freunde beneiden uns- warum auch nicht? Er ist Professor an der Uni, ich bin Lektorin in einem renommierten Verlag, wir sind seit fast sieben Jahren zusammen, leben zusammen, in einem wunderschönen Penthouse mitten in der Stadt, fahren drei Mal im Jahr in den Urlaub- das kann man sich leisten wenn man keine Kinder hat. Wir haben ein perfektes Leben. Eigentlich müsste ich dann doch auch glücklich sein. Eigentlich.

Ich erinnere mich an den Tag zurück an dem wir uns kennengelernt hatten. Es war in meiner ersten Woche an der Uni gewesen und da ich noch nicht viele gekannt hatte, saß ich an dem Tag alleine am Tisch und aß mein Mittagessen. Er hatte sich einfach mir gegenüber hingesetzt und angefangen zu essen. Wir hatten geschwiegen bis wir aufgegessen hatten und dann grinste er mich mit diesem Lächeln an, das nur er hatte. Dieses aufrichtige, jungenhafte und auch irgendwie anzügliche Lächeln. In diesem Moment waren die Schmetterlinge in meinem Bauch losgeflogen, alle zugleich, alle gleich aufgeregt. Er stellte sich mir vor und ich hatte alle Mühe meinen Namen auszusprechen. An diesem Tag hatte ich mich das erste Mal mit meinen neunzehn Jahren Hals über Kopf verliebt und umso härter traf mich am nächsten Tag der Schlag als sich herausgestellt hatte, dass er einer meiner Professoren war. Und auch ihn hatte es nicht ganz kalt gelassen, als er auf der Anwesenheitsliste meinen Namen gelesen hatte. Beziehungen zwischen Studenten und Professoren waren nicht gern gesehen und das hatten wir beide gewusst, trotzdem hatte er mir am Ende der Vorlesung einen Zettel zugesteckt auf dem stand, dass er noch am selbe Abend mit mir Essen gehen möchte. Ich hatte mir den restlichen Tag über den Kopf zerbrochen, ob das eine gute Idee war und war zum Schluss gekommen, dass ich lieber zu Hause bleiben sollte, nur um eine viertel Stunde bevor er sich mit mir treffen wollte doch noch in ein Kleid und High Heels zu schlüpfen und doch noch ins Restaurant zu gehen, das nur zwei Straßen von meiner Wohnung entfernt lag. Ich war ein paar Minuten zu spät gewesen und als ich das kleine, dunkle Lokal betrat, saß er schon am Tisch. Wir aßen, unterhielten uns, tranken Wein. Viel Wein. Nach dem Essen bestand er darauf, mich nach Hause zu begleiten, natürlich nur weil es schon sehr spät war und meine Wohnung nicht in der besten Gegend lag. Und als er mich vor meiner Wohnungstür küsste, erst sanft, fast ehrfürchtig, dann immer verlangender, wilder, hatte ich wegen der Schmetterlinge nicht die Kraft und auch nicht das Bedürfnis mich dagegen zu wehren, auch wenn es ein klarer Menschenverstand verlangt hätte. Am nächsten Morgen war ich neben ihm aufgewacht und hatte gewusst, dass es kein Zurück mehr gab. In dem Semester, in dem er mein Professor war, hatten wir unsere Beziehung natürlich geheim gehalten. Als ich ihn meinen Eltern vorgestellt hatte, war mein Vater überzeugt davon, dass er zu alt für mich war. Immerhin lagen zwischen uns zehn Jahre. Aber wir hatten es geschafft, hatten alle Hindernisse überwunden und als ich das erste Mal gesagt hatte, dass ich ihn liebte, er stumm geblieben war und ich ihn schließlich fragte, ob er mich denn auch liebte, hatte er mich aus seinen dunklen Augen angesehen und gesagt, dass er mich so lange lieben würde, wie die Sterne noch am Himmel stehen werden.

Und nun liege ich hier neben dem Mann den ich eigentlich liebe. Eigentlich. Und frage mich, ob er immer noch so empfindet.
 
Hallo Kirschblüte,
das Verlieben und das Entlieben, ein unerschöpfliches Thema. Ich kann die Gefühle von Martins Freundin nachempfinden.

Die erste Begegnung solltest du vielleicht überarbeiten. Die Formulierungen finde ich nicht sehr gelungen: ...aß mein Mittsgessen... (was sollte man sonst damit machen?) Nächster Satz: ER:.. angefangen zu essen..., ,dann... bis wir aufgegessen hatten... Drei Mal hintereinander Bemerkungen zum Thema ESSEN?

Was hältst du davon wörtliche Rede mit einfließen zu lassen? Die Geschichte würde etwas lebendiger werden. Sie plätschert so dahin.

Glücklich ist ein Adjektiv, schreibt man klein.

...selben Abend..

Ein paar kleine Fehler sind noch drin.

Ich weiß leider nicht, wie man die kennzeichnet? Bin noch neu hier im Forum.

Liebe Grüße
Anita K-M
 

Kirschblüte

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Ich liege im Bett und starre in die Dunkelheit. Martin liegt neben mir, atmet ruhig und gleichmäßig. Ich drehe mich zu ihm, kann nur seine Umrisse in der Schwärze erahnen. Meine Gedanken schwirren in wirren Formen durch meinen Kopf, mal langsam, dann wieder schnell. Arbeit. Anstehende Termine. Geburtstag meiner Mutter. Jahrestag. Der Jahrestag in drei Tagen. In drei Tagen sind wir genau sieben Jahre zusammen. Sieben Jahre in denen wir uns so verändert haben, weiterentwickelt haben. Ich mache mir schon länger nichts vor, die Luft ist raus. Der Alltag hat seinen kalten Griff fest um uns gelegt und drückt immer fester zu. Und jetzt, wo ich im Bett liege und wieder mal nicht schlafen kann, frage ich mich, ob er das genauso sieht. Ist er noch glücklich? Ich bin es nicht mehr. Naja, gut, was heißt nicht mehr glücklich? Ich habe eben nicht mehr diese Schmetterlinge im Bauch jedes Mal wenn ich ihn sehe, die erst langsam beginnen mit den Flügeln zu schlagen und wenn er mich ansieht, mich berührt oder mir was zuflüstert, alle zugleich losfliegen und sich anfühlen als würde ein Tornado durch meine Magengrube fegen. Nur noch hie und da schlagen sie träge mit den Flügeln. Natürlich liebe ich ihn- oder ist es nur Gewohnheit das noch zu sagen- ist es die Routine, der Alltag der mich gar nicht richtig meine Gefühle hinterfragen lässt? Viele unserer Freunde beneiden uns- warum auch nicht? Er ist Professor an der Uni, ich bin Lektorin in einem renommierten Verlag, wir sind seit fast sieben Jahren zusammen, leben zusammen, in einem wunderschönen Penthouse mitten in der Stadt, fahren drei Mal im Jahr in den Urlaub- das kann man sich leisten wenn man keine Kinder hat. Wir haben ein perfektes Leben. Eigentlich müsste ich dann doch auch glücklich sein. Eigentlich.

Ich erinnere mich an den Tag zurück an dem wir uns kennengelernt hatten. Es war in meiner ersten Woche an der Uni gewesen und da ich noch nicht viele gekannt hatte, saß ich an dem Tag alleine am Tisch und aß mein Mittagessen. Er hatte sich einfach mir gegenüber hingesetzt und angefangen zu essen. Wir hatten geschwiegen bis wir fertig waren und dann grinste er mich mit diesem Lächeln an, das nur er hatte. Dieses aufrichtige, jungenhafte und auch irgendwie anzügliche Lächeln. In diesem Moment waren die Schmetterlinge in meinem Bauch losgeflogen, alle zugleich, alle gleich aufgeregt. Er stellte sich mir vor und ich hatte alle Mühe meinen Namen auszusprechen. An diesem Tag hatte ich mich das erste Mal mit meinen neunzehn Jahren Hals über Kopf verliebt und umso härter traf mich am nächsten Tag der Schlag als sich herausgestellt hatte, dass er einer meiner Professoren war. Und auch ihn hatte es nicht ganz kalt gelassen, als er auf der Anwesenheitsliste meinen Namen gelesen hatte. Beziehungen zwischen Studenten und Professoren waren nicht gern gesehen und das hatten wir beide gewusst, trotzdem hatte er mir am Ende der Vorlesung einen Zettel zugesteckt auf dem stand, dass er noch am selbe Abend mit mir Essen gehen möchte. Ich hatte mir den restlichen Tag über den Kopf zerbrochen, ob das eine gute Idee war und war zum Schluss gekommen, dass ich lieber zu Hause bleiben sollte, nur um eine viertel Stunde bevor er sich mit mir treffen wollte doch noch in ein Kleid und High Heels zu schlüpfen und doch noch ins Restaurant zu gehen, das nur zwei Straßen von meiner Wohnung entfernt lag. Ich war ein paar Minuten zu spät gewesen und als ich das kleine, dunkle Lokal betrat, saß er schon am Tisch. Wir aßen, unterhielten uns, tranken Wein. Viel Wein. Nach dem Essen bestand er darauf, mich nach Hause zu begleiten, natürlich nur weil es schon sehr spät war und meine Wohnung nicht in der besten Gegend lag. Und als er mich vor meiner Wohnungstür küsste, erst sanft, fast ehrfürchtig, dann immer verlangender, wilder, hatte ich wegen der Schmetterlinge nicht die Kraft und auch nicht das Bedürfnis mich dagegen zu wehren, auch wenn es ein klarer Menschenverstand verlangt hätte. Am nächsten Morgen war ich neben ihm aufgewacht und hatte gewusst, dass es kein Zurück mehr gab. In dem Semester, in dem er mein Professor war, hatten wir unsere Beziehung natürlich geheim gehalten. Als ich ihn meinen Eltern vorgestellt hatte, war mein Vater überzeugt davon, dass er zu alt für mich war. Immerhin lagen zwischen uns zehn Jahre. Aber wir hatten es geschafft, hatten alle Hindernisse überwunden und als ich das erste Mal gesagt hatte, dass ich ihn liebte, er stumm geblieben war und ich ihn schließlich fragte, ob er mich denn auch liebte, hatte er mich aus seinen dunklen Augen angesehen und gesagt, dass er mich so lange lieben würde, wie die Sterne noch am Himmel stehen werden.

Und nun liege ich hier neben dem Mann den ich eigentlich liebe. Eigentlich. Und frage mich, ob er immer noch so empfindet.
 



 
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